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Armes Deutschland – alles läuft irgendwie schlecht

Mit der Wahlentscheidung das Kind mit dem Bade ausschütten.

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Henryk M. Broder letztes Video war Gott sei Dank kurz. Er wollte seinen Fans (ich seh mir das an, obwohl ich das Gegenteil eines Fans bin!) nur schnell mitteilen, wie sehr ihm die übertriebene Aufmerksamkeit der Medien für die Thüringer Landtagswahlen auf den Zeiger gegangen ist.

Da war ich doch tatsächlich mal einer Meinung mit dem alten Deutschland – Basher.

In den gut 2 Minuten brachte er allerdings schon ein paar der Missstände unter, die er (neben dem sonst immer präsenten Vorwurf des grassierenden Antisemitismus) ausgemacht hat.

  1. In Deutschland werden wenig Patente eingereicht (Stimmt so nicht!)
  2. Die Nobelpreise machen einen Bogen um Deutschland (Das 20. Jahrhundert ist nun mal rum)
  3. Die schrecklichen Funklöcher auf Autobahnen (dachte gar nicht, dass Broder in seinem Alter noch viel telefoniert oder ob er seine Beiträge während der Fahrt online schreibt oder diktiert? (Alles wird gut, aber wann?)
  4. Er vergleicht die Qualität der Autobahn mit der in Frankreich und den Niederlanden. Warum es dort so viel weniger Baustellen gebe, fragte er.

Das mit den Nobelpreisen ist wohl wahr. Vermutlich, das hätte Broder vielleicht ergänzen sollen, liegt das an der gewachsenen Zahl hier lebender Muslime. Die Korrelation hatte doch Freund Thilo schon in einem seiner Machwerke „herausgearbeitet“.


Auch an den anderen broderschen Negativpunkten könnte was dran sein. Wer sucht wird auch was finden.

Morningbriefing

Nach Gabor Steingarts Morningbriefing gibt es sechs Punkte, die Wähler in die Arme der AfD getrieben haben können. Seine KollegInnen und er beschränken sich nicht auf die beiden im Vordergrund stehenden Streitthemen Migration und Klimawandel. Vier weitere Punkte kommen nach redaktioneller Abstimmung noch dazu. Ob die auf irgendeiner ToDo-Liste der Regierung auftauchen?

In Summe aktivierte das ziemlich viele Nichtwähler, ihre Kreuze bei der AfD zu machen (ca. 70.000). Die Linke bekam allerdings auch immer ca. 50.000 Stimmen von Nichtwählern.

Hier die Punkte, die man für sich priorisieren kann und bei dieser Gelegenheit den ungeprüften von Broder ermittelten Mängeln noch hinzufügen können.

  1. Migration aus allen möglichen Gegenden der Welt. Besonders quält die BürgerInnen – ich zitiere: „Die Politik versagt bei der Durchsetzung des gültigen Aufenthaltsrechts.“ Soll heißen: Wir schicken zu wenige zurück – was keine neue Erkenntnis ist.
  2. Die Integration in den deutschen Arbeitsmarkt stagniert. 2/3 von 1,2 Millionen Flüchtlingen könnten nicht in den Arbeitsmarkt integriert werden, dafür klappt die Integration in den Sozialstaat reibungslos.
  3. Die Leute machen sich Sorgen um die wirtschaftliche Zukunft, weil die Sozialsysteme überdehnt werden und wichtige Zukunftstechnologien hauptsächlich in China und den USA angesiedelt werden. Dass inzwischen 9 Millionen Menschen in Deutschland im Niedriglohnsektor arbeiten, besorgt die Leute.
  4. Der Bildungssektor bleibt ein Problem. Der Lehrermangel hat sich zum chronischen Problem entwickelt. Die bauliche Substanz unserer Schulden ist unter aller Kanone und hat das Niveau von Dritteweltstaaten erreicht. Der festgestellte Investitionsstau wird mit 42,5 Mrd. Euro beziffert (Quelle: Kreditanstalt für Wiederaufbau).
  5. Die Deutsche Zentralbank beklagt einen Zinsschaden seit 2010 in der Größenordnung von 358 Milliarden Euro. Eine Änderung der Zinspolitik der EZB ist nicht in Sicht. Wer bereits gespart hat und dachte, er könnte im Alter davon leben, sieht sich getäuscht. Natürlich gilt das auch für diejenigen, die aufgrund ihres jungen Alters noch eine weitere Strecke zurückzulegen haben.
  6. Der Klimawandel wird zwar als gewichtiges Problem angesehen. Aber die damit verbundene Hysterie auf Seiten der Politik und der Medien macht vielen Menschen mehr Sorgen. „Unter den 20 Unternehmen, die in den vergangenen Jahrzehnten das meiste CO2 ausgestoßen haben, findet sich kein einziges deutsches.“

Fakten, Fakten, Fakten

Das sind Tatbestände (teilweise auch die von Broder genannten), die wohl viele sehen und die uns beschäftigen. Wenn man einmal bei den negativen Sammlungen sind, kommt man schnell vom Hütchen aufs Stöckchen und schon wirkt unser Land wie ein Tollhaus.

Ob die Straßen in Frankreich und den Niederlanden nun besser sind und ob es dort weniger Staus gibt, vermag ich nicht zu beurteilen.

Angst ist ein schlechter Ratgeber, Ärger vielleicht auch

Egal, wie man diese Defizite auch beurteilen mag, sie sollten kein Grund dafür sein, eine Partei zu wählen, die die Demokratie durch „irgendetwas anderes“ ersetzen wollen und deren Repräsentanten Dinge sagen, die alles, was uns bisher an unserem Land lieb und teuer war, infrage stellen.

Die vor uns liegenden Aufgaben sind gewaltig und sie können Angst machen. Bloß muss eigentlich allen klar sein, dass wir mit rückwärtsgewandten, nationalistischen und rassistischen Parolen nichts zum Besseren verändern können. Aber natürlich ist dies auch nicht das vorrangige Ziel derjenigen, die AfD gewählten haben. Sie wollen es dem bestehenden System mal zeigen. Was daraus wird und wie diese Art von Staat dann aussehen würde, ist ihnen im Zweifel egal. Hauptsache Randale.

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Horst Schulte
Herausgeber, Blogger, Autor und Hobby-Fotograf
Seit 2004 blogge ich über Politik und Gesellschaft – also seit die meisten noch SMS statt Tweets geschrieben haben. Mit 70 Jahren lebe ich immer noch im schönen Bedburg, direkt vor den Toren Kölns, und schreibe über alles, was die Welt bewegt (oder mich zumindest vom Sofa aufstehen lässt).

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Artikelinformationen:

Gesellschaft

AfD, Broder, Deutschland, Klimawandel, medien, Migration, Thüringen, Wahlen

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