Anders als CDU/CSU und FDP wollen Grüne und SPD die Schuldenbremse abschaffen oder zumindest modifizieren. Der Fraktionschef der SPD argumentiert, wie in den Medien berichtet wird, vorrangig mit der Aufbauhilfe für die Ukraine und den Nahen Osten. Mützenich redet von Gaza.
Auch wenn klar ist, dass unser Land sich an den immensen Wiederaufbaukosten beteiligen wird, werden Mützenichs Ansichten die deutsche Öffentlichkeit emotional triggern.
Die Förderung populärer Perspektiven durch rechte Medien ist gesichert.
Man sieht das schon am Titel der »Welt«, mit dem nichts weiter beabsichtigt ist, als noch mehr Ressentiments gegen die Ausgabenpolitik der Regierung zu schüren. Ich möchte hinzufügen, dass ich Mützenichs Bemerkung, sollte er das so gesagt haben, dumm finde.
Schuldenbegrenzung nur solange man nicht selbst betroffen ist
Es soll schlussendlich um Ausgabenbeschränkungen gehen. Schuldenbremse ist ein schönes deutsches Wort, das für jeden verständlich ist. Anders als solche Wortungetüme wie „Bürokratieentlastungs-“ oder „Wachstumschancengesetz“.
FDP mit eigenen Präferenzen und durchsichtigen Zielen
Worum geht es Union und FDP? Die FDP will angesichts ihrer Umfragewerte ihre (letzte?) Chance ergreifen und die Ausgabenpolitik der eigenen Regierung auf den Prüfstand stellen. Der anerkannte SPD-Staatssekretär im FDP Finanzministerium, Werner Gatzer, verständigte die Bundesministerien darüber, was in Berlin jetzt ansteht: Haushaltssperre!
Die Vorhaben des Bundesfinanzministers selbst stellen so etwas wie einen Ritt auf der Rasierklinge dar. Wahrscheinlich sehen es die Verantwortlichen vermutlich als allerletzte Chance, einem Debakel wie 2013 zu entgehen. Die FDP hat konkrete Vorstellungen. Dazu zählt — Überraschung! –, die Sozialleistungen zu kürzen. Angeblich, so hörte ich in einer der vielen Diskussionen zum Thema, hat Lindner das Rententhema auf dem Schreibtisch. Etwas anderes wird diesen Verfechtern von weniger Staat und geringeren Steuern nie einfallen.
Sozialstaatsabbau steht bei den Liberalen immer an
FDP und Union wollen den Sozialstaat schleifen. Konkret im Gespräch sind das Bürgergeld und Kindergrundsicherung. Sie nutzen die Gunst der Stunde und die propagandistische Vorbereitung (aka Hetze) rechter Medien, unterstützt vom abgefuckten X und dem Rest der asozialen Medien. Ich bin sicher: Das ist nur der Anfang!
Wenn die milliardenschwere Unterstützung internationaler Chiphersteller gekippt wird, kann man gut finden. Trifft es zu, dass — anders als von Habeck behauptet — die Stationierung der Intel-Fabrik in Magdeburg uns von ausländischen Standorten KEINE Versorgungssicherheit bringt? Ist das das Projekt eines eitlen Wirtschaftsministers? Hat Deutschland also keinen Nutzen im Gegenzug zu einer zweistelligen Milliardensubvention? Werden die in Magdeburg produzierten Produkte im Ernstfall tatsächlich an den Meistbietenden verkauft und geliefert? Trifft das zu, wäre schon deshalb eine Rücktrittsforderung an den Wirtschaftsminister begründet. Angeblich soll es auch nicht um neue Arbeitsplätze gehen. Die Wirtschaft im Osten liefe auch ohne diese Subventionen ganz prima. Solche Aussagen von Unionsleuten (Dobrindt) kursieren im öffentlichen Raum.
Der Pyrrhussieg der Union
Die Union hat einen Pyrrhussieg errungen, den eine enorm kritische (aufgeheizte) Öffentlichkeit mehrheitlich abfeiert. Anhand der momentanen Umfragewerte der im Bundestag vertretenen Parteien war nichts anderes zu erwarten. Gewonnen ist für das Land anhand der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes allerdings nichts. Finde ich jedenfalls.
Außer, dass es den vielen Besserwissern allmählich dämmern könnte, dass die Schuldenbremse wenig tauglich ist, große Krisen zu managen.
Dobrindt verwandte das Wort Betrug am Sonntag bei »Anne Will« inflationär. Alle jubeln, Union und AfD — einschließlich Gefolgschaft. Für mich klingt das nicht nach vernünftiger Politik, sondern nach Opportunismus mit einer Brise Revanchismus.
Schäubles »schwarze Null«
Schäubles (Oktober 2009 bis Oktober 2017 Bundesminister der Finanzen) Sparpolitik hatte nicht nur Auswirkungen auf die Griechen. Bei uns gab es während vieler Jahre so etwas wie der Tanz ums goldene Kalb, genannt Schuldenbremse oder »Schwarze Null«. Ein konservatives Projekt, das durch Mithilfe der Sozialdemokraten die Infrastruktur des Landes dahinsiechen ließ. Gleichzeitig lagen in dieser Zeit die Steuereinnahmen oft weit über den Steuerschätzungen. Dazu kam die Geldpolitik der EZB. Deutschland war innerhalb des Euroraumes und der EU insgesamt wohl das Land, das hiervon am meisten profitiert hat. Nicht die Menschen aber ganz sicher der Staat. So war die Schuldenbremse einzuhalten, ohne zu vielen auf die Füße zu treten. Es besteht kein Grund, auf dieses Konstrukt besonders stolz zu sein. In dieser ganz anderen krisenhaften Zeit entpuppt sich das Konstrukt als unzureichend. Das sage nicht ich, sondern Experten.
Schuldenabbau statt Inventionen in die Infrastruktur. Gemeckert wurde schon zeitig, die Politik änderte nichts! Merkel regierte mit ruhiger Hand. Federführend war die Union. Währenddessen nahm die Zahl der Menschen im Land, die die Tafeln in Anspruch nehmen mussten, zu. Die Obdachlosigkeit ebenso. Allgemein sprachen wir gern auch von der Zunahme der Menschen, die durch öffentliche Gelder alimentiert werden mussten, die Armut stieg. Der Reichtum einiger Weniger auch. Der ausufernde Niedriglohnsektor als Produkt der Hartz-Reformen wurde ohne gesellschaftlichen Aufschrei zur Kenntnis genommen. Ein Trend verfestigte sich und die Notlage vieler Leute wurde stillschweigend in Kauf genommen. Union und FDP bejubeln die Großtat Schröders bis heute.
Dobrindt ist ungeeignet, sich an die Spitze der Kritiker zu stellen
Ein Wort zu Dobrindt. Dieser hatte bei »Anne Will« einen denkwürdigen Auftritt. Damit hätte er Punkte in einer Satireshow machen können. An ihm ist ein Komiker verloren gegangen. Ein SZ-Artikel hat sich mit diesem denkwürdigen Auftritt befasst. So komisch fand ich das gar nicht. Der Mann hat erfolgreich verdrängt, wie seine CSU unser Land mit der konzeptionslosen, nicht durchdachten Pkw-Maut der Lächerlichkeit preisgegeben hat.
Sein quasi-direkter Nachfolger ist verantwortlich für ein dreistelliges Millionengrab. Alles zulasten von uns Steuerzahlern. Dass er direkt für die ausgebliebenen Infrastrukturmaßnahmen der Deutschen Bahn verantwortlich zeichnete, hat der Mann ebenfalls verdrängt. Etwas mehr Demut wäre angemessen. Aber können Bayern überhaupt demütig sein? Man sieht es am FC-Bayern. Nicht mal versuchen würden die es.
Was wird aus dem KTF finanziert:
Habecks Übertreibungen sind nicht hilfreich
Ich hoffe, dass Habecks Abgesang auf die deutsche Wirtschaft angesichts der Misere, an der die Ampel schwer trägt, übertrieben ist. Verschiedene Fachleute (unterschiedlichen politischen Lagern nahestehend) haben Möglichkeiten aufgezeigt, wie die Krise gelöst werden könnte. Dass dafür auch politische Zusammenarbeit über die Parteigrenzen erforderlich wäre, reduziert deren Chance auf Realisierung.
Die Schuldenbremse ist für die Union aus ideologischen Gründen sakrosankt. Dabei hält Merz doch insbesondere den Grünen ständig ideologisches Handeln vor. Nun ja. Merz halt.
- 8,2 Milliarden Euro für Diesel-Subventionen! Wieso sollte Diesel niedriger besteuert werden als Benzin, obwohl der Kraftstoff bei der Verbrennung sogar mehr CO2 freisetzt?
- 8,3 Milliarden Euro für die Befreiung von Kerosin von der Energiebesteuerung.
- 5,5 Milliarden Euro für das Dienstwagenprivileg
- 4,1 Milliarden Euro durch Null-Prozent-Mehrwertsteuer auf internationale Flüge
Angeblich gibt es klimaschädliche Subventionen, die zur Größenordnung der Etat-Lücke von 60 Mrd. Euro passt. Es soll sich dabei um 65 Mrd. Euro handeln, die theoretisch umgeschichtet werden können. Es gibt also Spielräume. Wenn es allerdings so kommen sollte, dass neben dem einen Topf (genannt KTF) sich noch ein Zweiter gesellen sollte (WSF – 200-Milliarden-Euro-Abwehrschirm zur Dämpfung der Energiepreise), wird es schlimmer als bisher angenommen.
Merz will eine weitere Klage prüfen. Die Erste ist schließlich super für die Traumtänzer von der Union gelaufen. Vielleicht fühlt Merz sich provoziert, weil ihm die Vokabeln nicht gefielen, die Scholz damals eingeführt hatte, als er die Öffentlichkeit mit Begriffen wie Doppel-Wumms und so weiter malträtierte?
Merz sägt am Kanzlerstuhl. Kann er es besser?
Welchen tieferen Sinn dürften die von rechts und ganz rechts bejubelten Klagen haben? Um das Wohl des Staates dürfte es Herrn Merz nicht gegangen sein, übrigens auch nicht Herrn Habeck, der die Leute mit seinen übertriebenen Ansagen dieser Tage nur weiter verunsichert. Er wirkt in dieser Phase wie ein trotziges Kind. Spielt er in der gleichen Liga wie die harten Hunde von Union und AfD? Oder ganz anders gefragt: Geht beiden um die eigene Profilierung und Karriere, ums Ansehen und die persönlichen Perspektiven für die Zukunft. Heißt nicht berechtigterweise: zuerst das Land, dann die Partei und dann erst die Person?
Können wir Bürger von unseren Politikern einen konstruktiven Umgang mit Krisen, und um diese handelt es sich tatsächlich, nicht mehr erwarten?
Was soll das? Zuerst tun die Politiker so, als ob dieses Land imstande wäre, jede Krise zu meistern. Das gilt für alle, außer der AfD. Die ist nur destruktiv.
Wie weit von US-amerikanischen Verhältnissen entfernt?
Aus den Reihen der Opposition erfolgt eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht. Die von der Politik beschlossenen Schulden zur Zukunftssicherung der Nation und damit zum Wohle der Allgemeinheit (für die Aufholjagd von Liegengebliebenem und Zukünftigem) werden prompt vom Rollkommando der Union zunichtegemacht.
Es ist doch jetzt schon ein wenig wie in den USA. Dort blockiert auch die eine die andere Seite. Die Unterschiede sind angesichts der fehlenden Spielräume, der Summen und Verhältnismäßigkeiten keinesfalls so groß, wie wir es vielleicht gern hätten.
Wenn Merz und »seine« Union es wollen, könnte weit mehr Geld im Haushalt fehlen als die 60 Milliarden Euro. Die eigentliche Größenordnung des KTF beläuft sich auf insgesamt 211,8 Mrd. Euro, verteilt auf 4 Jahre (2024-2027). Die 60 Mrd. stammen aus dem Budget für Corona-Hilfen aus dem Jahr 2021. Dieser Teil wurde vom BVerfG für unrechtmäßig erklärt.
Ich erkenne hinter der Klage der Union keine Absicht, die Dinge besser zu regeln. Dafür aber die Intention, die aktuelle Regierung zu stürzen. Möglich, dass das unter den gegebenen Umständen gelingen wird.
Gigantische Aufgaben mit Billionen Steuereinnahmen bewältigen
Das BVerfG hat der Klage der Union in vollem Umfang stattgegeben. Damit hatte, wie es heißt, selbst Merz und die Union nicht gerechnet. Ich möchte bezweifeln, dass der Prozess insgesamt dem zuzurechnen wäre, was man gemeinhin als verantwortliche Politik fürs Land bezeichnen würde.
Die Rechtslage ist geklärt. Ich will hier keine Täter-Opfer-Umkehr betreiben, auch wenn das in diesen Zeiten en vogue ist. Aber diese Differenz hätten gute Politiker ausgeräumt, ohne das Bundesverfassungsgericht dafür bemühen zu müssen.
Jetzt sehen wir, dass von den Themen, die die Menschen (von der Straße) am ehesten für überflüssig halten, nicht etwa das 100 Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr ist oder die Kindergrundsicherung sind.
Nein! Es ist der Klimaschutz. In diesem Bereich sehen „die Leute“ Einsparpotenziale. Da wird gesagt, es wäre doch übertrieben, dieses Thema zu sehr in den Mittelpunkt zu stellen. Solche Aussagen sind nicht empirisch belegt, aber ich fürchte, die Union hat die Leute ein Stück weit nach vorn gebracht, die dem dummen Gequatsche von Union, AfD oder in den asozialen Medien folgen.
Wohl deshalb führen wir ja im Land auch gern diese sachlichen Gespräche. Gern auch in einer Talkshow wie gestern bei »Hart aber fair«.
Solche Talkshows schenke ich mir nach wie vor. Bei Unterhaltung ziehe ich eher Lustiges oder zumindest irgendwie spannendes vor.
Schon anno dazumal hat niemand gefragt, wie viel schwarze Kassen eine schwarze 0 so verträgt oder wie viel Cum Ex für einen ordentlichen Haushalt nötig ist
Aber an Armen sparen ist doch die einfachste Sache der Welt: Jemand der nichts hat, dem fällt es ja nicht auf, wenn man ihm was aus der Tasche zieht.
Noch dazu ist das alte Feindbild der Armen so existent, wie immer.
Nichts eint die Leute besser, als ein gutes Feindbild. Ein Umstand den eben nicht nur Firmen und Vereine für sich zu nutzen wissen.
Du findest Talkshows nicht spannend? Ich meine, unabhängig davon, welcher Schwachmat da gerade zur Erheiterung beiträgt, man kann doch immer gut verstehen, wie man es nicht macht. Gehts denn nicht darum?
Im Ernst: Gestern war Lanz sehenswert. Aiwanger war da und der Chefreporter der SZ. Da ging aber die Post ab. Ehrlich gesagt, war mir der Aiwanger mit seiner Art nachher sympathischer als die Inquisition in Person der anderen Teilnehmer. Selbstredend einschl. Lanz.
Über die Cum Ex-Gelder wird in solchen Debatten leider nie geredet. Schon gar nicht über stringente Rückforderungen der Milliarden durch die Verantwortlichen. Da kann man wohl nix machen. Wenn doch der Kanzler involviert ist in Behebung der Folgen 🙂
Ich weiß nicht, ob das Herabschauen auf Menschen mit wenig oder geringem Aufkommen tatsächlich so verbreitet ist. Ich habe mir solche Denke nie zu eigen gemacht. Allerdings bin ich mir manchmal nicht sicher, ob die Milliardentöpfe für Soziales nicht auch ein Beleg dafür sind, dass das Geld ineffizient eingesetzt wird. Die Rechenbeispiele über das Bürgergeld sind auch abschreckend. Sie geben eher Skeptikern recht. Und die Formel, dass man besser das Lohn- und Gehaltsniveau anheben solle, um Größenordnungen bei den Sozialleistungen zu verhindern, erscheint mir unrealistisch. Der Ex-Chef des Ifo Institutes, Prof. Sinn, hat mal vor Jahren in einem Kamingespräch eine Bemerkung gemacht, die mich gleichermaßen erzürnt wie beeindruckt. Sie ging sinngemäß so: Es wird immer mehr Jobs geben, für die die Menschen nicht bereit sind, Geld zu bezahlen. Zumindest nicht so viel, dass die Menschen, die solche Jobs machen, davon leben könnten. Die müssen dann eben zusätzlich staatliche Hilfe beanspruchen. Das ist das, was viel später unter dem Motto Aufstocker die Politik und natürlich die Betroffenen beschäftigte. Sinn hatte da ausnahmsweise einmal recht, obwohl ich das furchtbar zynisch fand.
Mit dem Sinn bin ich selbst schon mal Taxi gefahren. Und?
Du hast es überlebt.
Ich war jedenfalls überrascht, dass er mit seiner Einschätzung von damals so richtig lag. Leider.