Mich erinnert die Wirkung von Laschets Rede an die Wirkung von AKK’s Büttenrede vom Karneval 2019

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Die Kom­men­ta­re bei „Welt – Online“ zu Laschets Rede beim baden-würt­tem­ber­gi­schen Lan­des­ver­band des CDU-Wirt­schafts­rats fie­len aus, wie das nicht anders zu erwar­ten war. So gehört sich das in einem Sam­mel­be­cken von Staats­ver­dros­se­nen. Dort ist der Ein­fluss der neu­en Rech­ten in unse­rem Land am deut­lichs­ten abzu­le­sen. Kon­struk­tiv ist da kaum etwas. Um Schimpf­ka­no­na­den gegen füh­ren­de Poli­ti­ker unse­rer Demo­kra­tie zu lesen, braucht man nicht die „Neue Frei­heit“ oder ande­re neu­rech­te Medi­en zu konsumieren. 

Über die Adres­sa­ten von Laschets Rede haben weder Autor noch Kom­men­ta­to­ren nach­ge­dacht. Eine Rede an die Nati­on oder an sei­ne Lan­des­bür­ge­rIn­nen war das nicht. Die Ver­tre­ter des CDU-Wirt­schafts­rats wer­den es unter­halt­sam gefun­den haben, wie Laschet sei­nen poli­ti­schen Mit­strei­tern, durch­aus auch in der eige­nen Par­tei, die Levi­ten gele­sen hat. 

Der Red­ner scheint die Fol­gen sei­ner über­ra­schend frei­mü­ti­gen Kri­tik an „der deut­schen Poli­tik“ nicht abge­wo­gen zu haben. 

Im Begleit­ar­ti­kel zum Video kon­zen­triert sich „Welt Online“ auf das The­ma Coro­na und die neu­en Maß­nah­men, die vor nicht ein­mal einer Woche erst beschlos­sen wur­den. Die Ver­wun­de­rung dar­über steht im Vor­der­grund, dass Laschet die gemein­sa­men Beschlüs­se nun infra­ge stellt. 

Es ist wie immer, wenn die bei­den Coro­na-Lager auf­ein­an­der pral­len. Dar­über hin­aus ist es so, dass je grö­ßer das Lager der Geg­ner der Coro­na-Maß­nah­men der Regie­rung in unse­rer Bevöl­ke­rung wird, auch die Laut­stär­ke der poli­ti­schen Geg­ner zunimmt. Von der AfD über die FDP bis zu Tei­len der Grü­nen gibts laut­star­ke Plat­ti­tü­den, die eins gemein­sam haben: Ihnen fehlt es an Sub­stanz. Dass die Ver­tre­ter der Oppo­si­ti­on der Regie­rung feh­len­de Stra­te­gie vor­hal­ten, ist ein Treppenwitz. 

Wol­len wir es der Oppo­si­ti­on abneh­men, dass die Vor­la­ge eines „pri­va­ten“ Stu­fen­pla­nes, wie ihn bei­spiels­wei­se der stell­ver­tre­ten­de Minis­ter­prä­si­dent NRWs, Joa­chim Stamp, vor­ge­legt hat, als Stra­te­gie durch­ge­hen könn­te? Zuvor hat­te es schließ­lich auch aus den Rei­hen der Minis­ter­prä­si­den­ten (Schles­wig-Hol­stein und Nie­der­sach­sen) bereits sol­che Stu­fen­plä­ne gege­ben, auf die sich die Minis­ter­prä­si­den­ten-Kon­fe­renz (war­um eigent­lich?) nicht ver­stän­di­gen konnte.

Laschet hat berech­tig­te Kri­tik vor­ge­tra­gen. Dass er als Minis­ter­prä­si­dent die Beschlüs­se der MPK infra­ge stellt, ist ange­sichts der von uns Bür­ge­rIn­nen schmerz­li­chen Erfah­run­gen mit der Durch­set­zungs­kraft des Gre­mi­ums wenig über­ra­schend. Ist es fair, Laschet dies­be­züg­lich Vor­hal­tun­gen zu machen, nach­dem ande­re Ministerpräsident/​innen per­ma­nent vom Kurs abge­wi­chen sind?

Was stimmt dar­an nicht, wenn Laschet zum Bei­spiel sagt:

„Man kann nicht immer neue Grenz­wer­te erfin­den, um zu ver­hin­dern, dass Leben wie­der stattfindet.“

„Popu­lär ist, alles ver­bie­ten, streng sein, die Bür­ger behan­deln wie unmün­di­ge Kinder“

Wir bekom­men seit Lan­gem immer wie­der gesagt, dass erst bei einem Inzi­denz­wert von <50 die Kon­takt­nach­ver­fol­gung unse­rer immer noch so stark über­las­te­ten Gesund­heits­äm­ter mög­lich sei. Auf der ande­ren Sei­te (übri­gens auch von Wis­sen­schaft­lern, die nicht Stre­eck hei­ßen) hören wir, dass die­ser Wert ein poli­ti­scher sei, dem kei­ne wis­sen­schaft­li­che Evi­denz zugrun­de lie­ge. Jetzt wird die­ser Wert auf 35 redu­ziert, weil die Dif­fe­renz sozu­sa­gen als „Pols­ter“ gegen die um sich grei­fen­den Mutan­ten des Coro­na-Virus benö­tigt wird. Die­se Ver­än­de­rung nährt ver­ständ­li­cher­wei­se Zwei­fel und Ärger.

Eine gute Kom­mu­ni­ka­ti­on neu­er Ent­wick­lun­gen (wie bei­spiels­wei­se die der unbe­stimm­ten Aus­brei­tung der Muta­tio­nen) bleibt ein Haupt­pro­blem in der Pan­de­mie. Was dabei immer wie­der unter­schla­gen wird, ist die Tat­sa­che, dass die­se Wis­sens­lü­cken in allen ande­ren Län­dern eben­falls vor­han­den sind. Die Stu­di­en­la­ge wird zwar immer bes­ser. Inwie­weit die Erkennt­nis­se aus Stu­di­en für die poli­ti­sche Ent­schei­dungs­fin­dung rele­vant und hin­rei­chend ist, kann ein Laie nicht beant­wor­ten. Das hält vie­le nicht davon ab, so zu tun, als sei­en poli­ti­sche Ent­schei­dun­gen feh­ler­haft oder nicht nachvollziehbar. 

Laschet spricht das aus, was immer mehr Bür­ge­rIn­nen den­ken. Er ver­säumt es aber, wie übri­gens fast alle Kri­ti­ker der Coro­na-Maß­nah­men, alter­na­ti­ve Lösun­gen und Stra­te­gien vor­zu­tra­gen. Hat er sich dafür ein­ge­setzt, dass die MPK beschließt, einen der vor­ge­leg­ten Stu­fen­plä­ne wenigs­tens als Ansatz für eine Öff­nungs­stra­te­gie zu nut­zen? Soweit ich weiß, wur­de die­ses The­ma am letz­ten Mitt­woch kaum dis­ku­tiert. Mög­li­cher­wei­se lag das, wie schon so häu­fig, haupt­säch­lich an den Minis­ter­prä­si­den­tIn­nen der Länder. 

Es dürf­te span­nend wer­den, ob und wie die föde­ra­len Struk­tu­ren unse­res Lan­des gera­de im Hin­blick auf die Bewäl­ti­gung einer Pan­de­mie ange­passt wer­den. In man­cher­lei Hin­sicht wäre das drin­gend erfor­der­lich, den Föde­ra­lis­mus grund­sätz­lich woll­te nie­mand infra­ge stellen. 

Übri­gens lohnt es sich, das Video mit Laschets Rede kom­plett anzu­hö­ren. Wie gesagt, lei­der kommt im Text des „Welt – Online“ – Bei­tra­ges „nur“ das The­ma Coro­na vor. In den Kom­men­ta­ren der streit­süch­ti­gen Staats­ver­dros­se­nen gehts aber auch um Aus­sa­gen Laschets zu wirt­schafts- und steu­er­po­li­ti­schen Ansichten. 

Ich glau­be, Laschet hat nicht damit gerech­net, dass sei­ne Rede vor dem Wirt­schafts­rat der baden-würt­tem­ber­gi­schen CDU der­art für Furo­re sor­gen wird. Jetzt könn­te man sagen: da kommt viel­leicht sei­ne Uner­fah­ren­heit auf einer grö­ße­ren Büh­ne zum Vor­schein. Ich glau­be, der Mann war ehr­lich und hat aber – jeden­falls aus sei­ner Sicht – die Wir­kung sei­ner Rede an ein ganz bestimm­tes Publi­kum gehal­ten. Was nur zeigt, dass er noch viel zu ler­nen hat. 

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Corona Laschet Welt

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