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Klimaschützer und ihre Verzweiflungsaktionen

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HorstSchulte.com

Militante Klimaschützer entwickeln sich zum Feindbild des Bürgertums. Besser gesagt, sie werden von manchen Medien hierzu entwickelt.

Solche Debatten, wie sie zum Tod der 44-jährigen Radfahrerin geführt werden, basieren auf dem inzwischen schon als pathologisch anzusehenden Bedürfnis, Frust abzubauen.

Dass hierbei häufig ausschließlich moralische Kategorien bemüht werden, trifft für die eine wie für die andere Seite ihrer Teilnehmer zu.

Stefan Niggemeier hat sich des Berliner Vorfalles in einer verantwortlichen Art und Weise angenommen. Diese Ausnahmen gibt es Gott sei Dank nicht selten, obwohl sie weniger laut sind als die Schreihälse der Boulevard-Medien.

Diskussionen mit moralischen Argumenten

Ich fürchte, diese Art der Diskussion mit sich überlagernden moralischen Dimensionen wird uns erhalten bleiben. Nicht deshalb, weil sie sich bewährt hätte, sondern weil die Sachverhalte so viel einfacher zu instrumentalisieren sind.

Es gibt („neuerdings“) nur eine Seite, die die Moral auf ihrer Seite hat, die andere steht blank da. Fakten sind nur noch dann tragfähig und können ihre Überzeugungskraft entfalten, wenn sie zur eigenen Darstellung passen.

Militante Klimaaktivisten?

Da kleben sich ein paar Leute von „Letzte Generation“ fest und behindern andere in ihrer Freiheit. Sie kosten die anderen nicht nur Zeit, sondern – so suggeriert der Boulevard – neuerdings das Leben. Dass ein genauer Blick auf die Umstände das nicht belegt, spielt überhaupt keine Rolle. Ja, zum Glück dürften viele von uns diesem Treiben ihren Verstand entgegensetzen.

Fragen Sie auch danach, wieso sich Teile der Klimaschutzbewegung bewusst ins „öffentliche“ Abseits stellen? Viele wissen, wie unbefriedigend unser deutsches Engagement und das Vorankommen im Hinblick auf die Klimaschutzziele sind. Wie nimmt die deutsche Öffentlichkeit das Engagement der überwiegend jungen und sehr jungen Klimaschützer war? Wie wichtig sind die Anliegen im Angesicht multipler existenzieller Bedrohungen und Nöte, von denen die Auswirkungen des Klimawandels „nur“ eines repräsentieren?

Alles Krise

Die Wohnungsmarktkrise, Corona, Krieg, Energiekrise, Inflation fordern die Innovations- und Bindungskraft der Politik in einem Maße, das sich die meisten nicht vorstellen können.

Wer weiß, ob wir ohne diese sich überlappenden Dauerkrisen nicht bei der Energiewende bereits viel weiter wären? Sicher kann man nicht sein, weil die Beharrungskräfte immer noch stark sind. Allein die Länge und Härte der Debatte um die zeitlich begrenzte Weiterführung der drei Atomkraftwerke hat das gezeigt.

Schön und gut, aber wer hat schon Verständnis für die Attacken auf bedeutende Kunstwerke, mit denen die „Letzte Generation“ in den letzten Wochen viel Öffentlichkeit erlangt hat? Zum Glück wurde das Kulturgut nicht beschädigt, weil es hinter Glas vor dieser Art von Wurfgut (Ketchup, Brei oder Erbsensuppe) geschützt war. Obwohl diese Attacken gut ausgingen, erinnerte ich mich gleich an die verwerflichen Anschläge der Taliban vor Jahren.

Wehe, es gibt Blackouts

Sollte es in diesem Winter trotz anderslautender Versprechen von Fachleuten zu Blackouts kommen, werden nicht nur von Rächts die Grünen und die Klimabewegung dafür verantwortlich gemacht.

Sollte der Winter härter werden, als die Klimaveränderungen dies vielleicht erwarten lassen, könnten die Gasspeicher schnell „leergesaugt“ werden. So ähnlich hat das der Chef der Bundesnetzagentur, Herr Müller, gesagt – zuletzt in einem lesenswerten „Spiegel“-Interview ($). Dann werden Teile der Öffentlichkeit, so meine Annahme, die Grünen und die Klimabewegung ebenfalls für die Folgen verantwortlich machen.

Revolutionen

Aus unserer persönlichen Historie heraus, sollte jeder von uns Älteren wissen, dass gesellschaftliche Veränderungen (lassen wir die 89-er Revolution einmal beiseite) meistens von jungen Menschen angestoßen wurden. Das ist kein deutsches Phänomen, eher so etwas wie eine Naturgewalt.

Sehen wir nach Iran, Armenien, Afghanistan, den arabischen Frühling und an viele andere Orte der Welt. Es sind meist junge Menschen, die manchmal sogar ihre Gesundheit und Leben dafür geben, Veränderungen in ihrem Land zu bewirken.

Dass sich ein Engagement für elementare Ziele nach jahrelangen, vergeblichen Bemühungen, mit zivilem Ungehorsam und für manch ältere, militant anmutende Aktion Bahn bricht, sollte insbesondere meine Generation nicht so überraschen. Schließlich entstand aus den Achtundsechzigern die RAF. Dabei waren die Ziele damals rein ideologischer und nicht existenzieller Natur.

Wie schlimm war dann erst die erste Generation?

Ich mache kein Hehl daraus, dass ich mit den Argumenten der Klimabewegung meine Probleme habe. Auch eine Namensgebung wie die „Letzte Generation“ wirkt auf mich unsympathisch und zu selbstverherrlichend.

Parallel habe ich an die unglaublich hohe Zahl von Wissenschaftlern, die die „Friday for Future“ unterstützen, die Frage, wieso sie die Kommunikation mit der Öffentlichkeit ein paar Wenigen überlassen. Ich höre immer wieder nur Frau Prof. Kempfert, Herrn Prof. Quaschning und den geradezu unvermeidlichen Fernseh-Doktor Hirschhausen oder Herrn Prof. Lesch. Möglicherweise liege ich mit dieser Beobachtung falsch?

Es muss kommunikativ viel mehr geschehen und die offenen Fragen, sollten allgemeinverständlich beantwortet werden.

Frau Herrmann gibt Stoff zum Nachdenken und Diskutieren

Die TAZ-Autorin Ulrike Herrmann sprach bei der Vorstellung ihres Buches „Das Ende des Kapitalismus“ von den minimalen Anteilen des Endenergieverbrauchs in Deutschland von 4,2 % bei Windenergie und 2 % bei Solarenergie. Wie sind solche Daten mit anderen Aussagen in Einklang zu bringen?

Anmerkung zur Grafik: Im Jahr 2021 ging der Anteil der Erneuerbaren sogar leicht zurück!

Beim Endenergieverbrauch deckten die erneuerbaren Energien im Jahr 2021 laut Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistik (AGEE-Stat) etwa 19,7 Prozent (467,3 Terawattstunden) ab. Die Windkraft allein steuerte rund 113,8 Terawattstunden bei, was etwa den 4,7 Prozent am Gesamtverbrauch entspricht, die Ulrike Herrmann in der Sendung anführte. Insgesamt ist die Biomasse aufgrund ihrer vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten auch hier mit einem Anteil von knapp 11 Prozent der wichtigste erneuerbare Energieträger. Link folgen

Faktencheck – Maischberger – ARD | Das Erste

Faktenchecks

Um die Aussagen in diesem Faktencheck-Artikel zur TV-Talkrunde „Maischberger“ drehen sich für mich viele Fragen. Meine Schlussfolgerung lautet vorläufig: Das mit der Energiewende wird nichts. Allein die Anzahl von Windrädern wäre so gigantisch, dass mir eine andere Annahme derzeit utopisch wäre. Wir haben derzeit ca. 30.000 Windräder in Deutschland. Es müssten 10 Mal so viele sein! Das hieße, legt man die derzeitige Leistungsfähigkeit der Windräder zugrunde, dass wir auf jedem Quadratkilometer ein Windrad stehen hätten. Das Gegenargument heißt, dass diese Ausgangslage durch die schon heute bessere Leistung aktueller Windräder nicht mehr zutreffend sei.

Mit Solarpanels könnte man viel mehr machen. Vielleicht wären sogar die Defizite der Windräder mit Hilfe dieser Technik auszugleichen? Wie viele Dächer und Felder könnten damit ausgestattet werden und wie schnell könnte das funktionieren? Wie steht es um „grünen Wasserstoff“? Nun ja, die Zahlen, die ich kürzlich bei Heise las, verheißen auch nichts Positives. Wir brauchen viel Zeit und Geld, um vielleicht irgendwann die Früchte dieser Technologie in größerem Maßstab zu ernten.

Wissenschaftler als Aktivisten

Ich verstehe die Skepsis, die viele Menschen im Kontext der Energiewende fühlen. Kempfert und Quaschning werden nicht müde, den schnellen Ausbau von regenerativer Energie zu fordern. Das ist sicher vernünftig. Andererseits türmen sich Fragen auf, die überhaupt nicht banal sind und die von den Experten nicht überzeugend zu beantworten sind.

Der gemeine Deutsche neigt dazu, Verlässlichkeit und Sicherheit zu favorisieren. Er möchte keine Angst vor möglichen Zusammenbrüchen des Stromnetzes haben müssen, nur weil Grüne ihren Fantastereien nachhängen und die sicheren Energiequellen früherer Epochen fahrlässig und vor allem ideologisch begründet abräumen. Sind also die Aussagen der Aktivisten hinsichtlich erneuerbarer Energien verlässlich?

Wie betrachtet man im Ausland die deutsche Entwicklung und die manchmal leider grotesk verantwortungslos anmutende Politik in unserem Land?

Ganz schon krass, wie die Bayern glauben, den Vorreiter machen zu müssen: 1. München: Klimaaktivisten müssen bis zu 30 Tage in Gewahrsam \- München \- SZ\.de

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Horst Schulte
Herausgeber, Blogger, Autor und Hobby-Fotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 70 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt in Bedburg, nicht weit von Köln entfernt. Meine Themen sind Politik und ihre Auswirkungen auf unsere Gesellschaft und ein wenig mehr.
Quelle Featured-Image: HorstSchulte.com

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5 Gedanken zu „Klimaschützer und ihre Verzweiflungsaktionen“

  1. Ich habe Verständnis für die Klimakids. Jahrelang demonstrieren und nix erreichen. Da war sogar die Love Parade in den 90ern erfolgreicher.
    Immerhin nach unseren FCKW-Demos kurz vor der Wende haben deutsche Ingenieure die neuen Kühlschränke und Sprayflaschen erfunden, die auch ohne konnten. Das ist heute nicht ansatzweise denkbar. Nicht mal den Grund für das Fischsterben in der Oder kriegt man raus. 1986 wusste man hingegen, dass der Bodensee umkippt.

    Klar, wäre es schöner, wenn die Kids mit nem Gülleanhänger die RWE-Zentrale stürmen oder sich in der Villa des Vorstands ankleben würden. Das bringt aber nicht so viel Aufmerksamkeit. Und seit Social Media ist das halt die einzige Währung, die selbst bei der normalen Presse zählt.

    Betonmischer vs. Fahrradfahrerin. So, so. Die Geschwindigkeit des Rettungsfahrzeuges ist da selten Erfolgsgarant.
    Woher ich das weiß? Ein vergleichsweise kleiner Sattelschlepper hatte damals die Freundin und ihren Hund beim Abbiegen erfasst. Da kann man froh sein, wenn noch was zum Beweinen übrig bleibt. Zu klären wäre auch noch, warum Frau mitten auf der Willmersdorfer fährt. Es gibt da auch eine Radspur, wenn ich mich entsinne.

    Man stelle sich vor, beim Ankleben an die Mona Lisa hatte die Security einen Schlaganfall erlitten. Was dann wohl los wãre?

    Die Klimakids wissen, dass sie knapp 45 Jahre zu spät dran sind. Daher überrascht es nicht, dass sie bei den Aktionen garstiger werden.
    Eine entsprechende Politik & Wirtschaft könnten da vermutlich schneller Abhilfe schaffen. Derzeit versucht man sich jedoch am Gegenteil – aus Gründen des Profits.

  2. Hallo Juri, es ist frustrierend, dass die Fortschritte so klein sind. Die Berichterstattung über den Klimagipfel in Ägypten ist nicht nur zurückhaltend, was ihre Chancen auf wirksame Beschlüsse anlangt, dass man sich fragen kann, was das überhaupt soll. Keiner erwartet etwas von diesem „Gipfel“. Warum soll es beim Klima auch so viel anders sein als bei den anderen Gipfeln?

    Einer soll mal gesagt haben, wir Menschen sollten uns die Erde untertan machen. Ja, das haben wir nun fast geschafft. Deprimierend, dass viele meiner Altersgruppe dazu nur feststellen, dass sie wohl vom Schlimmsten verschont bleiben dürften. Egoismus bis zum Tode.

    Das größte Problem ist, dass nie zu erwarten war, dass alle an einem Strang ziehen könnten. Dazu sind die Lebensumstände, Interessen und Bedingungen zu unterschiedlich. Das wurde zwar durchaus in die Überlegungen der Gipfel einbezogen, nur funktionieren die dazu vorgesehenen Mechanismen einfach nicht. Stattdessen machen die großen Player so weiter wie bisher. Und wir in Deutschland tun einfach weiter so, als ob sich noch irgendjemand an unserem Tun orientieren würde. Ich glaube, man lacht nur noch über uns.

  3. Ein Blackout droht nicht, das ist eine Angst, die die Springerpresse in ihrem Kampf gegen die Grünen verbreitet, mehr nicht! Und das Abschalten der AKWs ist Ergebnis einer Jahrzehnte langen Auseinandersetzung, begleitet von Erfahrung (Tschernobyl, Fukushima) und entsprechenden Beschlüssen. Ich wüsste auch nicht, dass wir jetzt ein Endlager hätten, um auch mal das Grundproblem anzusprechen! Dieses „Egoismus bis in den Tod“ ist insofern ein sehr falscher Anwurf, wenn gleichzeitig die politischen Großkämpfe und Erfolge unserer Generation plus deren Umsetzung als „bloß ideologisch“ diffamiert werden.

    Kürzlich bin ich zufällig vorbei gekommen, als sich die Letzte Generation vor einer Kreuzung festgeklebt hatte – viel Polizei war auch schon da und am „los klopfen“. Die bereits Gelösten setzten sie in eine Reihe am Bordstein – ich ging hin und bedankte mich für den Einsatz, was sie sichtlich erfreute (klar, alte Frau hat emotionales Unterstüzungsgewicht!). Umstehende Bürger dagegen kommentierten meine aufmunternde Daumengeste mit „Gleich mit einsperren, das Gesocks!“.

    Wie Juri sympatisiere ich mit den jugendl. Aktivisten, wenn ich auch die Protestform jetzt nicht für das Gelbe von Ei halte. Aber es ist sehr verständlich, dass sie radikaler werden, denn sie können eben nicht von sich sagen, dass sie „das Schlimmste vermutlich nicht mehr erleben“.

    Stefan Rose hat mit „Kleben, Kartoffelbrei, Kommandieren“ auch was Schönes dazu geschrieben!

  4. Ich schlage vor abzuwarten, wohin unser Land unter dieser Regierung driftet bzw. wie die Erwartungen sich entwickeln. Mir ist unverständlich, wie man die Sicht unserer Nachbarländer auf die Fehlentwicklungen in Deutschland so krass in den Wind schlagen kann. Es ist nicht nur Springer, die Kritik an den Grünen und ihren Koalitionspartnern übt.

    https://www.focus.de/finanzen/news/konjunktur/tuerkischer-wirtschaftsprofessor-im-interview-in-der-tuerkei-lachen-sie-ueber-deutschland_id_176830427.html

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