Die Teilnehmerurkunde der ungarischen Elf wird in Regenbogenpapier gewickelt

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Ich bin froh dar­über, dass wir einen schwu­len Außenminister hat­ten und auch, dass der ehe­ma­li­ge Regierende Bürgermeister von Berlin schwul war. Auch weil das so schön fort­schritt­lich klingt. Wir sind in Deutschland vor­an­ge­kom­men. Jetzt fürch­te ich, dass die­se Fortschritte die Reaktion wach­ge­rüt­telt haben. 

Überhaupt fra­ge ich mich, ob sol­che „sin­gu­lä­ren Ereignisse” nicht ledig­lich eine Art von Scheinnormalität sug­ge­riert haben. Wohl nicht! Ich bin über­zeugt davon, dass die kla­re Mehrheit im Land que­e­re Menschen in ihre Mitte gepackt haben. Das heißt nicht, dass nicht noch viel zu tun bleibt. 

Dass der Paragraf 175 erst 1994 abge­schafft wur­de, hat bewie­sen, dass der Reifegrad einer Gesellschaft sehr lang­sam ist und vor allem, dass er von Rückschlägen nicht ver­schont wird.

Wir strei­ten mit der UEFA und dem unga­ri­schen Ministerpräsidenten, Viktor Orban, ums Ganze. Die reak­tio­nä­re Gemeinde Europas, so hat es den Anschein, stellt sich gegen das, was für fort­schritt­li­che­re Menschen in tole­ran­ten Ländern längst nor­mal scheint. Die UEFA ver­wei­gert der Stadt München, die Allianz Arena in Regenbogenfarben zu illu­mi­nie­ren. Knapp gesagt, begrün­det der euro­päi­sche Fußballverband das damit, dass Fußball und Politik nicht mit­ein­an­der ver­quickt wer­den soll­ten. Dabei hat es, wie wir natür­lich alle wis­sen, zu allen Zeiten poli­ti­sche Statements gege­ben, auch wäh­rend gro­ßer Sportveranstaltungen.

Nun könn­te die Stadt München durch einen Freischärler – also im Geheimen – dafür sor­gen, dass das Licht kurz vor dem Spiel umge­schal­tet wird: auf Regenbogenfarben. Das jedoch wäre natür­lich zu viel Anarchie in unse­rem Deutschland.

Dass EU-​Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen Gruß nach Budapest geschickt hat, emp­fin­de ich als etwas spä­te Maßnahme. Sie droht den Ungarn mit recht­li­chen Konsequenzen. Ich sehe Orban vor mei­nem geis­ti­gen Auge schon zit­tern. So eben, wie man das von ihm oder zum Beispiel auch den Polen bereits kennt. 

Orban wie­der­um mahnt die deut­sche Politik, sich an das UEFA-​Verbot zu hal­ten, den Regenbogen also nicht zu zei­gen. Er hat sei­ne Teilnahme am Vorgruppenspiel der Ungarn gegen Deutschland abge­sagt. Das wird den Ungarn auch nichts nüt­zen. Sie wer­den mit 2:0 [sic!] nach Hause geschickt. Die Teilnehmerurkunde wird in Regenbogenpapier gewickelt. 

Vielleicht soll­ten wir uns in Deutschland – nach­dem unse­re gut­mensch­li­chen Botschaften so wohl­tu­end klar mit den aus­län­di­schen Feinden der LGBTQ-​Community aus­ge­tauscht wur­den – ab sofort den deut­schen und ach so tole­ran­ten „Fußballfans” wid­men, die in unse­ren Fußball-​Stadien dafür sor­gen, dass nicht ein ein­zi­ger aktu­el­ler Profi-​Fußballer (in unse­ren drei Ligen) es Thomas Hitzlsperger (nach sei­ner Karriere) gleich­ge­tan hat.

Dass wir ach so tole­ran­ten Deutschen Haltung zei­gen möch­ten gegen das, was die Ungarn mit die­sem Mist-​Gesetz tun, ist voll in Ordnung. 

Aber es gibt geeig­ne­te­re Anlässe und Foren, um Regierungen zu kri­ti­sie­ren. Im Sport soll­te man sol­che Proteste auf Armbinden beschrän­ken. Außerdem könn­te man als Fan zum Äußersten grei­fen und die Übertragung heu­te Abend boy­kot­tie­ren. Aber wir wis­sen: soweit rei­chen die Überzeugungen dann doch nicht.

Wenn von der Leyen Viktor Orbans Regierung end­lich mal bei den Eiern packt und wirk­lich durch­grei­fen wür­de, wäre mir das mehr wert als mal kurz eine bun­te Allianz Arena in München zu erle­ben. Der Mann ver­dient, dass man ihn äch­tet. Am bes­ten auf euro­päi­scher Ebene. 

Darüber soll­te ste­hen: Der Sport, die Nationalmannschaft der Ungarn, soll­te nicht unter dem Übel eines durch und durch kor­rup­ten Herrschers lei­den. Insofern über­leg ich mir das mit der Urkunde im Regenbogenpapier noch einmal.


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