Nach den Berichten im ÖRR kamen auch bei mir Gedanken an Weimar auf. Die Thüringer sind wieder Vorreiter im Kampf gegen die Demokratie.
Die Einordnungen der Geschehnisse waren heute allerdings so unterschiedlich, dass ich noch verunsicherter bin als gestern. Die NZZ und Cicero vertreten andere Ansichten als die FAZ oder der Spiegel. Wenn es doch anders wäre und ich nicht vorher schon geahnt hätte, welche dieser Zeitungen welche Position einnehmen wird!
Gestern Abend war die Bewertung des gestrigen Nachmittags im thüringischen Parlament durch den Juristen und Blogger Maximilian Steinbeis (Verfassungsblog.de) eindeutig. Er hatte das mögliche Vorgehen der AfD vor Monaten schon geweissagt. Waren die Eindrücke bzw. sein Resümee identisch mit dem, was ich nur ausschnittweise im WDR-Fernsehen gesehen hatte. Ich fürchte: Nein.
Ich traue mir keine Schlussfolgerung dieses ersten und unschönen Eklats in Thüringen zu. Steinbeis ist übrigens bei einem Kongress der Grünen im letzten Jahr aufgetreten. Schon die Kulisse dient AfD-Fans dazu, bei X Steinbeis‘ Mitgliedschaft bei den Grünen zu verkünden. Parteilichkeit ist bei links-grün so etwas von Pfui bzw. ein Synonym für Lüge.
Ich weiß nicht, ob er Mitglied ist oder nicht. Irgendein Amt hat er scheinbar nicht inne. Gefunden habe ich nichts, was diese Frage beantworten würde. So läuft das heute. Man muss sich bloß vor dem „richtigen Hintergrund“ positionieren und schon ist die Logik der Rechten rund. Damit lässt sich „arbeiten“ respektive lügen.
Der Präsident des thüringischen Verfassungsgerichtshofes ist, wie ich hörte, CDU-Mitglied. Allein das liefert den Faschisten Futter genug. Was sich jahrzehntelang bewährt hat, wird von den Faschos infrage gestellt. Und das alles „nur“, um die Demokratie verächtlich zu machen. Höckes Truppe kommt in Thüringen gut voran.
Trotzdem halte ich es für Wahnsinn, wenn ein CDU-Mann heute angesichts dieser Ereignisse erneut das Verbot der AfD fordert. Wann lernen die Politiker der etablierten Parteien, es endlich mal mit guter, vernünftiger Politik zu versuchen, statt sich permanent um sich selbst zu drehen?
Hat sich der Alterspräsident der AfD gestern nun an die existierenden Vorgaben der noch geltenden Geschäftsordnung gehalten (wie manche sagen) oder hat er in dieser Hinsicht gegen sie verstoßen? Ich habe es so verstanden, dass vor einer solchen Beschlussfassung (neue Geschäftsordnung) zunächst einmal ein Landtagspräsident gewählt werden müsste (nach den alten bzw. geltenden Regeln). Dieser hätte, trotz des zu erwartenden AfD-Vorschlages, eben nicht zwangsläufig die in Rede stehende Kandidatin sein müssen. Also könnte man, wenn meine Annahme stimmt, zu der Ansicht tendieren, dass das Theater im Wesentlichen von den etablierten Parteien veranstaltet wurde und eben nicht von der AfD. Das ist alles nicht gut und leider ja erst der Anfang.
Warum sollte man Verfassungsfeinde/Parteien, die gegen die Demokratie sind, dieses abschaffen wollen, nicht verbieten?
Das macht doch sonst gar keinen Sinn, dass wir u.a. einen Verfassungsschutz haben.
Deinem zweiten Satz stimme ich zu, es ist unfassbar, warum die großen demokratischen Parteien weiter nicht endlich geschlossen zusammen arbeiten, aber es wird einfach weiter gemacht, jeder nach seinen eigenen Interessen.
Deine Argumentation ist in sich durchaus logisch. Allerdings finde ich, dass eine Partei, die viele Millionen Menschen gewählt haben, nicht einfach verboten werden sollte. Das halte ich für undemokratisch. Man hätte weitsichtiger sein müssen und diese Faschisten frühzeitig verbieten müssen. Jetzt ist das zu spät, um nicht eine Art von Revolte auszulösen, die dieses Land vollends entzweien würde.
Persönlich könnte ich mir diese Schritte gegen die AfD zwar vorstellen. Aber ich hätte Angst vor den Folgen.
Dann macht es ja vermutlich nichts, wenn die Demokratie demokratisch abgeschafft wird und gegen eine Nazi Regierung ersetzt wird.
Doch, natürlich macht das was. Aber wozu gibt es demokratische Spiegelregeln, wenn letztlich so viele Leute schlussendlich ausgegrenzt, ignoriert werden? Ist das denn richtig? Länder wie die Schweiz oder Österreich haben es seit Jahrzehnten mit Rechtsextremen zu tun. Die FPÖ und die SVP sind in Nuancen anders als die AfD. Auch das wird unterschiedlich bewertet, ich weiß. Trotzdem zeigen solche Beispiele, dass eine politische Kraft dieser Größenordnung nicht ignoriert werden darf. Schließlich wird das am Ende doch nur dazu führen, dass die Rechten in ein paar Jahren womöglich absolute Mehrheiten gewinnen. Glaubst du, dass die etablierten Parteien ihre merkwürdige Politik in Zukunft eher am Willen ihrer Wähler oder des Volkes insgesamt ausrichten werden? Nee, die tun das nicht und nehmen stattdessen, jede Chance wahr, politische Gegner auch mit solchen kruden Mitteln herauszuhalten. Es liegt letztlich doch an der Politik, dass die Faschos so zulegen konnten. Sie haben sich nicht bewegt und den Wunsch ihrer eigenen Wähler ignoriert. Das hat nun die Folgen, die wir alle sehen. Wir werden lernen müssen, damit umzugehen. Ich glaube nicht, dass die Faschisten verschwinden, wenn die AfD verboten würde. Sie sind da und werden uns noch viel Ärger bereiten.