Kein revidiertes CO2-Gesetz: Die SchweizerInnen und ihre Schweiz

4 Minute/n


Merken

4

Hier habe ich schon häu­fi­ger dar­über geschrie­ben, dass mei­ne Frau und ich seit den 1970er-Jah­ren sehr vie­le Urlau­be in der Schweiz ver­bracht haben. Wir mögen vor allem das Ber­ner Oberland. 

Meis­tens war die Gemein­de Sig­ris­wil unser Ziel, ober­halb des wun­der­schö­nen Thu­ner­sees. Ich erin­ne­re mich an eine (für mich) etwas unan­ge­neh­me Begeg­nung mit einer älte­ren Schweizerin. 

Ich glau­be, wir waren gera­de ange­kom­men und woll­ten uns beim Bäcker Brot besor­gen. Es reg­ne­te in Strö­men. Nicht schön für einen Urlaubs­be­ginn. Aber das gehört nun mal in unse­ren Brei­ten­gra­den dazu. 

Ich ken­ne den Ort und die Park­mög­lich­kei­ten ziem­lich gut. Aber ich war faul und hat­te Hun­ger. Es soll­te flott gehen. Mei­ne Frau lief rüber zum Bäcker, wäh­rend ich im „lau­fen­den“ Auto war­te­te. Das war natür­lich bescheu­ert und unnötig. 

Ich erklä­re mir die­ses Ver­hal­ten mit dem star­ken Regen und damit, dass ich ziem­lich müde von der lan­gen Fahrt war. So war’s eben. Der Auf­ent­halt soll­te eben nur sehr kurz sein…

Es klopf­te an mei­ner Autotür. 

Eine älte­re Schwei­ze­rin schimpf­te los wie ein Rohr­spatz (das war auch in Schwy­zer­dütsch auch nicht unbe­dingt wit­zig). Zuerst begriff ich nicht, wor­um es über­haupt ging. 

Schnell war klar: Sie reg­te sich dar­über auf, dass ich den Wagen ange­las­sen hat­te. Und – recht hat­te sie!

War­um ich das erwäh­ne? Nun, die Schwei­zer, wenn man das so ver­all­ge­mei­nern darf, ach­ten sehr auf ihre Umwelt. Die Natur hat ver­mut­lich einen höhe­ren Stel­len­wert als hier bei uns. Das schlie­ße ich übri­gens nicht nur dar­aus, dass die Grü­ne Basis das Wort Deutsch­land eigent­lich aus ihrem Wahl­pro­gramm gestri­chen sehen sollte. 🙂

Vor die Men­schen tun dies, die das Pri­vi­leg haben, in die­sen wun­der­schö­nen Berg­dör­fern zu leben. 

Wäh­rend mei­ner Kind­heit hat­te die Fami­lie mei­nes bes­ten Freun­des (sein Vater war Schwei­zer und ein ver­mö­gen­der Unter­neh­mer) eine Grup­pe von Schü­lern in den Som­mer­fe­ri­en zu Gast. Sie stamm­ten aus der Gemein­de Sigriswil. 

Die Jungs und Mädels hat­ten nach weni­gen Tagen der­art Heim­weh, dass die Heim­rei­se fast frü­her ange­tre­ten wor­den wäre. Ich konn­te das damals gut ver­ste­hen. Ich war als klei­ner Jun­ge zwei­mal dort, ein­mal ohne aber ein­mal mit so viel Heim­weh, dass ich nach 3 Wochen nach Hau­se muss­te. Bedburg ist auch schön.


Heu­te haben sich die Schwei­zer in einem Refe­ren­dum gegen eine Ver­schär­fung des exis­tie­ren­den CO2-Geset­zes ent­schie­den. Offen­bar war die Ent­schei­dung so nicht erwar­tet worden. 

Das revi­dier­te CO2-Gesetz ist über­ra­schend in der Refe­ren­dums­ab­stim­mung geschei­tert. Damit müs­sen die Kli­ma­po­li­ti­ke­rin­nen und ‑poli­ti­ker über die Bücher. Mit die­ser Vor­la­ge wären unter ande­rem höhe­re Len­kungs­ab­ga­ben auf Heiz­öl und Gas sowie eine Flug­ti­cket­ab­ga­be ein­ge­führt wor­den. Dies, um den Treib­haus­gas­aus­stoss bis 2030 ver­gli­chen mit 1990 zu halbieren.

NZZ​.ch

Es muss also nun nach­ge­ar­bei­tet wer­den („Kli­ma­po­li­ti­ke­rIn­nen und ‑poli­ti­ker müs­sen über die Bücher“). Ich bin gespannt, wie es dies­be­züg­lich in der Schweiz wei­ter­ge­hen wird. Wenn eine Bevöl­ke­rung mit einer der­ar­tig „natür­li­chen“ Natur­ver­bun­den­heit die geplan­ten „Len­kungs­ab­ga­ben“ nicht akzep­tiert, wie wird das wohl bei uns sein, wenn den Leu­ten erst ein­mal klar wird, wel­che Kos­ten für die Din­ge, die natür­lich die glei­chen wie dort sein wer­den, auf dem Tisch des Hau­ses liegen? 

Die Abstim­mungs­vor­la­ge vom Juni ermög­licht eine star­ke Erhö­hung der CO2-Abga­be auf bis zu 210 Fran­ken pro Tonne.

Schwei­zer Kli­ma­po­li­tik: Wie hoch soll­te die CO2-Abga­be sein?

Übri­gens gibt es in der Schweiz einen inter­es­san­ten Ver­rech­nungs­mo­dus für die zu viel gezahl­te Lenkungsabgabe. 

Die­se Gel­der flies­sen via Kran­ken­kas­sen an die Bevöl­ke­rung zurück. Im Jahr 2021 wer­den auf die­se Wei­se CHF 753 Mio. aus Umwelt­ab­ga­ben ver­teilt, d.h. CHF 87.– pro Per­son. Die­ser Betrag wird von den Prä­mi­en­rech­nun­gen 2021 abgezogen.

Rück­erstat­tung der Umwelt­ab­ga­ben | Sympany

Ich glau­be, dass die­ses tech­ni­sche Detail auch in Deutsch­land bereits dis­ku­tiert wur­de. Es scheint, als hät­te die Metho­de vor den Augen hie­si­ger Exper­ten kei­ne Gna­de gefun­den. Wir wis­sen eben immer alles und zwar besser.

Diesen Beitrag teilen:
0CDD5CFF 182F 485A 82C6 412F91E492D0
Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Deutschland Schweiz Umweltschutz

Quelle Featured-Image: Standardbild...

Letztes Update:

Anzahl Wörter im Beitrag: 668
Aufgerufen gesamt: 35 mal
Aufgerufen letzte 7 Tage: 4 mal
Aufgerufen heute: 1 mal

4 Gedanken zu „Kein revidiertes CO2-Gesetz: Die SchweizerInnen und ihre Schweiz“

  1. Bin gespannt, wie lan­ge die Bevöl­ke­run­gen noch glau­ben wer­den, die Kli­ma­kri­se lie­se sich ein­fach abwäh­len und igno­rie­ren – Haupt­sa­che, es geht JETZT noch ein biss­chen wei­ter so mit all dem Luxus.

    Es gibt kaum mehr Grün­de, NICHT zum Mis­an­throp zu wer­den, wenn man zuviel der­ar­ti­ge Nach­rich­ten konsumiert.

  2. ClaudiaBerlin 127 19. Juni 2021 um 10:15

    Ich dach­te, sie haben abge­lehnt WEGEN der zu erwar­ten­den Preissteigerungen?
    Das ist doch der­zeit über­all zu sehen: Die Leu­te schei­nen zu glau­ben, wenn sie ein­fach alles ableh­nen, was dem Kli­ma­schutz dient, weil es natür­lich kos­tet und letzt­lich mit weni­ger Wohl­stand ver­bun­den ist, dann sei das Pro­blem kei­nes mehr?
    Ist es nicht. Wenn kein vor­aus­schau­en­der, sanf­ter Über­gang geschafft wird, gibts irgend­wann eine kras­se Öko­dik­ta­tur. Was denn sonst?

Lass deinen Gedanken freien Lauf


Hier im Blog werden bei Abgabe von Kommentaren keine IP-Adressen gespeichert! Deine E-Mail-Adresse wird NIE veröffentlicht! Du kannst anonym kommentieren. Dein Name und Deine E-Mail-Adresse müssen nicht eingegeben werden.


✅ Beitrag gemerkt! Favoriten anzeigen
0
Share to...
Your Mastodon Instance