Politik

Die Finnen waren mal so glücklich

Mehrmals in Folge wählen sich die Finnen zum glücklichsten Volk. Deutschland landete auf einem immer noch guten 16. Platz

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Die Finnen sind ein glückliches Volk. Ja, mehr noch: sechsmal in Folge wählten sie sich zum glücklichsten Land auf der Erde. Die Methode finde ich etwas unterkomplex. Aber gut, wer so eine hübsche und tolle Ministerpräsidentin hat, der hat gut lachen.

Es gibt jedes Jahr eine einzige einfache Frage, die in jedem Land einer repräsentativen Zahl von Menschen gestellt wird. Sie lautet: »Bitte stellen Sie sich eine Leiter vor, deren Stufen von null bis zehn nummeriert sind. Nehmen wir an, dass die Spitze der Leiter das bestmögliche Leben für Sie darstellt und das untere Ende der Leiter das schlechtestmögliche Leben. Auf welcher Stufe der Leiter befinden Sie sich persönlich im Moment?« Finnland landet hier mit einem Wert von 7,8 auf dem Spitzenplatz, die Deutschen liegen mit 6,89 auf dem 16. Rang; Schlusslicht ist derzeit Afghanistan mit einem Wert von 1,9.

Quelle: Spiegel Online

Abwahl der Sozialdemokraten Anfang April

Sanna Marin wurde trotz der hohen Sympathiewerte abgewählt. Die Konservativen und Rechtsnationalen (Finnen) haben die Wahlen gewonnen. Der Stimmenunterschied zwischen diesen beiden Parteien war minimal.

Meine Schlussfolgerung aus dem Wahlergebnis ist, dass ich den befragten Finnen ihre Selbstwahrnehmung nicht abnehme. Warum verliert Frau Marin die Wahlen, wenn die Menschen im Land im Vergleich zu anderen auf dem Globus so wahnsinnig glücklich sind?

Dass mit den „Finnen“ nun eine rechtsradikale Partei in die Regierung einzieht, zeigt die Entwicklung, die wir auch aus anderen europäischen Ländern nur zu gut kennen. Die Koalitionsverhandlungen haben ungewöhnlich lange gedauert. Die Neuwahlen fanden bereits im April statt. Schon aus dem Statement nach dem erfolgreichen Abschluss der Koalitionsverhandlungen kann abgeleitet werden, dass das gemeinsame Regieren nicht ganz einfach wird.

Streit um Einwanderung und Klimaschutz

Die Koalitionsverhandlungen dauerten länger als in der finnischen Politik üblich: Bei den Themen Entwicklungspolitik, Einwanderung und Klimaschutz gab es insbesondere zwischen den Rechtspopulisten und der RKP heftige Auseinandersetzungen. In deren Verlauf hatten Die Finnen damit gedroht, sich aus den Verhandlungen zurückzuziehen.

Quelle: Tagesschau

Die „Finnen“ haben 20,1 % der Stimmen bekommen. Inwieweit dieser Umstand die an sich glücklichen Finnen irritiert, bleibt zunächst abzuwarten. Dass die ausländerfeindliche Partei, so würde ich sie bezeichnen, mit den Konservativen und Christdemokraten gemeinsam die Geschicke des Landes managen wird, könnte ein wenig nach Dauerstreit klingen. Dass dieser Streit vor allem mit der nationalistischen Politik einer der Regierungsparteien zu tun hat, legt in meinen Augen nicht gerade nahe, dass es im Land weniger kontrovers zugeht als bei uns, in Österreich (FPÖ) oder der Schweiz (SVP).

Paritätisch besetztes Kabinett? Scheinbar ja.

Es könnten also doch andere Faktoren eine Rolle spielen, wenn sich die Finnen in ihrem Land so glücklich fühlen, obwohl sie ihre sozialdemokratische Ministerpräsidentin gegen einen „alten weißen Mann“ eingetauscht haben. Ich weiß noch nicht, wie das neue Kabinett in Finnland zusammengesetzt sein wird. Ob es bei der weiblichen Dominanz analog des von Marin geführten bleibt? Noch in jüngster Vergangenheit hieß es, wir (Deutschland) könne sich diesbezüglich ein Beispiel am frauendominierten Kabinett Finnlands nehmen. Also abwarten, ob die Uhren dort zurückgedreht werden.

Vermutlich liegt es auch am funktionierenden Gemeinwesen Finnlands.

Wenn aber jetzt bereits davon die Rede ist, dass 1,5 Mrd. Euro aus der Sozialversicherung gestrichen werden sollen, ist das vermutlich nur der Anfang großer Streichorgien der Konservativen. Die Opposition spricht bereits von der arbeitnehmerfeindlichsten Regierung aller Zeiten. Nun, immer schön glücklich bleiben…

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Quelle Featured-Image: HorstSchulte.com

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8 Gedanken zu „Die Finnen waren mal so glücklich“

  1. Ich war dort mal mit 17. Das erste Land in Europa, wo ich damals aus der Kneipe flog, bevor ich noch bestellen konnte. Bei den Preisen damals war das auch ganz gut so.

    Wenn sich das Land noch so halten konnte, dann ist es schon recht wildromantisch, wenn man es mit dem Wetter gut erwischt.

    Die politische Entwicklung ist doch (wie überall in Europa) durch das Internet beeinflusst. Social Media ist zum größten Teil in republikanischen Händen, die Influencerplattformen eh, und die Algorithmen steuern auch entsprechend.

    Erschwerend kommt hinzu das Du überall ähnliche Migrationsprobleme hast, weil Du im Gegensatz zu Deutschland, überall in der Welt mit dem Handy den Lebensstandard vergleichen kannst, aber eben nicht im gleichen Maße Nahrung, Wasser und Luxus verfügbar hast.

    Woher der naive Glaube kommt, dass rechte Parteien das lösen werden?
    Selbst die USA kriegen es doch nicht hin.

    Die Melone von Italien schraubt auch nur die Sozialsätze runter. Das haben schon viele getan und nirgendwo war es ein Erfolgsrezept ohne Krieg und Feindbild.

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  2. Ich war noch nie dort. Nur Dänemark habe ich mal bereist und das ist schon ewig lange her. Die hohen Preise, insbesondere für Alkohol, haben wohl etwas damit zu tun, dass die Skandinavier gesundheitliche Aspekte in die Preisfindung eingebaut haben. In der Schweiz, so habe ich das empfunden, wird man komisch angeschaut, wenn man eine Kiste Bier kauft. Und die Preise dort sind auch recht hoch. Allerdings schon immer und für fast alles. Alkohol ist, das habe ich irgendwo gelesen, 70 % teurer als bei uns. Im Migros gabs früher (wie es heute ist, weiß ich nicht), keine Zigaretten. Der Inhaber hatte das angeordnet. Guter Mann, jedenfalls für Nichtraucher.

    Die Probleme der Migration sind längst nicht für alle gleich. Auch wenn in unserer inländischen Debatte immer zu kurz kommt, dass die Belastung der Migration nicht nur mit absoluten Zahlen zu tun hat. Die Finnen haben halt „nur“ 5,5 Mio. Einwohner. Das macht einen Unterschied. Wir liegen inzwischen aber bei 84 Mio. und ich denke, dass die Sorgen, die viele sich darüber machen, berechtigt sind. Vor allem, weil wir es nicht schaffen, die Leute vernünftig zu integrieren und dafür auch nicht die Mittel, neuerdings auch das Personal, zur Verfügung haben. Außerdem werden immer mehr Menschen zu uns kommen, weil die Zahl der weltweiten Flüchtlinge immer noch steigt. Wir haben jetzt 110 Mio. Menschen, die irgendwie versorgt werden müssten. Dass sich zu viele dieser Menschen Deutschland als Ziel aussuchen, wird schon damit zu tun haben, dass wir die höchsten Sozialleistungen und den größten Komfort bieten – im Vergleich zu anderen europäischen Ländern. An unserem freundlichen Wesen wird es nicht liegen. Schließlich erklären uns die Aktivistinnen ständig, wie beschissen rassistisch und ausländerfeindlich wir Deutsche sind. Woran soll es also sonst liegen als daran, dass hier alles gepampert wird, was die Grenze „überwunden“ hat?

    Den Preis für „unsere Humanität“ werden wir zahlen. Ich habe diese Position lange Zeit bekämpft. Massiv – sogar in der Familie. Jetzt sehe ich die Dinge viel kritischer und mache mir Gedanken, wie lange das noch gut gehen kann. Dass Menschen als Feindbilder dienen, ist mir ein Greuel. Aber alles hat seine Grenzen. Leider ist im Alltag längst erkennbar, dass diese überschritten wurden. Und es geht immer noch weiter, weil Parteien unser Land führen, die versagen und ihre Fehler mit Sprüchen zukleistern.

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  3. Schweden hat angeblich knapp 11 Millionen Einwohner und die gleichen Probleme, wie die USA. Offene Schießereien zwischen rivalisierenden Gangs und Clans, selbst in einigen ländlichen Enklaven. Stell Dir das mal für Bedburg vor. Damals , als ich noch den Wallander las, habe ich mich scheckig gelacht über die OK, die sich in Ystad die Klinke in die Hand gab.

    Das Problem wird natürlich immer größer werden, gerade weil im Zuge der Vervielfachung der Millitärbudgets die Sozialbudgets dran glauben müssen.
    Jetzt meint man, eine Festung Europa bilden zu können. Man hat ja aan Polen gesehen, wie gut das klappt, als Lukaschenko die Flüchtlingskarte spielte.

    Da wäre noch massig möglich, sollten sich dabei Erdogan und Putin zusammen tun. Da könnte kein Geld der Welt mehr den Lauf der Dinge aufhalten.

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  4. Ich stelle mir das für Bedburg vor. Und wende mich angeschauert ab und zwar so etwas von zügig. Ich räume ein, dass hier aufm Land sowas höchstens als Unfall denkbar wäre. Deshalb bin ich auch so froh, hier zu leben und nicht in Städten wie Köln, Berlin oder Hamburg.

    Du sprichst es an. Allerdings würde ich meinen, allein mit Geld lassen sich die sozialen Probleme auch nicht lösen. Jedem von diesen Typen einen Sozialarbeiter auf die Füße zu stellen, würde höchstens bei besonders humanen Zeitgenossen infrage kommen. Dass wir unser Militär mit 100 Mrd., sonst jährlich auch schon mal die Hälfte und mehr, ausstatten, finde ich vertretbar. Man muss Prioritäten setzen und – schau dir die Zahlen an – der Etat Soziales ist in den letzten Jahrzehnten so krass angestiegen, dass mir das heute schon deshalb falsch vorkommt, weil die Effizienz des Sozialstaates kein Stück besser wurde. Im Gegenteil. Außerdem verursachen solche Geschenke des Staates miese Nebenwirkungen. Viele gewöhnen sich dran, dass der Staat einspringt und sind nicht mehr dazu in der Lage, sich aus ihrer persönlichen Misere zu befreien.

    Ich weiß, ich habe gut reden. Mir ist in dieser Hinsicht noch nie etwas so Schlimmes passiert, dass ich Expertise haben könnte. Aber ich war zweimal einige Monate arbeitslos und habe eine Weile gebraucht, um mich psychisch von den Belastungen zu erholen, die mir diese Zeit eingebracht hat.

    Kein Etat ist höher als der Sozialetat (einschl. Rentenzuschüsse, die immer weiter anwachsen). Das ist so beschissen, dass man das den Bürgern eigentlich auch erklären können müsste. Aber keiner will so etwas hören. Lieber allen in Sozialleistungen stecken als in die Verteidigungsfähigkeit des Landes. Nee, früher habe ich genauso gedacht. Die meiste Zeit meines Lebens. Inzwischen bin ich überzeugt davon, dass diese Ausstattung des Sozialstaates zu nichts Gutem führen wird.

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  5. Dann haben die Think Tanks ihre Wirkung nicht verfehlt. Das ist Schade. Tatsächlich ist es von Bedeutung, wenn in einem kleinen Land es möglichst vielen einigermaßen geht. Das betrifft ja nicht nur staatliche Institutionen.

    Wenn man ins alter kommt, wäre eine Sterbebegleitung wünschenswert. Hunger sollte auch bekämpft werden.
    Man kann es natürlich auch so Handhaben, wie in den Staaten, mit den Zeltstädten vor den Städten, braucht dann aber jede Menge Platz, den diese Republik nicht hat. Selbst die Israelis gehen diesen Weg nicht mit. Das dürfte Gründe haben.
    Man kann es sich natürlich einfach machen und sagen: „Wer nicht arbeitet soll auch nicht essen!“

    Natürlich fällt mir noch wesentlich mehr dazu ein, aber das würde den Rahmen sprengen.

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  6. Du meinst, mit Geld könne man alle Fehlentwicklungen – auch die im sozialen Bereich – heilen? Klar ist es gut, wenn es einer Bevölkerung gut geht und nicht irgendwelche Theoretiker penetrant davon schwätzen, dass wieder soundsoviele Prozente der Bevölkerung unter die Armutsgrenze gefallen sind. Du kennst diese Debatten um die Mittelwerte bzw. die Ausrichtung solcher Bewertungen an diesen?!

    Deutschland ist dicht besiedelt. Wir haben Wohnungsnot und zu viele Menschen, denen es schlecht geht. Was wäre zu tun? Nun, man könnte damit beginnen, nicht weiterhin Menschen aus allen möglichen kulturfremden Ländern aufzunehmen. Sich dagegen zu entscheiden bedeutet in der heutigen Lesart, entweder nationalistisch oder gleich rassistisch zu sein. Dabei geht es um Kapazitäten und Überforderung. Wenn Menschen aus ihren Wohnungen zugunsten anderer Menschen vertrieben werden, kann das nicht neutral ablaufen. Die meisten interessieren solche „Nachrichten“ einen Tag, dann wird die nächste Sau durch die Straßen getrieben. So geht das nicht weiter. Wenn es so weiter geht, wird einiges anders werden. Vielleicht verlieren wir die demokratische Konstitution und die Politik wird sich in noch viel stärkerem Umfang Dinge herausnehmen, die eigentlich in einer Demokratie keinen Platz haben sollten.

    Wie zuvor gschrieben, diese Dinge lassen sich mit Geld allein nicht heilen. Es ist nötig, dass Politik die Probleme beim Namen nennt und Maßnahmen trifft, die manchen wehtun. Aber vorerst sehe ich bei dieser Regierung dafür keine Chance.

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  7. Nein. Das meine ich nicht! Ich habe doch hoffentlich den ganzen Sermon nicht umsonst geschrieben?

    Allerdings leben wir im Kapitalismus. Da ist leider eine gewisse Umverteilung nötig und zwar nach unten hin. Ansonsten bekommt man wirklich bürgerkriegsähnliche Zustände.

    Unten ist der Verteilungskampf ungleich härter. Erst recht, seitdem NGO und andere die ursprünglichen Aufgaben des Sozialamtes erledigen müssen.

    Leider haben offenbar einige das Prinzip teile und herrsche dabei nicht so ganz verstanden. Das ist ja letztlich auch den Römern zum Verhängnis geworden.

    In meiner idealen Welt wäre vieles anders organisiert, aber darum geht’s nicht, sondern darum, was im Moment machbar ist. Man kann auch viel über Sachspenden machen.

    Gebaut wird übrigens trotzdem, nur eben keine Sozialwohnungen, sondern Fertigwürfelknäste mit Schießscharten für Investoren, Airbnb und Reiche. In vielen Gegenden wird ggf. der Leerstand gefördert.

    Da hätte man schon lange ansetzen müssen.

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  8. Ich denke schon, dass ich dich verstanden habe. Der Sozialismus mit seinen Verteilungsritualen führt zu Wohlstand und Zufriedenheit. Nun, ich bin grundsätzlich nicht anderer Meinung, finde aber, dass die Verhältnisse in Deutschland in dieser Hinsicht als Beweis untauglich sind. Dies ist ein äußerst ineffektiver Sozialstaat. Es wird sehr viel umverteilt und alles wird immer schlechter (s. Umfragen). Die Leute sind unzufrieden, weil ihnen Vorschriften gemacht werden. Jedenfalls erzählen das die Konservativen und Nationalisten.

    Der Staat muss in bezahlbaren Wohnraum investieren? Klingt plausibel – aber nur auf den ersten Blick. Der Staat muss sich um die Armen kümmern, stattdessen gibts immer mehr Tafeln. Wozu führt das?

    Die Linken sagen, es gibt genug Geld, alles sei nur eine Frage der Prioritäten. Das ist wahr. Nur, worin diese Prioriäten, auch angesichts einer total maroden Infrastruktur bestehen sollen, bleibt strittig. Jetzt ist das Militär dran. Und vielleicht ist das auch nötig.

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