„Friday for Future“ sollte ein Déjà-vu sein

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Hört man den jun­gen Leu­ten von Fri­days for Future zu, ohne gleich in Abwehr­stel­lung zu gehen, muss man beein­druckt sein. Ich bin es jeden­falls. Sie wis­sen genau, wor­über sie spre­chen und füh­len sich durch die Unter­stüt­zung vie­ler Wis­sen­schaft­ler bestä­tigt. Das beflü­gelt sie in ihrem Kampf gegen das „erwach­se­ne Establishment“.

Wir sind es leid, unter dem Fehl­ver­hal­ten ande­rer zu lei­den“, sag­te Teil­neh­mer Sebas­ti­an Grie­me bei der heu­ti­gen Pres­se­kon­fe­renz von Fri­day for Future. 

Die „ande­ren“ spa­ren dafür auch nicht mit ent­spre­chen­den Kom­men­ta­ren. Die­se hier habe ich unter einem Kurz­bei­trag über die Pres­se­kon­fe­renz gefun­den (Epo­che Times ?). Nun sind die­se Art von Kom­men­ta­ren ja typisch für das Publi­kum von Epo­che Times, die bei The­men die auch im wei­tes­ten Sin­ne den Grü­nen zuzu­ord­nen sind, abso­lut unflä­tig reagie­ren. Mit die­sen Bei­spie­len will ich natür­lich nicht behaup­ten, dass es woan­ders kei­ne ernst­zu­neh­men­den ande­ren Mei­nun­gen gäbe.

„Legt die Gören übers Knie und ver­sohlt ihnen ordent­lich den Arsch!“
„Boah wenn ich die­se ver­strahl­ten indok­tri­nier­ten Öko­fa­schis­ten schon sehe 😀 Aber selbst ver­mut­lich jedes Jahr Flug­rei­sen um die hal­be Welt machen.“
„Die kön­nen noch nicht ein mal gera­de aus pis­sen und wol­len uns das Hei­zen und Auto­fah­ren ver­bie­ten.“
„..stellt den Rea­li­täts­ver­wei­ge­rern doch mal den Strom ab… kein Han­dy, kein Com­pu­ter, kein Net­flix KEIN LUXUS… die­se ver­wöhn­ten, indok­tri­nier­ten Kack­brat­zen den­ken dann hof­fent­lich mal nach… (ich weiß: Wunschdenken).“

Dass die jun­gen Damen und Her­ren von Fri­day for Future gegen sol­che qua­li­fi­zier­ten Vor­ur­tei­le zu kämp­fen haben, liegt – fürch­te ich – so ein biss­chen in der Natur der Sache. Mit Sät­zen wie dem von Grie­me (s.o.) leis­ten sie auch ihren direk­ten Beitrag. 

Die Jugend­li­chen haben einen bio­lo­gi­schen Nach­teil, der von man­chen Geg­nern ihrer Kam­pa­gne scham­los aus­ge­nutzt wird. Es exis­tiert das Image der Jugend, das älter ist als ein Mensch je wer­den könn­te. Jugend­be­we­gun­gen haben sich, wenn frü­her ™ aus Grün­den über eine regio­na­le Wir­kung nicht hin­aus­ge­kom­men sind, mit sol­chen Din­gen aus­ein­an­der­set­zen müssen. 

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Jun­gen Men­schen wird gern vor­ge­hal­ten, sie hät­ten auf­grund ihrer gerin­ge­ren Lebens­er­fah­rung nicht das Recht, den Alten Ansa­gen zu machen. Ich fra­ge mich, ob es bei denen zu Hau­se auch so zuge­gan­gen ist und ob sie in ihrer Jugend so behan­delt wur­den. Leu­te, die so den­ken, sind offen­bar nicht sel­ten; ob sie es nun offen aus­spre­chen oder nicht. Wir sehen das vor allem in vie­len hämi­schen und oft nicht gera­de inhalts­vol­len Kom­men­ta­ren in den sozia­len Netz­wer­ken. Mich erin­nert das an einen Satz, den Jugend­li­che frü­her ™ viel­leicht häu­fi­ger zu hören beka­men: „Solan­ge du dei­ne Füße unter mei­nen Tisch setzt…“ 

Man­che Leu­te haben halt ihre durch­aus nicht unpo­pu­lä­ren (oder heißt es popu­lis­ti­schen?) Ansich­ten zu den Akti­vi­tä­ten von „Fri­day for Future“:

Ich füh­le mich aller­dings auch ange­grif­fen, wenn die jun­gen Leu­te von „Erwach­se­nen“ spre­chen, die weder begrei­fen wür­den, wel­che Maß­nah­men jetzt nötig sei­en und viel weni­ger noch die­se umset­zen. Damit sen­den sie ein Signal in die Gesell­schaft, das die sowie­so exis­tie­ren­den gro­ßen Pola­ri­sie­rungs­ten­den­zen wei­ter ver­grö­ßern. Unbe­streit­bar ist, dass die Ver­ant­wor­tung für die momen­ta­nen Zustän­de bei uns Erwach­se­nen liegt, nicht nur bei „der Poli­tik“!, wie immer so nett gejam­mert wird. Unse­re Zukunft, die der Älte­ren, ist erheb­lich kür­zer als die der jun­gen Men­schen, die für ihre Inter­es­sen so unge­wohnt laut­stark kämp­fen. Dazu gibts kei­ne zwei Meinungen.

Hätte es Friday for Future nicht schon früher geben müssen?

Was wohl gewe­sen wäre, hät­ten die Berich­te des Club of Rome, die ich (Anfang der 1970er Jah­re Anfang 20) halb­her­zig ver­folgt habe, in der Öffent­lich­keit zu mehr als nur nach­denk­li­chen Gedan­ken geführt? 

Spä­tes­tens das 1981 erschie­ne­ne sehr umfang­rei­che Buch „Glo­bal 2000, Bericht an den Prä­si­den­ten), das ich mir in der deut­schen Über­set­zung von „Zwei­tau­send­eins“ gekauft und zum gro­ßen Teil auch gele­sen! hät­te eine Wir­kung haben müs­sen. Wenn Men­schen auf die Stra­ße gegan­gen wären, um sich dem Wahn­sinn ver­geu­de­ter Res­sour­cen und ande­ren Fehl­ent­wick­lun­gen mit hör­ba­rem Pro­test ent­ge­gen­zu­stel­len, brauch­ten wir uns heu­te nichts vor­wer­fen zu las­sen. Mich haben die schlech­ten Pro­gno­sen in „Die Gren­zen des Wachs­tums“ (Bericht des Club of Rome zur Lage der Mensch­heit) bewegt, „Glo­bal 2000“ hat mich regel­recht scho­ckie­rend. Unter­nom­men habe ich nichts, außer dass ich mich häu­fi­ger als davor gefragt habe, wie es sein kann, dass uns sug­ge­riert wird, dass alles immer so wei­ter­ge­hen wür­de; also immer mehr Autos auf die Stra­ßen kom­men – zum Bei­spiel. Statt­des­sen aber freu­en wir (die Medi­en tun das für uns) immer noch jedes Jahr, dass neue Rekord­zu­las­sungs­zah­len in den Nach­rich­ten ver­mel­det wer­den. Schwach­sinn! Der Arbeits­platz ist halt doch mehr wert als der Mensch, denn für den Arbeits­platz gibt es einen Men­schen. Aber nicht für jeden Men­schen einen Arbeits­platz… (geklaut bei: Nico Sems­rott, „Heu­te Show“ vom 6.4.)

Ande­rer­seits habe immer­hin ver­stan­den, dass etli­che Pro­gno­sen Gott sei Dank nicht zur Rea­li­tät gewor­den sind. Das Bevöl­ke­rungs­wachs­tum auf der Erde, einer der wohl kri­tischs­ten Punk­te in allen Grund­la­gen und Betrach­tun­gen, ver­än­dert sich nicht groß­ar­tig. Und das, obwohl die Lebens­be­din­gun­gen sich in man­chen Tei­len der Welt durch den Kli­ma­wan­del schon heu­te ver­schlech­tert haben.

Wir ignorieren unsere Abhängigkeit von unserer natürlichen Umgebung

Gera­de mel­den die Medi­en, dass die Getrei­de­ern­te 30 Mil­lio­nen Ton­nen unter dem glo­ba­len Bedarf liegt. Die Daten kom­men von der Welt­ernäh­rungs­or­ga­ni­sa­ti­on (FAO). Die Zahl der Men­schen, die sich welt­weit auf der Flucht befin­den, hat den Rekord­wert von 68 Mil­lio­nen erreicht. Nach­dem die Zahl der Hun­gern­den welt­weit 3 Jah­re lang gesun­ken ist, stieg sie in 2018 wie­der an. Dabei sah es seit Beginn der 2000er Jah­re so aus, als sin­ke die Zahl der Hun­gern­den. Sie sank um ca. 28%. In 2018 lag sie jedoch bei 821 Mio. Men­schen (Quel­le).

  • 821 Mil­lio­nen Men­schen hun­gern welt­weit, die erneu­te Zunah­me soll z.T. auf den Kli­ma­wan­del zurück­zu­füh­ren sein 
  • 2,1 Mil­li­ar­den Men­schen welt­weit haben kei­nen Zugang zu sau­be­rem Was­ser (Quel­le)
  • 68 Mil­lio­nen Men­schen befin­den sich auf der Flucht
  • 1990 star­ben noch 12,6 Mio. Kin­der unter 5 Jah­ren, 2016 waren es noch ca. 5,6 Millionen
  • Seit dem Jahr 2000 konn­te so laut UNICEF schät­zungs­wei­se 50 Mil­lio­nen Kin­dern unter fünf Jah­ren das Leben geret­tet wer­den (Quel­le)

Die Schluss­fol­ge­run­gen aus der Stu­die „Die Gren­zen des Wachs­tums“ lau­te­ten damals: 


Unse­re gegen­wär­ti­ge Situa­ti­on ist so ver­wi­ckelt und so sehr Ergeb­nis viel­fäl­ti­ger mensch­li­cher Bestre­bun­gen, daß kei­ne Kom­bi­na­ti­on rein tech­ni­scher, wirt­schaft­li­cher oder gesetz­li­cher Maß­nah­men eine wesent­li­che Bes­se­rung bewir­ken kann. Ganz neue Vor­ge­hens­wei­sen sind erfor­der­lich, um die Mensch­heit auf Zie­le aus­zu­rich­ten, die anstel­le wei­te­ren Wachs­tums auf Gleich­ge­wichts­zu­stän­de füh­ren. Sie erfor­dern ein außer­ge­wöhn­li­ches Maß von Ver­ständ­nis, Vor­stel­lungs­kraft und poli­ti­schem und mora­li­schem Mut. Wir glau­ben aber, daß die­se Anstren­gun­gen geleis­tet wer­den kön­nen, und hof­fen, daß die­se Ver­öf­fent­li­chung dazu bei­trägt, die hier­für not­wen­di­gen Kräf­te zu mobi­li­sie­ren.

Club of Rome

Die Wor­te sind ange­sichts der Tat­sa­che bemer­kens­wert, dass vie­le Jahr­zehn­te unge­nutzt vor­über­ge­gan­gen sind, ohne dass das gefor­der­te Maß von Ver­ständ­nis, Vor­stel­lungs­kraft und poli­ti­schem und mora­li­schem Mut auf­ge­bracht wur­den. Mich erin­nert unse­re Igno­ranz (der Poli­tik) an unser deso­la­tes Ren­ten­sys­tem. Vor den Aus­wir­kun­gen der demo­gra­fi­schen Ent­wick­lung haben auch bei die­sem The­ma klu­ge Men­schen schon vor Jahr­zehn­ten gewarnt. Man hat sie nicht gehört. Die Mensch­heit hat wäh­rend die­ser fast fünf Jahr­zehn­te schreck­lich viel Zeit verloren. 

Das ist es, was Fri­day for Future uns, den Älte­ren, zu recht vor­hält und des­halb mit Macht ändern will.

Ich ken­ne eini­ge der kri­ti­schen Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit den Aus­sa­gen des Club of Rome. Die gab es damals wie heu­te. Es ist bemer­kens­wert, wie man­che sich damit beru­hi­gen, dass nicht alles ein­ge­trof­fen ist, was Wis­sen­schaft­ler pro­gnos­ti­ziert hat­ten. Dass ihnen dies einen Vor­wand lie­fert, die aktu­el­len Aus­sa­gen von Wis­sen­schaft­lern zu igno­rie­ren, kann uns noch zum Ver­häng­nis wer­den. Ich möch­te es dar­auf nicht ankom­men las­sen und unter­stüt­ze auch wei­ter die Zie­le von Fri­day for Future.

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

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8 Gedanken zu „„Friday for Future“ sollte ein Déjà-vu sein“

  1. Hans 6 10. April 2019 um 15:05

    Ser­vus Horst,

    ich sehe weni­ger, dass diie jun­gen Leu­te uns Alten eine Ansa­ge machen. Sie haben ein­fach Angst um die Welt. Ja es gab schon immer was, wor­um es sich zu sor­gen galt, aber die berech­tig­ten Sor­gen, die man sich heu­te macht, gab es in mei­ner Jugend nicht (so ich mich recht erin­ne­re). Wenn man heu­te hört, dass wir in „kur­zer“ Zeit eis­freie Alpen haben wer­den dann kann einem da schon der Stift gehen. Uns wirds wohl mög­lich nicht mehr betref­fen, aber die Jugend von heu­te schon.
    Manch einer mag da mit sei­nen „Kam­pa­gnen“ schon mal neun­mal­klug daher kom­men. Ich möch­te mich nicht davon frei­spre­chen, dass ich das als auf­mu­cken­der Jugend­li­cher nicht auch war.
    Ich kau­fe vie­len ab, dass die Sor­ge > Angst vor der Zukunft und um die Welt schon groß ist.

    Mich wür­de es sehr freu­en, wenn man­che Pro­gno­se nicht zutref­fen wird. Allein mir fehlt der Glau­be. HG Hans

  2. Hans-Willi Johnen 3 11. April 2019 um 14:05

    Wel­cher ver­nünf­ti­ge Mensch sorgt sich nicht um den zustand unse­res Pla­ne­ten? Als ich jung war, gab es nicht die Mög­lich­keit jeder­zeit über alles infor­miert zu sein was in der Welt geschah. Heu­te ist das anders und Fluch und Segen zugleich. Man wird im Lauf des Lebens immer miss­trau­isch, wenn der Main­stream mal für die­ses, mal für jenes trom­melt. Wer oder was steckt hin­ter den Kam­pa­gnen zur Kli­ma- und Welt­ret­tung? Lei­der stell­te sich oft her­aus, dass hin­ter heh­ren For­de­run­gen oft schnö­de wirt­schaft­li­che Inter­es­sen ste­cken. Idea­lis­ten, jun­ge ins­be­son­de­re, las­sen sich nur zu ger­ne vor den Kar­ren span­nen wenn es gegen über­kom­me­ne For­men des Zusam­men­le­bens, der Öko­no­mie, der Öko­lo­gie usw. geht. Wenn die­se Men­schen noch dazu über wenig bis gar kei­ne Bil­dung ver­fü­gen, wenn sie ent­we­der noch zu jung sind oder in der Schu­le natur­wis­sen­schaft­li­che Fächer gemie­den und dafür sich lie­ber mit Sozio­lo­gie beschäf­tigt haben, sind sie die per­fek­ten Opfer inter­es­sier­ter Per­so­nen und Par­tei­en. Ich will nicht von Jugend­wahn reden aber heut­zu­ta­ge gilt jeder der nicht die­ses arme Kind aus Schwe­den ver­ehrt als igno­ran­te Dumpf­ba­cke. Muss­te ich mal loswerden.

  3. Hans-Willi Johnen 3 19. April 2019 um 15:05

    Das „Schmier­dings“ ver­tritt ledig­lich eine Mei­nung die der Ihri­gen wohl zuwi­der­läuft. Sper­ren und ändern Sie wie Sie möch­ten. Ist schließ­lich ihre Web-Site. So läuft heu­te wohl Meinungsfreiheit.

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