Präsident Macron und die verlorenen Europäer

HS230625

Horst Schulte

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Die Kri­tik an Macrons jüngs­ten Äuße­run­gen ist gewal­tig. Medi­en und Poli­tik in Deutsch­land und Euro­pa schei­nen sich in erdrü­cken­der Mehr­heit einig. Ver­ein­zel­te Stim­men aber unter­stüt­zen Macrons Vor­stoß zu einer euro­päi­schen stra­te­gi­schen Auto­no­mie Euro­pas. Dass der Zeit­punkt in mehr­fa­cher Hin­sicht schwie­rig ist – geschenkt. Es geht ums Grund­sätz­li­che. Und da sehe ich Macron im Recht. 

Unterschiedliche Interessenlagen

Die den Geheim­ar­chi­ven der Amis abhan­den gekom­me­nen Infor­ma­tio­nen (Assan­ge hat es nicht mal bedurft und trotz­dem sitzt er inzwi­schen bereits vier Jah­re in Haft) soll­ten hin­rei­chend deut­lich gemacht haben, wel­che Absich­ten die USA in der Ukrai­ne in Wahr­heit ver­fol­gen. Es geht weni­ger um den Schutz der Ukrai­ne oder Euro­pas, es geht – wie immer – um den nach­hal­ti­gen poli­ti­schen und mili­tä­ri­schen Kampf gegen Russ­land. Es ist und bleibt der klas­si­sche Stell­ver­tre­ter­krieg, der das Exis­tenz­ri­si­ko Euro­pas und Deutsch­lands ledig­lich vergrößert. 

Vie­le ver­hal­ten sich mMn an die­sem wich­ti­gen Punkt ideen­los. Sie zei­gen sich so der gewal­ti­gen Ver­ant­wor­tung für die­ses tech­no­kra­ti­sche, lah­me Mons­ter namens EU kaum gewach­sen. Statt­des­sen brab­beln sie und kri­ti­sie­ren den­je­ni­gen, der aus­ge­spro­chen hat, was nicht weni­ge ähn­lich sehen wer­den wie Macron. 

Wenig Bewegung in Europa

Einer­seits hören wir von Poli­ti­kern, dass wir unser Land nach Jah­ren mili­tä­ri­scher Ago­nie wie­der in die Lage ver­set­zen müs­sen, uns zu ver­tei­di­gen. Die euro­päi­schen Län­der, inkl. Deutsch­lands, sol­len gegen belie­bi­ge Aggres­so­ren auch ohne Hil­fe der Ame­ri­ka­ner auskommen. 

Ande­rer­seits las­sen wir jedoch zu, dass die Ame­ri­ka­ner durch ihr aggres­si­ves impe­ria­lis­ti­sches Han­deln, den Frie­den gefähr­den. Aus Sicht vie­ler Leu­te, so ist mein Ein­druck, nicht weni­ger als Russ­lands Ter­ror­fürst Wla­di­mir Putin.

Macron hat bekannt­lich immer wie­der Ver­su­che unter­nom­men, die euro­päi­schen Län­der zu stär­ke­rer Zusam­men­ar­beit zu bewe­gen und so die Inter­es­sen der Euro­päi­schen Uni­on in den Bezie­hun­gen zu den Groß­mäch­ten die­ser Welt kla­rer (stär­ker) zu positionieren. 

Deutschlands Trägheit

Dass Mer­kel auf sei­ne vor Jah­ren gehal­te­ne Sor­bon­ne-Rede eigent­lich kaum reagiert hat, hat­te kei­ne Aus­wir­kun­gen. Dem Ver­hält­nis zwi­schen Deutsch­land und Frank­reich, vor allem jedoch der inner­eu­ro­päi­schen Gesamt­heit und Stär­ke hat die deut­sche Igno­ranz nicht gutgetan. 

Es ist drin­gend erfor­der­lich, den in Sonn­tags­re­den gemach­ten Ansa­gen an die Stär­kung Euro­pas (EU) Taten fol­gen zu las­sen. Ich fand Macrons dies­be­züg­li­che Aus­sa­gen so voll­kom­men über­zeu­gend, dass ich mich nur wun­dern kann, wie falsch Poli­tik und Medi­en in Deutsch­land über­wie­gend reagiert haben. 

Was wird unse­re Vasal­len­treue gegen­über den USA brin­gen, wenn Trump oder einer sei­ner poli­ti­schen „Zieh­söh­ne“ mit dem stark belas­te­ten Bünd­nis auf­räu­men wer­den? Wie wird unse­re Öffent­lich­keit reagie­ren, wenn die Amis nicht mehr die hei­ßen Kar­tof­feln für uns aus dem Feu­er holen wer­den und wir unse­re Inter­es­sen selbst wah­ren müs­sen? Die Prä­si­dent­schaft Macrons könn­te zu die­sem Zeit­punkt bereits Geschich­te sein und im schlimms­ten Fal­le eine rechts- oder links­extre­me Par­tei die La Gran­de Nati­on regieren. 

Schließ­lich sind die Pro­tes­te der Fran­zo­sen gegen die unver­schäm­te Ver­schie­bung des Ren­ten­ein­tritts­al­ters längst nicht vor­bei. Wie die deut­sche Pres­se Macrons Durch­re­gie­ren an die­sem Punkt beur­teilt, ist ein The­ma für sich. Macrons diver­se Refor­men, um die Per­spek­ti­ven sei­nes Lan­des zu ver­bes­sern, zeig­ten ihre Erfol­ge. Dass die den­noch wach­sen­de Staats­ver­schul­dung jede (auch rech­te und lin­ke) Regie­run­gen zu Maß­nah­men zwin­gen wür­de, sehen die Fran­zo­sen nicht. Na, bei uns wär’s nicht anders. 

Warum sollte das Renteneintrittsalter auch in Frankreich erhöht werden?


Einer der wich­tigs­ten Grün­de ist, dass die Lebens­er­war­tung in Frank­reich und ande­ren Län­dern in den letz­ten Jahr­zehn­ten gestie­gen ist, was zu einem län­ge­ren Zeit­raum führt, in dem die Rent­ner Ren­te bezie­hen müs­sen. Um sicher­zu­stel­len, dass das Ren­ten­sys­tem nach­hal­tig bleibt, müs­sen die Regie­run­gen daher das Ren­ten­ein­tritts­al­ter erhö­hen, um die zusätz­li­chen Kos­ten zu decken.

Ein wei­te­rer Grund für die Ände­rung des Ren­ten­ein­tritts­al­ters in Frank­reich ist die zuneh­men­de Zahl älte­rer Arbeit­neh­mer, die län­ger im Beruf blei­ben und spä­ter in den Ruhe­stand gehen. Wenn älte­re Arbeit­neh­mer län­ger im Beruf blei­ben, kann dies die Beschäf­ti­gungs­mög­lich­kei­ten für jün­ge­re Arbeit­neh­mer ein­schrän­ken, da weni­ger Stel­len frei wer­den.

Wei­ter­hin spie­len auch wirt­schaft­li­che und demo­gra­fi­sche Fak­to­ren eine Rol­le. In vie­len Län­dern, ein­schließ­lich Frank­reich, geht die Zahl der jun­gen Men­schen zurück, wäh­rend die Zahl der älte­ren Men­schen steigt.

Quel­le: ChatGPT

Wer steht zur USA? Deutschlands Bevölkerung nicht ganz.

Ein paar skan­di­na­vi­sche Län­der wer­den die­se Ände­run­gen wohl gelas­se­ner neh­men als wir Deut­sche. Von Ita­li­en, Ungarn, Polen, Tsche­chi­en, Öster­reich und der Schweiz gar nicht zu reden. In vie­len Län­dern wird das EU-kri­ti­sche Lager stär­ker. Ver­ab­re­dun­gen im Sin­ne der EU und Euro­pas wer­den nicht leich­ter zu tref­fen sein. Viel­leicht ist die Zeit gekom­men, die letz­te Chan­ce zur Ent­wick­lung einer ech­ten Stra­te­gie im Sin­ne Macrons und Euro­pas zu wah­ren!

Ich fürch­te, dass die Schwer­fäl­lig­keit der EU-Appa­rat­schiks und die Mut­lo­sig­keit der deut­schen Ampel­re­gie­rung, die über hoh­le Schwü­re hin­aus nichts zustan­de bringt, die Zukunft der EU und Euro­pas auch wei­ter­hin auf­schiebt und die von Macron gefor­der­te Stra­te­gie nur Gere­de bleibt. 

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Demokratie EU Europa Macron Russland Trump z1

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