Dumm oder falsch?

Ras­sis­mus ist kei­ne Mei­nung, son­dern ein Verbrechen

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Saskia Esken, Co-Vor­sit­zen­de der SPD, ist bekannt für Tweets, die gewal­ti­gen Wider­spruch aus­lö­sen. Manch­mal den­ke ich, sie könn­te schrei­ben was immer sie woll­te, die Geg­ner der SPD wer­den es immer schaf­fen, ihre Anlie­gen zu ver­fäl­schen und gegen sie und die Par­tei zu richten.

Wie auch immer, ihre Tweets haben die SPD im Umfra­ge­tief ein­be­to­niert. Esken agiert unge­schickt. Effek­ti­ves Kri­sen­ma­nage­ment kennt sie nicht. Es wirkt so, als hät­te sie, wie übri­gens auch Donald Trump, kei­ne Bera­ter an ihrer Sei­te, die sie über die uner­quick­li­chen Wech­sel­wir­kun­gen im Aus­tausch von Stand­punk­ten in den sozia­len Hetz­wer­ke irgend­was ver­ra­ten hät­te. Ist die Kri­tik in die­sen vie­len Fäl­len wirk­lich berechtigt?

Ich bin Esken/­Wal­ter-Bor­jans-Skep­ti­ker. Wahr­schein­lich haben die­je­ni­gen recht, die als Haupt­grund für das offen­bar unum­kehr­ba­re Schick­sal der SPD das Wir­ken die­ser kon­ge­nia­len neu­en Par­tei­füh­rung aus­ge­macht haben. Wor­an soll­te es sonst lie­gen, dass die Par­tei im Gegen­satz zur Uni­on kein Stück aus ihrem Tief herauskommt?

Konservative Attacken gegen die SPD nehmen an Härte zu

Dass der Her­aus­ge­ber und Chef­re­dak­teur des „Cice­ro“, Alex­an­der Mar­gu­ier, heu­te zum gro­ßen Schlag gegen Esken (eigent­lich die SPD) aus­holt, hat mich auch nicht über­rascht. Ich glau­be, der Mann hasst die Sozi­al­de­mo­kra­ten – und zwar schon immer.

Ich hät­te die Poli­zei­bru­ta­li­tät, die wir in die­sen Tagen über die Medi­en aus den USA nach Hau­se gelie­fert krie­gen, nicht mit unse­rer bun­des­deut­schen Sze­ne­rie ver­gli­chen. Aber dass hier bei uns kei­ne Polizeigewalt‑, Bru­ta­li­tät oder ‑Will­kür gäbe, ist ja nun mal schlicht unwahr. Und zwar nicht des­halb, weil irgend­ei­ne Ideo­lo­gie, der ich anhän­ge, kei­nen ande­ren Schluss zulie­ße, son­dern weil ich Augen und den Schil­de­run­gen zuge­hört habe, von denen Betrof­fe­ne berich­ten. Das soll­te für eine Mei­nungs­bil­dung ausreichen. 

Statt­des­sen höre ich lei­der häu­fig von Leu­ten, denen die­se „Anschul­di­gun­gen“ nicht gefal­len, die Betref­fen­den mögen doch woan­ders hin­ge­hen, wenn es ihnen hier in Deutsch­land nicht gefal­len wür­de. Die­je­ni­gen, die sowas sagen, soll­ten sich bewusst machen, dass vie­le der von Ras­sis­mus betrof­fe­nen Men­schen sich nicht unbe­dingt frei­wil­lig für Deutsch­land ent­schie­den haben, son­dern dass ihre Eltern die­se Ent­schei­dung für sie getrof­fen haben. Ja, genau. Es sind gebür­ti­ge Deut­sche oder Men­schen, die sich für die deut­sche Staats­an­ge­hö­rig­keit ent­schie­den haben. Und selbst wenn es nicht so ist und es sich – sagen wir – um Flücht­lin­ge aus Syri­en ohne deut­sche Staats­an­ge­hö­rig­keit han­delt: Für alle Men­schen gel­ten gewis­se uni­ver­sel­le Rech­te. Erin­ne­rung: § 1 Grund­ge­setz gibt dies­be­züg­lich kla­re Auskünfte!

Auch in Deutsch­land gibt es laten­ten Ras­sis­mus in den Rei­hen der Sicher­heits­kräf­te, die durch Maß­nah­men der Inne­ren Füh­rung erkannt und bekämpft wer­den müssen.

Saskia Esken, SPD

Link: SPD-Che­fin – Esken for­dert Auf­ar­bei­tung von Ras­sis­mus in der Polizei

Man soll­te Mar­gu­ier dar­auf auf­merk­sam machen, dass es genü­gend Anlass für eine sol­che Mah­nung gibt. 

Er erwähnt selbst, dass Esken von Auf­ga­ben der „inne­ren Füh­rung“ gere­det hat­te, unter­schlägt dabei jedoch, dass die­ser Begriff sich aufs Mili­tär bezieht und Poli­zei oder Sicher­heits­diens­te nicht zwangs­läu­fig einschließt. 

Wie drin­gend ein Pro­blem­be­wusst­sein hin­sicht­lich unse­res Mili­tärs ist, zei­gen jüngs­te Aus­sa­gen ver­ant­wort­li­cher Offiziere:

„Ich mei­ne nicht zu über­trei­ben mit der Fest­stel­lung, dass unser Ver­band der­zeit die schwie­rigs­te Pha­se sei­ner Geschich­te erlebt. Inmit­ten unse­rer Gemein­schaft befan­den und befin­den sich offen­sicht­lich noch immer Indi­vi­du­en, die dem soge­nann­ten rech­ten Spek­trum zuzu­ord­nen sind“, so der Brigadegeneral.

Bun­des­wehr: Rechts­extre­me Umtrie­be im KSK – Poli­tik – SZ​.de

Sinnvolle Hinweise, die allzu gern missverstanden werden

Es geht nicht um eine gene­rel­le Ver­däch­ti­gung, den Esken angeb­lich aus­ge­spro­chen haben soll, son­dern um einen Dis­kurs, der auch unse­re Poli­zei und unse­re Sicher­heits­kräf­te ein­schlie­ßen muss. Müs­sen wir wirk­lich dar­an erin­nert wer­den, wel­che Fehl­leis­tun­gen auch sei­tens unse­rer Poli­zei bei den NSU Mor­den (ras­sis­tisch moti­viert) oder ande­ren „Ein­zel­fäl­len“ zuta­ge getre­ten sind? Wenn wir unse­re Gesell­schaft hin­sicht­lich eines auf­flam­men­den Ras­sis­mus + Anti­se­mi­tis­mus auf den Prüf­stand stel­len und unse­re Maß­nah­men dies­be­züg­lich über­prü­fen, so haben sich selbst­ver­ständ­lich alle rele­van­ten Insti­tu­tio­nen an die­sen Prü­fun­gen zu betei­li­gen. Natür­lich auch die Polizei! 

Die­ser Appell stellt aber kei­nen pau­scha­len Ver­dacht spe­zi­ell an die Adres­se der Poli­zei dar und soll schon gar nicht einen Ver­gleich zwi­schen hie­si­gen Ver­hält­nis­sen mit denen in US-Bun­des­staa­ten nahelegen.

Unbequeme Diskussionen

Es ist wich­tig und ver­nünf­tig, dass in unse­rer Gesell­schaft unbe­que­me (und offen­bar uner­wünsch­te) Fra­gen gestellt werden. 

Oder wol­len wir dem auch bei uns gras­sie­ren­den Ras­sis­mus doch nicht ent­schlos­sen ent­ge­gen­tre­ten? Wol­len wir end­lich die Schrit­te tun, die ver­hin­dern, dass Men­schen mit schwar­zer Haut­far­be bei ihrer Berufs­wahl, bei ihrer Woh­nungs­su­che benach­tei­ligt wer­den oder häu­fi­ger bei Poli­zei-Kon­trol­len auf öffent­li­chen Plät­zen betrof­fen sind als Weiße? 

Gab es nach den Vor­fäl­len an Syl­ves­ter in Köln 2015 kein so genann­tes Racial Pro­fil­ing in allen mög­li­chen Städ­ten unse­res Lan­des? Obwohl es aus­drück­lich ver­bo­ten ist.

Das Cice­ro-Chef Mar­gu­ier sei­nen har­schen Angriff auf Esken auch damit begrün­det, ihr Ver­gleich sei popu­lis­tisch moti­viert ist in mei­nen Augen nicht nur eine ziem­lich unver­schäm­te Lüge, es beruht vor allem auf einer glat­ten Ver­keh­rung der Realität. 

Er sei­ner­seits han­delt aus mei­ner Sicht mit die­sem Angriff popu­lis­tisch. Und zwar, weil er für die­je­ni­gen die Stim­me erhebt, die ich schon erwähnt hat­te. Und natür­lich auch, um sei­ner natio­na­lis­tisch-kon­ser­va­ti­ven Leser­schaft ordent­lich Stoff für ihre Schimpf­ti­ra­den auf die SPD zu bie­ten. Obwohl es ein reich­lich durch­sich­ti­ges Manö­ver ohne ech­te Sub­stanz ist, wer­den die Fein­de Eskens und der SPD in die Hän­de klat­schen. Mar­gu­iers Angriff wird schon funk­tio­nie­ren. Wider­li­che Ver­su­che, die SPD ein biss­chen wei­ter an den Klip­pen­rand zu schie­ben, sind momen­tan inflationär. 

  1. Link: Anti­dis­kri­mi­nie­rungs­be­richt: Wer schweigt, unter­stützt Ras­sis­ten | tages​schau​.de
  2. Link: Esken: Ras­sis­mus auch bei deut­scher Poli­zei – Poli­tik – SZ​.de
  3. Link: Bun­des­wehr: Rechts­extre­me Umtrie­be im KSK – Poli­tik – SZ​.de
  4. Link: Urteil: Poli­zei­kon­trol­le wegen der Haut­far­be? Pass­kon­trol­le in Bochum war rechtswidrig
  5. Link: Kampf gegen Ras­sis­mus: „Auch hier in Ber­lin ist Racial Pro­fil­ing All­tag“ – Bezir­ke – Ber­lin – Tagesspiegel

Sehens­wer­te Doku: Woher kommt der Ras­sis­mus? › Digi­tal Dia­ry – Clau­dia Klinger

Sehens­wer­te Doku: Woher kommt der Ras­sis­mus? › Digi­tal Dia­ry – Clau­dia Klinger

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Esken Polizei Rassismus SPD

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2 Gedanken zu „Dumm oder falsch?“

  1. Die NZZ schreibt gra­de über Deutschland:

    „Es ist das Land der stän­dig schrump­fen­den frü­he­ren Volks­par­tei SPD, die ehe­dem Schu­ma­cher, Brandt, Schmidt und Schrö­der hat­te und heu­te vom Duo Esken/­Wal­ter-Bor­jans geführt wird: die Dame mit dem Charme der Lei­te­rin einer Gefäng­nis­wä­sche­rei, der Mann eine Ide­al­be­set­zung als Chef der Essens­aus­ga­be. Adieu SPD!“
    https://​www​.nzz​.ch/​m​e​i​n​u​n​g​/​d​i​e​-​c​d​u​-​i​s​t​-​o​h​n​e​-​k​o​m​p​a​s​s​-​l​d​.​1​5​5​9​397

    In dem Arti­kel steht auch noch viel ande­rer Müll. Spe­zi­ell das Esken-Bas­hing bestä­tigt jedoch mei­ne The­se, dass es im Wesent­li­chen an ihrem Auf­tre­ten, Aus­se­hen, Alter, Stimm­la­ge, Dia­lekt liegt, dass sie so ange­fein­det wird. Nicht hübsch, vor­ge­rück­tes Alter und Schwä­beln – geht gar nicht. Wür­den diessel­ben Inhal­te von einer gestyl­ten Mitt­drei­ßi­ge­rin in High­heels vor­ge­tra­gen, gäbe es garan­tiert nicht diessel­ben Reaktionen!

    Trau­rig, aber Fakt. Es spricht cha­rak­ter­lich FÜR die SPD-Basis, dass sie Esken ent­ge­gen dem Zeit­geist nomi­niert hat – aber nicht für die Chan­cen der SPD, ein Come­back zu schaffen.

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