In deutschen Medien fragen (oft Frauen?) ihre Gäste mit geradezu suggestivem Eifer, wie lange wir uns das Unrecht in der Ukraine noch anschauen. Die nicht immer ausgesprochene Frage, unter welchen Umständen die NATO militärisch eingreifen würde, schwingt unüberhörbar mit.
Ich hatte erwartet, dass Militärs, wie unter anderem der ehemalige Sicherheitsberater, General McMaster, im „Spiegel“, kurz oder lang auf ein mutigeres Engagement des Westens drängen würden.
McMaster meint, dass die schon jetzt hohe Opferzahl und die große Zahl von Flüchtlingen, die in Richtung Westeuropa fliehen, sowie andere Entwicklungen, bereits heute die Eskalation darstelle, vor der sich alle fürchten würden.
Die Ukraine mit (viel oder sehr viel) mehr Waffen zu unterstützen heißt nicht zwangsläufig, eine Eskalation des Krieges zu verhindern. Logisch scheint eher, dass mehr Waffen auch mehr Eskalation bringen. Allerdings ist diese Aussage zynisch, finde ich. Schließlich können wir uns nicht anmaßen, den Ukrainern zu sagen, was richtig und was falsch ist.
Dass die Ukraine sowie einige osteuropäische NATO-Länder sich eine „Friedensmission“ vorstellen, halte ich für alarmierend. Mit dem Ruf, den Kaczynski in Deutschland hat, kam mir sein Vorschlag nicht unerwartet. Wahrscheinlich hasst dieser Mann Russland noch mehr als Deutschland. Das Ansinnen Kaczynskis ist gleichwohl gefährlich und wurde zum Glück prompt zurückgewiesen, und zwar nicht nur von der deutschen Regierung, sondern von der NATO.
Was Kaczynski in seiner militanten Art und Weise über unser Land schon alles an Negativem gesagt hat, vergesse ich nicht.
Polens Premier Morawiecki warf Deutschland Egoismus und „Selbstbezogenheit“ vor. Wir kennen diese Art von Vorwürfen und Forderungen von Polens PIS-Regierung zur Genüge.
Wenn Polen, Tschechien und Slowenien zu einem solchen Schritt bereit waren, möchte ich mir nicht vorstellen, wie groß dort die Versuchung ist, für eine verdeckte Provokation (mit klaren Schuldzuweisungen an Russland) zu sorgen.
Es ist die Angst vor den Russen, die die Ukraine mit anderen osteuropäischen Ländern verbindet. Die anderen NATO-Partner bekommen zu hören, dass sie die Vorgehensweise Russlands nicht richtig einzuschätzen wüssten. Damit ist die Art von brutaler Unterdrückung gemeint, die in Zeiten der Sowjetunion praktiziert wurde. Vielleicht sind diese Sorgen berechtigt. Dass die Ukrainer sich bemühen, einen Kriegseintritt der NATO herbeizuführen, kann mit früheren oder heutigen Erfahrungen nicht begründet werden.
Viele haben sich geirrt. Sie hielten nicht für möglich, dass Putin einen grausamen, verbrecherischen Krieg über ein friedliches und freiheitsliebendes Volk bringen würde.
Dass sein eigenes Volk nun dazu verdammt ist, mit den Folgen schwerwiegender Wirtschaftssanktionen zu leben, ist einzig das Resultat des verbrecherischen Putin-Krieges gegen ein Land, deren Bürgerinnen und Bürger der Massenmörder Putin in besseren Zeiten mal als Brudervolk bezeichnet hatte.
Es macht einen fertig, all dieses Leid zu sehen. Es ist nicht dasselbe, das Sterben seiner Kinder, Angehörigen und Nachbarn im Artilleriebeschuss oder Bombenhagel feindlicher Mächte zu erleben oder den brutalen Krieg im Internet oder am TV-Gerät zu sehen. Die Empathie der Menschen in den Völkern dieser Welt mit der Tragödie der UkrainerInnen ist gewaltig.
Die Angst davor, dass der auf unserem Kontinent zum Glück beinahe ausgestorbene Wahnsinn des Krieges zurückkehren könnte, ist bei vielen Menschen mit Händen zu greifen. Ich glaube nicht, dass das in Deutschland so viel anders ist als bei unseren Nachbarn. Aus dieser Angst wird Naivität und Schwäche abgeleitet. Diejenigen, die so argumentieren, müssen die Frage beantworten, ob sie dazu bereit sind, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben und den 3. Weltkrieg als Lösung dieser Krise erwägen.
Albert Einsteins Zitat wurde in den letzten Jahrzehnten oft bemüht. Manchmal vielleicht nur, weil es launisch klingt oder weil es den Ernst hinter seiner Aussage nicht ganz endzeitmäßig machen sollte:
Ich bin nicht sicher, mit welchen Waffen der dritte Weltkrieg ausgetragen wird, aber im vierten Weltkrieg werden sie mit Stöcken und Steinen kämpfen.
Albert Einstein *1879 †1955
Dass Putin unsere Diskussionen, unsere Ängste und Sorgen, für seine Zwecke zu nutzen weiß, ist wahrscheinlich. Er könnte diese Vorsicht dazu nutzen, seine verbrecherischen Kriegshandlungen auszudehnen, weil er unsere Zurückhaltung als Schwäche interpretiert. Das ist eine Lesart. Eine andere wäre, dass Putin einen bestimmten Punkt (das ist kein Zynismus!) deshalb nicht überschreiten wird, weil er und sein Volk mit uns allen auf demselben Planeten Erde lebt. Manche glauben, Putin wäre kognitiv nicht mehr erreichbar, auch nicht für seine etwaigen Berater im Kreml.
In Deutschland haben wir in der Bewältigung des Nazi-Irrsinns Hitler mitunter gern als verrückten, durchgeknallten Menschen beschrieben.
Ähnliche Äußerungen finden sich jetzt über Putin. Ich glaube nicht, dass er verrückt geworden ist. Sein aufgedunsenes Gesicht lässt Raum für Mutmaßungen. Vielleicht ist er schwer krank und „arbeitet“ an seinem historischen Vermächtnis. Wie auch immer: Er hat sich verrechnet. Sein Versuch, die Ukraine nicht als Nation, sondern nur als territoriales Gebilde zu betrachten, ist in seiner ganzen Lächerlichkeit fehlgeschlagen.
Putin wird in die Geschichte eingehen!
Wladimir Putin und sein elender Angriffskrieg gegen die Ukraine steht in den Geschichtsbüchern dieser Erde in einer Linie mit Hitler, Stalin und anderen Schwerverbrechern der Weltgeschichte.
„Wladimir Putin und sein elender Angriffskrieg gegen die Ukraine steht in den Geschichtsbüchern dieser Erde in einer Linie mit Hitler, Stalin und anderen Schwerverbrechern der Weltgeschichte.“
Das sehe ich auch so, allerdings in der Hoffnung, dass er auf dieser Liste die hinteren Rängen belegen wird. Das ist möglich, denn noch hat er das „große Besteck“ nicht ausgepackt. Das wird er auch nicht, obwohl es vorhanden ist und möglich wäre. Man kann Putin für so „wirr“ erklären wie man will, aber er ist mit Sicherheit noch so klar im Kopf, dass er sich mit der NATO nicht anlegen wird. Denn dann gehen nicht nur in Europa die Lichter aus, auch Russland wird es danach, so wie heute, nicht mehr geben. Und Putin mit Sicherheit schon gar nicht mehr.
„Pokern“ und „bluffen“ war und ist sein Leben und wir können nur hoffen, dass dabei seine willigen Helfer im Erfolgsgehorsam nicht schwerste Fehler unterlaufen. Nicht auszudenken, wenn im bombardierten Mariupul Theater 1.300 Menschen gestorben wären. Ich denke, da hat auch Putin geschwitzt, dass das gerade so noch mal gut gegangen ist.
Diesen russischen Führern ist nach all diesen Lügen leider zuzutrauen, dass sie auch den roten Knopf drücken. Natürlich verdrängt man diese Gefahr so gut es irgendwie geht. Es wird schwierig, mit den Verantwortlichen überhaupt in Verhandlungen einzutreten, weil (auch wieder durch die sozialen Medien) kaum noch Politiker im Westen übrig sind, die sich nicht krass über Putin geäußert hätten. Ob dies nicht alle Bemühungen um diplomatische Verhandlungen zunichtemacht? Wer ständig so beschimpft wird, der möchte mit denen, die diese Tiraden in aller Öffentlichkeit führten, nicht reden.