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Verstehen und Durchsetzen in der Vetokratie

Beim Schlagwort „Klimaschädigende Subventionen abbauen“, klatschen fast alle. Wenn es konkret wird, sind die, die dafür stehen, sehr schnell sehr alleine.

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Für zehn frische Eier vom Bauernhof zahlen wir 2 EUR. Im Geschäft kosten sie, wenn man auf die Herkunft achtet, einen EUR + x mehr. Ähnlich läuft es bei Kartoffeln. Auch die beziehen wir (vom gleichen Bauern) erheblich günstiger als vom Wochenmarkt (regionale Bauernhöfe) oder im Lebensmittelhandel.

Mir fällt auf, dass es sich heute in unserer Region nicht lohnt, auf den diversen Wochenmärkten beim regionalen Bauern frisches Gemüse oder Obst zu kaufen. Oft liegt es am Preis, manchmal sogar an der angebotenen Qualität. Das hat weniger mit saisonalen Einflüssen zu tun. Es scheint grundsätzliche Ursachen zu haben (s. Link zur Doku). Zudem fällt uns auf, dass die angebotene Qualität nicht immer dem entspricht, was sich man beim Direktkauf versprechen würde.

Wochenmärkte

Haben solche persönlichen Beobachtungen im Kleinen etwas mit der momentanen Stimmung im Land zu tun? Ok, die Inflation (die hohen Preise für Lebensmittel!) spiegelt sich auch bei den Preisen auf dem Wochenmarkt wider. In unserer Gegend stelle ich fest, dass die Märkte nicht mehr so gut besucht sind wie früher. Liegt das an den gestiegenen Preisen oder hat sich der Charme von Wochenmärkten insgesamt verflüchtigt? Jedenfalls liegen die Preise oft über denen im Lebensmittelhandel und nicht gerade wenig.

Wochenmärkte, die Reportage (Wochenmärkte unter Druck)

Pestizide und Flächenbeschränkung

Heute las ich, dass die EU-Kommission die Pestizidverordnung zurücknimmt, weil sich die Bauern so massiv dagegen wehren. Von der Leyen begründet die Entscheidung so: Die Kommission könne nun eine neue, „ausgereiftere“ Richtlinie ausarbeiten und dabei Bauern- und Umweltverbände stärker einbeziehen. Mit einem neuen Vorschlag ist allerdings nicht mehr vor den Europawahlen im Juni zu rechnen.

Die Bauern fühlten sich, so heißt es im Tagesschaubericht, von der EU unter Druck gesetzt. Es gab zum Teil gewaltsame Proteste von Bauern in der EU.

Subvention und Gegenleistung

Von den 50 Mrd. EUR, mit denen die EU die Bauern unterstützt, kommen etwa sechs Mrd. EUR aus Deutschland.

Zurückgenommen wurden ebenfalls die Flächenbeschränkungen (Brachland auf Ackerflächen), die, wie die Verordnung gegen Pestizide, dazu beitragen sollten, das Artensterben zu bekämpfen.

Einmal ganz davon abgesehen, dass ich Verständnis dafür habe, dass die Bauern sich nicht „bevormunden“ lassen möchten, muss man als Bürger doch die Frage stellen, wie die Gesetze und Verordnungen auf nationaler und europäischer Ebene zustande kommen bzw. ob die Lobbyarbeit in den Parlamenten heutzutage nicht mehr erfolgreich ist.

Subventionsabbau für den Klimaschutz

Im Falle der Entscheidung der deutschen Regierung, die die Bauern unvorbereitet getroffen hat, gab es eine unverzeihliche Ausnahme. Manche verniedlichen das als kommunikatives Versagen, ich würde die Vorgehensweise der Ampel als schieren Dilettantismus bezeichnen. Im Allgemeinen wissen Politiker immer sehr genau, worauf sie zu achten haben, bevor sie sich mit mächtigen Lobbyverbänden anlegen. Diese Regierung schien’s nicht zu wissen!

Allerdings sind die Oberflächlichkeiten im Gesamtkontext Landwirtschaft damit für den Moment erschöpft. Es geht um viel größere, wichtigere Vorhaben und Notwendigkeiten, als einzelne und seien es noch so mächtige Lobbys nicht zu verprellen.

Klimaschädigende Subventionen abbauen? Viel Glück dabei!

Die Bauern (sage ich mal ungerechtfertigterweise so pauschal) müssen ihre Beiträge leisten, wenn es darum geht, diese Welt gegen den Klimawandel zu schützen. Dass dazu der unangemessene Umgang mit klimaschädigenden Subventionen gehört, sollte selbstverständlich sein. Aber warum sollte das, was beim Tierschutz und beim Einsatz von Pestiziden schon nicht wirklich funktioniert, bei einem gesellschaftlich immer schräger behandelten Thema Klimawandel funktionieren?

Ich habe die Sorge, dass angesichts der um sich greifenden Depression überlebenswichtige Aufgaben unserer Gesellschaften ins Hintertreffen geraten könnten.

»Hält die Demokratie das aus« fragte Robert Habeck bei „Miosga“ am letzten Sonntag in der ARD.

Zielsetzungen und Durchsetzbarkeit

Kann der Kampf gegen den Klimawandel in einer Demokratie erfolgreich gestaltet werden, wenn Zukunftsängste aufgrund vielfältigster Faktoren so stark wachsen? Dass in unserer Demokratie mit einer stark alternden Bevölkerung Transformationsprozesse schwierig sind, bleibt vielleicht das zentrale Problem.

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Horst Schulte
Herausgeber, Blogger, Autor und Hobby-Fotograf
Seit 2004 blogge ich über Politik und Gesellschaft – also seit die meisten noch SMS statt Tweets geschrieben haben. Mit 70 Jahren lebe ich immer noch im schönen Bedburg, direkt vor den Toren Kölns, und schreibe über alles, was die Welt bewegt (oder mich zumindest vom Sofa aufstehen lässt).

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Artikelinformationen:

Gesellschaft

EU, EU-Kommission, Habeck, Klimaschutz, Landwirtschaft, Miosga, Preise

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