Was denken Migranten über ihre Rolle in unserer Gesellschaft?

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Der klei­ne 16-minü­ti­ge Bei­trag der gest­ri­gen Pan­ora­ma-Sen­dung hat mich beein­druckt. Sein Titel lau­tet: „Deut­scher Pass: Kein Recht auf Hei­mat?“ Wie nach­hal­tig die Ein­drü­cke sind, bleibt abzuwarten.

Frau Resch­ke, eine der im rech­ten Lager ver­mut­lich belieb­tes­ten Mode­ra­to­rin­nen der ARD kam in der Pan­ora­ma-Sen­dung gleich auf die Aus­wir­kun­gen des „Correctiv“-Berichtes zu sprechen. 

Wir sehen, dass seit­dem gro­ße Men­schen­men­gen auf unse­ren Stra­ßen für Demo­kra­tie und gegen Plä­ne rech­ter Krei­se demons­trie­ren, Men­schen mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund (mit und ohne deut­schen Pass) abzu­schie­ben. Es ist schön, wie so vie­le für und nicht gegen etwas demonstrieren. 

In die­ser Atmo­sphä­re den­ken wir ver­mut­lich zu wenig dar­an, wie das auf vie­le der Mil­lio­nen von Men­schen (Freun­de, Kol­le­gen, Mit­bür­ger) wirkt, die von den Depor­ta­ti­ons­plä­nen der extre­men Rech­ten hören und sich bedroht fühlen. 

Schon seit einer Wei­le schrei­be ich hier kri­tisch über die Migra­ti­ons­po­li­tik der Bun­des­re­gie­run­gen. Bei eini­gen mei­ner Leser kommt das nicht gut an. Ich kri­ti­sie­re die Non­cha­lance, mit der das The­ma behan­delt wird. Das Poten­zi­al für gesell­schaft­li­che Spal­tung schien eben­so gewal­tig wie bedroh­lich. Der Auf­stieg der AfD hat für mich mit dem Unwil­len und poli­ti­schen Unver­mö­gen die­ser Regie­rung zu tun.

Dass das aller­dings nur eine Sei­te der Medail­le ist, habe ich ignoriert. 

Es ist klar, dass wir Migra­ti­on brau­chen. Man­che kri­ti­sie­ren, dass mehr­heit­lich die Fal­schen zu uns kämen. Ande­re skan­die­ren, dass kein Mensch ille­gal sei. Vie­le Migran­ten ver­fü­gen über kei­ne guten Vor­aus­set­zun­gen für unse­ren Arbeitsmarkt. 

Hun­dert­tau­sen­de leben bei uns in einem Dul­dungs­sta­tus, nach­dem ihre Asyl­ver­fah­ren rechts­gül­tig abge­schlos­sen wur­den. Die Abschie­be­hin­der­nis­se sind bekannt. Die Regie­rung fin­det (trotz Son­der­be­auf­trag­tem) bis­her kei­ne Lösun­gen für die Pro­ble­me, die ande­re Rechts­staa­ten übri­gens mit uns teilen. 

Es ist fatal, dass Medi­en (einschl. der aso­zia­len) die Nei­gung zu Ver­ein­fa­chun­gen för­dern und die dif­fe­ren­zier­te Sicht auf die Lage beein­träch­tigt, wenn nicht ver­hin­dert. Das Ergeb­nis ist die satt­sam dis­ku­tier­te Pola­ri­sie­rung der Gesell­schaft. Aber das ist nur ein auf der Hand lie­gen­der Nachteil.

Mil­lio­nen Deut­sche: Kein Recht auf Hei­mat? | Das Ers­te – Pan­ora­ma – Sen­dungs­ar­chiv – 2024

Sol­che Din­ge spie­geln kaum wider, was sich in migran­ti­schen Com­mu­ni­tys abspielt. Es ist nichts­des­to­we­ni­ger ein nahe­lie­gen­der Reflex auf die zu ein­sei­ti­ge Beschäf­ti­gung der Gesell­schaft mit dem, was als Migra­ti­on ver­stan­den oder auch nicht ver­stan­den wird. 

Wie­so haben mich die­se sech­zehn Minu­ten „Pan­ora­ma“ mit Moha­med, Asha, Mo und Offa1 über­haupt so beein­druckt? Sie alle sind in Deutsch­land gebo­ren. Wie sie emp­fin­den und den­ken, jetzt, nach­dem „Cor­rec­tiv“ das offen­leg­te, was AfD-Leu­te seit Lan­gem for­dern, ist nicht über­ra­schend, son­dern sehr nachvollziehbar. 

Wie soll­te Inte­gra­ti­on funk­tio­nie­ren, wenn mehr als einem Vier­tel der Gesell­schaft (mit migran­ti­schem Hin­ter­grund, Ten­denz zuneh­mend) von der Mehr­heits­ge­sell­schaft durch Debat­ten und zahl­lo­se Ein­zel­bei­spie­le im täg­li­chen Leben das Gefühl ver­mit­telt wird, nicht will­kom­men zu sein? Ein biss­chen trös­ten mich Moha­meds Wor­te. Nicht, weil er mehr­fach sag­te, dass er Deutsch­land lie­be, son­dern dass er mit dem All­tags­ras­sis­mus in die­sem Land schon irgend­wie klar­kä­me. Das, so scheint mir, ist Grö­ße. Und die Art von Resi­li­enz, von dem in ande­ren Zusam­men­hän­gen gern bei uns schwa­dro­niert wird. 

Einen Men­schen wie Moha­med wür­de ich gern per­sön­lich ken­nen. Er ist ein Jun­ge aus dem Leben. Boden­stän­dig und mit kla­rem Kom­pass. Über­haupt waren mir die vier jun­gen Leu­te, die sich im Bei­trag prä­sen­tiert haben, sehr sym­pa­thisch. Klar, man kann fra­gen, was ich damit sagen will. Oder behaup­ten, es hand­le sich um aus­ge­such­te Bei­spie­le, um den Gedan­ken­wahn­sinn der Rech­ten zu brandmarken. 

Auch der WDR macht gele­gent­lich Abste­cher ins rea­le Leben und stellt posi­ti­ve Bei­spie­le zur Inte­gra­ti­on vor. Wenn ich sie sehe, bin ich dank­bar dafür. Ich wür­de gern mehr davon sehen. 

Für die Zukunft habe ich mir vor­ge­nom­men, weni­ger auf das zu geben, was ich in den Medi­en über Migran­ten kon­su­mie­re. Ich will dif­fe­ren­zier­ter über das The­ma den­ken und berich­ten, als ich das zuletzt, aus Sor­ge um den Zusam­men­halt der Gesell­schaft, getan habe. 

  1. Die voll­stän­di­gen Namen wer­den mit Aus­nah­me von Moha­med im Bei­trag nicht aus­ge­schrie­ben. Ob ich die Vor­na­men rich­tig geschrie­ben habe, weiß ich des­halb nicht. Ver­mut­lich hat das Grün­de. ↩︎
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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Deutschland Integration Migration

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2 Gedanken zu „Was denken Migranten über ihre Rolle in unserer Gesellschaft?“

  1. Dan­ke für dei­nen Bei­trag, @Horst, und den sehr inter­es­san­ten Link zu „Pan­ora­ma“.

    Ich den­ke, so lan­ge wir mit unse­ren Füßen auf dem fes­ten Boden einer sozi­al ver­bun­de­nen, huma­ni­tä­ren und gerech­ten Gesell­schaft ste­hen, ist Offen­heit nach allen Sei­ten, für jeden von uns, ein Erkenntnisgewinn.

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