Facebook, Twitter kön­nen nicht, was ein Blog kann

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Standardbild

Ich glau­be, es war Anfang Juli, als ich mei­ne Konten bei Facebook und Twitter gelöscht habe. Demnach sind die Daten jetzt (Wartefrist) futsch… oder auch nicht. Nicht zum ers­ten, viel­leicht aber end­lich doch zum letz­ten Mal, habe ich mich von den schlimms­ten unse­rer «sozia­len Netzwerke» verabschiedet.

In den ers­ten Tagen war es – wie erwar­tet – schwie­rig, auf die Kommentare in die­sen Netzwerken ver­zich­ten zu müs­sen. Vielleicht ist es auch beim plötz­li­chen Verzicht auf sozia­le Netzwerken ein biss­chen so, als wäre man sucht­krank? Allmählich wur­de es besser. 

Nette Kontakte

Einen Preis hat mein Ausstieg. Ich hat­te mitt­ler­wei­le eine Reihe von net­ten Kontakten, die ich nun dau­er­haft ver­lo­ren habe. Es han­delt sich zwar haupt­säch­lich um Menschen, die ich per­sön­lich ken­ne und denen im wirk­li­chen Leben ab und zu begeg­ne. Aber die­se zusätz­li­chen Kontakte via Internet waren schon recht praktisch. 

Die meis­ten haben viel weni­ger Zeug gepos­tet als ich, sie beschränk­ten sich über­wie­gend auf das Posten eige­ner oder gefun­de­ner Fotos. Manchmal war ein Meme dabei. Größere Diskussion ent­stan­den auf die­sen Kanälen nur sel­ten. Dazu muss­te ich mich schon in spe­zi­el­le Gruppen ein­klin­ken, was ich nur kurz­fris­tig gemacht habe. Selbst in den Gruppen, die Themen mei­ner Heimatstadt behan­del­ten, war der Umgangston mit­un­ter recht rup­pig und je nach­dem auch aggressiv. 

Keine Politik – unter Freunden

Über poli­ti­sche Fragen habe ich mich inner­halb die­ses Personenkreises (mei­ner «Freunde») ganz sel­ten aus­ge­tauscht. Wer weiß, ob wir – wäre es anders gewe­sen – noch «Freunde» geblie­ben wären? 

Der Diskurs in den sozia­len Netzwerken aber auch in den Kommentarspalten unter­schied­lichs­ter Anbieter ist zu wirk­li­chen Beschimpfungszentren ver­kom­men. Die kras­se Polarisierung und die man­geln­de Bereitschaft, sich gegen­sei­tig zuzu­hö­ren, hat bei Berichten über Flüchtlinge oder den Klimawandel beängs­ti­gen­de Ausmaße angenommen.

Verbale Scharmützel

Verbale Auseinandersetzungen mögen eine Weile ganz spa­ßig oder wenigs­tens einen gewis­sen Unterhaltungswert haben. Der Nutzen geht gegen aber natür­lich gegen Null. Es ist aus­sichts­los, weil die (ober­fläch­li­chen) Argumente schon zu oft aus­ge­tauscht wur­den. Ich fürch­te, es fehlt immer mehr die Geduld, viel­leicht auch die Toleranz, sich gegen­sei­tig zuzu­hö­ren. Als Diskussionsplattformen tau­gen sozia­len Netzwerk aus mei­ner Sicht kaum etwas. In den Kommentarspalten von «Welt» oder «Zeit» ach­ten Moderatoren dar­auf, dass der Ton halb­wegs sach­lich bleibt. Die Kommentarspalten der «Welt» wer­den von AfD-Anhängern und ande­ren Rechten domi­niert. Wer da dage­gen hält, wird flott gesperrt. Mir ist das schon oft pas­siert. Wahrscheinlich wol­len die Moderatoren errei­chen, dass Eskalationen mög­lichst vorn vorn­her­ein unter­blei­ben. Aber die Rechten bekla­gen die Einschränkung «ihrer Meinungsfreiheit». 

Abgewürgt, ein­ge­reiht

Leider ist das aber auch nur ein Teil eines kom­ple­xen Bildes, das noch längst nicht fer­tig gemalt ist. Boris Palmer neh­me ich als Paradebeispiel für einen dis­kus­si­ons­freu­di­gen, mei­nungs­star­ken Nutzer der ver­schie­de­nen Kanäle. Wie mit ihm und sei­nen Äußerungen umge­gan­gen wird, fin­de ich unter­ir­disch. Gestern traf er bei «Markus Lanz» auf Jakob Augstein. Letzterer demons­trier­te par excel­lence, wie mit Palmer von der lin­ken Öffentlichkeit ver­fah­ren wird. Eindrucksvoller hät­te man aus mei­ner Sicht nicht zei­gen kön­nen, wie Linke auch ver­meint­lich rech­te Positionen aus dem Diskurs aus­zu­gren­zen ver­su­chen. Das ist bru­tal, bil­lig und vor allem scha­det es unse­rer Demokratie. Davon bin ich zutiefst überzeugt.

Wenn ich ehr­lich bin, habe ich bei Twitter und Facebook nur mit­ge­macht, um mei­ne Blogbeiträge zu pushen. Völlig ohne Erfolg freilich. 

Die damit not­wen­di­ge Erbsenzählerei hängt einem irgend­wann am Hals raus. Sicher, manch­mal ern­te­te man mal ein(en?) Like oder einen Retweet. 

Erfolg ohne «sozia­le Netzwerke»

Damit müs­sen vie­le BloggerInnen leben. Dass es Ausnahmen gibt, also wirk­lich gut besuch­te und erfolg­rei­che Blogs, ist natür­lich auch eine Tatsache. Ich habe das Gefühl, dass die aller­meis­ten BloggerInnen eher für sich selbst schrei­ben; weil sie Spaß am Schreiben haben oder von mir aus auch, weil sie den Spaß am Schreiben trotz­dem bis­her nicht ver­lo­ren haben. Daran ändern schwin­den­de Besucherzahlen nur wenig. 

Ich fin­de das schön. Es hat näm­lich etwas mit Durchhaltevermögen zu tun. Und das wer­den wir in Zukunft ganz bestimmt noch drin­gend brauchen.

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4 Gedanken zu „Facebook, Twitter kön­nen nicht, was ein Blog kann“

  1. Hallo Horst,

    ich habe mich sehr über die­sen Artikel gefreut. Und du hast Recht, eigent­lich braucht man nicht so wirk­lich die sozia­len Netzwerke. Bei mir trat sogar ein Phänomen zu Tage, das ich so nicht von mir kann­te. Ich ging ver­bal schon fast unter die Gürtellinie. Aber unterm Strich muss ich ehr­lich sagen, dass sozia­le Netzwerke eigent­lich Zeitverschwendung sind.

    Nun könn­te ich sagen: Ach, dann las­se ich es halt blei­ben. Meine Frau kommt seit vie­len Jahren bes­tens ohne die gan­zen Netzwerke klar. An der Umsetzung hapert es bei mir. Es ist halt eine rei­ne Gewohnheit gewor­den. Aber als ein Vehikel, das mir Besucher in den Blog karrt, haben die sozia­len Netzwerke schon sehr lan­ge aus­ge­dient. Also dürf­te es gar nicht so schwer sein, da ja mein Ziel auch wie bei dir war, die Blogartikel bekann­ter zu machen. Wenn das aber nicht klappt, wozu dann die Facebooks und Twitters und der gan­ze Kram?

    Viele Grüße
    Henning 

  2. Dass du bei Twitter nicht mehr zu fin­den bist ist mir noch gar nicht auf­ge­fal­len. Ich selbst bin schon seit Jahren «Facebook-Verweigerer» und eigent­lich nur bei Twitter zu fin­den. Wobei ich Twitter eigent­lich nur als Nachrichtenquelle nut­ze. Man kann bei Twitter über den Link «Analytics» die Impressionen und Interaktionen auf eige­ne Tweets sehen. Da schnei­den gepos­te­te Links zu eige­nen Artikeln im Blog bei mir denk­bar schlecht ab. Meistens gibt es gar kei­ne Reaktion. Deshalb bin ich zu Überzeugung gekom­men dass das nix bringt und wer­de es auch nicht mehr machen. Was bleibt ist die Nachrichtenquelle. 

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