Von links nach rechts – Meine politische Neujustage verwirrt auch mich selbst

Horst See­ho­fer hat die Migra­ti­on ein­mal als Mut­ter aller Pro­ble­me bezeich­net. Das for­der­te die her­aus, die bis heu­te kein nach­hal­ti­ges Kon­zept zur Lösung der damit ver­bun­de­nen Her­aus­for­de­run­gen vor­ge­legt haben.

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Wes­halb hat sich mei­ne Nei­gung zu lin­ken und grü­nen Poli­tik­in­hal­ten geän­dert? Bestimmt hat das mit mei­nem Alter (70) und mei­nem Ren­ten­ein­tritt zu tun. Ich sage das ohne Bedau­ern. Mehr als vie­le ande­re gesell­schaft­li­che und poli­ti­sche The­men irri­tiert mich, wie sich mei­ne Sicht­wei­se auf die Migra­ti­on und deren Aus­wir­kun­gen auf unser Land und unser Zusam­men­le­ben ver­än­dert hat.

Als Ted­dy­wer­fer bin ich im Jahr 2015 zwar nicht auf­ge­tre­ten, den­noch habe ich einen glas­kla­ren Stand­punkt gehabt und konn­te mich nach immer­hin zehn Jah­ren Mer­kel plötz­lich mit die­ser Frau »anfreun­den«, die eigent­lich für eine Poli­tik stand, die mei­nen Ansich­ten nicht ansatz­wei­se ent­spro­chen hat.

Silvesternacht 2015

Dass mei­ne Begeis­te­rung schon im Dezem­ber (Sil­ves­ter­nacht) einen Rück­schlag erlitt, lag nicht nur an den dra­ma­ti­schen Ereig­nis­sen, son­dern vor allem dar­an, dass die Ver­bre­chen jener Nacht nicht im Ansatz die Wür­di­gung erfuh­ren, die aus mei­ner Sicht erfor­der­lich gewe­sen wäre. Es zeich­ne­te sich eine Ent­wick­lung ab, die vom Fehl­ver­hal­ten vie­ler Geflüch­te­ter getrig­gert wur­de. So hat­te ich mir das nicht vor­ge­stellt. Ich erwar­te­te nicht expli­zit Dank­bar­keit von den Men­schen, so aber doch Respekt. Vie­le Ereig­nis­se, haupt­säch­lich sol­che, die mit dem The­ma Migra­ti­on zu tun hat­ten, ver­stär­ken das Ver­än­de­rungs­tem­po mei­ner Sichtweise. 

Fehlende Einsicht

Ich sehe, dass weder grü­ne noch lin­ke Poli­ti­ker damit ein Pro­blem haben, was sich im Land abspielt. Von Über­for­de­rung woll­ten sie zuerst gar nichts wis­sen, um dann unter dem Druck der Kom­mu­nen klei­ne Zuge­ständ­nis­se zu machen. Der dama­li­ge Innen­mi­nis­ter, Horst See­ho­fer, hat es vor Jah­ren gesagt. Für ihn war die Migra­ti­on Mut­ter aller Pro­ble­me. Wenn ich mir die poli­ti­schen Ver­hält­nis­se in unse­rem Land anse­he, weiß ich, dass er mit die­ser Aus­sa­ge rich­tig lag und die links-grü­ne Bla­se falsch. Die AfD wür­de nicht unse­re Demo­kra­tie bedro­hen, weil sie zunächst in drei ost­deut­schen Bun­des­län­dern vor­aus­sicht­lich stärks­te Par­tei wird und die fort­wäh­ren­den Kam­pa­gnen rech­ter Medi­en gegen die­se Bun­des­re­gie­rung hät­ten nicht die­ses fast schon lächer­lich klein­li­che Aus­maß erreicht. Die Repu­blik wäre ein Stück weit fried­li­cher als sie es heu­te ist. 

Gut, ich kann das nicht bewei­sen, aber war­um sonst hat die AfD auch bun­des­weit ihre Stim­men­an­tei­le gegen­über der letz­ten Wahl fast ver­dop­pelt? War­um dis­ku­tie­ren wir so merk­wür­dig über die hohe Kri­mi­na­li­täts­ra­te von Aus­län­dern bzw. legen mehr Wert auf alles, was die damit ver­bun­de­nen Aus­sa­gen ent­kräf­ten könn­te als auf ange­mes­se­ne Reak­tio­nen zuguns­ten des gan­zen Landes? 

Lebenserfahrung und Alter

Aller­dings habe ich mei­ne Lebens­er­fah­run­gen ja nicht erst in den letz­ten Jah­ren gesam­melt, son­dern sie sind ein dickes Paket von Ein­drü­cken und Erfah­run­gen, die auch mei­ne Sicht­wei­se auf die Welt geprägt haben wer­den. Die­se waren posi­tiv als auch nega­tiv. Eines Tages erfolgt zwangs­läu­fig eine Neu­be­wer­tung und wahr­schein­lich auch eine Jus­ta­ge der eige­nen Haltung.

In mei­nem Fall könn­te es sein, dass ich durch die Lebens­er­fah­rung der letz­ten Jah­re mei­ne Ein­stel­lung zu The­men wie Migra­ti­on oder Iden­ti­täts­po­li­tik ver­än­dert habe. Viel­leicht habe ich neue Per­spek­ti­ven gewon­nen oder bin mit Her­aus­for­de­run­gen kon­fron­tiert wor­den, die mich dazu gebracht haben, die Situa­ti­on dif­fe­ren­zier­ter zu betrachten.

Wandel der politischen Landschaft

Die poli­ti­sche Land­schaft ver­än­dert sich stän­dig. Neue Par­tei­en ent­ste­hen, alte ver­schwin­den, und die Posi­tio­nen der bestehen­den Par­tei­en kön­nen sich im Lau­fe der Zeit ändern. Es ist mög­lich, dass sich mei­ne Ein­stel­lung zu lin­ken und grü­nen Poli­tik ver­än­dert hat, weil ich die Poli­tik die­ser Par­tei­en anders wahr­neh­me als noch vor eini­gen Jahren.

Persönliche Werte

Unse­re Wer­te sind die Grund­prin­zi­pi­en, die unser Leben lei­ten. Es dürf­te nor­mal sein, dass sich die­se im Lau­fe der Zeit ver­än­dern, weil sie beein­flusst wer­den durch unse­re fort­schrei­ten­den Erfah­run­gen, Über­zeu­gun­gen und Bezie­hun­gen. Offen­sicht­lich ist, dass sich mei­ne Wer­te in den letz­ten Jah­ren ver­än­dert haben, was beträcht­lich zu einer Neu­jus­ta­ge mei­ner Ein­stel­lung zu lin­ker und grü­ner Poli­tik, die vie­le Jahr­zehn­te mein Leben und mein Koor­di­na­ten­sys­tem bestimmt haben, geführt hat.

Einfluss der Medien

Die Medi­en spie­len eine wich­ti­ge Rol­le bei der Mei­nungs­bil­dung. Die Art und Wei­se, wie Nach­rich­ten und Infor­ma­tio­nen prä­sen­tiert wer­den, kann unse­re Wahr­neh­mung der Welt beein­flus­sen. Es ist mög­lich, dass mei­ne Ein­stel­lung zu lin­ker und grü­ner Poli­tik durch die Art und Wei­se beein­flusst wur­de, wie die­se The­men in den Medi­en dar­ge­stellt wer­den. Es gibt die­sen bekla­gens­wer­ten Ein­fluss links-grü­ner Medi­en, den ich als viel zu stark an mora­li­schen Dimen­sio­nen ori­en­tiert, wahr­neh­me. War­um schaf­fen es die Medi­en nicht mehr, sich auf vor­nehm­lich auf die Wei­ter­ga­be von Infor­ma­tio­nen zu beschrän­ken, son­dern müs­sen bei­na­he zwang­haft gewis­se Sicht­wei­sen an ihre Kon­su­men­ten wei­ter­rei­chen? Sogar außer­halb der Nach­rich­ten wer­den wir durch den ÖRR in unver­tret­ba­rem Umfang in bestimm­te Rich­tun­gen manö­vriert. Ich sehe mir des­halb schon seit Mona­ten kei­ne »Heu­te Show« mehr an und auch »Die Anstalt« leh­ne ich des­halb ab. Poli­ti­sche Bot­schaf­ten wur­den durch Sati­re- oder Kaba­rett­pro­gram­me wahr­schein­lich immer trans­por­tiert. Aber die­se Ein­sei­tig­keit geht mir wirk­lich auf den Zei­ger. Und nein! Die­ter Nuhr ist kein/​e rechte/​s Kabarett/​Comedy.

Einigkeit in Grundsatzfragen?

Ich hof­fe ja, es herrscht zumin­dest theo­re­tisch Einig­keit dar­über, dass unter­schied­li­che Stand­punk­te trotz aller Kon­tro­ver­sen über Details, mit­ein­an­der bespro­chen wer­den soll­ten. Schließ­lich ist genau dies doch Demo­kra­tie! Ins­be­son­de­re die Hef­tig­keit, die kon­ser­va­ti­ven Stand­punk­ten ent­ge­gen­ge­bracht wird, macht mir Kum­mer. So ein­sei­tig dür­fen Debat­ten nicht ablau­fen. Das die all­ge­mei­ne Ent­wick­lung bzw. die lin­ke Deu­tungs­ho­heit beklagt wer­den, kann ich nach­voll­zie­hen. Das wird ein Grund für die all­seits beklag­te Bru­ta­li­sie­rung des Dis­kur­ses und die hand­greif­li­chen Fol­gen sein. 

Es ist wich­tig, offen für neue Infor­ma­tio­nen und Per­spek­ti­ven zu sein und sich mit Men­schen mit unter­schied­li­chen Stand­punk­ten aus­ein­an­der­zu­set­zen. Dies kann ver­mut­lich jedem dabei hel­fen, eige­ne Wer­te und Über­zeu­gun­gen bes­ser zu ver­ste­hen und fun­dier­te Ent­schei­dun­gen über poli­ti­sche The­men zu treffen.

Trotz mei­ner Abnei­gung der prak­ti­zier­ten Poli­tik die­ser Bun­des­re­gie­rung bin ich gegen das, wie Clau­dia es aus­drückt, Par­ken von Flücht­lin­gen in Dritt­staa­ten.

Entwicklungshilfe und allgemeine Unterstützung durch die reichen Länder (Beteiligung von China?)

Wir müs­sen ver­su­chen, durch die Unter­stüt­zung der Men­schen in ihren Hei­mat­län­dern auch unse­rer eige­nen längst exis­tie­ren­den Über­for­de­rung zu begegnen. 

Mir fehlt bei den hier leben­den Migran­ten (auch denen, die lan­ge im Land sind und einen deut­schen Pass besit­zen) eine kla­re Hal­tung. Die anti­de­mo­kra­ti­schen Exzes­se von Essen und Ham­burg (um zwei Bei­spie­le zu nen­nen) müs­sen mas­siv bekämpft wer­den. Lei­der sehe ich das nicht, weil unse­re Geset­ze es ja nicht zulas­sen, sol­che Leu­te mit schar­fen Sank­tio­nen zu belegen.

Extremisten dürfen das Klima nicht bestimmen

Die Fra­ge ist offen, wie wir sol­chen Extre­mis­ten unter den hier leben­den Mil­lio­nen von Mus­li­men, unse­ren Stand­punkt klar­ma­chen wol­len. Dar­über zu reden, wird nichts ändern. Die­se Leu­te, so wür­de ich wet­ten, füh­len sich nur bestärkt, weil sie unse­re ohn­mäch­ti­ge Wut pro­vo­zie­ren und se wohl auch her­bei­füh­ren woll­ten. Außer­dem fin­de ich es beun­ru­hi­gend, dass wir nicht wis­sen, wie vie­le Mus­li­me sol­chen Aus­sa­gen, wie die Isla­mis­ten sie lau­fend tref­fen, nicht im Grun­de zustim­men. Die­ses Miss­trau­en darf nicht noch zuneh­men. Wir lau­fen aller­dings Gefahr, dass dies – auch »mit­hil­fe« der Medi­en – pas­sie­ren könn­te. Hört man man­chen Inter­view-Aus­sa­gen jun­ger Mus­li­me zu, ten­diert man zu sol­chen Befürchtungen. 

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Deutschland Migration

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3 Gedanken zu „Von links nach rechts – Meine politische Neujustage verwirrt auch mich selbst“

  1. Medi­en neh­me ich völ­lig anders wahr als du, sehe den Auf­stieg der „Hetz­me­di­en“ im Web, das unsäg­li­che Kom­men­ta­ri­at der WELT, die lan­gen und immer neu­en Kam­pa­gnen der Sprin­ger-Medi­en gegen die Grü­nen (und auf X stets und stän­dig „Habeck ist an allem schuld“).
    Dass der ÖRR „links-grün“ sei ist eine von rechts kol­por­tier­te Behaup­tung, die der Viel­falt des sehr unter­schied­li­chen ÖRR-Ange­bots in all sei­nen inter­na­tio­na­len und regio­na­len Ver­zwei­gun­gen nicht gerecht wird. Dazu gibt es auch eine recht aktu­el­le, sehr inter­es­san­te Stu­die, die der FOCUS zeigt: 

    Wie „links­grün“ sind ARD und ZDF wirk­lich? Stu­die gibt span­nen­de Einblicke

    Wie ich da sehe, ent­spricht weder dei­ne noch mei­ne Rezep­ti­on ganz der aus­ge­zähl­ten Rea­li­tät. Der ÖRR ist für mich eine ech­te Säu­le der Demo­kra­tie, wenn es auch immer wie­der eini­ges zu kri­ti­sie­ren gibt (mehr Mit­be­stim­mung fän­de ich gut). 

    Heu­te Show und Anstalt hab ich schon län­ger nicht gese­hen, erin­ne­re aber den in man­chen Sen­dun­gen sehr hohen Info-Input bei der Anstalt (z.B. bezüg­lich des Abwür­gens der Erneu­er­ba­ren in der Ver­gan­gen­heit). Nuhr fin­de ich schlicht uner­träg­lich, hab ihn des­halb aber auch schon län­ger nicht mehr gese­hen. Frü­her war er noch halb­wegs „aus­ge­wo­gen“ mit sei­nen Gags, spä­ter wur­de er zum blo­ßen Grün-links-Bas­her, der (aus mei­ner Sicht) stän­dig das „dump­fe Volks­emp­fin­den“ anspricht. Aber wie gesagt: län­ger nicht mehr geschaut.

  2. Viel­leicht müs­sen wir die Geset­ze kon­se­quen­ter anwen­den. Egal, wel­cher Natio­na­li­tät oder Reli­gi­on, jeder, der sich nicht ein­deu­tig zu unse­rer Ver­fas­sung bekennt und durch Straf­ta­ten oder Aktio­nen, Rech­te und Frei­hei­ten des jeweils andern beein­träch­tigt, muss die vol­le Här­te der Gesetz­ge­bung spü­ren. Das gilt aber auch für die Bun­des­bür­ger unse­res Lan­des, ich den­ke da z.B. an die Reichs­bür­ger. Wer als Flücht­ling hier berech­tigt Schutz sucht, muss bei Ver­stö­ßen gegen die Rechts­spre­chung der BRD kon­se­quent abge­scho­ben wer­den, Bun­des­bür­ger, die sich gegen die Ver­fas­sung stel­len, soll­ten mit mehr­jäh­ri­gen Haft­stra­fen rech­nen müs­sen. Wir soll­ten an einem Ruf arbei­ten, ein freund­li­ches, hilfs­be­rei­tes Land zu sein, aber auch ein Land, das im Fall der Fäl­le kon­se­quent und hart gegen Ver­fas­sungs­fein­de vor­geht. Und ja, viel­leicht müs­sen wir unse­re Gesetz­ge­bung ändern, dass Flücht­lin­ge in ihr Land abge­scho­ben wer­den kön­nen, selbst wenn dort Krieg herrscht. Denn die­se Lücke ist mei­nes Erach­tens etwas, was Straf­ta­ten begüns­tigt. Wenn ich weiß, dass ich nicht abge­scho­ben wer­den kann, ist die Bereit­schaft gegen Geset­ze zu ver­sto­ßen sicher ungleich höher. 

    @Claudia: dass die Öffent­lich Recht­li­chen nicht mehr so ganz unvor­ein­ge­nom­men berich­ten, haben mei­nes Erach­tens Mit­ar­bei­ter in ihrem Mani­fest ziem­lich deut­lich gemacht. 

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