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Fans des gesichert Rechtsextremen

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Inzwischen hat »der Verfassungsschutz« (jeweils einer von insgesamt 16+21) die AfD der Länder Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen als »gesichert rechtsextrem« eingestuft. Sachsen ist der jüngste Fall. Im Bericht des dortigen Verfassungsschutzes beobachtet eine: »innerdeutsche Migration von Rechtsextremisten nach Sachsen«.

Erfüllungsgehilfen

Für die AfD ist dies ein lächerlicher Vorgang. Der Verfassungsschutz gilt dort als Erfüllungsgehilfe der Altparteien. Für solche »Enthüllungen« gibts Beifall. Das Beispiel macht deutlich, wie gefährlich die Partei für die Demokratie ist. Was sich nach einer Machtergreifung im Bund abspielen könnte, wurde in den vergangenen Wochen in verschiedenen Medien beleuchtet. Hier ein Szenarium, das an anderer Stelle noch ausführlicher beschrieben wurde.


Es beginnt damit, dass die AfD, wo sie Kontrolle über die Exekutive erringt, Beamte ernennen kann, die dauerhaft bleiben. Zum Beispiel bei der Polizei, in den Schulen, im Jobcenter, in der Ausländerbehörde, in der Staatsanwaltschaft.



Und weiter?



Eine Änderung der verfassungsmäßigen Ordnung, um die eigene politische Macht auszubauen oder zu zementieren, ist nicht einfach. Aber auf dem Weg dorthin ist die erste Station oft eine Umgestaltung der Justiz. Das haben wir in Polen oder Ungarn gesehen. Ähnliches sehen wir derzeit auch in Israel.



Ausgerechnet die Justiz ist ein Einfallstor für einen autoritären Staatsumbau?



Ja, die genannten Beispiele, aber auch die Türkei oder Brasilien zeigen, dass autoritäre Politiker oft zuerst hier ansetzen. Das liegt daran, dass Gerichte das sind, was man politikwissenschaftlich als Vetospieler bezeichnen kann. Sie haben oft vielfältige Möglichkeiten, eine politische Umgestaltung auszubremsen. Wenn es eine starke Gerichtsbarkeit gibt, dann kann sie neue Gesetze, die eine autoritäre Regierung auf den Weg bringt, am Maßstab der Verfassung prüfen und gegebenenfalls auch verhindern.

Verfassungsrechtlerin Nora Markard über die AfD: „Es bröckelt schon“ – Kultur – SZ.de

Ampel hält, Ampel hält nicht

Für viele ist das nichts Schlimmes. Jedenfalls, wenn man Aussagen innerhalb der asozialen Medien durchliest (dem bevorzugten Spielplatz von Rechtsextremen). Man stößt auf viel Zustimmung, zum Teil sogar Zuneigung. Einstweilen streiten sich die Ampel-Parteien weiter über vermeintlich Profanes. Womöglich sind Neuwahlen das nächste größere Ereignis, das uns die Ampel beschert. Lindner ist offenbar kurz davor, die Koalition platzen zu lassen. Ganz in der Tradition der Liberalen unseres Landes. Diesmal möchte ich hoffen, dass die Partei endgültig von der politischen Bühne verschwindet und nicht wie nach 2013 nur eine Legislatur später wieder auftaucht. Damit wären Figuren wie Lindner und Dürr oder Kubicki wohl endlich Geschichte.

Timo Chrupalla zu Gast bei Markus Lanz

Markus Lanz hatte in dieser Woche Timo Chrupalla zu Gast. Über Verbote wurde nicht geredet. Dafür umso mehr über den Frust, den die Deutschen schieben. Darin sind wir wenigstens so ziemlich alle tippi toppi. Mit lösungsorientierten oder optimistischeren Ansätzen haben es die meisten offensichtlich nicht so. Dass diese griesgrämige Atmosphäre von ausländischen Medien gefördert wird, scheint zum Spiel dazuzugehören. Man merkt in dieser ganz schwierigen Phase, wie beliebt wir in unseren Nachbarländern sind.

Aber Lösung naht. Der Auftritt Chrupallas verspricht Hoffnung. Die Partei kennt alle Probleme. Ich würde sagen, Chrupalla hat im Gespräch keine einzige Problemstellung von Belang ausgelassen. Es war überzeugend, wie der Malermeister aus Görlitz die Probleme des Landes auf den Punkt und seine Partei als ultimative Lösung positioniert hat. Leider hatte sein Vortrag eine Macke, die von Lanz und seinen Stichwortgebern nicht ausgenutzt werden konnte. Die intellektuelle Überlegenheit einzelner Positionen war nirgends erkennbar. Verdruss und Ärger (womöglich über sich selbst?) war mit Händen zu greifen. Nur nicht bei Timo Chrupalla.

Zarter Widerpart

Der lederte Fürsprache für Migration und EU gegen das zarte Aufbegehren des Herrn Professor Dr. Marcel Fratzscher, Präsident des DIW in Berlin, durch die reine Masse an indifferenten Vorbehalten und Vorurteilen ab. Es war so ein wenig wie immer, wenn AfD-Leute in Talkshows auftreten. Ich vermute, die Tatsache, dass sie oft überzeugender wirken als die gegen sie angesetzten Gäste ein Grund dafür sind, dass man sie so selten im ÖRR sieht.

Mich erinnern die Auftritte von AfD-Größen im Fernsehen an emotionale und engagierte Diskussionen, die ich vor vielen Jahrzehnten mit meinem damaligen Chef (er blieb bis zuletzt der beste von allen) über die Strukturen des Unternehmens geführt habe. Ich hatte als junger Mann meine Vorstellungen, viele der eingeübten Prozesse fand ich kritikwürdig. Mein Chef forderte mich auf, doch bitte nicht das Kind mit dem Bade auszuschütten, sondern mir bitteschön die Mühe zu machen, Alternativen zu erarbeiten und vorzustellen. Ja, ich glaubte genau zu wissen, was falsch lief, aber hatte ich auch Lösungen parat und konnte diese überzeugend vorstellen?

Problem erkannt, Problem gebannt?

Ich finde, dieser Vergleich aus meinem Berufsleben korreliert gut mit dem, was wir seitens der AfD an Kritik an den aktuellen politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen im Land zu hören bekommen. Mecker, Ärger, Verdruss können die. Aber hat die Partei Personal und die nötige innere Verfasstheit, ein Land im schweren Fahrwasser zu führen?

Diejenigen, die die AfD wählen wollen, sollten sich fragen, ob es ihnen um vergleichsweise unverfängliche Sätze im Parteiprogramm geht. Dort wird die rechtsextreme Gesinnung nicht deutlich. Dafür jedoch umso mehr in unzähligen Memes, die durch die Kanäle der asozialen Medien wabern. Zahlreiche Protagonisten der AfD, einschließlich Frau Weidel, äußern sich andauernd über die Fehler und Versäumnisse der Etablierten. Bedeutet diese Kritik, dass von denen etwas anders, womöglich besser gemacht wird?

Personelle Tiefen

Die Alternative zu Union, Grünen, SPD oder anderen sehe ich nicht, weil die AfD mit Höcke, Krah, Brandner, von Storch etc. Menschen an Bord hat, die sich so menschenfeindlich gebärden, dass mir übel wird, wenn sie ihren Geifer beispielsweise über Geflüchtete ablassen.

Diese Partei ist eigentlich nichts für die, die auf Wahrung sozialer Errungenschaften setzen. Das kann man aus dem Programm ersehen. Vielmehr kommt dieses jenen Menschen zupass, denen neoliberale Politikansätze liegen. Dann lieber doch gleich FDP — das Original. Aber das könnte 2025 auch keine besonders kluge Idee sein. Dass viele etwaige AfD-Wähler eine Partei wählen würden, die, zumindest nach dem Programm, gegen ihre Interessen handeln wird, ist mit Blick auf die Umfragewerte schon bemerkenswert. Gut, ich gebe persönlich generell nicht viel auf Parteiprogramme. Meine Wahlentscheidungen habe auch ich eher aus emotionalen Gründen getroffen.

Emotional angefasst AfD-Wähler

Wenn Emotionen bei den Sympathisanten der AfD eine Rolle spielen sollten, wäre das im Hinblick auf die Prozentanteile, die nach Umfragen aktuell auf der Habenseite dieser rechtsextremen Partei steht, schlimm.

Trotz allem: Mir ist klar, dass solche Überlegungen nicht zur Abschreckung potenzieller AfD-Wähler führen. Vielen dieser Leute ist nicht zu helfen. Die werden das durchziehen. Schon, ums dem Westen wieder mal zu zeigen. Gemäß den aktuellen Umfragen könnte die AfD in einigen ostdeutschen Ländern die absolute Mehrheit erhalten. Ansonsten dürfte die Regierungsbildung im kommenden Jahr massive Probleme mitbringen. Für die betroffenen Länder und ihre Menschen. Ich kann mir genauso vorstellen, dass Krah und seine AfD bei den Europawahlen gut abschneiden werden. Was bei unseren europäischen Nachbarn ja auch geklappt hat.

Die Globalisten

Ich bin kein Anhänger der Globalisierung. Die wachsende Ungleichheit bei den Vermögen, die seit Anfang der 1990-er Jahre zunehmend wirkt, kann aus meiner Sicht nur leider nicht mit nationalen Maßnahmen gelindert werden. Überhaupt sind nationale Ansätze nicht nur im wirtschaftlichen Kontext keine gute Idee. Dass konservative und rechtsnationale Parteien das Gegenteil suggerieren, macht auf mich keinen seriösen Eindruck. Die Folgen der Pandemie und die gestörten Lieferketten lösten Bekenntnisse (zur Diversifizierung) aus, die aber aufgrund der Verkettung internationaler Wirtschaftsbereiche (China — VW) auch nicht so ganz einfach zu realisieren sind.

Nationalismus hatten wir lang genug

Inwieweit die AfD, die ja nach ihrem Ehrenvorsitzenden Gauland, immer noch ein gäriger Haufen ist, über echte Kompetenz verfügt, die über Fremdenfeindlichkeit und nationalistische Attitüden hinausgeht, werden wir sehen. Ich erwarte von dieser rechtsextremen Partei jedenfalls nur Schlechtes.

  1. Es gibt noch den Verfassungsschutz auf Bundesebene und den hierzu gehörenden Militärischen Abschirmdienst ↩︎

Mehr Informationen dazu:
Warum die Machtübernahme durch die AfD schon früher beginnen könnte, als viele glauben – Verfassungsblog
Wie Faschist Höcke schon viel früher die Macht ergreifen könnte – Volksverpetzer

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Quelle Featured-Image: HorstSchulte.com

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6 Gedanken zu „Fans des gesichert Rechtsextremen“

  1. Die Justiz wird erst dann…? Wie man an anderen Ländern erkennen kann?

    Wer hat Weisungsbefugnis über die Staatsanwaltschaft in D?

    Wer sitzt in den höchsten Gremien?
    Die sind nicht zufällig von CSU, FDP, CDU und SPD besetzt? Früher war noch die Schillpartei vertreten und einen von der AfD haben sie rausgeschmissen.

    Das Gute am Recht ist jedoch, dass es kaum ideologisch anwendbar ist. Daher muss man sich nicht wundern, dass größtenteils trotzdem noch Recht gesprochen wird.

    Das die Wirtschaftskriminalität da etwas einseitig gefördert wird, steht allerdings auf einem anderen Blatt, welches wir aber mit vielen, anderen Staaten gemein haben.

    Da ändert die AfD so schnell nichts, denn das EU-Recht toppt. Es sind also Grenzen gesetzt, selbst PIS und Urban können da in ihren Ländern nicht alles so machen, wie die Medien uns das gerne verkaufen, obwohl der Korruptionsfaktor dort höher sein soll.

    Was man indes immer hinbekommt, ist den Sozialstaat zusammen zu streichen. Von daher grauen mir die Worte: „You never walk alone!‘ von jemandem aus der HIV-Koalition.

    Das können die Rechten nicht immer besser, wenn man Italien jetzt mal ausnimmt.

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  2. Ich weiß nicht, ob du die Debatten im Bundestag verfolgst. Als Mützenich, Fraktionschef der SPD, davon redete, wie seltsam er es fände, dass das Verfassungsgericht bereits zum zweiten Mal am Tage vor einer Bundestagsentscheidung Urteile gesprochen hätte, stockte mir einen Moment der Atem. Das war der etwas untergegangene Vorwurf der Parteilichkeit des Verfassungsgerichtes. Jedenfalls war das meine Interpretation. Eigenartig, dass die Aasgeier der Medien das nicht mitbekommen zu haben scheinen. Es wäre allerdings möglich, dass Mützenich das anders gemeint hat. Ich frage mich nur wie.

    https://youtu.be/wJqkpvjjooE?si=cqs8U5FhCGG3bC0F

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  3. In Deinem Link ist Volker Pisoersdrin. Den habe ich schon 88/89 in Vlotho gesehen. Für nen Heiermann.

    Die zeitliche Dimension der Urteile kann mitunter auch Zufall sein. In der Regel dauern solche Prozesse ja.
    Das müsste man prüfen.

    Zudem wäre ich gerade bei solchen Statement stutzig, da hier das Oymoron zwischen Gesagten und Handlung meist offenbar wird

    Die Debatten bin Bundestag verfolge ich mangels Datenvolumen seltener.

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  4. Bin jetzt bis zur Hälfte. Klingt am Anfang ja recht vernünftig, was er so verlautet. Allerdings den Schattenhaushalt nur mit internationalen Krisen zu begründen ist schlechter Stil. Es ist ja weder der europäische Haushalt, noch der israelische beschlossen worden.

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  5. Ich sehe das mir dem Termin des BVG jetzt trotzdem nicht als großes Problem. Irgendwann wäre das Urteil ja eh gekommen. Wenn der Plan da schon läuft, wird es umso schwerer. Vermutlich sind (juristisch gesehen) auch einige handwerkliche Fehler begangen worden.

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