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Polizisten, die wir uns nicht wünschen

Wie Polizisten im Kampf für uns alle durch poli­ti­sche Fehler zu Buhmännern mutierten. 

Der Blick auf unsere Polizei ist geprägt von Beschwichtigungsversuchen und Verzögerungen

Die deut­sche Polizei steht zwar nicht erst unter beson­de­rem Beschuss, seit George Floyd durch mut­maß­li­che wei­ße Rassisten in Polizeiuniform zu Tode kam. Seitdem inten­si­vie­ren sich jedoch die Vorbehalte. Medien und die aso­zia­len Netzwerke neh­men sich gegen­sei­tig wenig. 

Auf Social-​Media-​Kanälen folg­ten in kur­zen Abständen Filme und Fotos, die poli­zei­li­che (rabia­te) Aktionen gegen Jugendliche mit Migrationshintergrund zeig­ten. Dieses Mal steck­ten in den Uniformen deut­sche Polizisten. Im Fall des Düsseldorfer Jugendlichen ähnel­te die Szene auf frap­pie­ren­de Weise der aus den USA.

Ohne abzu­war­ten, wel­che Gründe es für das rigi­de Vorgehen gegen die Jugendlichen even­tu­ell gege­ben hat­te, setz­te die übli­che Empörung mit mar­ki­gen Vorwürfen gegen die Polizei ein.

Nachdem ich etwas über die Biografien der bei­den Jungen gele­sen hat­te, leuch­te­te mir jeden­falls ein, dass die Polizei viel­leicht ihre Gründe hat­te, so mas­siv vorzugehen. 

Einer von ihnen ist ein so genann­ter Intensivtäter, der ande­re war eben­so kein unbe­schrie­be­nes Blatt.

Der sich aus die­ser Lage her­aus ent­wi­ckeln­de Streit um die Deutungshoheit nahm extre­me Formen an. Begleitet wur­de das von einem pene­tran­ten Wehklagen dar­über, wie ras­sis­tisch es in Deutschland zugeht.

Parallel zu sol­chen Geschichten stan­den schon län­ge­re Zeit hin­durch Vorwürfe gegen die Polizei im Raum, in ihren Reihen Rechtsradikale zu haben und gegen die­se nichts bzw. zu wenig zu unter­neh­men (NSU 2.0). Es wur­den von Polizeicomputern Drohbriefe an Politiker und Anwälte mit der Signatur NSU 2.0 ver­schickt. Die Aufklärung ver­zö­ger­te sich massiv. 

Ich blei­be dabei, dass unse­re Polizei auf gar kei­nen Fall mit dem ver­gli­chen wer­den darf, was wir aus den Vereinigten Staaten in den letz­ten Monaten ken­nen­ge­lernt haben. Dass deut­sche Polizisten bei der Arbeit gefilmt oder foto­gra­fiert wer­den, ist einer nor­ma­ler Vorgang. Aber die Interpretation, wie wir sie erlebt haben, ist es nicht!


Im DLF lief eine Sendung über die Corona-​Folgen für jun­ge Menschen. Weshalb dort aus­schließ­lich mit und über Abiturienten gere­det wur­de, blieb mir schlei­er­haft. Zählen Jugendliche ohne Abi heut­zu­ta­ge nicht mehr?

Stimmung gegen die Polizei

Einer der Gesprächspartner beschwer­te sich ziem­lich aggres­siv dar­über, wie sich wäh­rend der letz­ten (Corona-)Monate das Image der Polizei bei jun­gen Leuten ver­schlech­tert habe. Er erklär­te das mit dem Verhalten von Polizisten gegen Jugendliche und jun­ge Leute. Für mich klang es so, als wür­de er unter ande­rem die Ausschreitungen von Stuttgart, Frankfurt etc. aus­schließ­lich der Polizei anlas­ten, jeden­falls nicht den Krawallmachern. 

Er ver­such­te, die Aktionen der „jun­gen Leute” zu ver­harm­lo­sen und die Gegenmaßnahmen der Polizei umge­kehrt als über­zo­gen gewalt­tä­tig zu kri­ti­sie­ren. Das Vorgehen der Polizei wür­de bei den jun­gen Leuten wahr­schein­lich noch lan­ge nach­wir­ken. Das Verhältnis zwi­schen die­sen jun­gen Leuten und der Polizei seit damit nach­hal­tig gestört. 

Er stell­te in den Raum, dass man die Folgen, die das für die Akzeptanz des Staates und der Polizei noch haben könn­te, heu­te noch gar nicht rich­tig abschät­zen könne. 

Als 66jähriger Rentner kann ich die Wirkung von Beschränkungen auf die Bewegungsmöglichkeiten wäh­rend Corona auf jun­ge Leute nicht wirk­lich beurteilen. 

Ich fand die Beschränkungen nicht belas­tend, sieht man von den zum Teil auch selbst auf­er­leg­ten Restriktionen bei sozia­len Kontakte ein­mal ab. 

Ich kann mir aller­dings vor­stel­len, dass sie ‑unab­hän­gig von den schu­li­schen Auswirkungen- vor allem auch bei den Freizeitaktivitäten eine gro­ße Rolle spiel(t)en. Wenn sich die­se Aktivitäten auf den öffent­li­chen Raum ver­la­gert haben (Plätze, Grünflächen, Straßen) war das im Grunde fast so etwas wie Notwehr. 

Leider gab es aller­dings auch mas­si­ve Übertreibungen. Gegen die­se muss­te die Polizei ein­schrei­ten. Ob das in jedem der von dem jun­gen Mann ange­spro­che­nen Orte der Fall war, ver­mag ich nicht zu beurteilen. 

Konfrontation erzeugt Spannungen

Wenn die Polizei in sol­chen Situationen ihre ori­gi­nä­ren Aufgaben wahr­nimmt, kann es zu Konfrontationen kom­men. Meine Sympathien lie­gen bei sol­chen Gelegenheiten eher bei den Polizisten als umge­kehrt bei denen, die Chaos, Gewalt und Anarchie favo­ri­sie­ren. Das mag an mei­nem Alter lie­gen. Heute bin ich eher für Law and Order zu haben als für das Gegenteil. Und zwar ganz egal, um wel­che Themen es sich handelt.

Wir haben alle schon vom Einsatz irgend­wel­cher Deeskalationsstrategien der Polizei bei anstren­gen­den und für die Polizei oft genug sehr gefähr­li­chen Großeinsätzen gehört. Trotzdem kön­nen uns nicht wirk­lich viel dar­un­ter vor­stel­len. Jedenfalls nicht die­je­ni­gen, die nie oder kaum mal an einer sol­chen Situation betei­ligt waren. Diese Welt besteht eben zum Glück nicht nur aus Demoteilnehmern mit Gewalterfahrungen.

Worauf ich hin­aus will: Die zum Polizeiskandal ers­ter Güte auf­ge­bla­se­ne Geschichte der 30 schwar­zen Schafen im Polizeidienst (NRW) wird in der öffent­li­chen Bearbeitung dem Stellenwert der Polizei in unse­rer Gesellschaft aus mei­ner Sicht nicht gerecht. 

Unter Polizisten und Soldaten, hört man immer wie­der, gibt es mehr Menschen, die zu einer rech­ten Gesinnung ten­die­ren. Insofern sind bei­de Institutionen aber auch kein Spiegel unse­rer Gesellschaft – wie oft gesagt wird. 

Vielleicht hat die unter­stell­te über­durch­schnitt­li­che Präsenz von Rechten in sol­chen Organisationen damit zu tun, dass die­se Dienste in einem Umfeld geleis­tet wer­den, dass lei­der von Gewalt und not­wen­di­ger­wei­se auch Gegengewalt geprägt ist. Möglicherweise spie­len ande­re Gründe mit hin­ein, bei­spiels­wei­se der legen­dä­re aber gera­de in Aufklärungsphasen sehr hin­der­li­che Korpsgeist.

Lebens- und Diensterfahrung

Es wird aber vor allem wohl so sein – jeden­falls was Polizisten anlangt -, dass sie von ihrer Lebens- bzw. Diensterfahrung geprägt wer­den (Tätermilieu). Hinzu kommt, dass es nicht ein­fach sein wird, sich von radi­ka­li­sier­ten Kollegenkreisen „fern­zu­hal­ten”. Dafür sor­gen gewis­se Ehren-​Kodexe, die es nicht nur in us-​amerikanischen Krimis gibt. 

Manchem Statement von Psychologen sind sol­che Zusammenhänge als Erklärungsangebot für uns außen­ste­hen­de haus­zu­hö­ren. Das kann schon des­halb kaum durch­drin­gen, weil bei Menschen außer­halb sol­cher Gruppen, in unse­rer extre­men Ellenbogengesellschaft, sol­che Solidaritätsreflexe wahr­schein­lich kaum exis­tie­ren. Der Verkaufsdruck in einer Drückerkolonne wäre also ein unpas­sen­der Vergleich. 

Ich emp­fin­de es als Glück in die­sem Status unse­rer von Empörungsriten bestimm­ten Gesellschaft, dass es Leute gibt, die die Bredouille, in der Polizisten sich befin­den, unmiss­ver­ständ­lich beschrei­ben. Und zwar, ohne sich Sorgen dar­über zu machen, das ihnen das als ras­sis­tisch oder aus­län­der­feind­lich aus­ge­legt wird. 

Immer die gleichen, mit denen Polizisten es zu tun haben

Müssen wir uns nicht fra­gen, was mit den Polizisten pas­siert, die im Dienst Tag für Tag erle­ben, dass jene Klientel mit der sie beruf­lich stän­dig Ärger haben, meis­tens Migranten sind? Und zwar oft genug genau sol­che, die ihnen nament­lich bekannt sind und deren Kriminalitätsbiografie sie aus dem Effeff kennen? 

Dass die­se Verdächtigen sich wie­der­um genervt, manch­mal auch zu Unrecht ange­spro­chen oder ange­grif­fen, füh­len durch Maßnahmen und Fragen, die Vorurteile und – ja ! – auch Rassismus offen­ba­ren. Das funk­tio­niert wie eine Spirale. Eine, von der die Öffentlichkeit nichts wis­sen will, obwohl es an den Grundfesten eige­ner Interessen rüttelt.

Viele Migranten sind aus ihren Heimatländern eine „Polizeiarbeit” gewöhnt, die ein ganz ande­res Aufgabenverständnis offen­bart. Willkür und Korruption mag es auch bei unse­rer Polizei geben. Wer will das ausschließen? 

Aber die Verhältnisse in Deutschland sind anders und hier braucht kei­ner Angst vor der Polizei zu haben. Falls etwas völ­lig aus dem Ruder läuft, sol­che Beispiele gibt es lei­der, fin­den sich enga­gier­te Personen oder Organisationen, die Menschen dabei hel­fen, ihr Recht durch­zu­set­zen. Umgekehrt ist es nach mei­nem Eindruck lei­der manch­mal so, dass die­se Leute sich nicht nur neu­tral ver­hal­ten, son­dern ihren Klienten Ratschläge geben, die man kri­tisch nen­nen kann. 

Es ist schön, Menschen zu hel­fen, wo immer es geht. Aber man soll­te sich hüten, dabei eine unkri­ti­sche Position ein­zu­neh­men, die alle über­par­tei­li­che Verpflichtungen oder Belange in den Wind schlägt. 

Gewaltbereitschaft

Wir erle­ben in unse­rer Gesellschaft, wie die Schwellen zur Gewaltanwendung immer schnel­ler sin­ken. Es wer­den nicht nur Polizeibeamte ver­bal und phy­sisch schwer ange­gan­gen, son­dern auch Rettungsdienstmitarbeiter, Ärzte, Krankenschwestern, Müllarbeiter etc. Politiker ohnehin. 

Die Veränderung füh­re ich auch dar­auf zurück, dass wir uns 2015 defi­ni­tiv über­nom­men haben. Dass man­che mei­ner Plädoyers ange­sichts die­ses Satzes merk­wür­dig klin­gen, ist klar. Aber es gibt nicht nur links und rechts, weiß und schwarz.

Auch wenn es in punc­to Migration heu­te ermu­ti­gen­de Ansätze dafür gibt, dass die­se trotz die­ser rie­si­gen Herausforderungen vor­an­kommt, gibt es schreck­lich vie­le Baustellen. Und – ehr­lich gesagt – das Mittun der Migranten bei die­ser schwie­ri­gen Aufgabe, ist nicht so deut­lich zu erken­nen, wie ich es mir wün­schen wür­de. Dafür spre­chen bestimm­te ver­öf­fent­li­che Statistiken und Berichte – übri­gens in den Mainstreammedien!

Soziale Spannungen erwarten

Ich mag mir nicht aus­ma­len, wie sich die Anspruchshaltung vie­ler Deutscher (Corona macht das über­deut­lich) und auch von Migranten über Kreuz gera­ten bzw. zu wel­chen Spannungen das füh­ren könnte. 

Denn bei den abseh­ba­ren schwe­ren Problemen unse­rer Wirtschaft durch Corona und struk­tu­rel­len Veränderungen (Energiekosten, Autoindustrie, Klimawandel) wer­den die Steuermittel für unse­ren irre kom­for­ta­blen Sozialstaat (ich ver­wei­se auf die Entwicklung des Sozialbudgets und auf die Sozialquote – die Sozialausgaben stie­gen im letz­ten Jahr erst­mals auf über eine Billion Euro!) nicht mehr so selbst­ver­ständ­lich flie­ßen, wie wir das in den letz­ten Jahrzehnten gewohnt waren. 

In die­sem Spannungsfeld leben – natür­lich – auch unse­re Polizisten, nur dass sie die Auswirkungen der Veränderungen in der Gesellschaft viel direk­ter erfah­ren. Dass der Anteil der Polizisten mit Migrationshintergrund wächst, hal­te ich für eine sehr gute und wich­ti­ge Sache. 

Ausländer- /​Frauenanteile bei der Polizei

Andere meckern dar­über. Etwa so, wie oft­mals übri­gens die glei­chen Leute, auch den wach­sen­den Frauenanteil bei der Polizei kla­gen. Im einen Fall äußern sie grund­sätz­li­che Vorbehalte, weil Migranten ja (obwohl sie einen deut­schen Pass haben und hier gebo­ren sind) nicht in die­sen Dienst gehö­ren würden. 

Bei Frauen gehts dar­um, dass ihnen angeb­lich die kör­per­li­che Kraft und psy­chi­sche Stärke fehlt, um die­sen schwe­ren Beruf erfolg­reich aus­zu­üben. Das ist auch inso­fern inter­es­sant, als bei­des – Ausländer- und Frauenfeindlichkeit – bei Rechtsextremen eine ideo­lo­gi­sche Klammer darstellt.


Fazit: Die Migration von über 1,3 Mio. Menschen nach Deutschland und die vie­le unge­lös­te Probleme (feh­len­de Abschiebungen, Mängel im Strafvollzug) haben zu den bit­te­ren Erkenntnissen geführt, mit denen nicht nur unse­re Polizei, son­dern wir alle kon­fron­tiert sind. Die Polizisten neh­men die Entwicklung zuerst wahr – qua­si aus ers­ter Hand. 

Es gibt so vie­le Menschenfeinde im Land. Wir bekla­gen – völ­lig zu Recht -, dass der Staat, in vie­len Bereichen nicht kon­se­quent operiert. 

Statt die Probleme deut­lich zu benen­nen, suchen wir lie­ber Sündenböcke. Das soll­ten aber weder die Polizisten, noch die Migranten sein. Vielleicht nicht ein­mal die Politiker. Uns vor­zu­ar­bei­ten und gleich­zei­tig nach erfolg­ver­spre­chen­de Lösungen zu suchen, ist die Herausforderung, der wir uns zu stel­len haben.

Das Problem zu erken­nen, ist wich­ti­ger, als die Lösung zu erken­nen, denn die genaue Darstellung des Problems führt zur Lösung.

Albert Einstein


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