Ideologisch gelassen

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Ein hübsches Paar. Ich meine das nicht respektlos. Ich habe Esken und Walther-Borjans dabei im Kopf.

Ich wün­sche sie mir nicht als füh­ren­de Regierungspartei. Aber die Grünen wer­den eine bedeu­ten­de, viel­leicht sogar DIE Rolle spie­len bei den Bundestagswahlen im Herbst. Auch wenn es stimmt, dass sie in Umfragen schon bes­ser abschnit­ten, als sie Stimmen schluss­end­lich bei Wahlen mate­ria­li­sie­ren konnten. 

Baerbock oder Habeck

Ich hal­te eine Kanzlerin Annalena Baerbock für mög­lich. Robert Habeck wird nicht der Kanzler-Kandidat der Grünen. Die Kür der Kandidaten war bis­her vor­bild­lich. Es gibt kei­nen Anlass dar­an zu zwei­feln, dass dies auch nach der Bekanntgabe am Montag so bleibt.

Als Habeck sei­ne ers­ten Auftritte in der Öffentlichkeit hat­te, war ich von ihm begeis­tert. Endlich mal ein Politiker, der trotz etwas Erfahrung, noch nicht abge­taucht war in den typisch nerv­tö­ten­den Politikersprech. Mir gefiel sei­ne nach­denk­li­che und offe­ne Art. Leider nutzt sich auch das ab.

Ehrlich gesagt, das Gedankenexperiment, eine grü­ne Kanzlerin an der Spitze der Regierung zu sehen, ist reiz­voll. Ich mei­ne das ohne die gerings­te Spur von Chauvinismus. Die Amtszeit Merkels soll­te auch den här­tes­ten Macho bekehrt haben. Gut, ich weiß, es gibt sol­che (nicht nur bei der AfD), die das anders beurteilen.

Die Realität wäh­rend und – so Gott will – nach der Pandemie dürf­te aus­rei­chend vie­le Unwägbarkeiten für uns alle bereit­hal­ten. Für Experimente hät­te ich den Nerv nicht. Ich hät­te mir einen sou­ve­rä­nen und inte­gra­ti­ven Charakter gewünscht. Nicht Söder, nicht Scholz. Laschet halt.

Grün/​schwarzes Kabinett

Was Söder wohl dazu sagen wür­de, wenn er – soll­te er tat­säch­lich Unions-Kanzlerkandidat wer­den, gegen sie ver­liert und dann – was sicher einen Top SAT1, wenn nicht RTL-Unterhaltungswert hät­te, ins Kabinett I Baerbock einzöge? 

Wenn Söder näm­lich nicht Kanzler wür­de, weil die gewünsch­te Mehrheit nicht erreicht wird, könn­te er ver­mut­lich nicht mehr ins Amt des Ministerpräsidenten von Bayern zurück. Ich den­ke dabei an den Fall Norbert Röttgen. Warum soll­te bei Söder das gehen, was bei ihm nicht funk­tio­niert hat?

Wie immer die Sache auch aus­geht, Habeck, das bleibt sein Verdienst, spen­diert der poli­ti­schen Kultur ein groß­zü­gi­ges Upgrade. Er hat den Diskurs dis­kurs­fä­hig gemacht. Er stellt Fragen, wo ande­re die Antworten geben. Er lie­fert Inhalte, Gedanken. Die mögen falsch sein. Oder ideo­lo­gisch gefärbt. Aber wenigs­tens sind es kei­ne Sprechblasen. Dann ist da Annalena Baerbock. Jung, angriffs­lus­tig, rhe­to­risch stark. Kaum jemand kann­te sie vor ihrer Wahl, heu­te wird Baerbock als Kanzlerkandidatin gehandelt.

„Zwang getarnt als gute Sache“: Soziologe Güllner warnt vor grü­ner Ökodiktatur – FOCUS Online

Bürgerliche Grüne

Die Grünen ver­tre­ten für mich eher eine bür­ger­li­che als eine lin­ke Politik. Ihre bei­den Spitzenleute reprä­sen­tie­ren die Partei im Vergleich zu ihren poli­ti­schen Konkurrenten recht ein­drucks­voll und effek­tiv. Ich möch­te das Adjektiv sym­pa­thisch hinzufügen. 

In der Flüchtlingskrise stan­den sie, was ich voll gut fand, zur Politik Merkels. Obwohl das ein Befund ist, der all die herz­lo­sen Entwicklungen seit 2015 ein­schließt. Heute scheint auch mir der libe­ra­le Kurs der Grünen falsch zu sein. Das gesell­schaft­li­che Klima hat sich ver­än­dert. Darauf soll­te Politik Rücksicht neh­men und nicht mit aus­schließ­lich mora­li­schen Argumenten die eige­ne Haltung par­tout durch­zu­set­zen ver­su­chen. Das heißt ja nicht, dass es aus­ge­schlos­sen ist, Kompromisse zu fin­den, die ethi­sche Aspekte außen vor ließen.

Die Grünen sagen in ihrem Wahlprogrammentwurf: «Wir schüt­zen Geflüchtete». Ich mag die Herangehensweise. Mich erin­nern sie inhalt­lich stark an die Pläne im auch hier hef­tig dis­ku­tier­ten UN-Flüchtlingspakts. Ich hal­te das Vorgehen der EU, das sich ins­be­son­de­re an den leid­vol­len Erfahrungen auf den grie­chi­schen Inseln und längst auch auf dem Festland zeigt, für ver­bre­che­risch. Man soll­te denen, die vor die­sem Hintergrund von euro­päi­schen Werten faseln, über den Mund fah­ren und zwar immer!

Bei aller Sympathie

Will ich, trotz mei­ner Sympathie, die­se Politik nicht unter­stüt­zen? Nein, will ich nicht! Ich sehe inzwi­schen, dass wir mit der viel zu hohen Zahl von Migranten im Land nicht zurecht­kom­men. Ich spü­re in mei­nem per­sön­li­chen Leben und mei­nem Umfeld davon nichts. Bisher hat die Überlastung unse­rer Systeme nicht zu per­sön­li­chen Nachteilen geführt. Wir sind in einem Alter, in dem man sich über Zukunftssorgen mit eini­ger Gelassenheit hin­weg­set­zen könnte. 

Es muss ande­re Wege geben, die Zahl von Millionen von welt­weit geflüch­te­ten Menschen zu reduzieren. 

Eine nach­hal­ti­ge und poli­tisch gang­ba­re Lösung besteht jeden­falls nicht dar­in, Regionen und Länder mit Migranten zu über­for­dern und den gesell­schaft­li­chen Frieden aufs Spiel zu set­zen. Aber natür­lich wird an die­ser Stelle die Diskussion dar­über in aller Heftigkeit begin­nen, wor­in die­se Überforderung bestehen sol­le. Darauf kann ich nur lako­nisch zurück­ge­ben: Man muss die Probleme auch sehen wollen.

An die­sem Beispiel möch­te ich deut­lich machen, wes­halb ich die Grünen für eine Partei hal­te, die sich haupt­säch­lich aus dem Wunschdenken ihrer Mitglieder und Sympathisanten speist. Es klingt alles gut, die Absichten sind nach­voll­zieh­bar, die Ziele zum Teil aus­drück­lich wün­schens­wert. Aber sie sind oft sehr unrea­lis­tisch, weil unse­re Welt nun ein­mal nicht von Idealisten, son­dern vor allem in den rei­chen Ländern, von Individualisten und Egoisten bevöl­kert ist. 


Wunschdenken

Wir wer­den uns damit anfreun­den müs­sen, dass es ganz dicke Bretter sind, die wir boh­ren müs­sen, um die­se Welt wenigs­tens an der einen oder ande­ren Stelle bes­ser zu machen. Mit ideo­lo­gie­ba­sier­tem Wunschdenken wer­den wir nicht weit kom­men. Dafür ist die­se Welt, sind die Interessen der Nationen und Ethnien ein­fach viel zu ver­schie­den. Ich möch­te nur noch ein­mal dar­auf hin­wei­sen, wie schlecht wir in Deutschland mit dem vor­an­kom­men, was wir Energiewende nen­nen. Klar, Grüne wer­den auch das bestrei­ten und ihre Zahlen prä­sen­tie­ren. Schaut bit­te auf die Entwicklungen auf der Welt. Am deut­schen Beispiel ori­en­tiert sich kaum noch einer. Kein Wunder bei die­sen Strompreisen im Land. Aber kei­ne Sorge. Die Spritpreise wer­den auch stei­gen. Spätestens dann, wenn die Grünen dran sind.

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4 Gedanken zu „Ideologisch gelassen“

  1. Wow, die Kommentarfunktion ist wie­der da, toll! 

    Mit einer grü­nen Bundeskanzlerin oder einem Kanzler rech­ne ich damit, dass die Energiewende bes­ser vor­an kommt. Wenn das nicht stim­men soll­te, muss man sich fra­gen, was es eigent­lich bringt, füh­ren­de Partei zu wer­den und den Kanzler zu stel­len? Ist die Bezeichnung «Politzirkus» dann nicht tat­säch­lich angebracht?

    Dass die Ressourcen der Erde end­lich sind, der Klimawandel eine erns­te Gefahr ist und ent­spre­chen­de Konsequenzen ver­langt, ist doch kei­ne «Ideologie», son­dern lei­der Tatsache. Das Baugeschehen, die fort­schrei­ten­de Versiegelung (im Durchschnitt 178 km² pro Jahr), die Art, wie Landwirtschaft betrie­ben wird, ist kli­ma­schäd­lich und redu­ziert die Artenvielfalt immer mehr – was ja nicht nur ein ästhe­ti­sches Problem ist! Dass die Zeit vor­bei ist, in der ohne Ende frei ste­hen­de Einfamlienhäuser in die Landschaft gesetzt wer­den kön­nen, soll­te begrif­fen wer­den – da bin ich sogar eher für Hochhäuser. (Das Potenzial zum Strom spa­ren in «Haus und Garten» hal­te ich übri­gens immer noch für riesengroß).

    In Sachen Flüchtlinge den­ke ich nicht, dass die Grünen die Extremposition «alle rein, die wol­len» ver­tre­ten wer­den. Ihr Programm liest sich doch sehr dif­fe­ren­ziert, ent­hält das Bekenntnis, dass nicht alle blei­ben kön­nen und dass Einwanderung aus wirt­schaft­li­chen Gründen anders gere­gelt wer­den muss. 

    Die Grünen wer­den mit­re­gie­ren, auch wenn sie nicht den Bundeskanzler stel­len. Man darf gespannt sein, was sie dazu für Bedingungen stellen! 

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  2. Mittlerweile den­ke ich, dass Laschet eine Schwarz-rot-gelb-Regierung anstrebt. Und das könn­te sogar mit den jet­zi­gen, für die Union extrem schlech­ten Umfragewerten klap­pen. Wenn die SPD mit­macht, was sie – wie wir sie lei­der ken­nen – wahr­schein­lich tun würde! 

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