Sollte die EU Munition und Granaten in Südkorea oder woanders kaufen und an die Ukraine liefern?

Hof­fent­lich kommt Deutsch­land mit sei­nen mora­li­schen Ansprü­chen nicht unter die Räder der Welt­ge­schich­te. Das kommt davon, wenn man nicht die eige­nen Inter­es­sen, son­dern Moral an die Top­po­si­ti­on der eige­nen Agen­da setzt.

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Olaf Scholz ver­sucht, die euro­päi­schen Part­ner auf Linie zu bekom­men. Der Besuch des fran­zö­si­schen Pre­miers Attal scheint schon mal nicht viel Annä­he­rung gebracht zu haben. Der Kanz­ler will in den USA bei den Repu­bli­ka­nern für die Unter­stüt­zung der Ukrai­ne wer­ben, der­weil Trump gegen wei­te­re Hilfs­pa­ke­te wettert.

Frank­reich schätzt die Lage anders ein, als ande­re EU-Mit­glieds­staa­ten. Die Län­der im Süden Euro­pas sind vor­wie­gend gegen die not­wen­di­gen Hil­fen für die Ukrai­ne, wäh­rend die Län­der im Nord und Osten der Uni­on das ande­re Lager ver­tre­ten, also mehr machen wollen. 

Wäh­rend es also in der EU die gewohn­te Unei­nig­keit gibt, wird wohl auch immer deut­li­cher, dass die USA als Finan­zier und größ­ter Unter­stüt­zer der Ukrai­ne aus­fällt, wird der Druck auf den ukrai­ni­schen Prä­si­den­ten Selen­skyj zwangs­läu­fig immer stär­ker. Wenn Kanz­ler Scholz am Frei­tag in den USA die erhoff­ten Signa­le der Biden-Admi­nis­tra­ti­on erhält und die Unter­stüt­zung zumin­dest bis zu den dor­ti­gen Wah­len wei­ter erfol­gen wür­de, sähe die Lage ver­mut­lich ein wenig bes­ser aus. Es ist aller­dings auch zu befürch­ten, dass die Repu­bli­ka­ner die Hil­fen wei­ter­hin mas­siv stören. 

Trumps kla­re Ansa­gen in die­ser Rich­tung hät­ten längst dazu füh­ren müs­sen, dass die EU eine abge­stimm­te Posi­ti­on in die­ser Fra­ge ein­nimmt. Dass dies über­haupt nicht der Fall ist, geht viel­leicht auch zulas­ten eines Kanz­lers, der mit der ihm eige­nen, zöger­li­chen Art in die­sen Fra­gen sei­nen ganz eige­nen Bei­trag leistete. 

Wäh­rend sich die Prot­ago­nis­ten des Aggres­sors in Mos­kau in wei­te­ren Dro­hun­gen gegen Deutsch­land und Euro­pa üben (Med­we­dew: „Apo­ka­lyp­se“), wis­sen die Ukrai­ner nicht mehr, woher sie Muni­ti­on und Artil­le­rie­gra­na­ten bekom­men kön­nen. Ges­tern erzähl­te Car­lo Mar­sa­la im „Heu­te Jour­nal“, dass die meis­te Muni­ti­on in der Ver­gan­gen­heit sowohl an Russ­land als an die Ukrai­ne nicht etwa aus den USA oder Euro­pa gelie­fert wur­de, son­dern von Nord­ko­rea und Süd­ko­rea. Ein inter­es­san­tes Detail, das ich bis­her nicht kannte. 

Ich fra­ge mich zwi­schen­durch immer ein­mal wie­der, wie wich­tig uns Deut­schen die Lage der Ukrai­ne und sei­ner Men­schen wirk­lich ist. Das macht sich selbst­ver­ständ­lich vor allem fest am Ver­hal­ten des Kanz­lers, wenn es bei­spiels­wei­se immer mal wie­der um gefor­der­te, aber nicht gewähr­te Waf­fen geht (Tau­rus ist nur ein Bei­spiel, von denen es in der Ver­gan­gen­heit bekannt­lich eini­ge gab). 

Im ver­gan­ge­nen Jahr (Anfang Mai) hieß es, die EU-Kom­mis­si­on wol­le die Kapa­zi­tä­ten für Muni­ti­on und Gra­na­ten aus­bau­en. Es gab Zusa­gen, von denen man heu­te sagt, schon damals sei klar gewe­sen, dass die­se nicht ein­ge­hal­ten wer­den könn­ten. Inzwi­schen ist klar, dass die Ukrai­ne sich gegen die Rus­sen kaum mehr effek­tiv ver­tei­di­gen kann, weil es an bei­dem fehlt. 

Klar ist auch, dass der Aus­bau sol­cher Kapa­zi­tä­ten viel Zeit braucht. Umso mehr, wenn die Betei­lig­ten mit eher frag­wür­di­ger Soli­da­ri­tät zu Wer­ke gehen. Ich erin­ne­re an mei­nen Bei­trag, nach­dem ein Muni­ti­ons­werk in Trois­dorf (Rhein­land) nicht erwei­tert wur­de, weil grü­ne und CDU-Stadt­rä­te den Aus­bau der Kapa­zi­tä­ten ver­hin­dert haben. Also aus­ge­rech­net Ver­tre­ter jener Par­tei­en, die sich ansons­ten mit Vor­hal­tun­gen der beson­de­ren Art gegen­über der SPD und ins­be­son­de­re Kanz­ler Scholz hervortun. 

Wenn es wirk­lich „nur“ um die Kapa­zi­tä­ten gin­ge, könn­te Deutsch­land bzw. die „Koali­ti­on der Wil­li­gen in der EU“ (wie ich die­sen Begriff has­se!) Muni­ti­on und Gra­na­ten in Süd­ko­rea bestel­len (viel­leicht auch in den USA?) und die­se auf Kos­ten der EU an die Ukrai­ne lie­fern. Wahr­schein­lich wür­den die Trump-Repu­bli­ka­ner auch hier ein Haar in der Sup­pe fin­den. Aber einen Ver­such wäre es wert. Mög­li­cher­wei­se gibt es ja auch noch ander­wei­ti­ge Bezugs­quel­len für tod­brin­gen­des Gerät! Sind da alle Mög­lich­kei­ten ausgeschöpft? 

Der Ukrai­ne geht die Muni­ti­on aus. Die­se Nach­richt ist längst kei­ne mehr. Es zieht sich ewig hin und die Sol­da­ten und ihre Fami­li­en müs­sen sich von der EU ganz schön allein­ge­las­sen füh­len. So vie­le Men­schen­le­ben hat die­ser Krieg, den Putin über die Welt gebracht hat, bereits gekos­tet. Soll­te der Kampf der Ukrai­ner so been­det werden? 

Noch hel­fen die Ame­ri­ka­ner. Das Niveau ist nur lei­der nicht mehr mit dem zu ver­glei­chen, das bis dahin nor­mal war. Jetzt hängt die Ver­sor­gung mehr und mehr an Euro­pa. Angeb­lich ist unse­re Sicher­heit und unse­re Frei­heit durch die Rus­sen bedroht. Dass die Regie­run­gen in vie­len Part­ner­län­dern dies offen­bar so ganz anders sehen, macht nachdenklich. 

Man könn­te die Sache auch so sehen, dass jetzt end­lich wie­der das in den Vor­der­grund tritt, was jahr­zehn­te­lang in so wich­ti­gen Fra­gen die domi­nie­ren­de Rol­le gespielt hat. Die Inter­es­sen aller betei­lig­ten Län­der. Aber wir haben uns ja auf mora­li­sche Prin­zi­pi­en ver­legt und eige­ne Inter­es­sen erst ein­mal igno­riert. Hof­fent­lich fin­den wir bald zum rich­ti­gen Weg zurück. 

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

2 Gedanken zu „Sollte die EU Munition und Granaten in Südkorea oder woanders kaufen und an die Ukraine liefern?“

  1. „Es gab Zusa­gen, von denen man heu­te sagt, schon damals sei klar gewe­sen, dass die­se nicht ein­ge­hal­ten wer­den könnten.“
    Wer ein­mal lügt, dem glaubt man nicht, selbst,- wenn es gut gemeint war. Und nimmt man noch die Ver­ro­hung der Spra­che im poli­ti­schen Betrieb dazu, die jede Vor­bild­funk­ti­on ver­lo­ren hat, dann wird der Ver­druss der Men­schen verständlicher.

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