Wie ist es zu klären, dass in Deutschland ein Wissenschaftler den gemäßigten deutschen Lockdown infrage stellt, während in anderen Ländern Regierungen heftig dafür kritisiert werden, dass sie den Lockdown (Großbritannien, USA) zu spät vorgenommen hätten?
Ganz wichtig. Auch in der Wissenschaft. Man muss streiten. Am besten öffentlich.
Es ist nicht nur die Umgebung, die es von der Charité als ihrem berühmten Pendant inmitten der Betonbauten Berlins unterscheidet. Es sind auch die Positionen der jeweiligen Direktoren der Institute für Virologie, die dort Christian Drosten und hier Hendrik Streeck heißen.
Corona-Forscher Streeck sieht App, Masken und Massentests skeptisch
Ob die Frage nach der Notwendigkeit des Lockdowns eine ist, die die Öffentlichkeit eine Weile beschäftigen wird? Aber Hallo! Jeden Tag erreichen uns Meldungen über starke Einbrüche unserer Wirtschaft. Der Export ist um 30% zurückgegangen. Was das für unser Land bedeutet, kann jetzt niemand sagen. Es ist zu förmlich zu greifen, dass sich sehr viel ändern wird. Man muss nicht unbedingt Gutes erwarten, auch wenn manche von dieser Krise als Chance sprechen.
Maßnahmen des Staates – waren sie übertrieben? Wenn ja, welche?
Der Begriff des Präventionsparadox oder des Corona-Paradoxon geht schon einige Weile um. Vielleicht ist die Begrifflichkeit für manche nicht griffig genug.
Das Defizit kann schnell behoben werden, in dem man sich die Infektionszahlen und die Todesfälle nach Ländern einmal genauer betrachten. Wahlweise könnte man auch Zeitung lesen oder einschlägige Berichte im Fernsehen anschauen. Vermutlich gibts die nicht nur bei den ör Sendern, sondern auch im Privatfernsehen. Dass wir mit Fake News überfrachtet werden, ist nun mal eine Tatsache. Hauptsache, man wählt die richtige Quelle. Aber wem sag ich das?!
Husten und Schnupfen –
Sie haben jahrelang in den USA gearbeitet und geforscht.
Corona-Forscher Streeck sieht App, Masken und Massentests skeptisch
Wie schätzen Sie die Lage dort ein? Nicht anders als im Rest der Welt. Der Höhepunkt ist überschritten, die Infektionszahlen werden jetzt weiter sinken. So schnell hoch ging es dort ja unter anderem deshalb, weil Amerikaner mit Husten und Schnupfen weiter arbeiten gehen. Es gibt dort nicht diese Form der Krankmeldung wie in Deutschland. Zugleich waren die Tests sehr viel teurer. Die Durchseuchung ist daher wesentlich höher als in Deutschland.
Wenn es also nach Prof. Streeck geht, waren es nicht etwa die ausbleibenden Maßnahmen der Trump-Administration, die die verheerenden Auswirkungen in den USA hatten, sondern die Tatsache, dass die Amerikaner im Gegensatz zu uns mit Husten und Schnupfen weiter zur Arbeit gehen. Jou, das Argument habe ich bisher noch nicht gehört, um die hohe absolute Zahl der Toten in den USA zu begründen. Es ist allerdings so, dass die Todesfallzahlen in den USA im korrekten Vergleich (je Mill. Einwohner) sich in der Range befindet, die wir auch in Europa und anderswo sehen.
Anstatt Streeck für seine seltsamen Äußerungen zu kritisieren, fühlen viele sich garantiert nach diesem Interview in ihrer Filterblase bestätigt.
War alles nicht mehr als eine Grippe und die Übersterblichkeit wird in diesem Jahr (in Deutschland) nicht höher sein als zu anderen (normalen) Zeiten. Gell, Professor Streeck?! Und wie siehst anderswo aus? In GB, Italien, Spanien, Frankreich?
Lockdown und die Folgen
Vielleicht stimmt es, dass die Verhaltensänderungen, die in Deutschland bereits vor dem eigentlichen Lockdown gegriffen haben, dazu beigetragen haben, dass die Epidemie hierzulande bisher so glimpflich verlaufen ist. Die Absage von Großveranstaltungen könnte einen hohen Anteil zur Entspannung geleistet haben. Aber woher weiß Herr Professor Streeck das so genau und wie kommt er dazu, die Öffentlichkeit mit seinen neuesten Einschätzungen, die er in einem Interview mit irgendeiner Provinzzeitung von sich gegeben hat, erneut aufzustacheln? Denn genau das bewirken seine Äußerungen.
Und ich gehe inzwischen auch davon aus, dass er genau das auch beabsichtigt hat. Vielleicht spielen die Verbindungen seiner Media-Agentur zur Springer-Gruppe eine Rolle? Kampagnen gegen Drosten, und auch das Interview zähle ich dazu, sind ja dort im Moment voll im Trend.
Oder wer ist wohl gemeint mit diesem Hinweis Streecks?
Nur warnen und mahnen kann man ja sehr leicht: Im Zweifel ist man als Mahner gesellschaftlich besser aufgehoben. Wenn man jedoch die realistische Einschätzung mit einbezieht, wird es kompliziert. Es entsprach aber auch meiner Empfehlung, zumindest die ersten Einschränkungen einzuleiten und Großveranstaltungen zu untersagen. Danach nahm das Infektionsgeschehen bereits ab. Die weiteren Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen hätte ich dann vom tatsächlichen Verlauf abhängig gemacht, auch um zu sehen, wie die einzelnen Beschränkungen wirken und ob zusätzliche Schritte wirklich nötig sind.
Corona-Forscher Streeck sieht App, Masken und Massentests skeptisch
Hervorhebung durch mich
Experten mit unterschiedlichen Ansichten zu ein- und demselben Problem sind dann kritisch, wenn sie ihre Kontroversen öffentlich austragen
Für mich gilt: Streecks Expertise ist unbestritten. Aber seine öffentlichen Äußerungen sind politisch und für einen Wissenschaftler in meinen Augen einigermaßen problematisch!
Immerhin hat Streeck nicht weiter „vorgedacht“ und hat die Schlussfolgerung gezogen, die andere für ihn nun ziehen werden.
Lockdown? Die Pleite des Landes hätte verhindert werden können, hätte die Regierung auf Streeck, statt auf Drosten gehört?!
Kein Lockdown bedeutet nämlich für viele, dass die wirtschaftlichen Verwerfungen, deren Größenordnungen wir erst nach und nach am Horizont erkennen, gar nicht zwingend, sprich alternativlos, gewesen wären.
Dabei liegt in dieser Schlussfolgerung ein längst aufgedeckter Fehler, den man am Beispiel der Schweden nachvollziehen könnte. Dort gab es keinen Lockdown und trotzdem sind die wirtschaftlichen Folgen massiv.
Da unser Land eines der exportabhängigsten auf der ganzen Welt ist, kann sich jeder vorstellen, dass selbst ein komplett ausgebliebener Lockdown für Deutschland die Folgen, über die jetzt so viele anhaltend lamentieren, trotzdem massiv gewesen wären.
Das sieht man u.a. an den massiven Rückgängen der Importe Chinas oder der USA. So hängt alles mit allem zusammen und nicht ohne Grund beschäftigen wir uns so häufig mit allen Themen rund um die Globalisierung.
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