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Gesellschaft

Tarifvertragsbindungen nehmen ab. Die Arbeitnehmer haben das Nachsehen.

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von Horst Schulte

3 Min. Lesezeit

featuredimage

Die Zeiten ändern sich.

Die­ser Bei­trag scheint älter als 1 Jahr zu sein – eine lan­ge Zeit im Inter­net. Der Inhalt ist viel­leicht veraltet.

Im WDR Fern­se­hen wird heu­te berich­tet, dass sich Tarif­ver­trags­bin­dun­gen wei­ter­hin auf dem Rück­zug befin­den. Der Redak­ti­on ist dazu ein­ge­fal­len, dass das Land NRW dar­an eine Mit­ver­ant­wor­tung trägt. 

Bean­stan­det wird, dass bei der Ver­ga­be von Auf­trä­gen nicht dar­auf geach­tet wer­de, dass die Auf­trag­neh­mer tarif­ver­trag­li­chen Bin­dun­gen unter­lie­gen. Ich glau­be, es ist so, dass vie­le gro­ße Auf­trä­ge auf­grund des euro­päi­schen Rechts nicht im Land, son­dern euro­pa­weit aus­ge­schrie­ben werden. 

Zum Bei­spiel arbei­ten laut einer Stu­die tarif­los Beschäf­tig­te im Durch­schnitt wöchent­lich fast eine Stun­de mehr und ver­die­nen etwa zehn Pro­zent weni­ger. Zwar gebe es auch tarif­los Beschäf­tig­te, die deut­lich mehr ver­die­nen als es der Tarif­ver­trag vor­sieht, sagt Tors­ten Schul­ten vom Wirt­schafts- und Sozi­al­wis­sen­schaft­li­chen Insti­tut (WSI) der gewerk­schafts­na­hen Hans-Böck­ler-Stif­tung. Aber für die meis­ten Beschäf­tig­ten habe eine Anstel­lung nach Tarif­ver­trag mehr Vor- als Nachteile.

Quel­le: WDR

Seit Jah­ren gehen die­se Bin­dun­gen zurück. Stän­dig wird beklagt, dass dies der Fall ist und der Ball wird (wie gewohnt) an die Poli­tik gespielt. Wie steht es um die Ver­ant­wor­tung der Arbeit­neh­mer? Sind sie noch orga­ni­siert in Gewerk­schaf­ten und wür­de ein hoher Orga­ni­sa­ti­ons­grad nicht hel­fen, ein bes­se­res Niveau der Löh­ne und Gehäl­ter zu erzie­len? Inner­halb der EU liegt Deutsch­land übri­gens auf dem 18. Rang, was tarif­ver­trag­li­che Bin­dun­gen anlangt. 

Ich fän­de es statt die­ses ziem­lich ein­fa­chen Vor­wurfs an die Poli­tik inter­es­sant, sol­che Ant­wor­ten auf die­se Fra­gen zu betrachten:

1.) Wie ver­hält sich das denn in einem sol­chen Fall? Wie ist der EU-wei­te Orga­ni­sa­ti­ons­grad der Beleg­schaf­ten? Hier wer­den die Mit­glieds­län­der dies­be­züg­lich ein­zeln dar­ge­stellt. Rosig ist dort der Orga­ni­sa­ti­ons­grad nicht.

2.) Wie hat sich der Orga­ni­sa­ti­ons­grad inner­halb Deutsch­lands in den ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten ver­än­dert? Ist es nicht so, dass die Arbeit­neh­mer jah­re­lang nur über die Arbeit der Gewerk­schaf­ten geschimpft haben und ist nicht der Orga­ni­sa­ti­ons­grad und damit der Ein­fluss von Gewerk­schaf­ten in der Flä­che rück­läu­fig? Ja, und zwar gewal­tig. 1994 hat­te der DGB noch 9,8 Mio. Mit­glie­der, 2022 waren es noch 5,6 Mio. 

Die Wahr­heit ist, dass in Deutsch­land im Ver­gleich zu ande­ren Län­dern die soge­nann­te All­ge­mein­ver­bind­lich­keits­er­klä­rung aus­ge­blie­ben ist. Sie könn­te (es wird seit Jah­ren dar­über dis­ku­tiert, aber nicht mit dem nöti­gen Druck gehan­delt) hin­sicht­lich der Tarif­bin­dung Wir­kung ent­fal­ten. In ande­ren west­eu­ro­päi­schen Län­dern wird es bes­ser gehand­habt (sie­he Abb. Hans-Böckler-Stiftung). 

Minis­ter Lau­mann könn­te genau dies auch für Deutsch­land for­dern bzw. für die Umset­zung sor­gen. Das macht er aber nicht. Statt­des­sen will er den Unter­neh­men den Vor­zug geben, die Tarif­bin­dun­gen unter­lie­gen. Das ist doof, weil die rich­tig gro­ßen Auf­trä­ge auf­grund euro­päi­scher Rechts­ver­ord­nun­gen gar nicht an deut­sche Unter­neh­men ver­ge­ben wer­den. Zudem haben deut­sche Arbeit­neh­mer nichts davon. Dort, also im EU-Aus­land, sind oft­mals die tarif­li­chen Bin­dun­gen des­halb Nor­ma­li­tät, weil, wie erwähnt, die All­ge­mein­ver­bind­lich­keits­er­klä­rung in höhe­ren Pro­zent­wer­ten existiert. 

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Ich bin Horst Schulte

Herausgeber, Blogger, Amateurfotograf

alleiniger Autor dieses Blogs

Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Ich kann die Leute nicht ändern, aber meinen Blick auf sie.

Artikelinformationen:

Gesellschaft

Allgemeinverbindlichkeitserklärung, Deutschland, Einkommen, EU, Tarifverträge, Weihnachtsgeld

Quelle Featured-Image: HorstSchulte.com...

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2 Gedanken zu „Tarifvertragsbindungen nehmen ab. Die Arbeitnehmer haben das Nachsehen.“

  1. Als es noch die GHK in NRW gab, hat die­se mit den Unter­neh­men gestimmt. Die­se ist dort in der IGM auf­ge­gan­gen und es wur­de nichts bes­ser. Da blei­ben dann eini­ge Fra­gen. Trotz­dem ist es natür­lich gut, wenn eine Gewerk­schaft hin­ter einem ste­hen würde.

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  2. Ja, die Gewerk­schaf­ten haben Feh­ler gemacht und das über Jahr­zehn­te. Aber wie stark sie sein kön­nen, sieht man an der GDL oder an Cock­pit. Ich sehe auf deren Erpres­sungs­me­tho­den immer mit grö­ße­rer Skep­sis, obwohl ich den nied­ri­gen Orga­ni­sa­ti­ons­grad in Deutsch­land grund­sätz­lich bedau­re. Wir sehen, dass das nied­ri­ge Lohn­ni­veau auch damit zu tun hat.

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