EU /​Türkei: Wieder eine Gelegenheit ausgelassen

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Von allen pro­eu­ro­päi­schen Argumenten hat mich eins wirk­lich über­zeugt. Nur ein poli­ti­sches Gebilde die­ser Größenordnung kann wirt­schaft­lich und poli­tisch gegen die USA, China sowie ande­re auf­kom­men­de Mächte bestehen. Kein ein­zi­ges euro­päi­sches Mitgliedsland hät­te allein die Chance, sei­ne Interessen gegen sol­che Giganten durchzusetzen.

Europäische Interessen kön­nen nach außen nur durch eine star­ke Europäische Union gewahrt wer­den. Es gilt aktu­ell längst sicht­ba­rer Nachteile (s. IT-Sektor), die klei­ne und mitt­le­re Nationen nicht auf­zu­ho­len wären.

Frieden, Personenfreizügigkeit, offe­ne Grenzen, gro­ßer Binnenmarkt, der (star­ke) Euro sind Pfunde mit denen wir Europäer wuchern können. 

Diese Werte ziehen nicht alle in ihren Bann

Leider gibts aber für vie­le auch an die­sen weni­gen Punkten eini­ges aus­zu­set­zen. Die Personenfreizügigkeit etwa bringt für man­che Menschen mehr als für ande­re auch Nachteile (Kriminalität nicht nur in grenz­na­hen Bereichen), der Frieden ist für vie­le mehr das Verdienst der Abschreckung im kal­ten Krieg und weni­ger das des Friedensnobelpreisträgers EU). Von offe­nen Grenzen oder dem (star­ken) Euro muss man gar nicht erst anfangen.

Für mich ist ein wich­ti­ger Knackpunkt der zu oft ent­täu­sche Glaube an die in Sonntagsreden beschwo­re­nen, gemein­sa­men euro­päi­schen Werte. Mein Wunschbild ver­kam zum Zerrbild. 

Selbst das Verhältnis der Mitgliedsstaaten zu- und unter­ein­an­der ist reich­lich unklar (Polen, Ungarn, Tschechien). Das könn­te dar­an lie­gen, dass die EU aus mei­ner Sicht viel zu schnell gewach­sen ist. Bisher 28 Mitgliedsländer und immer noch sind in wirk­lich wich­ti­gen Fragen ein­stim­mi­ge Entscheidungen erfor­der­lich. Über die Einführung von Mehrheitsentscheidungen wird seit Jahren ver­han­delt. Fortschritte sind kaum erkenn­bar. Im euro­päi­schen Wahlkampf war das wie­der mal ein Thema.

Berichterstattung geht unter

Wenn man sich ab und zu in die ech­ten Untiefen der EU – Berichterstattung begibt, stößt man auf wenig Ermutigendes. Man könn­te mei­nen, die EU bewegt sich des­halb wie eine Schildkröte, weil sie genau weiß, dass der Fokus der Menschen ganz woan­ders liegt und son­der­lich gro­ße Hoffnungen auf die Reformbereitschaft eines Monstrums, bewacht von bes­tens abge­si­cher­ten und ali­men­tier­ten Beamtenheeren und einem wah­ren Wirrwarr an Bestimmungen und Verordnungen eh nicht existieren. 


Die Ausweitung nach Osten mag poli­tisch oppor­tun gewe­sen sein, der Union und ihrer Bindungskraft hat sie wohl eher gescha­det. Bis heu­te bin ich nicht sicher, ob ich die Entscheidung der Briten tat­säch­lich so nega­tiv sehen kann, wie dies in deut­schen und ande­ren euro­päi­schen Medien über­wie­gend klingt. Anders aus­ge­drückt: viel­leicht soll­ten wir Verständnis dafür haben, dass es vie­le Menschen gibt, denen das „Ungetüm” Europäische Union unsym­pa­thisch gewor­den ist?

Betrüger im Brexit-Chaos

Was hat die EU eigent­lich seit der durch Lug und Betrug bri­ti­scher Politiker her­bei­ge­führ­ten Trennungsentscheidung getan, um ihre Lehren zu zie­hen? Seit Jahren wer­den Gespräche über Reformen geführt. Versuchen Sie ein­mal, die Details gewahr zu wer­den oder gar so etwas wie (wenigs­tens vor­läu­fi­ge) Ziele oder einen Zeitplan. Viel Spaß dabei.

Die Offiziellen der Europäischen Union begnü­gen sich offen­sicht­lich damit, die Phalanx gegen die Briten zu hal­ten. Wenn das ein Nachweis für Geschlossenheit sein soll, ist das nicht wirk­lich überzeugend.

EU und die Türken

Mir hät­te es Gefallen, wenn die Europäische Union har­te, wirk­sa­me Maßnahmen gegen Erdogans Türkei beschlie­ßen wür­de. Außerdem das sofor­ti­ge und end­gül­ti­ge Ende der EU-Beitrittsverhandlungen. Vielleicht kommt da ja noch was? Maas scheint sich der­weil auch mit einer gemein­sa­men Erklärung zufrie­den geben zu wol­len. Mehr muss man dazu nicht wis­sen, um das Drama Deutschlands und der Europäischen Union zu erken­nen. Maas erwar­tet „eine geschlos­se­ne Sprache” von sei­nen EU-Kollegen. Meine Güte. Geschlossene Sprache. Höhere Ansprüche scheint die­ser Mann nicht zu kennen.

Was heißt das denn konkret? 

Das ist nicht ganz klar. Denn neue Exportgenehmigungen waren schon in den ver­gan­ge­nen Jahren – auch wegen der ers­ten bei­den Syrien-Angriffswellen der tür­ki­schen Streitkräfte – gesun­ken. Maas erklär­te, dass Deutschland schon seit 2016 eine restrik­ti­ve Linie für Rüstungsexporte in die Türkei umsetzt. Diese hat sich seit der Militäroffensive des tür­ki­schen Militärs auf die nord­sy­ri­sche Region Afrin im ver­gan­ge­nen Jahr noch ein­mal ver­schärft. Anders als beim Stopp von Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien dür­fen aber schon geneh­mig­te Exporte wie geplant durch­ge­führt werden. 

Sanktionen gegen die Türkei – Liefert Deutschland nun noch Waffen – oder nicht? (Hervorhebung von mir)

Aber wir Deutsche, ver­tre­ten durch Merkels Azubi im Auswärtigen Amt, wis­sen ja nicht mal, ob wir unse­re Waffenexporte kom­plett oder nur teil­wei­se an die­sen Kriegstreiber in Ankara stop­pen und für wie lan­ge der Lieferstopp über­haupt gel­ten soll. 

Bestimmt wird VW sein Werk in der Türkei bau­en. Business as usu­al gilt halt in der Politik wie in der Wirtschaft. Was die Bürger dazu sagen, scheint der deut­schen Regierung kom­plett egal.

Alle Medien ver­kau­fen uns der­weil Merkels mer­kel­ty­pi­sche (also wohl­tem­pe­rier­te) Empfehlungen im Telefongespräch mit Erdogan als Forderungen an Erdogan. Es war kei­ne Forderung, nur eine Empfehlung, die­sen Krieg, genannt Militäroffensive, einzustellen!


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