Intrigante Verhandler und nach Sensationellem lechzende Journalisten

Haus­halts­lü­cke von 600 Mrd. €, unge­lös­te Migra­ti­ons­kos­ten und poli­ti­sche Mut­lo­sig­keit füh­ren Deutsch­land an einen finanz­po­li­ti­schen Wendepunkt.

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Dank eini­ger Intri­gan­ten in den Ver­hand­lungs­run­den von Uni­on und SPD, die per­ma­nent die inter­nen Erkennt­nis­se durch­ste­chen, erfah­ren wir vor der Zeit von finan­zi­el­len Her­aus­for­de­run­gen, vor denen die mög­li­chen Koali­ti­ons­part­ner von CDU/​CSU und SPD in Deutsch­land stehen. 

Sie müs­sen kost­spie­li­ge poli­ti­sche Wün­sche mit den begrenz­ten Mit­teln des Bun­des­haus­halts in Ein­klang brin­gen. Pro­gno­sen zei­gen eine Finan­zie­rungs­lü­cke von rund 600 Mil­li­ar­den Euro bis 2029. 

Die Schuldenbremse – ein gelockerter Zwangskorsett?

Trotz der Locke­rung der Schul­den­brem­se bestehen wei­ter­hin erheb­li­che finan­zi­el­le Eng­päs­se. Ver­schie­de­ne Arbeits­grup­pen haben teu­re Maß­nah­men vor­ge­schla­gen, die wei­te­re Gel­der erfor­dern. Spar­maß­nah­men und Prio­ri­tä­ten­set­zung sind not­wen­dig, da vie­le staat­li­che Aus­ga­ben gesetz­lich fest­ge­legt sind, und es bestehen Beden­ken gegen Steuererhöhungen. 

Die Wie­der­be­le­bung des Wirt­schafts­wachs­tums wird als zen­tral ange­se­hen, um die finan­zi­el­le Situa­ti­on zu verbessern.

Déjà-vu der Ampelregierung

Wor­an erin­nert die Lage? Rich­tig, an den stän­di­gen Streit der Ampel ums Geld. Man kam nach dem Schei­tern eines haus­hal­te­ri­schen Tricks von Scholz und Lind­ner in die Bre­douil­le, nach­dem das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt einen Strich durch die Rech­nung der Koali­tio­nä­re gemacht hatte. 

Mit dem Sta­tus quo kon­fron­tiert, könn­te man sagen, die Uni­on hat mit ihrer Kla­ge die Ampel zer­stört. Dass sie jetzt im glei­chen Dilem­ma fest­steckt, gön­ne ich ihr.

Wel­che Aus­we­ge es wohl bei solch gewal­ti­gen Finan­zie­rungs­lü­cken (die neu­en Schul­den wer­den sie also nicht schlie­ßen) gibt? Ich wür­de sagen, jetzt ist wirk­lich mal Spa­ren ange­sagt. Aber hey, wir wis­sen, was die Öffent­lich­keit von sol­chen exo­ti­schen Vor­schlä­gen hält. Davon, das genau zu wis­sen, sind DIE Poli­ti­ker jeden­falls über­zeugt. Des­halb reden sie dar­über lie­ber nicht. Sind unse­re fei­gen Poli­ti­ker schuld, die es nicht klar bekom­men, uns Bür­gern end­lich rei­nen Wein ein­zu­schen­ken und uns zu eröff­nen, dass die Zeit des Ver­zichts nun unmit­tel­bar bevorsteht?

Der Mut zur Wahrheit fehlt

Wenn die Wirt­schaft trotz aller Bemü­hun­gen nicht ansprin­gen soll­te (denn es ist weni­ger ein kon­junk­tu­rel­les als ein struk­tu­rel­les Pro­blem, gegen das wir anzu­ge­hen haben), erle­ben wir wohl einen Nie­der­gang in einem nie für mög­lich gehal­te­nen Ausmaß.

Strukturprobleme im Sozialstaat

Man­fred G. Schmidt: Der Poli­tik­wis­sen­schaft­ler argu­men­tiert in »Der deut­sche Sozi­al­staat: Geschich­te und Gegen­wart« (2020), dass die kom­ple­xe Ver­flech­tung von Sozi­al­ver­si­che­run­gen, föde­ra­ler Struk­tur und Inter­es­sen­ver­bän­den Refor­men erschwert.

Heu­te sagen Wis­sen­schaft­ler sogar, es sei inzwi­schen unmög­lich, die­ses Geflecht zu reformieren.

Bevor die neue Regie­rung sich dar­an macht, die Stell­schrau­ben zu bewe­gen, die Mil­li­ar­den­sum­men jähr­lich ver­schlin­gen, wird kei­ne Ver­bes­se­rung der Lage eintreten.

Seit 2015 hat Deutsch­land ins­ge­samt etwa 200 – 250 Mil­li­ar­den Euro für die Ver­sor­gung, Unter­brin­gung und Inte­gra­ti­on von Geflüch­te­ten aus­ge­ge­ben, wobei die genaue Sum­me auf­grund unter­schied­li­cher Berech­nungs­me­tho­den und Abgren­zun­gen schwer zu bestim­men ist. Die jähr­li­chen Aus­ga­ben haben sich von anfäng­lich etwa 21 Mil­li­ar­den Euro auf aktu­ell knapp 30 Mil­li­ar­den Euro auf Bun­des­ebe­ne erhöht, und die Gesamt­aus­ga­ben aller Ver­wal­tungs­ebe­nen belau­fen sich auf etwa 48 Mil­li­ar­den Euro jährlich.

Migrationskosten als Tabuthema

Dass es hin­sicht­lich der tat­säch­li­chen Kos­ten sehr unter­schied­li­che Wer­te gibt, sei der Ord­nung hal­ber erwähnt. Ich habe mit den 20 Mrd. EUR einen eher nied­ri­gen Jah­res­wert angesetzt. 

Politische Schönwetter-Illusionen

Wir tun lei­der wei­ter­hin so, als könn­te (oder müss­te) sich unser Land sol­che Aus­ga­ben leis­ten. Das mei­nen vor allem Grü­ne und Sozi­al­de­mo­kra­ten. Es wird kaum dar­über gere­det. Wel­che Kon­se­quen­zen mit die­sen groß­ar­ti­gen huma­ni­tä­ren Ges­ten ver­bun­den sind, wird nicht gern thematisiert.

Polen gewährt momen­tan kein Asyl und beruft sich dabei auf einen Not­stand. Dass die­ser auf­grund des von Wla­di­mir Putin und Alex­an­der Lukaschen­ko in kon­spi­ra­ti­ver Art gelenk­ten Flücht­lings­strö­me über die bela­rus­si­sche Gren­ze zurück­geht, ist immer­hin nach­voll­zieh­bar. Wie sich das Ver­hal­ten der Schen­gen­staa­ten beim Durch­lei­ten von Flücht­lings­strö­men nach Deutsch­land wei­ter­hin dar­stellt, wird auch nicht wirk­lich the­ma­ti­siert. Was das von Akteu­ren der Ampel hoch­ge­lob­te Gemein­sa­me Euro­päi­sche Asyl­sys­tem (GEAS) bringt, das erst nächs­tes Jahr in Kraft tritt, muss abge­war­tet wer­den. Migra­ti­ons­exper­ten äußern sich dazu skeptisch.

Wie SPIE­GEL-ONLINE-Leser die Sozi­al­sys­te­me refor­mie­ren wol­len: Strg + Alt + Entf – DER SPIEGEL

Steuerpolitik – ein tiefer Graben

Die Uni­on will par­tout auf Steu­er­erhö­hun­gen ver­zich­ten, weil das die Wirt­schaft wei­ter schwä­chen wür­de. Für mich klingt das plau­si­bel. Dar­über, dass die SPD auf der ande­ren Sei­te genau dort die Stell­schrau­ben für die gewünsch­te Mit­tel­be­schaf­fung erkennt, soll­te sich nie­mand wun­dern. Die Wie­der­ein­füh­rung der Ver­mö­gens­steu­er wird mit der Uni­on nicht zu machen sein, eben­so wenig wie eine Erhö­hung der Erb­schafts­steu­er. Was etwa­ige Ände­run­gen über­haupt an Mit­teln brin­gen wür­den, ist m. E. zudem unklar geblieben. 

Bürokratieabbau – ein Papiertiger?

Der Ruf nach Büro­kra­tie­ab­bau wird gern aus­ge­führt und auch in der Öffent­lich­keit posi­tiv auf­ge­nom­men. Der Begriff ist wohl abs­trakt genug, damit kei­ner weiß, was eigent­lich kon­kret damit gemeint und ver­bun­den ist. Herr van Aken von der Links­par­tei ent­deckt dar­in die Chan­ce für die Kapi­ta­lis­ten, sozia­le Errun­gen­schaf­ten, genau­er gesagt deren »Über­wa­chung« zurück­zu­bau­en. So falsch wird die­ser Vor­wurf nicht sein. Im Übri­gen könn­te man ja ein­mal dar­über nach­den­ken, ob das in Ver­ruf gera­te­ne Lie­fer­ket­ten­sorg­falts­pflich­ten­ge­setz (LkSG) nicht eigent­lich eine gute Sache wäre. Aber es wur­de durch Lob­by­is­ten und die her­bei­skan­da­li­sier­te Medi­en­hor­de buch­stäb­lich kaputtgeschrieben.

Man­che fin­den, dass Demo­kra­tie und Sozi­al­staat ein kon­ge­nia­les Paar wären und sich sogar gegen­sei­tig bedin­gen wür­den. Wenn das aller­dings stim­men wür­de, wel­che Staats­form wür­de man (auch vor Trump) die­sem Land zuschreiben?

Wenn es so ist, dass die Errun­gen­schaf­ten des Sozi­al­staa­tes nicht mehr „über­wacht“ wür­den – was hie­ße das wohl für die Sta­bi­li­tät des Sozialstaates?

Die Wirtschaftskrise erreicht den Arbeitsmarkt

Inzwi­schen schwappt die Wirt­schafts­kri­se hin­über auf den bis­her noch sta­bi­len Arbeits­markt. Der DAX gibt nach und Van­ce star­tet eine Sight­see­ing­tour nach Grön­land. Immer­hin scheint die Son­ne und es ist lecker warm. 

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Migration Sozialstaat

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