a symbolic image of a passenger jet flying over a 70AQtEHySEu9xJbFtFbQsw CJfF3rv2SAypjG54zoEr3w
a symbolic image of a passenger jet flying over a 70AQtEHySEu9xJbFtFbQsw CJfF3rv2SAypjG54zoEr3w

Ampelregierung und Migration: Zwischen moralischen Verpflichtungen und realen Zwängen

Die Abschiebung von 28 afgha­ni­schen Straftätern durch die Ampelregierung wird als poli­tisch moti­vier­te Maßnahme kurz vor der Landtagswahl in Thüringen kri­ti­siert, wäh­rend die Frage nach wei­te­ren Rückführungen und deren gesell­schaft­li­chen Folgen auf­ge­wor­fen wird.

stroke="currentColor" stroke-width="1.5" stroke-linejoin="round" stroke-linecap="round" /> Keine Kommentare

28 afgha­ni­sche Verbrecher hat die Regierung (ver­ant­wort­lich: Bundesinnenministerium) nach Kabul aus­ge­flo­gen. Ja, es bewegt sich was. Manche fei­ern die Maßnahmen der Ampel-​Regierung als stra­te­gi­sche Leistung.

Ich hof­fe, die Deutschen wer­den sie als das inter­pre­tie­ren, was sie sind, näm­lich als oppor­tu­nis­ti­sche Handlung, weni­ge Tage vor der Landtagswahl in Thüringen. Warum nur, hat die­se Regierung nicht längst abge­scho­ben? Liegt es an sol­chen Bedenkenträgern wie Omid Nouripour, der sich nach den Abschiebungen besorgt zeigt: „Dieser Flug darf nicht zu einer Legitimation der Taliban füh­ren.” Andere argu­men­tie­ren bei vie­len Vorschlägen sofort damit, dass die Rechtslage oder euro­päi­sche Richtlinien die­ses oder jenes nicht erlau­ben wür­de. Da kann ich dann nicht anders, als Herrn Merz zuzu­stim­men, der in sei­ner Brandrede die­se Woche genau das ange­pran­gert und die Frage gestellt hat, wozu Politik denn da sei, wenn nicht, um sol­che Hemmnisse anzu­ge­hen und not­falls Gesetze zu verändern. 

Hier kli­cken, um den Inhalt von YouTube anzuzeigen. 
Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube.

Demokratische Mitte

Dass man mit sol­chen Ideen schnell in eine Ecke gestellt wird, dürf­te der Erfahrung vie­ler ent­spre­chen. Allerdings soll­te man Bedenken, aus wel­cher Zeit das Individualrecht auf Asyl stammt und wel­che Intentionen damals Grundlage für die Schaffung die­ses hohen Rechtsgutes gewe­sen sind. Mit ande­ren Worten: Es gab nicht die­sen Andrang an unse­ren Grenzen, wäh­rend heu­te die Menschen in hoher Anzahl das Wort „Asyl” (soll rei­chen) aus­spre­chen und damit einen Mechanismus aus­lö­sen, der in der Realität lei­der über­haupt nicht funk­tio­niert. Das ist seit Jahren Realität und soll­te zu wei­te­ren Anpassungen füh­ren. Selbstverständlich, auch auf euro­päi­scher Ebene. Ich sage das, gera­de des­halb, weil die Zahl der­je­ni­gen, die tat­säch­lich Asyl erhal­ten, in den letz­ten Jahren „nur” bei unge­fähr der Hälfte der Anträge lag und die Praxis inner­halb der EU schon frag­wür­di­ge Züge hat.

Handlungsbereitschaft und Handlungsvermögen (der dysfunktionale Staat)

Vielleicht wäre die­ser Mindestbeleg an Handlungsfähigkeit trotz der Umfragewerte für die Ampel-​Parteien sogar noch aus­ge­blie­ben, hät­te Merz (CDU) nicht so vehe­ment inter­ve­niert und der SPD sei­nen ver­gif­te­ten Vorschlag gar nicht unterbreitet.

Einmal abge­se­hen von den kurz vor knapp beschlos­se­nen Maßnahmen, die der Union (wie immer) natür­lich nicht weit genug gehen, ist das Signal der Handlungsfähigkeit der Ampelregierung nicht mehr dazu geeig­net, etwa für einen Stimmungsumschwung zu sor­gen. Immerhin könn­te es viel­leicht für weni­ge Prozentpunkte rei­chen, dass alle 3 Ampel-​Parteien am Sonntag nicht aus dem thü­rin­gi­schen Landtag gekickt wer­den. So dürf­te am Ende auch das Kalkül des Kanzlers aus­se­hen. Ich schät­ze, dass die Initiative für die auf die Schnelle durch­ge­box­ten Maßnahmen auf ihn zurückgehen.

Rückführungen in großem Stil?

Ich hof­fe, die Abschiebungen gehen in die­sen Größenordnungen wei­ter. Ob wei­te­re Rückführungen mög­lich sind, liegt – wie ich hör­te – an Katar. Direkte Verhandlungen mit den Taliban möch­te Außenministerin Baerbock bekannt­lich nicht füh­ren. Das sind schließ­lich böse Menschen, mit denen man nicht ver­han­deln kann. Der Paradigmenwechsel in der deut­schen Diplomatie, aus­ge­hend von den Grünen, bekommt uns wirk­lich sehr und ich ver­ste­he alle Menschen, denen die­se bigot­te und eben über­haupt nicht wer­te­ori­en­tier­te Politik der Grünen ver­hasst ist. 

Sei’s drum. Die Abschiebungen könn­ten vor allem ein Signal an die Asylbewerber und Migranten sein, die von der Härte des Rechtsstaats nicht wirk­lich über­zeugt sind. Es wäre schön, wür­de die­ses Signal dazu füh­ren, dass die eine oder ande­re Messerstecherei oder Vergewaltigung des­halb aus­blie­be, weil die Täter tat­säch­lich ange­mes­sen bestraft und nicht, wie in eini­gen der 28 Fälle, zu Bewährungsstrafen ver­ur­teilt würden.

Pro-​Migration – Deutschland ist ein Einwanderungsland

Das alles ist aber nur eine Seite der Medaille. Leider wird sie von denen nur nega­tiv wahr­ge­nom­men, die sich bis zum heu­ti­gen Tag schon immer Pro-​Migration posi­tio­niert haben. Aber sie hat unter­halb die­ser all­ge­mei­nen Betrachtung für die Gesellschaft nega­ti­ve Begleiterscheinungen. 

Wie müs­sen sich in die­sem hys­te­ri­schen Klima all die Millionen von Menschen füh­len, die sich nichts zu Schulden haben kom­men las­sen, außer, dass sie unwill­kom­me­ner Weise (nach Ansicht von immer mehr Deutschen) hier einen Neuanfang (ein bes­se­res Leben) begon­nen haben bzw. die­ses vor­hat­ten? Unwillkommen könn­ten sie sich fast vom ers­ten Tag an gefühlt haben, denn die oft beschrie­be­nen Diskriminierungserfahrung ist nicht her­bei fabu­liert, son­dern für vie­le bru­ta­le Wirklichkeit. Eine Willkommenskultur ist nicht vor­han­den, auch nicht in unse­ren euro­päi­schen Nachbarländern. 

Arbeitskräftemangel – Arbeitsplätze gehen verloren

Ja, wir brau­chen drin­gend Arbeitskräfte aus Drittstaaten. Die Lage am euro­päi­schen Arbeitsmarkt lässt ande­re Schlussfolgerungen nicht zu. Unser Staat schafft es bis­her nicht, die Migration in die­sem Sinne zu steu­ern. Das liegt an denen, die ger­ne allen Menschen in Not hel­fen, die aber dabei nur lei­der über­se­hen, dass ande­re das ganz anders sehen. Je mehr Menschen nach Deutschland gekom­men sind, des­to deut­li­cher hat sich der Widerspruch gezeigt.

Werteorientierung und moralische Verpflichtungen 

Dass die deut­sche Politik nicht reagiert hat, ist eigent­lich nicht sehr über­ra­schend, glau­be ich. Ein Land mit unse­rer Geschichte (die es so kein zwei­tes Mal gibt) hat mora­li­sche Verpflichtungen. Da bin ich ein­ver­stan­den. Aber es gibt ungüns­ti­ger­wei­se auch rea­le Zwänge, auf die Politik ein­ge­hen muss. Das ist jah­re­lang unter­blie­ben. Die Folgen sehen wir bei den bevor­ste­hen­den Wahlen in Ostdeutschland. Dass neben der Migration auch ande­re Dinge eine mehr oder weni­ger bedeu­ten­de Rolle spie­len, ändert nichts dar­an, dass unser Parteiestablishment zu lan­ge dar­auf ver­traut hat, dass es allein mit dem bis­her gut gefüll­ten Staatssäckel den deut­schen Michel bei Laune hal­ten könn­te. Diese Zeiten könn­ten vor­über sein.


Entdecke mehr von Horst Schulte

Melde dich für ein Abonnement an, um die neu­es­ten Beiträge per E‑Mail zu erhalten.

Diesen Beitrag teilen:

Lass deinen Gedanken freien Lauf


Hier im Blog werden bei Abgabe von Kommentaren keine IP-Adressen gespeichert! Deine E-Mail-Adresse wird NIE veröffentlicht! Du kannst anonym kommentieren. Dein Name und Deine E-Mail-Adresse müssen nicht eingegeben werden.


🧭 Wer anderen hilft, findet oft selbst den Weg.

Entdecke mehr von Horst Schulte

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen

Share to...
Your Mastodon Instance