Es ist so verdammt traurig, wenn selbst innerhalb der Gruppe von Menschen keine Einigkeit herzustellen ist, die sich ausdrücklich dem Wohl der Natur (dem Arten- und Klimaschutz) verschrieben haben. Aber warum sollte es innerhalb dieser Gruppe auch anders sein als im Rest unserer Gesellschaft?
Das ist vermutlich ein Preis für den Individualismus, unter dem unsere Gesellschaften ächzen. Jeder glaubt im Recht zu sein und tendiert kaum mehr zu dem, was wir als Lösung für unterschiedliche oder auch kontroverse Sichtweisen alle einmal gelernt haben dürften: dem Kompromiss. Dieser Begriff scheint ebenso entwertet wie Toleranz. Auch sie zähle ich nicht mehr zu den Werten, die hoch im Kurs stehen.
Dabei ist Einigkeit überfällig. Der deutsche Wald (sicher, es ist kein neues Thema, denn wir hatten doch sogar Lösungen für die Auswirkungen des sauren Regens gefunden) aber heute sind die Auswirkungen des Klimawandels und Artensterbens so sichtbar, dass ich kaum begreifen kann, wie hilflos diese technologisch doch so versierte Menschheit vor dieser Aufgabe steht.
Die 1980-er Jahre waren bis dahin noch nicht gekennzeichnet von gesellschaftlicher Polarisierung. Die Politik war noch in der Lage, tragfähige Kompromisse zu finden, die auch von denen mitgetragen wurden, die nicht unbedingt die gleichen Interessen hatten. Aber die Wirtschaft hielt sich an Vorgaben der Politik. Die Maßnahmen – behaupte ich heute – haben etwas Positives bewirkt.
Liest man den oben verlinkten taz-Artikel, so — finde ich — sind die Auseinandersetzungen auf regional begrenztem Terrain nichts weniger als ein Spiegelbild für die Lage auf dem ganzen Planeten.
Vielleicht wurde das Thema Klimawandel zu apodiktisch behandelt. Mir kommt es oft so vor, als hätte genau dies dazu geführt, dass so viele Leute das Thema am liebsten gar nicht mehr debattieren würden. Dieser Teil der Bevölkerung stellt, worüber sich andere erwartungsgemäß sehr empören, das Thema Migration in den Vordergrund. Dazu ist schon vieles vorgetragen worden. Manches ist — auch aus meiner Sicht — absolut berechtigt, manches entspringt, wie das bei solchen Themen wohl unvermeidlich ist, ideologischen Aspekten.
Ich glaube nicht, dass, wie Thomas Gigold es in einem seiner letzten Blogbeiträge sicher berechtigterweise beklagt hat, die Deutschen in Mehrheit das Hauptproblem in »Ausländern« sehen. Solchen Erhebungen möchte ich nicht diese Bedeutung beimessen. Übrigens, genauso wenig wie der Aussage, dass 22 % unserer jungen Leute Rechtsextreme wählen würden. An einem anderen Ort habe ich eine Relativierung dieser Zahl gelesen. Dort wurde von „nur“ 14 % gesprochen, die der AfD zuneigen würden. In meinen Augen wäre das immer noch schlimm genug. Aber ich würde lieber auf die Vernunft setzen und darauf, dass die Medien mit solch geplanten Irritationen gefüttert werden, damit uns Bürgern wiederum ja nicht der Stoff zur Empörung ausgeht. Schließlich bleibt sie doch offensichtlich ein Garant für Klicks und Auflage.
Ich mag mir nicht ausmalen, welche Zukunft die Welt hat. Dass bei uns nur noch jeder 5. Baum gesund ist, ergibt für eine Nation, der historisch eine geradezu metaphysische Verbindung zugesprochen wird, ein fürchterliches Bild. Dass ein bekannter Ministerpräsident Bäume umarmt und damit über die Medien eine beachtliche Reaktion auslöste, finde ich interessant. Aber ich meine das einmal gar nicht negativ, sondern nehme die Reaktion auf diesen eigentlich banalen Tatbestand als Indiz dafür, welchen Stellenwert der Wald für die meisten von uns hat.
Wie kommen wir bloß an den Punkt, an dem Klima- und Artenschutz nicht mehr dem alltäglichen parteipolitischen Scharmützeln zum Opfer fällt? Dass Özdemir oder andere auf den beklagenswerten Zustand unserer natürlichen Umgebung verweisen, reicht schon deshalb nicht aus, weil unser Regierungschef auf der anderen Seite nicht zu einer korrekten Analyse der Lage bereit ist. Ich trage sein Bild im Kopf und wie sehr er darauf besteht, dass die Lage besser sei als ihr öffentlich gezeichnetes Bild. Ich glaube, die Lage ist viel ernster, als die meisten es wahrhaben wollen. Missmut und Verunsicherung nehmen zu. Das entspricht dem Bild der Regierung in der Öffentlichkeit. Verantwortliche Politik sollte einer verunsicherten Bevölkerung das erklären und auf Wohlstandsverluste (wie niedlich dieses Wort klingt!) vorbereiten. Politiker müssen bereit sein, für ihre Positionen zu kämpfen. Mit Merkel, so scheint es mir, hat das aufgehört. Merkel moderierte, Scholz moderiert und Friedrich Merz will weiter moderieren. So wird das nichts.
Was, wenn Lindner, der Buh-Mann der Regierung, mit seiner nebulös wirkenden Politik das versucht, was die Regierung in ihrer Gesamtheit nicht wagt? Wenn er probiert, uns darauf vorzubereiten, dass dieser Sozialstaat nicht länger in dieser Größenordnung finanzierbar sein wird? Ich habe keine Sympathie für Lindner.
Seine Partei befindet sich politisch gesehen in der Todeszone (5% Hürde). Er und die FDP werden als Störenfriede wahrgenommen, die die Kreise der beiden anderen Regierungsparteien aus parteiegoistischen Gründen massiv stört. Wir können uns offenbar nicht einmal mehr vorstellen, dass Politiker aus Überzeugung und Verantwortungsgefühl handeln könnten.
Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass harte Zeiten vor uns liegen könnten. Vielleicht kommt es auch anders und wir schaffen das, obwohl es gerade überhaupt nicht danach aussieht.
Was war gleich die Intention für meinen Beitrag? Veränderungen sind nicht notwendig, sie sind zwingend. Ich sage das, obwohl ich fürchte, dass in diesem zerklüfteten, egoistisch geprägten Meinungsklima nicht mehr viel an Gemeinschaft gedeihen kann.
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