Gesellschaft

Nasses, kaltes Frühjahr. Kein Wunder, wenn viele ihren Urlaub lieber auf den Kanaren verbringen

Wie könnten die großen Tourismusunternehmen dazu gebracht werden, die Zahlen ihrer Gäste an ihre Reiseziele anzupassen und dabei nicht die übliche Rücksichtslosigkeit zugunsten ihrer Bilanzen walten zu lassen?

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Hoffentlich fällt der Frühling nicht komplett ins Wasser. Ist das nass. Die Wege in den Wäldern und auf den Wegen sind so aufgeweicht, wie ich das selten gesehen habe – wenn überhaupt. Für den Sommer sagen die „Experten“ voraus, dass es mal keinen Wassermangel gibt. Dafür – sagen die Bauern – ist es jetzt viel zu nass. Dem Spargel macht das nichts, dafür aber denen, die ihn ernten wollen oder müssen.

Und jetzt protestieren die Tinerfeños (Teneriffa), Grancanarios (Gran Canaria), Palmeros (La Palma), Majoreros (Fuerteventura), Gomeros (La Gomera), Lanzaroteños (Lanzarote) und Herreños (El Hierro) gegen den grenzenlosen und – ernsthaft jetzt – völlig ausufernden Tourismus. Ich kann die Proteste verstehen.

Aber wie reagieren all die, die die Kanaren zu ihrem Urlaubsziel machen? Sie werden weiter fliegen, allen Erkenntnissen der Wissenschaft im Hinblick auf die Wirkung auf den Klimawandel zum Trotz. Das haben wir uns schließlich verdient, nicht wahr?

Meine Frau und ich waren zweimal auf den Kanaren, einmal auf Fuerte, einmal auf Gran Canaria. Es war schön, und wir hätten schon mal wieder Lust. Nun ist meine Frau allerdings aufgrund der Proteste sauer auf die Demonstranten. Sie zieht Holland vor, auch weil sie nicht fliegen möchte.

Wahrscheinlich fahren wir in diesem Jahr wieder nicht in Urlaub. Im nächsten Jahr sind es dann voll 10 Jahre, in denen wir nicht mehr verreist sind. So richtig fehlt uns das nicht, denn wir sind gern zu Hause. Aber manchmal packt mich doch etwas das Reisefieber. Das ist aber schnell wieder abgeflaut. Ich denke, das habe ich von meinem Vater – sofern so etwas vererbbar wäre.

Er kam nach zehn Jahren aus der russischen Kriegsgefangenschaft zurück und hat (freiwillig) nie eine Urlaubsreise unternommen. Einmal war er in der Schweiz. Das war allerdings beruflich, weil er den Garten seines Chefs anlegen sollte und einmal war er mit meiner Mutter für 2 Wochen in der damaligen DDR, um dort einen Kriegskameraden zu besuchen. Das war es, glaube ich. Es mag damals auch ein wenig am Geld gelegen haben.

Ich glaube eher, er hatte nach den Erfahrungen infolge des Krieges schlicht keinen Bock mehr, mehr von dieser Welt zu sehen.

Meiner Frau und mir fehlt das Reisen auch nicht. Exotisch und seltsam – ich weiß. Aber so ist es nun einmal. Ich möchte noch anmerken, dass wir nicht deshalb nicht verreisen, weil wir ans Klima denken.

Dabei — ich finde, keiner sollte deshalb ein schlechtes Gewissen haben, weil die Menschheit unsere Erde aus Gleichgültigkeit ruiniert und trotz aller Erkenntnisse alles ignoriert, was auf dem Tisch liegt.

Ich verstehe die Einwohner der Kanaren. Dass sich die Bewohner von Städten wie Barcelona oder Venedig auch gegen die Okkupation ihrer Heimatstädte durch Touristen beklagen, ist ebenso nachvollziehbar. Dabei will ich unser Benehmen, das wir als Touristen oft an den Tag legen, nicht einmal thematisieren!

Das scheint alles egal zu sein, schließlich hängen die Einnahmen durch den Tourismus daran und auch für viele Bewohner der gebeutelten Regionen hängen wohl existenziell davon ab. Dass es dennoch Proteste gibt, muss zu denken geben.

Doch vor allem die Betriebsergebnisse der großen Tourismusveranstalter sind es, auf die hier Rücksicht genommen werden muss, nicht wahr? Die beuten mit ihren niedrigen Löhnen und ihrer Geldgeilheit die Regionen immer weiter aus und werden von den lokalen Politikern vermutlich noch darin bestärkt.

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Quelle Featured-Image: Magnolien im Park

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6 Gedanken zu „Nasses, kaltes Frühjahr. Kein Wunder, wenn viele ihren Urlaub lieber auf den Kanaren verbringen“

  1. Ich bin auch seit 10 Jahren nicht mehr verreist. Fehlt mir auch nicht. Davor bin ich auch nicht verreist. War auf Gran Canaria, Mallorca und einige Städtetrips wie Wien, Nürnberg, Hamburg reichten mir. Die Reizüberflutung strengt mich an. Liegt vielleicht auch daran, dass ich als Kind auch nicht verreist bin, da man sich das nicht leisten konnte. Ich verstehe auch die Bewohner, da ja wie es heißt für diese, die Nachteile doch größer und größer werden. Machen wir uns nichts vor. Das verreisen ist ja auch nicht wirklich etwas was seit tausenden von Jahren von sich geht. Neumodisches Zeugs 😉 sag ich mit einem Schmunzeln. Ja klar, manchmal fällt einem die Decke auf dem Kopf, aber dafür für ein, zwei Wochen für ca. 2 oder 3 Tausend Euronen sich ins Ausland abzusetzen finde ich auch irgendwie komisch mittlerweile. Will ich was erleben, kann ich das mittlerweile sehr gut Online über das Internet. Laufe virtuell durch die Straßen von San Francisco oder besuche sogar den Grand Canyon. Selbst Planeten kann man heute virtuell einen Besuch abstatten. Falls jetzt jemand um die Ecke kommt mit dem Argument das man die Erfahrungen und Erinnerungen sammelt, argumentiere ich dann gerne mit den steigenden Alzheimer und Demenzfällen. Im Altersheim oder Pflegeheim bringt mir das auch nichts mehr, wenn ich mich an die Vergangenheit nicht mehr so gut oder gar nicht mehr erinnern kann. Thats life und shit happend und alles hat ein Ende nur die Wurst hat zwei 🙂

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  2. @Willi: Offenbar gehören wir zu den Ausnahmen, Willi. Oder es liegt vielleicht am Alter? Mir haben Reisen eigentlich immer schon wenig bedeutet. Ich habe mich immer nach ein paar Tagen schon wieder auf zu Hause gefreut. 🙂 Klingt für die meisten wohl bekloppt. Vielleicht hat es auch bei mir damit zu tun, dass wir uns früher keine Reisen leisten konnten. Ich meine, meine Eltern hatten auch kein Auto, die Zeiten waren nicht einfach. Trotzdem haben wir eine glückliche Kindheit gehabt. Gefehlt hat uns nix. So redet auch meine Schwester und ein paar meiner Freunde im gleichen Alter.

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  3. NA sowas, es gibt ja doch Kommentare! Wollte kommentieren und hab erstmal keine Kommentarfunktion gefunden, dachte also: Horst hat mal wieder keine Lust drauf… Dann aber den Link „2 Kommentare“ erblickt und siehe da… gibts doch noch! 🙂

    Erstaunlich, dass du nicht verreist! Ich dachte, nach dem Ende der Pflege würdet Ihr die Welt erkunden, so als Ausgleich für das lange Angebundensein.

    „Sie werden weiter fliegen“ schreibst du. Das wird bald schwierig und vor allem teurer, hörte ich heute im DLF. Boing hat Probleme, die Maschinen verlieren Teile, Airbus ist 10 Jahre ausgebucht und kann die Produktion nicht erhöhen. Die Fluggesellschaften dünnen bereits die Flüge aus.

    Wir waren kürzlich in Apulien, so nach 2 Jahren Abstinenz. Nicht ganz so schön wie Sizilien, aber auch sehr interessant und stellenweise richtig toll. Touristenmassen treffen wir nicht, denn wir reisen grundsätzlich Ende Februar / Mitte März, da ist in südlichen Regionen noch nicht so viel los, aber das Wetter doch wärmer und schöner als in Berlin zu dieser Zeit.

    Als Kind fand ich es nervig, in Italien immer Altertümer besuchen zu müssen (jährlicher Familienurlaub / Camping in der Nähe von Rom). In der Rückschau freue ich mich, dass ich die Gelegenheit hatte, einfach so durchs Forum Romanum und Colloseum zu laufen, keine Absperrungen, Eintrittsgelder, Wartezeiten in Schlangen…. Es macht keinen Spass mehr, bekannte Highlights zu besichtigen, es gibt mittlerweile einfach zu viele Menschen, die all das zum mühevollen und oft teuren Event machen. Da hab ich keinen Bock mehr drauf!
    Aber die Landschaft, die Städte, das Meer, die regionalen Speisen… es wird doch wieder irgendwann Sizilien sein! 🙂

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  4. @ClaudiaBerlin: Das Reisen hat seine Vorzüge. Ich verstehe alle, die das gern und häufig tun. Wir hatten 10 Tage Bergen (Nordholland) gebucht, haben uns freitags von meiner Mutter verabschiedet und wollten sonntags fahren. Samstag rief meine Schwester an, meine Mutter war im Schlaf verstorben. Die Urlaubsreise haben wir abgesagt. Seitdem haben wir keine Pläne in dieser Hinsicht gemacht.

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  5. Einerseits jammern so unglaublich viele (man ist fast versucht „alle“ zu schreiben), dass alles immer teurer wird, auch das Reisen. Andererseits sind die Zahlen, die die großen Reiseveranstalter letztes Jahr veröffentlich hatten, auf Rekordniveau. Es ist geradezu eine Selbstverständlichkeit, dass man mindestens einmal im Jahr verreist, „man hat es sich ja schließlich verdient“!
    Und die, die lauthals protestieren – das Geld der Touristen nimmt man gerne. Alles hat zwei Seiten, offensichtlich auch die Ansichten mancher 😉

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  6. @Queen All: Man sagt ja gern: Deutschland geht es gut. Damit kann eigentlich nur das Land als Staat gemeint sein. Es gibt zu viele, denen es nicht gut geht. Auf den Balearen oder Kanaren geht es den Menschen einerseits nur dann gut, wenn die Touristen kommen, weil sie von dieser Industrie im Großen und Ganzen leben. Wir haben das während der Corona Pandemie erlebt. Es waren schlimme Bilder über die Lebensbedingungen derjenigen, die uns Touristen normalerweise versorgen. Warum können wir nicht von uns aus etwas mehr Rücksicht nehmen und diese Regionen nicht in einer solchen Art und Weise überfordern, wie wir es tun? Es herrscht Maßlosigkeit in jeder Hinsicht. Dekadenz nennen es andere. Aber ich bin wohl auch wieder zu streng. Schließlich bin ich viele Jahr mit meiner Frau zwei oder drei Mal in Urlaub gefahren oder geflogen. Jetzt muss ich das nicht mehr haben und kritisiere diejenigen, die dort Ruhe und Erholung suchen.

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