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Gewalt ist keine Lösung, trotzdem wird sie in unserer Gesellschaft immer präsenter

Haltet die Bösen immer voneinander getrennt. Die Sicherheit der Welt hängt davon ab. – Theodor Fontane

∼ 7 Min. Lesezeit

Ich muss aufpassen, dass ich nicht übertreibe mit meinem Defätismus und meinen Anschuldigungen gegen Politik und Gesellschaft. Es scheint so, als hätte ich keinen Spaß mehr an dem, was die Entwicklung dieser beiden Bereiche in unserem Land angeht. Zu viele Sachen passieren, die mich an den Rand der Verzweifelung bringen.

Die Unionsfraktion (CDU/CSU) hat beschlossen, bald auch das Notfallpersonal (Ärzte, Schwestern, Pfleger) in Kliniken so zu schützen, wie das schon seit 2017 bei der Polizei und den Rettungskräften der Fall ist. Das Strafmaß bei gewalttätigen Übergriffen soll bis zu fünf Jahren Gefängnis betragen. In den vier Jahren bevor die Strafverschärfung eingeführt wurde, zählte man 4.500 Übergriffe gegen „Vollstreckungsbeamte und gleichstehende Personen“.

Härtere Strafen

Inwieweit eine Strafverschärfung Leute von körperlichen Angriffen auf Notfallpersonal abhält, muss abgewartet werden. Richtig ist jedenfalls, dass Signale in die Gesellschaft gegeben werden müssen, das dieses überhand nehmende Phänomen keinesfalls „toleriert“ wird. Leider werden nachvollziehbare Gründe dafür, dass sich derartige Übergriffe überhaupt ereignen und warum sie so häufig sind, nicht geliefert. Keine jedenfalls, die ich auch nur halbwegs eingeleuchtet hätte. Sind wir irre geworden?

Seit Jahren ist es normal, dass die friedlichen Besucher von Fußballspielen durch die Polizei vor gewaltbereiten Randalierern geschützt werden. Wer weiß, wie viele Tote zu beklagen wären, würden diese massiven und teuren (Steuergelder!) Polizeieinsätze nicht stattfinden?

In Kreis- oder Bezirksliga – Spielen hören wir immer häufiger, dass Schiedsrichter körperlich angegriffen oder sogar krankenhausreif geschlagen werden. Wie häufig die Gewalt auf Fußballfeldern von Migranten ausgeht, liest man nur in rechtsextremen Blogs. Das ist übrigens auch ein Punkt, weshalb ich für die Benennung der Nationalität von Gewalttätern bin! Ich will wissen, was in unserem Land passiert. So werden wir darüber völlig unnötig im Unklaren gelassen.

Gründe erforschen

In den normalen Medien wird über die Herkunft der Schläger selten etwas offenbart. Das wäre mit der den selbst gesetzten Regeln (der political correctness) nicht vereinbar. Die Frage bleibt also unbeantwortet, wie es zu dem sprunghaften Anstieg von gewaltsamen Attacken während der Fußballspiele kommt. Daran, dass es andererseits bei vielen Bundesliga-Begegnungen zu grässlichen rassistischen Entgleisungen der so genannten Fans kommt, haben wir uns ja auch seit Langem gewöhnt.

Seit Jahren müssen in Deutsche jüdische Schulkinder vor dem Risiko beschützt werden, von rechtsradikaler Gesinnungstätern angegriffen zu werden. Schulen und Synagogen werden bewacht. Sie müssen bewacht werden, weil die Menschen in Gefahr sind. Man darf nicht darüber nachdenken, was das eigentlich heißt. Und das passiert in einem Land mit dieser Geschichte. In Halle war der Polizeischutz der Synagoge aufgrund einer falschen Einschätzung der deutschen Sicherheitsdienste nicht gegeben. So hätte nicht viel gefehlt und der rechtsextreme Terrorist hätte sehr viel mehr Menschen getötet.

Auch der Polizeischutz von Moscheen ist längst zur Normalität in unserem Land geworden. Beschäftigen wir uns zuwenig mit diesen Phänomenen, um den Schutz irgendwann auch einmal wieder als unnötig aufheben zu können? Das ist wohl nicht so, denn Anschläge gibt es auf der ganzen Welt zu jeder Zeit. Die Antworten darauf, weshalb es immer wieder Menschen gibt, die so etwas Schreckliches tun, sind nur oberflächlicher Natur. So kann ich nur feststellen, was wohl viele für sich auch tun werden: Früher gab es sowas nicht. Jedenfalls nicht in dieser Häufigkeit. In der Geschichte der Menschheit gab es immer schon Attentate. Gaius Iulius Caesar, Mahatma Gandhi, die Kennedys, Martin Luther King, Papst Johannes Paul II und viele andere. Die Morde der RAF in Deutschland. Sie waren überwiegend gezielte Anschläge auf Repräsentanten des Staates oder Institutionen.

Das hat sich sehr verändert. Terroranschläge gegen Menschen mit anderer Hauptfarbe, Herkunft, anderer Religion oder ganz willkürliche Opfer erleben wir erst seit wenigen Jahrzehnten in dieser Anzahl und Grausamkeit. Eigentlich wissen wir, dass die mediale Beachtung oder krasser ausgedrückt, das massive Ausschlachten solcher Gräuel, an diesem Wachstum einen Anteil hat. Das gilt sowohl für islamistische Anschläge als auch für solche, die rassistisch motiviert sind. Sollten sich, sofern diese Annahme keine groben Fehler enthält, hieraus keine Rückschlüsse ableiten lassen? Die Presse hat die Pflicht, die Öffentlichkeit über solche Geschehnisse in Kenntnis zu setzen.

So haben wir es gelernt und wir sehen bis heute keinen Grund dafür, unser Gelerntes zu hinterfragen und von den Medien (was auch immer das heute ist!) zu verlangen, die Berichterstattung auf eine Zeile zu beschränken und sie nicht mit detaillierten Bildern des Grauens „auszuschmücken“? Nein, das ist nicht drin. Aber nicht, weil es nicht gehen würde. Nein! Es geht dabei wie bei vielem anderen auch, ausschließlich um wirtschaftliche Interessen. Moralische Bedenken werden nieder geschrieen, in dem behauptet wird, die Pressefreiheit sei in Gefahr. Ein tolles Argument, das immer noch sticht und gegen das kein Kraut gewachsen scheint.

Personenschutz für ehrenamtliche Bürgermeister

Nicht „nur“ die ranghöchsten Politiker benötigen Personenschutz. Längst werden auch nebenberufliche Bürgermeister kleinerer Gemeinden attackiert und schwer verletzt. Von den seelischen Folgen für diese Menschen reden wir erst gar nicht. Es gibt zwar Initiativen der Politik (Reden des Bundespräsidenten), aber ob sie etwas bewegen und solche Idioten davon abhalten, an die solche Appelle adressiert sind, ist doch vollkommen offen.

Nicht auszudenken, welche Folgen es für unser Gemeinwesen haben würde, wenn noch weniger Menschen bereit wären, Verantwortung für unsere Gesellschaft in den Städten und Gemeinden, Land oder Bund zu übernehmen.

Wir wissen, was in unserem Land vorgeht, dass viele unzufrieden sind und der Politik die Gestaltungskraft, vielleicht auch den Gestaltungswillen absprechen. Wir wissen, dass es anno 2019 Nazis gibt, die Todeslisten mit vielen hundert Namen von politisch missliebigen MitbürgerInnen führen.

Ja, wir sind entsetzt und abgestoßen. Aber wir sind auch damit überfordert, die zunehmende Gewaltbereitschaft zu begreifen und fühlen uns arg hilflos. Die klare Erwartung an unseren Staat ist einfach die, dass er uns vor denen schützt, die – aus welchen Gründen auch immer – bereit sind, andere Leben zu gefährden oder sogar zu töten. Verschärfte Strafen für solche Täter sind zwar naheliegend. Es ist nur leider zu bezweifeln, dass sie unser Problem mit der wachsenden Gewaltbereitschaft in unseren Gesellschaften mildern oder sogar lösen können. Wir müssen uns mehr engagieren und denen entschlossen entgegentreten, die vorgeben, eine Alternative darzustellen. Die sind es garantiert nicht!

Quelle Featured-Image: HorstSchulte.com

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Horst Schulte
Herausgeber, Blogger, Autor und Hobby-Fotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 70 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt in Bedburg, nicht weit von Köln entfernt. Meine Themen sind Politik und ihre Auswirkungen auf unsere Gesellschaft und ein wenig mehr.
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