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Gesellschaft, Politik

Weniger ist mehr.

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von Horst Schulte

5 Min. Lesezeit

featuredimage

Die Zeiten ändern sich.

Die­ser Bei­trag scheint älter als 2 Jah­re zu sein – eine lan­ge Zeit im Inter­net. Der Inhalt ist viel­leicht veraltet.

Unse­re Indus­trie will, dass wir wie­der mehr arbei­ten. So soll dem Fach­kräf­te­man­gel ent­ge­gen­ge­wirkt wer­den. Die Wochen­ar­beits­zeit soll auf 42 Stun­den hoch­ge­setzt wer­den. Sig­mar Gabri­el, SPD und ehe­ma­li­ger Wirt­schafts­mi­nis­ter der Regie­rung Mer­kel, unter­stützt die­sen Vor­schlag, auch um dro­hen­de Wohl­stands­ver­lus­te zu ver­mei­den.

Ist weni­ger also mehr oder wie wür­de es in Deutsch­land aus­se­hen, wenn wir tat­säch­lich alle ärmer werden?

„Wol­len wir Men­schen nicht lie­ber wie­der mehr ver­die­nen las­sen, indem wir etwas län­ger arbei­ten?“ Link fol­gen

Sig­mar Gabri­el: Dar­um müs­sen die Deut­schen län­ger arbei­ten – FOCUS Online

Vor 25 Jah­ren sei es, so die Indus­trie, dar­um gegan­gen, durch weni­ger Arbeits­zeit die Arbeits­lo­sig­keit zu bekämp­fen, heu­te sei das gegen­tei­li­ge Pro­blem zu lösen. Indus­trie­prä­si­dent Sieg­fried Russ­wurm hält die­se Maß­nah­me für not­wen­dig, weil die Baby­boo­mer in Ren­te gehen und der Pil­len­knick den Fach­ar­bei­ter­man­gel verursachen. 

Wes­halb Gabri­el eine Zehn­jah­res­frist für sol­che Not­wen­dig­kei­ten sieht, ver­ste­he ich nicht. War­um soll­te sich in den nächs­ten zehn Jah­ren an der demo­gra­fi­schen Ent­wick­lung unse­res Lan­des gra­vie­ren­des ver­än­dern? Die Pro­gno­sen sagen etwas anderes. 

Außer­dem wis­sen wir im Augen­blick noch nicht, wie groß die Arbeits­platz­ver­lus­te sein wer­den, die eine mög­li­che Rezes­si­on, die zwar erwar­te­ten, aber noch abs­trak­ten Fol­gen der Digi­ta­li­sie­rung, ein mög­li­cher Zusam­men­bruch der deut­schen Auto­in­dus­trie und so wei­ter, nach sich zie­hen könnten.

Gabri­el pro­vo­ziert mit sol­chen Aussagen: 

„Wir fin­den uns ja inzwi­schen oft­mals damit ab, dass wir zu einer Art „75 Pro­zent-Gesell­schaft“ wer­den – 75 Pro­zent Pünkt­lich­keit der Bahn, 75 Pro­zent Impf­quo­te, 75 Pro­zent Arbeits­zeit und manch­mal sogar nur 75 Pro­zent Unter­richts­ver­sor­gung an Schu­len. Wir kon­kur­rie­ren aber mit Gesell­schaf­ten, die wol­len 150 Pro­zent leis­ten.“ Link fol­gen

Sig­mar Gabri­el: Dar­um müs­sen die Deut­schen län­ger arbei­ten – FOCUS Online

Ent­spre­chend sind auch die Reak­tio­nen bei Twit­ter zu Gabri­els Vor­stel­lun­gen. So etwas lässt sich unse­re Twit­te­ria nicht bie­ten!

Wo käme man denn hin, sich mög­li­chen Rea­li­tä­ten zu stel­len, wenn man statt­des­sen ande­ren die Schuld in die Schu­he schie­ben kann? Den vie­len Rent­nern, die unpro­duk­tiv auf der fau­len Haut lie­gen und den Kapi­ta­lis­ten, die in der sich abzeich­nen­den Kri­se doch zunächst ein­mal geschröpft wer­den sol­len. Vor allem jedoch möch­te man es nicht hin­neh­men, dass die Arbeits­zeit (auch die Lebens­ar­beits­zeit) in ande­ren EU-Län­dern deut­lich gerin­ger wären, als bei uns. 

Viel­leicht haben die ande­ren Län­der (Ita­li­en ‑64 Jahre‑, 91,8% vom letz­ten Net­to­ein­kom­men) oder Frank­reich (62 Jah­re ab Jahr­gang 1955, Bedin­gung: es muss je nach Jahr­gang des Ver­si­cher­ten die erfor­der­li­che Anzahl an Ver­si­che­rungs­tri­mes­tern zurück­ge­legt wor­den sein.) ver­gleich­ba­re Pro­ble­me mit der Demo­gra­fie?

War­um ist das Ren­ten­ein­tritts­al­ter dort erheb­lich gerin­ger als in unse­rem Land und war­um sind die Ren­ten auf höhe­rem Niveau (Öster­reich, Ita­li­en)? Dass in Wahr­heit die Unter­schie­de beim Ren­ten­ein­tritts­al­ter nicht so gra­vie­rend sind, dringt irgend­wie nicht so rich­tig durch. Das ist Ansichts­sa­che. Dafür sor­gen gewis­se Par­tei­en und Blogs, weil die mit halb wah­ren Infor­ma­tio­nen erziel­te Unzu­frie­den­heit ihnen in die Hän­de spielt.

Wie den­ken man­che eigent­lich, wie es »wei­ter­ge­hen« könn­te? Wir sehen in einer zuneh­men­den Zahl von Beru­fen Pro­ble­me mit dem Nach­wuchs. Der Fach­kräf­te­man­gel könn­te zu einer Chif­fre für den Nie­der­gang unse­rer Wirt­schafts­kraft wer­den. Da ist es sehr wahr­schein­lich also mit Umver­tei­lung von Kapi­tal von oben nach unten lei­der nicht getan. Wir kön­nen auch nicht davon aus­ge­hen, dass wir gro­ße per­so­nel­le Lücken mit Rekru­tie­rungs­maß­nah­men im Aus­land schlie­ßen könnten.

  1. Viel­leicht könn­te die viel stär­ke­re Ein­be­zie­hung von Frau­en in die Erwerbs­tä­tig­keit etwas bewir­ken. Die Vor­aus­set­zun­gen hier­für lie­gen aller­dings einer­seits auf der Hand (fai­re Löh­ne, Equal Pay), ande­rer­seits wirft die Idee ande­re gra­vie­ren­de Fra­gen auf. Wie schaf­fen wir es, die Kin­der­be­treu­ung (Kitas) auf das erfor­der­li­che Niveau zu brin­gen. Schließ­lich feh­len zehn­tau­sen­de von Erzie­hern. Auch die wer­den nicht vom Him­mel fallen.
  2. Außer­dem gibt es zehn­tau­sen­de von jun­gen Men­schen, die in unse­rem Land die Schu­len ohne Abschluss ver­las­sen. Was kön­nen sie für den Arbeits­markt sein? Wie groß sind die Chan­cen, durch geziel­te Maß­nah­men die Abschlüs­se zu errei­chen, die benö­tigt werden? 
  3. Wie kon­tra­pro­duk­tiv klingt Finanz­mi­nis­ter Lind­ners Vor­ha­ben, 700 Mil­lio­nen Euro bei lang­zeit­ar­beits­lo­sen Men­schen ein­zu­spa­ren, deren Wie­der­ein­glie­de­rung in den Arbeits­markt heu­te schon kaum funk­tio­niert? Sind die Maß­nah­men effi­zi­ent oder wie las­sen sich sol­che Res­sour­cen heben? 

Zudem stellt sich die Fra­ge, ob eine Gesell­schaft, für die kaum noch Men­schen (Poli­ti­ker, Künst­ler, Intel­lek­tu­el­le) mit gesell­schaft­lich über­grei­fen­der Inte­gri­tät zu exis­tie­ren schei­nen, den nöti­gen Dis­kurs in die Wege lei­ten kön­nen. In den Par­tei­en fin­den wir die­se nicht, in den Unis feh­len sie, die Kir­chen fal­len aus. 

Ich sehe kei­ne Per­sön­lich­keit im öffent­li­chen Raum, der Twit­ter & Co. hier­für Raum und Chan­ce lie­ße. Jeder Dia­log wird im Keim erstickt, weil von irgend­ei­ner ganz und gar nicht beru­fe­nen Sei­te mit unwi­der­steh­li­cher Mei­nung die Debat­te von vorn­her­ein ver­hin­dert. Alle Chan­cen wer­den im Keim erstickt. Oder habt ihr etwa das Gefühl, dass in die­sem Land noch irgend­was vor­an­kommt? Und dafür ist nicht die­se Regie­rung ver­ant­wort­lich, falls du das jetzt sagen wolltest. 

Gott, bin ich froh, dass ich bald 70 bin. 

IMG 2084

Ich bin Horst Schulte

Herausgeber, Blogger, Amateurfotograf

alleiniger Autor dieses Blogs

Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Ich kann die Leute nicht ändern, aber meinen Blick auf sie.

Artikelinformationen:

Gesellschaft, Politik

Arbeitslose, Gesellschaft, Wirtschaft, Zukunft

Quelle Featured-Image: HorstSchulte.com...

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2 Gedanken zu „Weniger ist mehr.“

  1. Was hat das mit 70 zu tun??
    Ich bin glei­chen Alters.
    Eigent­lich so ziem­lich alles kann aus­ge­he­belt wer­den, was fin­di­ge Köp­fe aus­den­ken, um Mise­ren zu lockern. That’s a fact!

    Antworten
  2. Ich wer­de mich mit den Fol­gen die­ses gan­zen Wahn­sinns vor­aus­sicht­lich nicht mehr aus­ein­an­der­set­zen müs­sen. Dar­auf zu ver­trau­en, dass es schon irgend­wie wei­ter­geht und »fin­di­ge Köp­fe« schon einen Aus­gang aus selbst­ge­schaf­fe­nen Mise­ren fin­den, soll­te erst gar nicht not­wen­dig sein.

    Antworten

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