Präsident Macron und die verlorenen Europäer

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Die Kritik an Macrons jüngsten Äußerungen ist gewaltig. Medien und Politik in Deutschland und Europa scheinen sich in erdrückender Mehrheit einig. Vereinzelte Stimmen aber unterstützen Macrons Vorstoß zu einer europäischen strategischen Autonomie Europas. Dass der Zeitpunkt in mehrfacher Hinsicht schwierig ist – geschenkt. Es geht ums Grundsätzliche. Und da sehe ich Macron im Recht.

Unterschiedliche Interessenlagen

Die den Geheimarchiven der Amis abhanden gekommenen Informationen (Assange hat es nicht mal bedurft und trotzdem sitzt er inzwischen bereits vier Jahre in Haft) sollten hinreichend deutlich gemacht haben, welche Absichten die USA in der Ukraine in Wahrheit verfolgen. Es geht weniger um den Schutz der Ukraine oder Europas, es geht – wie immer – um den nachhaltigen politischen und militärischen Kampf gegen Russland. Es ist und bleibt der klassische Stellvertreterkrieg, der das Existenzrisiko Europas und Deutschlands lediglich vergrößert.

Viele verhalten sich mMn an diesem wichtigen Punkt ideenlos. Sie zeigen sich so der gewaltigen Verantwortung für dieses technokratische, lahme Monster namens EU kaum gewachsen. Stattdessen brabbeln sie und kritisieren denjenigen, der ausgesprochen hat, was nicht wenige ähnlich sehen werden wie Macron.

Wenig Bewegung in Europa

Einerseits hören wir von Politikern, dass wir unser Land nach Jahren militärischer Agonie wieder in die Lage versetzen müssen, uns zu verteidigen. Die europäischen Länder, inkl. Deutschlands, sollen gegen beliebige Aggressoren auch ohne Hilfe der Amerikaner auskommen.

Andererseits lassen wir jedoch zu, dass die Amerikaner durch ihr aggressives imperialistisches Handeln, den Frieden gefährden. Aus Sicht vieler Leute, so ist mein Eindruck, nicht weniger als Russlands Terrorfürst Wladimir Putin.

Macron hat bekanntlich immer wieder Versuche unternommen, die europäischen Länder zu stärkerer Zusammenarbeit zu bewegen und so die Interessen der Europäischen Union in den Beziehungen zu den Großmächten dieser Welt klarer (stärker) zu positionieren.

Deutschlands Trägheit

Dass Merkel auf seine vor Jahren gehaltene Sorbonne-Rede eigentlich kaum reagiert hat, hatte keine Auswirkungen. Dem Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich, vor allem jedoch der innereuropäischen Gesamtheit und Stärke hat die deutsche Ignoranz nicht gutgetan.

Es ist dringend erforderlich, den in Sonntagsreden gemachten Ansagen an die Stärkung Europas (EU) Taten folgen zu lassen. Ich fand Macrons diesbezügliche Aussagen so vollkommen überzeugend, dass ich mich nur wundern kann, wie falsch Politik und Medien in Deutschland überwiegend reagiert haben.

Was wird unsere Vasallentreue gegenüber den USA bringen, wenn Trump oder einer seiner politischen „Ziehsöhne“ mit dem stark belasteten Bündnis aufräumen werden? Wie wird unsere Öffentlichkeit reagieren, wenn die Amis nicht mehr die heißen Kartoffeln für uns aus dem Feuer holen werden und wir unsere Interessen selbst wahren müssen? Die Präsidentschaft Macrons könnte zu diesem Zeitpunkt bereits Geschichte sein und im schlimmsten Falle eine rechts- oder linksextreme Partei die La Grande Nation regieren.

Schließlich sind die Proteste der Franzosen gegen die unverschämte Verschiebung des Renteneintrittsalters längst nicht vorbei. Wie die deutsche Presse Macrons Durchregieren an diesem Punkt beurteilt, ist ein Thema für sich. Macrons diverse Reformen, um die Perspektiven seines Landes zu verbessern, zeigten ihre Erfolge. Dass die dennoch wachsende Staatsverschuldung jede (auch rechte und linke) Regierungen zu Maßnahmen zwingen würde, sehen die Franzosen nicht. Na, bei uns wär’s nicht anders.

Warum sollte das Renteneintrittsalter auch in Frankreich erhöht werden?


Einer der wichtigsten Gründe ist, dass die Lebenserwartung in Frankreich und anderen Ländern in den letzten Jahrzehnten gestiegen ist, was zu einem längeren Zeitraum führt, in dem die Rentner Rente beziehen müssen. Um sicherzustellen, dass das Rentensystem nachhaltig bleibt, müssen die Regierungen daher das Renteneintrittsalter erhöhen, um die zusätzlichen Kosten zu decken.

Ein weiterer Grund für die Änderung des Renteneintrittsalters in Frankreich ist die zunehmende Zahl älterer Arbeitnehmer, die länger im Beruf bleiben und später in den Ruhestand gehen. Wenn ältere Arbeitnehmer länger im Beruf bleiben, kann dies die Beschäftigungsmöglichkeiten für jüngere Arbeitnehmer einschränken, da weniger Stellen frei werden.

Weiterhin spielen auch wirtschaftliche und demografische Faktoren eine Rolle. In vielen Ländern, einschließlich Frankreich, geht die Zahl der jungen Menschen zurück, während die Zahl der älteren Menschen steigt.

Quelle: ChatGPT

Wer steht zur USA? Deutschlands Bevölkerung nicht ganz.

Ein paar skandinavische Länder werden diese Änderungen wohl gelassener nehmen als wir Deutsche. Von Italien, Ungarn, Polen, Tschechien, Österreich und der Schweiz gar nicht zu reden. In vielen Ländern wird das EU-kritische Lager stärker. Verabredungen im Sinne der EU und Europas werden nicht leichter zu treffen sein. Vielleicht ist die Zeit gekommen, die letzte Chance zur Entwicklung einer echten Strategie im Sinne Macrons und Europas zu wahren!

Ich fürchte, dass die Schwerfälligkeit der EU-Apparatschiks und die Mutlosigkeit der deutschen Ampelregierung, die über hohle Schwüre hinaus nichts zustande bringt, die Zukunft der EU und Europas auch weiterhin aufschiebt und die von Macron geforderte Strategie nur Gerede bleibt.

Horst Schulte

Herausgeber, Blogger, Amateurfotograf

alleiniger Autor dieses Blogs

Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

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Politik

Demokratie, EU, Europa, Macron, Russland, Trump, z1

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