Gedanken über Gesellschaft, Blogging und Verantwortung

stroke="currentColor" stroke-width="1.5" stroke-linejoin="round" stroke-linecap="round" /> 4 Kommentare

In irgend­ei­nem Newsletter von heu­te wur­de die Frage auf­ge­wor­fen, wes­halb Habeck sich im Wahlkampf über­wie­gend mit sozia­ler Gerechtigkeit statt mit „sei­nem Thema”, dem Klimaschutz, befasst. Die Schwerpunktsetzung sei eigen­ar­tig, hieß es.

Beim WDR lief wie­der so ein NUHR – Clip. Gelegentlich höre ich mir die an und muss etwas ver­wun­dert fest­stel­len, dass ich offen­bar dabei bin, mei­nen Humor zu verlieren. 

Das hät­te ich nie für mög­lich gehal­ten und ich hof­fe immer noch, dass die­ser Eindruck nur mit der Qualität der Darbietung unse­rer soge­nann­ten Comedians zu tun hat und nichts mit mir. Wirklich schwach, Herr Nuhr. 

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Sascha Lobo mein­te die­se Woche bei „Markus Lanz”, die Grünen schaff­ten es, sich in wich­ti­gen Phasen so einen Veggie Day vor die Füße zu wer­fen. Das fand ich wit­zig, aber es hat auch einen wah­ren Kern. Habeck war auf einem guten Weg. Die posi­ti­ve Entwicklung der Umfragen könn­te damit dahin sein. Dabei ist die Frage der Abgaben für Kapitalerträge eine, die seit Jahren nicht fair gere­gelt ist. Aber ich will nicht schon wie­der damit anfangen. 

Ich blog­ge in letz­ter Zeit ziem­lich viel. Im letz­ten Jahr habe ich über 350 Artikel gepos­tet, in 2023 waren es 300 und davor deut­lich weni­ger. Die Breite der von mir behan­del­ten Themen ist über­schau­bar. Politik, Medien und Gesellschaft geben viel mehr her. Ich brau­che Anlässe, die mich zum Schreiben ani­mie­ren. Natürlich sind es in ers­ter Linie sol­che, über die ich mich auf­re­gen kann. Mein Verhalten ent­spricht dem eines durch­schnitt­li­chen X‑Users. Mit ande­ren Worten: Randale ist erwünscht und wird als Antrieb gebraucht?!

Wenn ich wenigs­tens in der Lage wäre, die jewei­li­ge Handlungsweise unse­rer Regierung oder Medienschaffenden nach­zu­voll­zie­hen, halb­wegs zu ver­ste­hen und wün­schens­wer­ter Weise dar­aus abzu­lei­ten, wie es anders, bes­ser gemacht wer­den könn­te. Das wäre schon bei­na­he das Optimum, das ich mir als Blogger von mei­nen Artikeln wünsch­te. Stattdessen blei­be ich in irgend­wel­chen ver­drucks­ten, belei­dig­ten Attitüden ste­cken. Mein ein­zi­ger Trost? Ich bin nicht ver­ant­wort­lich. Aber das stimmt auch nicht ganz, denn wenn ich im Blog ein, zwei oder drei Fotos gepos­tet habe und dafür abge­mahnt wur­de, habe ich die Strafe ja bezahlt. 

Ich habe häu­fi­ger dar­über nach­ge­dacht, ob ich hier Schluss machen und mei­ne URL’s sowie den all­inkl – Account kün­di­gen soll­te. Ich könn­te ja kos­ten­los bei WordPress oder einer ande­ren Plattform wei­ter­ma­chen, wie­der ganz von vorn begin­nen. Das mit dem „Vonvornanfangen” habe ich ja nun schon eini­ger­ma­ßen oft durch. Ein hal­bes Dutzend Neuanfänge könn­ten es seit 2004 schon gewe­sen sein. 

Immer hat­te ich die Themen am Wickel, die aktu­ell, bri­sant oder bei­des waren. Einen Antrieb aus mir her­aus gab es sel­ten. Ich könn­te übers Fotografieren schrei­ben und mei­ne mit­tel­mä­ßi­gen Ergebnisse in die­ser Disziplin aus­stel­len. Zum Thema Blogdesign, für das ich mich sehr inter­es­sie­re, hät­te ich etwas mehr pos­ten kön­nen. Aber ehr­lich, dafür sind mei­ne Fähigkeiten zu über­schau­bar. In bei­den Fällen füh­le ich mich bes­ser, wenn ich die­se Dinge den Könnern über­las­se oder denen, die sich dafür halten.

Reisen ist nicht unser Ding. Überhaupt, als Rentner füh­len wir uns in unse­ren vier Wänden aus­ge­spro­chen wohl. Wir leben unser Leben und sind ehr­lich dank­bar dafür, dass wir uns haben. Wir ver­ste­hen uns präch­tig und steu­ern gera­de­wegs auf unse­ren 50. Hochzeitstag zu. Eine glück­li­che Ehe? Absolut. Wir sind gesund und wün­schen uns, dass das vor­läu­fig so blei­ben wird. Für die Jüngeren: Mit 70/​71 kann man das Leben genie­ßen, obwohl man rea­li­siert, dass der Begriff Endlichkeit eine immer kon­kre­te­re Bedeutung erlangt.

Ich ver­ste­he die Beweggründe von Hennig, Claudia und gewiss vie­len ande­ren Bloggerinnen und Bloggern, die ein wenig die Bremse rein­ge­hau­en haben. Die Lage unse­rer Gesellschaften ist unüber­sicht­lich und unge­wiss. Das macht den Menschen Sorgen. Mein Eindruck ist: In Deutschland gras­siert die Angst. Andere Völker schei­nen über bes­se­re Bewältigungsstrategien zu ver­fü­gen als wir. Vielleicht besteht die­se auch „nur” in einer opti­mis­ti­schen Grundeinstellung. Das war „unser” Ding, glau­be ich, noch nie. Wir las­sen uns schnell hän­gen. Was einer­seits mit unse­rer Demografie zu tun haben könn­te, ande­rer­seits auch mit unse­rer Wohlstandsverwahrlosung. So wür­de die FDP sagen. Dabei dürf­te es für Menschen schon immer schwie­rig gewe­sen sein, erwor­be­nen rela­ti­ven Wohlstand auch per­spek­ti­visch zu verlieren. 

Wir wis­sen, dass Menschen dazu nei­gen, Verantwortung zu dele­gie­ren. Man sucht sich Schuldige, auf die man schimp­fen kann und die man für das eige­ne Ungemach laut­stark zur Verantwortung zie­hen möch­te. Die Unglücke im Ahrtal, in Valencia oder Los Angeles ver­deut­li­chen, was ich mei­ne. Eine kol­lek­ti­ve Verantwortung spielt eine unter­ge­ord­ne­te Rolle, wenn über­haupt. Im Gegenteil: Die Sorge um die deut­sche Wirtschaft führt dazu, dass vie­le Menschen sich – jeden­falls beob­ach­te ich es so – die Klimapolitik der letz­ten Jahre am liebs­ten rück­ab­ge­wi­ckelt sehen möch­ten. Dass es direk­te Verbindungen zu den Ereignissen gibt, die die meis­ten von uns (nur) am Fernsehen mit­be­kom­men haben, wird ausgeblendet. 

Es gibt Menschen, die in hoher Frequenz blog­gen. Dass es dar­auf nicht ankommt – geschenkt. Ich mag jeden­falls, wenn ich sehe, dass unter uns Bloggern auch vie­le älte­re Menschen sind. Wenn die aller­dings, was lei­der vor­kommt, extre­mis­ti­sche Politik pro­pa­gie­ren, bin ich ent­täuscht. Ich fra­ge mich dann schon mal, wie viel schlech­ter es die­sen Leuten im Vergleich zu mir gehen muss und wie sie auf die Idee kom­men, dass für all die besorg­nis­er­re­gen­den Entwicklungen, die wir erle­ben, Robert Habeck, die Grünen und die Linken ver­ant­wort­lich sind. 

In den USA stel­len für vie­le Konservative die libe­ra­len Demokraten (nicht bloß die Demokraten als Partei) ein Feindbild dar, das mit Feuer und Schwert bekämpft wer­den muss. Das ist unheim­lich und man weiß nicht so recht, wohin das noch füh­ren kann. Ab Dienstag kom­men­der Woche wer­den wir es wohl genau­er erfahren. 


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4 Gedanken zu „Gedanken über Gesellschaft, Blogging und Verantwortung“

  1. Ein super Blogpost! Und ja, ich hab mir sogar ein Stück weit Nuhr ange­tan: Verdammt, was soll dar­an wit­zig sein? Ganz all­ge­mein scheint es für Publizisten auf vie­len Ebenen die belieb­tes­te Aufgabe zu sein, alles her­un­ter zu schrei­ben, nur das Negative zu sehen, selbst wenn es sich nur aus bös­wil­li­gen Interpretationen her­lei­ten lässt. Habeck, die­se ehr­li­che Haut, sieht müde aus – kein Wunder! Ich hof­fe, er gönnt sich nach der Wahl mal einen rich­ti­gen Erholungsurlaub. 

    Ich den­ke auch öfter dar­über nach, wie es den Leuten, die so abso­lut mies­ma­che­risch und/​oder extre­mis­tisch drauf sind, wohl per­sön­lich so geht. Bei den Berufspublizisten ist das oft Masche, es bringt halt Klicks und Aufmerksamkeit – aber die Privatblogger und vor allem die Hater auf Social-​Media, was die wohl bewegt? Echte Sorge um unse­ren Staat kann es jeden­falls nicht sein, sonst wären sie auch mal konstruktiv. 

    Was das Blogdesign angeht, bist du übri­gens ohne Frage EIN KÖNNER!!! So vie­len Themes hast du schon spe­zi­fi­sche Optiken ver­passt – und vie­les davon gefällt mir gut, ist bes­ser les- und nutz­bar als z.B. das alter­tüm­li­che Digital Diary-​Theme. Ich hal­te nur dran fest mit der Idee, dass es Dinge geben muss, die sich NICHT ändern… so wie das Tatort-​Intro. Mehr fällt mir schon gar nicht mehr ein!

    Graturliere übri­gens zur glück­li­chen Langzeit-​Ehe! Ich bin nun auch schon im 20.Jahr mit dem (15 Jahre jün­ge­ren) Liebsten zusam­men, zwar nicht woh­nend, aber zusam­men gärt­nernd. 🙂

  2. Lieber Horst,

    das ist ein sehr lesens­wer­ter, nach­denk­li­cher Artikel. Aber nein, du wirst bestimmt nicht auf­hö­ren mit dem Bloggen.
    Vielen Dank übri­gens, dass du mich erwähnt hast. Allerdings geht mir das Bloggen momen­tan rich­tig gut von der Hand. Ich bin halt nicht mehr gelähmt durch die Facebooks und Twitters unse­rer Zeit.
    Ich schrei­be eigent­lich nur noch über das, was ich erwäh­nens­wert fin­de. Das macht der Tommi Jansen bei sich jetzt auch. Vorbei all das Social Media- und such­ma­schi­nen­freund­li­che Geblogge.
    Ich glau­be, dass dadurch mehr in den Blogs wie­der pas­sie­ren wird. Und bei all den Katastrophen und all den Verrückten müs­sen wir da schon so etwas wie ein Gegengewicht bil­den, was zwar nicht gleich­wer­tig, aber dann viel­leicht doch eher ver­nunft­ge­prägt ist.

🐞 Auch kleine Gesten zählen.

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