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4 Minuten

Warum wird von deutschen Leitmedien Merkels Empfehlung als Forderung an Erdogan verkauft?

Diese Reaktionen schaffen kein Vertrauen in unsere Regierung. Ob sie sich darüber nicht im Klaren ist?

Merkel hat in einem Telefongespräch von Erdogan die „umgehende Beendigung“ der Syrienoffensive gefordert. Die türkische Offensive ist längst ein grausamer Krieg – auch gegen Zivilisten!

Von einer Forderung Merkels schreiben Spiegel und andere.

Sich für etwas auszusprechen – und mehr hat Merkel nicht getan – ist keine Forderung. Das sollte man den Journalisten, die das geschrieben haben, wirklich mal sagen!

Im Artikel erfährt man, dass die Initiative zu diesem Telefonat von den Türken ausging. Außerdem lesen wir, dass eine Regierungssprecherin berichtet habe, dass sich Merkel in diesem Telefongespräch für eine umgehende Beendigung der Militäroperation ausgesprochen habe.

Viele wünschen sich, dass unsere Regierung klare Ansagen in Richtung Türkei macht. Sie tut es nicht! Dafür machen das jetzt unsere Medien. Fast alle behaupten, Merkel habe „gefordert“, dabei hat sie sich lediglich für eine Beendigung der Militäroperation ausgesprochen.

Ich finde, eine Forderung ist etwas anderes, als sich „für etwas auszusprechen“. Nun kennen wir Erdogans Reaktionen inzwischen ein bisschen. Zugegeben, die Beschreibungen in deutschen und anderen europäischen Medien sind ein bisschen parteiisch und die türkischen Medien berichten über derartige politische „Aussprachen“ etwas anders.

Ich will nicht drumherum reden: es kotzt mich an wie Erdogan mit uns Europäern redet. Seine Gestik, seine Wortwahl sind keinen Deut besser als jene des amerikanischen Präsidenten. Offenbar lassen unsere viel beschworenen Werte nicht zu, dass klare Positionen ausgesprochen werden und zur Abwechslung einmal zu Maßnahmen gegriffen wird, die die Türken tatsächlich treffen. Und diese gibt es durchaus!

Wertekanon der EU

Die Beschreibung im „Spiegel“ passt ja zu dem immer wieder erwähnten, nur leider wenig überzeugenden Wertekanon, der aus der EU und aus Deutschland nach Ankara hinüberschallt.

Nicht weniger überzeugend kommen auch die warmen Worte von Donald – das Genie – Trump – in Richtung der kurdischen YPG-Milizen in Nordsyrien. Sie mögen sich angesichts der militärischen Offensive aus der Region „zurückziehen“.

Von Sanktionen und von völliger Vernichtung der türkischen Wirtschaft hatte Trump in einem Tweet gefaselt. Welche Sanktionen aus den USA und der EU auf die Türken zukommen? Erfahrungsgemäß wohl härtere als die aus Europa.

Aber wir kennen die Wirkung der Maßnahmen aus anderen Konfliktlagen. Fakt ist, dass der völkerrechtswidrige Krieg der Türken viele Opfer kostet. Inzwischen hören wir, dass ca. 140.000 Menschen aus der Region hauptsächlich ins Landesinnere geflohen sind. Die Zahl der Toten variiert je nach Quelle.

Fluchtursachenbekämpfung

Und was tut die deutsche Regierung? Sie hält sich deutlich zurück. Man darf wohl sagen: es ist wie immer.

Dabei hätte sie wesentlich mehr Spielraum, um Erdogans Regime richtig weh zu tun. Dazu gehört z.B., dass VW kein Werk in der Türkei baut!

Aber das möchte die Regierung nicht, weil sie vermutlich darauf hofft, dass der Konflikt schnell beendet ist und die Wirkung von Erdogans visionärem Wohnprojekt in der Sicherheitszone von 38 x 480 Kilometern, bald segensreiche Wirkung entwickelt. 140 Dörfer und zehn Städte mit Schulen, Krankenhäusern und Moscheen sollen in der Zone erbaut werden. Dorthin werden dann viele der ca. 3,6 Millionen syrischen Flüchtlinge, die sich heute in der Türkei befinden, umgesiedelt. Das sorgt in der Türkei für etwas Ruhe. Denn dort sind die Einheimischen von den Problemen seit Jahren stark gefordert. Zum anderen kann Erdogan seine am Boden liegende Bauindustrie auf Kosten der Europäer aufpäppeln.

Hoffnungsvolles Projekt…

Ob die Europäer dieses Projekt, das wir natürlich auch bezahlen dürfen (24,4 Milliarden Euro!) als hoffnungsvolles Modell betrachten, in die Kategorie „Fluchtursachenbekämpfung“ einordnen? Zynisch genug wären unsere Politiker.

Nochmals zur Klarstellung: Deutschland tut gar nichts. Deutschland lässt den Despoten sein Werk verrichten, die Kanzlerin reagiert mit einer „Empfehlung“ an Erdogan. Unser Außenminister droht mit Sanktionen und die Türken lachen sie derweil kaputt über die EU und über Deutschland. Es ist wie immer.


Würde der Krieg durch Sanktionen des Westens beendet werden, könnten die Europäer ihr Geld sinnvoll für das von Erdogan erfundene (sic?) Projekt einsetzen und in Nordsyrien eine Sicherheitszone einrichten. Wenn Erdogan das schafft, sollten wir es (ohne Blutvergießen und im wohlverstandenen eigenen Interesse) auch schaffen.

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