Die 3. Staffel von Babylon Berlin war für mich wie die beiden ersten ein Event. Allerdings weniger im Hinblick auf die Krimihandlungen. Mich hat interessiert, eine filmische Vorstellung, eine Idee davon vermittelt zu bekommen, wie sich das Leben in dieser vielleicht damals wie heute besondersten aller deutschen Großstädte angefühlt haben könnte.
Die Armut, das Elend von Teilen der Bevölkerung Berlins wurde deutlich. Man spricht gern von den „goldenen zwanziger Jahren“. Es gab nach dem ersten großen Krieg einen spürbaren Aufschwung, an dem damals größere Gruppen der Gesellschaft teilhatten. Aber viele waren einfach arm, sogar sehr. In Berlin existierte eine pulsierende Subkultur, die den Schluss nahelegt, dass die Toleranz innerhalb der Gesellschaft dieser Zeit ausgeprägter war, als man annehmen könnte.
Dann gab es die andere Seite: die düstere Bedrohung durch die Totschläger der Nationalsozialisten auf den Straßen der Hauptstadt aber auch die Infektionsgefahr, der die BürgerInnen damals durch das vergiftete Gedankengut der Nazis ausgesetzt waren, wurde durch den Film, soweit das über ein Medium überhaupt geht, erfahrbar gemacht.
Allerdings kam ein Aspekt ebenfalls sehr deutlich zum Vorschein. Weimar hat mit den Vorgängen und Gefahren, über die wir in diesen Tagen so emotional diskutieren, nur wenig zu tun.
Neben den Nationalsozialisten gab es damals eine ganze Reihe anderer Mitspieler, die damals zunächst eine Fehde, später einen regelrechten Krieg gegen die Republik bzw. die Demokratie führten. Zu den Schweinereien, die damals häufig stattfanden, bekannten sich nicht die Rädelsführer, sie zogen es vor, andere für ihre Taten verantwortlich zu machen.
Die Nationalisten, das Militär und schließlich die Nazis konnten den Versailler Vertrag als Ursache für viele deutsche Probleme benennen und sie haben die angeblichen „Zumutungen“ für ihre Politik und gegen die Demokratie zu nutzen gewusst.
Nicht allein reiche Unternehmer haben die Nazis unterstützt und ihnen so zur Macht verholfen, es gab in der Weimarer Republik viele Feinde der Demokratie, die glaubten, die Nazis für ihre Zwecke „benutzen“ zu können.
Insofern, das kann man sicher feststellen, war die Weimarer Republik ganz unvergleichbar mit unseren heutigen Verhältnissen.
Unsere Unsicherheit im Umgang mit der AfD scheint mir insofern übertrieben. Der AfD fehlt bis auf wenige Ausnahmen die Unterstützung, die den Nationalsozialisten in der Weimarer Republik aufgrund vieler ganz unvergleichbarer Faktoren und zum Teil eher „zufällig“ zuteil wurde.
Diese Demokratie ist uns sehr wertvoll. Das sagen nicht nur Umfragen, die Demokratie tragen wir aus Überzeugung in unseren Herzen.
Nun werden manche LeserInnen sich wohl sagen: Guck, der glaubt tatsächlich, seine Geschichtskenntnisse aus einem Spielfilm ableiten zu können. Ich will hier auch nicht beschwichtigen, wenn es um die Bewertung der Präsenz der AfD geht. Meine Absicht ist nur, Sie zum Nachdenken anzuregen. Dazu kann auch ein Film durchaus einen Beitrag leisten. Übrigens selbst dann, wenn die Kritiker meinen, dass sich die Drehbuchautoren oder die Regisseure nicht ganz an die historischen Tatsachen hielten (Tod von Stresemann).
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