Fortschritt ist in Deutschland unerwünscht

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Am ehesten würden die Leute beim Klimaschutz sparen wollen. Bürgergeld oder Kindergrundsicherungen und auch das Militär scheinen wichtiger. (nicht empirisch belegt)

Anders als CDU/​CSU und FDP wol­len Grüne und SPD die Schuldenbremse abschaf­fen oder zumin­dest modi­fi­zie­ren. Der Fraktionschef der SPD argu­men­tiert, wie in den Medien berich­tet wird, vor­ran­gig mit der Aufbauhilfe für die Ukraine und den Nahen Osten. Mützenich redet von Gaza.

Auch wenn klar ist, dass unser Land sich an den immensen Wiederaufbaukosten betei­li­gen wird, wer­den Mützenichs Ansichten die deut­sche Öffentlichkeit emo­tio­nal triggern. 

Die Förderung popu­lä­rer Perspektiven durch rech­te Medien ist gesichert. 

Man sieht das schon am Titel der »Welt«, mit dem nichts wei­ter beab­sich­tigt ist, als noch mehr Ressentiments gegen die Ausgabenpolitik der Regierung zu schü­ren. Ich möch­te hin­zu­fü­gen, dass ich Mützenichs Bemerkung, soll­te er das so gesagt haben, dumm finde.

Schuldenbegrenzung nur solange man nicht selbst betroffen ist

Es soll schluss­end­lich um Ausgabenbeschränkungen gehen. Schuldenbremse ist ein schö­nes deut­sches Wort, das für jeden ver­ständ­lich ist. Anders als sol­che Wortungetüme wie „Bürokratieentlastungs-“ oder „Wachstumschancengesetz“. 

FDP mit eigenen Präferenzen und durchsichtigen Zielen

Sozialstaatsabbau steht bei den Liberalen immer an

FDP und Union wol­len den Sozialstaat schlei­fen. Konkret im Gespräch sind das Bürgergeld und Kindergrundsicherung. Sie nut­zen die Gunst der Stunde und die pro­pa­gan­dis­ti­sche Vorbereitung (aka Hetze) rech­ter Medien, unter­stützt vom abge­fuck­ten X und dem Rest der aso­zia­len Medien. Ich bin sicher: Das ist nur der Anfang! 

Wenn die mil­li­ar­den­schwe­re Unterstützung inter­na­tio­na­ler Chiphersteller gekippt wird, kann man gut fin­den. Trifft es zu, dass – anders als von Habeck behaup­tet – die Stationierung der Intel-Fabrik in Magdeburg uns von aus­län­di­schen Standorten KEINE Versorgungssicherheit bringt? Ist das das Projekt eines eit­len Wirtschaftsministers? Hat Deutschland also kei­nen Nutzen im Gegenzug zu einer zwei­stel­li­gen Milliardensubvention? Werden die in Magdeburg pro­du­zier­ten Produkte im Ernstfall tat­säch­lich an den Meistbietenden ver­kauft und gelie­fert? Trifft das zu, wäre schon des­halb eine Rücktrittsforderung an den Wirtschaftsminister begrün­det. Angeblich soll es auch nicht um neue Arbeitsplätze gehen. Die Wirtschaft im Osten lie­fe auch ohne die­se Subventionen ganz pri­ma. Solche Aussagen von Unionsleuten (Dobrindt) kur­sie­ren im öffent­li­chen Raum. 

Der Pyrrhussieg der Union

Die Union hat einen Pyrrhussieg errun­gen, den eine enorm kri­ti­sche (auf­ge­heiz­te) Öffentlichkeit mehr­heit­lich abfei­ert. Anhand der momen­ta­nen Umfragewerte der im Bundestag ver­tre­te­nen Parteien war nichts ande­res zu erwar­ten. Gewonnen ist für das Land anhand der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes aller­dings nichts. Finde ich jedenfalls. 

Außer, dass es den vie­len Besserwissern all­mäh­lich däm­mern könn­te, dass die Schuldenbremse wenig taug­lich ist, gro­ße Krisen zu managen. 

Dobrindt ver­wand­te das Wort Betrug am Sonntag bei »Anne Will« infla­tio­när. Alle jubeln, Union und AfD – ein­schließ­lich Gefolgschaft. Für mich klingt das nicht nach ver­nünf­ti­ger Politik, son­dern nach Opportunismus mit einer Brise Revanchismus. 

Schäubles »schwarze Null« 

Schäubles (Oktober 2009 bis Oktober 2017 Bundesminister der Finanzen) Sparpolitik hat­te nicht nur Auswirkungen auf die Griechen. Bei uns gab es wäh­rend vie­ler Jahre so etwas wie der Tanz ums gol­de­ne Kalb, genannt Schuldenbremse oder »Schwarze Null«. Ein kon­ser­va­ti­ves Projekt, das durch Mithilfe der Sozialdemokraten die Infrastruktur des Landes dahin­sie­chen ließ. Gleichzeitig lagen in die­ser Zeit die Steuereinnahmen oft weit über den Steuerschätzungen. Dazu kam die Geldpolitik der EZB. Deutschland war inner­halb des Euroraumes und der EU ins­ge­samt wohl das Land, das hier­von am meis­ten pro­fi­tiert hat. Nicht die Menschen aber ganz sicher der Staat. So war die Schuldenbremse ein­zu­hal­ten, ohne zu vie­len auf die Füße zu tre­ten. Es besteht kein Grund, auf die­ses Konstrukt beson­ders stolz zu sein. In die­ser ganz ande­ren kri­sen­haf­ten Zeit ent­puppt sich das Konstrukt als unzu­rei­chend. Das sage nicht ich, son­dern Experten.

Schuldenabbau statt Inventionen in die Infrastruktur. Gemeckert wur­de schon zei­tig, die Politik änder­te nichts! Merkel regier­te mit ruhi­ger Hand. Federführend war die Union. Währenddessen nahm die Zahl der Menschen im Land, die die Tafeln in Anspruch neh­men muss­ten, zu. Die Obdachlosigkeit eben­so. Allgemein spra­chen wir gern auch von der Zunahme der Menschen, die durch öffent­li­che Gelder ali­men­tiert wer­den muss­ten, die Armut stieg. Der Reichtum eini­ger Weniger auch. Der aus­ufern­de Niedriglohnsektor als Produkt der Hartz-Reformen wur­de ohne gesell­schaft­li­chen Aufschrei zur Kenntnis genom­men. Ein Trend ver­fes­tig­te sich und die Notlage vie­ler Leute wur­de still­schwei­gend in Kauf genom­men. Union und FDP beju­beln die Großtat Schröders bis heute. 

Dobrindt ist ungeeignet, sich an die Spitze der Kritiker zu stellen

Ein Wort zu Dobrindt. Dieser hat­te bei »Anne Will« einen denk­wür­di­gen Auftritt. Damit hät­te er Punkte in einer Satireshow machen kön­nen. An ihm ist ein Komiker ver­lo­ren gegan­gen. Ein SZ-Artikel hat sich mit die­sem denk­wür­di­gen Auftritt befasst. So komisch fand ich das gar nicht. Der Mann hat erfolg­reich ver­drängt, wie sei­ne CSU unser Land mit der kon­zep­ti­ons­lo­sen, nicht durch­dach­ten Pkw-Maut der Lächerlichkeit preis­ge­ge­ben hat. 

Sein qua­si-direk­ter Nachfolger ist ver­ant­wort­lich für ein drei­stel­li­ges Millionengrab. Alles zulas­ten von uns Steuerzahlern. Dass er direkt für die aus­ge­blie­be­nen Infrastrukturmaßnahmen der Deutschen Bahn ver­ant­wort­lich zeich­ne­te, hat der Mann eben­falls ver­drängt. Etwas mehr Demut wäre ange­mes­sen. Aber kön­nen Bayern über­haupt demü­tig sein? Man sieht es am FC-Bayern. Nicht mal ver­su­chen wür­den die es.

Was wird aus dem KTF finanziert:

Habecks Übertreibungen sind nicht hilfreich

Ich hof­fe, dass Habecks Abgesang auf die deut­sche Wirtschaft ange­sichts der Misere, an der die Ampel schwer trägt, über­trie­ben ist. Verschiedene Fachleute (unter­schied­li­chen poli­ti­schen Lagern nahe­ste­hend) haben Möglichkeiten auf­ge­zeigt, wie die Krise gelöst wer­den könn­te. Dass dafür auch poli­ti­sche Zusammenarbeit über die Parteigrenzen erfor­der­lich wäre, redu­ziert deren Chance auf Realisierung. 

Die Schuldenbremse ist für die Union aus ideo­lo­gi­schen Gründen sakro­sankt. Dabei hält Merz doch ins­be­son­de­re den Grünen stän­dig ideo­lo­gi­sches Handeln vor. Nun ja. Merz halt. 

  • 8,2 Milliarden Euro für Diesel-Subventionen! Wieso soll­te Diesel nied­ri­ger besteu­ert wer­den als Benzin, obwohl der Kraftstoff bei der Verbrennung sogar mehr CO2 freisetzt?
  • 8,3 Milliarden Euro für die Befreiung von Kerosin von der Energiebesteuerung.
  • 5,5 Milliarden Euro für das Dienstwagenprivileg
  • 4,1 Milliarden Euro durch Null-Prozent-Mehrwertsteuer auf inter­na­tio­na­le Flüge

Angeblich gibt es kli­ma­schäd­li­che Subventionen, die zur Größenordnung der Etat-Lücke von 60 Mrd. Euro passt. Es soll sich dabei um 65 Mrd. Euro han­deln, die theo­re­tisch umge­schich­tet wer­den kön­nen. Es gibt also Spielräume. Wenn es aller­dings so kom­men soll­te, dass neben dem einen Topf (genannt KTF) sich noch ein Zweiter gesel­len soll­te (WSF – 200-Milliarden-Euro-Abwehrschirm zur Dämpfung der Energiepreise), wird es schlim­mer als bis­her angenommen. 

Merz will eine wei­te­re Klage prü­fen. Die Erste ist schließ­lich super für die Traumtänzer von der Union gelau­fen. Vielleicht fühlt Merz sich pro­vo­ziert, weil ihm die Vokabeln nicht gefie­len, die Scholz damals ein­ge­führt hat­te, als er die Öffentlichkeit mit Begriffen wie Doppel-Wumms und so wei­ter malträtierte?

Merz sägt am Kanzlerstuhl. Kann er es besser?

Welchen tie­fe­ren Sinn dürf­ten die von rechts und ganz rechts beju­bel­ten Klagen haben? Um das Wohl des Staates dürf­te es Herrn Merz nicht gegan­gen sein, übri­gens auch nicht Herrn Habeck, der die Leute mit sei­nen über­trie­be­nen Ansagen die­ser Tage nur wei­ter ver­un­si­chert. Er wirkt in die­ser Phase wie ein trot­zi­ges Kind. Spielt er in der glei­chen Liga wie die har­ten Hunde von Union und AfD? Oder ganz anders gefragt: Geht bei­den um die eige­ne Profilierung und Karriere, ums Ansehen und die per­sön­li­chen Perspektiven für die Zukunft. Heißt nicht berech­tig­ter­wei­se: zuerst das Land, dann die Partei und dann erst die Person?

Können wir Bürger von unse­ren Politikern einen kon­struk­ti­ven Umgang mit Krisen, und um die­se han­delt es sich tat­säch­lich, nicht mehr erwarten? 

Was soll das? Zuerst tun die Politiker so, als ob die­ses Land imstan­de wäre, jede Krise zu meis­tern. Das gilt für alle, außer der AfD. Die ist nur destruktiv.

Wie weit von US-amerikanischen Verhältnissen entfernt?

Aus den Reihen der Opposition erfolgt eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht. Die von der Politik beschlos­se­nen Schulden zur Zukunftssicherung der Nation und damit zum Wohle der Allgemeinheit (für die Aufholjagd von Liegengebliebenem und Zukünftigem) wer­den prompt vom Rollkommando der Union zunichtegemacht. 

Es ist doch jetzt schon ein wenig wie in den USA. Dort blo­ckiert auch die eine die ande­re Seite. Die Unterschiede sind ange­sichts der feh­len­den Spielräume, der Summen und Verhältnismäßigkeiten kei­nes­falls so groß, wie wir es viel­leicht gern hätten.

Wenn Merz und »sei­ne« Union es wol­len, könn­te weit mehr Geld im Haushalt feh­len als die 60 Milliarden Euro. Die eigent­li­che Größenordnung des KTF beläuft sich auf ins­ge­samt 211,8 Mrd. Euro, ver­teilt auf 4 Jahre (2024–2027). Die 60 Mrd. stam­men aus dem Budget für Corona-Hilfen aus dem Jahr 2021. Dieser Teil wur­de vom BVerfG für unrecht­mä­ßig erklärt.

Ich erken­ne hin­ter der Klage der Union kei­ne Absicht, die Dinge bes­ser zu regeln. Dafür aber die Intention, die aktu­el­le Regierung zu stür­zen. Möglich, dass das unter den gege­be­nen Umständen gelin­gen wird.

Gigantische Aufgaben mit Billionen Steuereinnahmen bewältigen

Das BVerfG hat der Klage der Union in vol­lem Umfang statt­ge­ge­ben. Damit hat­te, wie es heißt, selbst Merz und die Union nicht gerech­net. Ich möch­te bezwei­feln, dass der Prozess ins­ge­samt dem zuzu­rech­nen wäre, was man gemein­hin als ver­ant­wort­li­che Politik fürs Land bezeich­nen würde.

Die Rechtslage ist geklärt. Ich will hier kei­ne Täter-Opfer-Umkehr betrei­ben, auch wenn das in die­sen Zeiten en vogue ist. Aber die­se Differenz hät­ten gute Politiker aus­ge­räumt, ohne das Bundesverfassungsgericht dafür bemü­hen zu müssen. 

Jetzt sehen wir, dass von den Themen, die die Menschen (von der Straße) am ehes­ten für über­flüs­sig hal­ten, nicht etwa das 100 Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr ist oder die Kindergrundsicherung sind. 

Nein! Es ist der Klimaschutz. In die­sem Bereich sehen „die Leute“ Einsparpotenziale. Da wird gesagt, es wäre doch über­trie­ben, die­ses Thema zu sehr in den Mittelpunkt zu stel­len. Solche Aussagen sind nicht empi­risch belegt, aber ich fürch­te, die Union hat die Leute ein Stück weit nach vorn gebracht, die dem dum­men Gequatsche von Union, AfD oder in den aso­zia­len Medien folgen.

Wohl des­halb füh­ren wir ja im Land auch gern die­se sach­li­chen Gespräche. Gern auch in einer Talkshow wie ges­tern bei »Hart aber fair«. 

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4 Gedanken zu „Fortschritt ist in Deutschland unerwünscht“

  1. Solche Talkshows schen­ke ich mir nach wie vor. Bei Unterhaltung zie­he ich eher Lustiges oder zumin­dest irgend­wie span­nen­des vor.

    Schon anno dazu­mal hat nie­mand gefragt, wie viel schwar­ze Kassen eine schwar­ze 0 so ver­trägt oder wie viel Cum Ex für einen ordent­li­chen Haushalt nötig ist 

    Aber an Armen spa­ren ist doch die ein­fachs­te Sache der Welt: Jemand der nichts hat, dem fällt es ja nicht auf, wenn man ihm was aus der Tasche zieht.

    Noch dazu ist das alte Feindbild der Armen so exis­tent, wie immer.
    Nichts eint die Leute bes­ser, als ein gutes Feindbild. Ein Umstand den eben nicht nur Firmen und Vereine für sich zu nut­zen wissen. 

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