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Warum ich Wespen plötzlich vermisse – Eine Sommergeschichte

Eine Rückschau auf Begegnungen mit Wespen, die von Kindheitsstreichen bis hin zu unerwarteten Panikmomenten reicht.

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Wespen sind nicht gerade die Superhelden meiner Insektenwelt. Tatsächlich: Ich mag sie nicht. Sie summen, sie stechen, und sie laden sich ungefragt auf unseren Kuchen ein. Doch irgendwie… vermisse ich sie. Jetzt mal ernsthaft, wo bleiben die Biester? Normalerweise sind sie doch spätestens im Spätsommer, bei diesen Temperaturen, überall zur Stelle – bereit, uns bei jedem Picknick das Leben zur Hölle zu machen. Aber dieses Jahr? Fehlanzeige.

Nun, vielleicht liegt es ja am Starkregen, der in diesem Sommer gefühlt jede Woche über uns hinweggefegt ist. Die armen Dinger, die ihre Nester gern in den Boden buddeln – möglicherweise in die leer stehenden Wohnungen von Mäusefamilien – sind wohl buchstäblich abgesoffen. Ja, genau das habe ich als kleiner Junge gelernt: Wespen nisten auch in Mäuselöchern. Und wisst ihr, wie ich das herausgefunden habe? Na klar, ich habe es ihnen so richtig schwer gemacht!

Es war ein herrlicher Sommertag, und während meine Mutter ihre Wäsche auf einer großen Wiese hinterm Haus aufhing, hing ich – gelangweilt wie nur ein Kind sein kann – an ihrem Rockzipfel. Da stand auch dieser verlockende Wasserhahn, und in meiner jugendlichen Genialität dachte ich mir: „Warum nicht etwas Action in diese fade Wäsche-Trocken-Nummer bringen?“ Also schnappte ich mir den Wasserschlauch und richtete ihn direkt auf ein kleines Loch im Boden, aus dem ständig winzige Flieger herausströmten. Ihr ahnt es schon: Das waren Wespen. Natürlich.

Als ich, meine Mutter war inzwischen gegangen, den Wasserhahn aufdrehte, war die Show eröffnet. Die Wespen? Nicht begeistert. Sofort formierten sie sich zu einer wütenden Armee und marschierten, nein, flogen auf mich zu. Einer von ihnen erwischte mich sogar am Gesicht – nur ein leichtes Brennen, zum Glück. Doch meine Beine? Die liefen von ganz allein. Fluchtinstinkt voll aktiviert! Der Schwarm verfolgte mich quer über die Wiese, und ich sprang in das erstbeste Wasserbecken, das mein Vater (Gärtner) für seine Blumen benutzte. Das Wasser war so schön abgestanden und mit Algen verziert, aber hey, besser als ein Wespenstich, oder?

Seit diesem Tag weiß ich: Mit Wespen ist nicht zu spaßen. Aber hey, ich gehöre nicht zu den Leuten, die schreiend weglaufen, sobald ein brummendes Insekt um die Ecke biegt.

Mein Respekt vor Wespen hatte zugenommen. Trotzdem zähle ich nicht zu denen, die beim Erscheinen auch nur eines Insekts dieser Art zum Amoklauf neigen. Ich fand es witzig, wenn meine Schwiegermutter, die so gern auf unserem Balkon ihre Schmöker las, in Panik verfiel, sobald eine „Bei“ (Plural: Beie – kölsch) auftauchte. So nannte sie jedes Insekt, das etwas größer war und dessen Brummen ihr verdächtig schien.

Bei einem Zelturlaub in der Eifel gab es einen Vorfall, der Gott sei Dank für mich ebenfalls folgenlos blieb. Meine Freunde hatten weniger Glück.

Wir suchten Reisig an einem Bachlauf für unser Lagerfeuer. Dabei haben wir versehentlich ein Wespennest überrannt. Wir hatten fast alle kurze Hosen an bzw. waren sommerlich gekleidet. Viele von uns trugen mehrere Wespenstiche davon. Zum Glück gab es keinerlei allergische Reaktionen. Aber es war eine äußerst unangenehme Erfahrung, zu der es in diesem Fall ganz ohne gewollte Provokation gekommen war. Nun, wenn Menschen die Nester anderer Lebewesen stören, müssen sie, gewollt oder nicht, halt mit solchen Konsequenzen klarkommen. Bei meinen Streifzügen durch die Natur bin ich mal an einem Hornissennest vorbeigekommen. Da habe ich schnell das Weite gesucht.

Aber wisst ihr, was das wirklich Unheimliche ist? Diese schleichende Sorge, wenn die Wespen nicht kommen. Ja, ich weiß, sie nerven. Aber dieses Jahr? Keine einzige wütende Wespe hat mich (bisher) vom Kuchen vertrieben, keine hat mich verfolgt, als ich ahnungslos durch die Natur streifte. Vielleicht hat der Regen ihre Nester zerstört, vielleicht sind sie einfach ausgeblieben.

Es ist der 5. September und bisher – nichts. Und ganz ehrlich? Ich hoffe, dass sich das noch ändert. Denn so sehr sie mich auch genervt haben: Ein Sommer ohne Wespen fühlt sich einfach nicht richtig an.

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Horst Schulte
Herausgeber, Blogger, Autor und Hobby-Fotograf
Seit 2004 blogge ich über Politik und Gesellschaft – also seit die meisten noch SMS statt Tweets geschrieben haben. Mit 70 Jahren lebe ich immer noch im schönen Bedburg, direkt vor den Toren Kölns, und schreibe über alles, was die Welt bewegt (oder mich zumindest vom Sofa aufstehen lässt).

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Artikelinformationen:

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Plage, Sommer, Wespen

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2 Gedanken zu „Warum ich Wespen plötzlich vermisse – Eine Sommergeschichte“

  1. Wenn es dich irgendwie beruhigt – sie sind hier, und zwar gefühlt alle! Naja, das ist vielleicht übertrieben aber zumindest nerven sie wieder und im Garten wird ein Wespenbuffet aufgebaut (aufgeschnittene Trauben in reichlich Entfernung zum gedeckten Tisch). Zum Glück sind sie aber nicht so aggressiv wie letztes Jahr. Da hatte ich meinen ersten Stich davon getragen. Was ich gemacht habe? Nichts! Ich stand nur da und da dachte sich so ein Biest „du kommscht mir grad recht“ und stach mir in die Schulter. Hat wohl einfach ihren Frust an mir ausgelassen. Im Gegensatz zu dir hatte ich es aber echt nicht verdient 😉

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  2. Ich habe das geschrieben und dachte sofort: Gleich kommen sie – bestimmt. Meine Frau wurde im letzten Jahr zweimal gestochen und hatte ordentliche allergische Reaktionen. Ich habe einen Stich davon getragen. Der war allerdings harmlos.

    Nun, bisher sind die Quälgeister noch unterpräsent. 🙂

    AntwortenAntworten

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