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Medien, Politik

Social-Media-Wut als politisches Korrektiv? Das ist so. Aber es ist IMHO destruktiv!

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von Horst Schulte

3 Min. Lesezeit

featuredimage

Die Zeiten ändern sich.

Die­ser Bei­trag scheint älter als 3 Jah­re zu sein – eine lan­ge Zeit im Inter­net. Der Inhalt ist viel­leicht veraltet.

Ich fin­de, Sascha Lobo hat die Lage in sei­ner heu­ti­gen Spie­gel – Kolum­ne span­nend und im Gro­ßen und Gan­zen zutref­fend beschrieben. 

Sei­ne Dia­gno­se trifft auch auf mich zu. Ob ich mich bzw. mei­ne Reak­tio­nen auf den Afgha­ni­stan-Gau als bigott emp­fin­de, weiß ich heu­te noch nicht. Es könn­te aber sein, dass die­se Ein­sicht noch kommt. 

Lobo hat eine Rei­he wich­ti­ger Punk­te ange­spro­chen, denen ich nur zustim­men kann. Wir brau­chen eine schlag­kräf­ti­ge Armee. Vor allem brau­chen wir mehr muti­ge Poli­ti­ker, die sich trau­en, ihre Posi­tio­nen ganz offen aus­zu­spre­chen. Auch, wenn es dafür Kri­tik hagelt. Hät­ten sich in Wahl­kampf­zei­ten nicht zu vie­le Poli­ti­ker vor den vie­len gefürch­tet, die alle Flücht­lin­ge am liebs­ten zum Teu­fel jagen wür­den und nicht in vor­aus­ei­len­dem Gehor­sam den Satz: »2015 darf sich auf kei­nen Fall wie­der­ho­len« in die Mikro­fo­ne gebrab­belt, wäre die­se schreck­li­che Lage erst gar nicht ent­stan­den, weil wir die betref­fen­den Men­schen längst in Sicher­heit gebracht hätten. 

Mit ande­ren Wor­ten: Ja, ich bin über­zeugt davon, dass die Poli­tik aus Angst vor den unge­fähr 50 % der Bevöl­ke­rung, die Flücht­lin­ge ableh­nen, das Desas­ter ver­ur­sacht hat. Ob ich damit übers Ziel hin­aus­schie­ße? Das zu beur­tei­len über­las­se ich euch. 

Mich mit dem Gedan­ken zu begnü­gen, die Poli­tik sei Opfer einer typisch deut­schen Büro­kra­tie oder ihrer Brä­sig­keit, wäre mir zu bil­lig. Die Atmo­sphä­re im Land hat in die­se Sack­gas­se geführt, die jetzt viel­leicht vie­le Men­schen in Afgha­ni­stan das Leben kos­ten könnte. 

Was jetzt getan wird, dürf­te ver­mut­lich nicht aus­rei­chend sein, die Feh­ler der letz­ten Mona­te aus­zu­bü­geln. Ich hof­fe, ich irre mich.

Ich gebe zu, auch ich nei­ge wie zu vie­le zur Vor­ei­lig­keit und zu vir­tu­el­len Gefühls­aus­brü­chen (qed). Mei­ne Frau meint sogar, genau das gehe lang­sam flie­ßend ins Real­li­fe über. Ob es am Alter liegt?

Ledig­lich eine – zuge­ge­be­ner­ma­ßen zen­tra­le Bewer­tung – tei­le ich abso­lut nicht:

Das Fata­le ist lei­der, dass mit jedem nicht fak­ten­ge­deck­ten Aus­bruch die Kraft der gerecht­fer­tig­ten Wut schwä­cher und irrele­van­ter wird. Und gera­de auf­rech­te Social-Media-Wut wird gebraucht. Sie ist ein wich­ti­ges poli­ti­sches Korrektiv.

Afgha­ni­stan und die Reak­tio­nen in sozia­len Medi­en: Hilf­lo­se Über­sprungs­wut – Kolum­ne – DER SPIEGEL

Dass ich an die­sem Punkt ande­rer Mei­nung bin, wird mei­ne Leser/-innen nicht wun­dern. Wenn die­se Äuße­run­gen so bigott und vor­ei­lig sind, dann sind sie auch nicht dazu ange­tan, irgend­was in eine posi­ti­ve Rich­tung zu bewe­gen. Oder ist Auf­re­gung, Wut und unan­ge­mes­se­ne, oft auch unge­recht­fer­tig­te Kri­tik an Poli­ti­kern konstruktiv? 

Beson­ders gräss­lich fin­de ich, wenn ich fest­stel­le, dass ich (wie­der ein­mal) auf eine Falsch­mel­dung her­ein­ge­fal­len bin und sie prompt ver­ar­bei­tet habe. Sei es »nur« in mei­ner Denk­wei­se oder in einem Pos­ting. Bei­des ist nicht nur pein­lich, son­dern es trägt zu einem Ruf bei, den eigent­lich kein Blog­ger braucht. Der Mensch ist ein ler­nen­des System. 

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Ich bin Horst Schulte

Herausgeber, Blogger, Amateurfotograf

alleiniger Autor dieses Blogs

Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Ich kann die Leute nicht ändern, aber meinen Blick auf sie.

Artikelinformationen:

Medien, Politik

Afghanistan, Bundesregierung, Deutschland

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7 Gedanken zu „Social-Media-Wut als politisches Korrektiv? Das ist so. Aber es ist IMHO destruktiv!“

  1. Für 50 K /​€ im Monat für einen Blog als Möch­te­gern­punk (mit dem Spie­gel im Rücken) kann man das machen, wie Lobo.
    Der Rest soll­te es sich ein­fach mal überlegen. 

    Hier geht es um Auf­merk­sam­keits­öko­no­mie. Die hält 4 Tage vor. Das betrifft auch Afgha­ni­stan. In zwei Wochen ist das The­ma durch (da inzwi­schen eini­ge Fir­men Ads gebucht haben) und wir reden über die lila Haar­pracht unter den Ach­seln von XY.

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    • @Juri: Bekommt er vom Spie­gel so viel Geld? Whow. Das hät­te ich nicht gedacht, dass man mit sol­chen Kolum­nen so viel Geld ver­die­nen kann. 

      Ich hal­te es auch für mög­lich, dass die »Auf­merk­sam­keits­öko­no­mie« beim The­ma nicht ihre Regeln durch­bricht. Es hängt ganz sicher ab, von der Bru­ta­li­tät und den Bil­dern, die man aus den Stra­ßen der afgha­ni­schen Groß­städ­te über­mit­telt. Das ist etwas zynisch, ent­spricht lei­der aber den Erfah­run­gen – selbst mit so mul­ti­di­men­sio­na­len Geschehnissen. 

      Wahr­schein­lich wer­den nichts­des­to­trotz die geo­po­li­ti­schen Aus­wir­kun­gen die­ses kra­chen­den Schei­terns des Wes­tens uns noch lan­ge beschäftigen.

      Dass Chi­na in die Bre­che springt, war so nicht zu erwar­ten. Jeden­falls, wenn man bedenkt, was sie mit den Uigu­ren machen. Dass sie sich aus­ge­rech­net mit den Tali­ban ein­las­sen, ist ein Hin­weis dar­auf, dass sie eine her­auf­zie­hen­de Gefahr für den Frie­den sein könn­ten. Sich wegen ver­meint­lich in Afgha­ni­stan vor­han­de­nen Vor­rä­ten an sel­te­nen Erden (Roh­stof­fen über­haupt) mit radi­ka­len Mus­li­men ein­zu­las­sen ist höchst bemer­kens­wert. Es zeigt die Ver­kom­men­heit die­ser Welt.

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      • Das war mal die Fra­ge in einem Spie­gel­in­ter­view. Daher hat sich mir das ein­ge­prägt. Es gibt nur Weni­ge, die den eige­nen Sta­tus preis gege­ben hät­ten. Dafür muss ich ihn lei­der sogar loben (50 k).

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  2. Da ich Spie­gel-Sei­ten auf mei­nen Gerä­ten nicht auf­ru­fen kann, habe ich die Lobo-Aus­las­sun­gen nicht gele­sen. Zu dei­nen Anmer­kun­gen aber kann ich sagen, dass IMO Social Media wie mei­net­we­gen Twit­ter für irgend­et­was Reflek­tier­tes gar nicht geeig­net sind. Und auch nicht gedacht. Twit­ter ist ja gera­de­zu die Quint­essenz eines rei­nen Trig­ger-Respon­se-Ver­ba­lis­mus. Schnellst­mög­li­ches Auf­hei­zen von Stim­mun­gen und Emo­tio­nen, inhalt­li­che Sub­stanz ist dabei meist irrelevant.

    Nach dem, was du schreibtst, scheint Lobo zu den­ken, dass man die Platt­for­men auch zu sub­stan­zi­el­len Dis­kus­sio­nen und Reak­tio­nen auf Ereig­nis­se nut­zen könn­te. Dass es dar­auf posi­tiv poli­tisch »ver­wert­ba­re« auf­rech­te Wut geben könne.

    Ich hal­te das für den Aus­druck von Hoff­nun­gen, die vie­le der Medi­en­pio­nie­re des Inter­nets auf die Mög­lich­kei­ten neu­er Medi­en­platt­for­men gesetzt haben – und die barsch ent­täuscht wur­den. Weil die­se neu­en Medi­en selbst bekannt­lich nie auf die­se Mög­lich­kei­ten gesetzt, son­dern immer bloß auf mone­tär maxi­mal ver­wert­ba­re Geschäfts­mo­del­le geach­tet haben.

    Es gibt schlicht kei­ne ande­ren als rein mone­tä­re Ideen hin­ter Twit­ter, Face­book, Insta­gram u.a. Alles ande­re ist (inzwi­schen) ent­täusch­ter Idealismus.

    Jetzt kann man ein­wen­den, dass doch gera­de zu beob­ach­ten ist, dass es poli­ti­sche Reak­tio­nen auf die unspe­zi­fi­zier­te, wir­re Wut in den Platt­for­men gibt. Mag sein, aber auch die poli­ti­sche Reak­ti­on folgt ja längst nur noch der immer kurz­at­mi­ge­ren Auf­merk­sam­keits­öko­no­mie der Medien.

    Frü­her hieß es dort, wo poli­ti­sche Sub­stanz­lo­sig­keit herrsch­te: Was schert mich mein Geschwätz von gestern?
    Heu­te heißt es: Was schert mich mein Get­wit­te­re zwei Posts zuvor?

    Es wird inzwi­schen nur noch kurz­at­mig durchs Dorf getrie­ben, die Sau bleibt irri­tiert zurück und wun­dert sich…

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    • Ich pflich­te bei.

      Ges­tern mal einen Blick auf Twit­ter gewor­fen (weiss bezeich­nen­der­wei­se nicht mehr, wes­sen kom­men­tar ich dort las) und die sehr hit­zi­gen fol­ge­kom­men­ta­re. Das ist kein Boden, auf dem man umsich­tig dis­ku­tie­ren kann.

      Gesprächs­kul­tur ist aber auch gene­rell ein schwie­rig ding, eine hohe Kunst.

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    • @Boris: Sehe ich nicht anders. Mich irri­tiert, wie so ein Mann wie Lobo zu sol­chen Ansicht kommt. Er ist doch angeb­lich ein Spe­zia­list für Social Media. Er gilt doch den ande­ren Medi­en min­des­tens als sol­cher. Dass von ihm sol­cher Mist kommt, war einer­seits typisch (war ja nicht neu), ande­rer­seits ange­sichts der Kri­tik, die er selbst an den Exzes­sen bei Twit­ter etc. äußer­te, nur schwer zu begrei­fen. Wie gesagt, die Ana­ly­se der Aus­wir­kun­gen hat er eini­ger­ma­ßen gut gemacht. Aber die Rol­le des Inter­nets begrei­fen die Leu­te ein­fach nicht. Sie wol­len es nicht, weil sie wohl auch Angst davor haben, dass die Regie­ren­den auf fal­sche Ideen kom­men könn­ten. Für mich ist klar, die­se Tech­nik zer­stört unse­re Demo­kra­tie. Lan­ge wird es nicht mehr dau­ern, bis die auch jedem jeder Bit- und Byte-Den­ker klar wird. Nur könn­te es dann zu spät sein.

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