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Wohin mit den Toten? Friedhöfe verändern sich.

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Mein Schwiegervater mochte Friedhöfe nicht. Falls ein Spaziergang diese Richtung zu nehmen drohte, sagte er: „Da liege ich noch lange genug“. 1985 ist er gestorben und das Grab gibt es schon ein paar Jahre nicht mehr.

Dabei gibt es so wunderbare Friedhöfe und man braucht für die Verwendung eines solchen Attributes kein besonderes Faible für Morbides. Friedhöfe sind ruhige Orte, die, je nach Lage und Größe, wahre Kleinode sein können, die einem nicht nur eine Gelegenheit bieten, sich an liebe Verstorbene zu erinnern.

Als ich klein war, hatten Gräber für mich etwas endgültiges. Hier ruhten unsere Vorfahren. Ich hatte keine Zweifel, dass sie dort ewig besucht werden könnten. Meine Großeltern und meine Urgroßeltern waren schon verstorben als ich geboren wurde. Sie waren in Gräbern beerdigt, die Jahrzehnte nach ihrem Tod noch existierten. Heute werden Gräber nach weniger als 25 Jahren aufgegeben. Ich denke, es sind meistens Kostengründe, die die Menschen dazu veranlassen. Auch die Preise für Gräber sind in den letzten Jahrzehnten exorbitant gestiegen.

Längst hat sich die Art und Weise, in der Menschen ihre Postexistenz entscheiden, verändert. Wahrscheinlich liegt das an den horrenden Preisen. Mit einem Ex-Bürgermeister hatte ich dazu mal eine kurze Diskussion. Er bat mich, die Kosten einmal auf kleinere Zeiteinheiten herunterzurechnen und danach erneut zu beurteilen, ob die heute üblichen Preise wirklich zu hoch seien.

Die Preisentwicklung und die unterschiedlichen Möglichkeiten, sich bestatten zu lassen, führen jedenfalls dazu, dass die Leerstände auf unseren Friedhöfen echte Ausmaße angenommen haben. In diesen Dürresommern wirkt es besonders schlimm, wenn auf kleineren Friedhöfen wieder zahlreiche Gräber „abgelaufen“ sind. Die Flächen wirken im Sommer noch trostloser als sonst.

Inzwischen gibt es auf vielen Friedhöfen Urnenstelen, die ebenfalls gern genutzt werden und die aufgrund des geringen Platzbedarfs sicher preiswerter sind, als normale Einzel-, Doppel- oder gar Familiengräber.

Ich finde persönlich die Möglichkeit gut, sich anonym beerdigen zu lassen oder in einem so genannten Friedwald.

Unabhängig davon, dass durch die zahlreichen Alternativen vermutlich einiges an Geld einzusparen ist, wird auf diese Weise der in manchen Gegenden grassierende Grabkult unterbunden wird. Es gab Zeiten, da war das Setzen eines pompösen Grabsteins gleichrangig mit der feudalen, teuer aussehenden Haustüre in Neubaugebieten vergleichbar.

Vielleicht ist die neue Entwicklung auch Ausdruck der um sich greifenden Individualisierung innerhalb reicher Gesellschaften. Aber wahrscheinlich dürfte das finanzielle Einsparungspotenzial durch neue Bestattungsformen doch ein Hauptgrund für die Veränderung sein. Nicht zuletzt spielt vielleicht auch die Abwendung großer Teile der Bevölkerung von den traditionellen Religionsgemeinschaften eine Rolle.

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Horst Schulte
Herausgeber, Blogger, Autor und Hobby-Fotograf
Seit 2004 blogge ich über Politik und Gesellschaft – also seit die meisten noch SMS statt Tweets geschrieben haben. Mit 70 Jahren lebe ich immer noch im schönen Bedburg, direkt vor den Toren Kölns, und schreibe über alles, was die Welt bewegt (oder mich zumindest vom Sofa aufstehen lässt).

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Gesellschaft

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6 Gedanken zu „Wohin mit den Toten? Friedhöfe verändern sich.“

  1. Wie heißt es so schön? „Umsonst ist nur der Tod und der kostet das Leben“. Dass er manche Menschen heutzutage Entscheidungen aufzwingt, die früher ™ vielleicht so nicht zu treffen waren, ist eine traurige Entwicklung. Früher bekam man Geld dazu, wen jemand verstarb, damit man nicht auf den Bestattungskosten sitzen bleibt. Diese Leistungen wurden längst eingestellt. Man kann sich wohl nur privat dagegen versichern. Ich las kürzlich, dass es über 140′ Menschen in Deutschland gibt, die – trotz gesetzlicher Regelungen, die das eigentlich verhindern sollten – nicht krankenversichert sind. Da gehts halt schon los.

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  2. Sehr seltsam in der Preisliste:

    Sargwahlgrab 2.625,00 €
    pflegefreies Sargwahlgrab 4.150,00 €

    so auch bei etlichen anderen Bestattungsformen. „Pflegefrei“ ist drastisch teurer! Die spinnen…

    Ich finde, auch bei uns sollte es erlaubt sein, die Urne mit nachhause zu nehmen, um die Asche irgendwo zu verstreuen.

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  3. In der Tat sind das seltsame „Tarife“. Wahrscheinlich ist der Spruch: „Nur der Tod ist kostenlos und der kostet das Leben“ für manche sehr inspirierend. Dem Bonmot musste was entgegengesetzt werden 🙂

    Ich finde die Idee mit der Urne sehr gut. Es gibt schöne Filme, in denen sowas ne Rolle spielt. Aber die Bürokraten erlauben es noch nicht. Angesichts der Überbevölkerung könnte sich das in der Zukunft mal ändern.

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  4. Das deckt sich mit meinen Beobachtungen, ich mag nämlich Friedhöfe sehr.
    Da steckt so viel gelebtes Leben drin, nun gut, vielleicht komisch ausgedrückt.
    Wenn das dann ungepflegt und verwildert aussieht und die Gräber wie versprengte Satelliten verteilt sind, finde ich das sehr traurig. Wobei ich gegen „grüne Wiese“ und generell anonyme Begräbnisse nichts habe, aber der Gesamteindruck muss auch irgendwie würdevoll sein. Finde ich.

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  5. Alles ändert sich, sogar die Friedhöfe. Ich habe dort solche Veränderungen in meinem Leben bisher nicht gesehen. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass sie mich so beschäftigen. Schön, dass das auch anderen so geht.

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