Können Paywalls der Demokratie schaden?

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Wenn sich Autoren kri­tisch über Pay­walls äußern, ihren Arti­kel mit der Über­schrift „Demo­kra­tie stirbt hin­ter Pay­walls“ ver­se­hen und die­ser hin­ter so etwas ver­schwin­det, hat das doch was – oder? Der Autor Richard Sten­gel, The Atlan­tic, hat die­ses Para­do­xon sogar in sei­nem Text erwähnt.

Den Hin­weis auf den Arti­kel erhielt ich durch die Lek­tü­re bei Tho­mas Gigold bzw. Ste­fan Pfeif­fer. Ich füh­le mich in mei­ner skep­ti­schen Hal­tung zu Pay­walls bestä­tigt, wenn­gleich mein Haupt­punkt über­wie­gend tech­ni­scher Natur war. Auch die­ser Punkt wur­de in den ver­link­ten Tex­ten bespro­chen. Ich mei­ne das Schei­tern von Blend­le vor eini­ger Zeit.

Informationen hinter Paywalls

Dabei ist mir nicht etwa ent­gan­gen, dass die „frei zugäng­li­chen“ Fund­stel­len bei vie­len Recher­chen immer rarer wer­den. Arti­kel, die mich auf­grund ihrer Inhal­te oder Autoren beson­ders inter­es­sie­ren wür­den, sind hin­ter Pay­walls ver­steckt. Ich zäh­le nicht zu denen, die sich mas­sen­haf­te Abos leis­ten könn­ten. Inwie­weit es aller­dings zutrifft, dass ein Ungleich­ge­wicht zwi­schen den Anbie­tern (Web­sites) bzw. libe­ra­len und rechts-kon­ser­va­ti­ven Arti­kel­in­hal­ten exis­tiert, kann ich nicht nachprüfen.

Alternative Medien meist frei zugänglich

Mir genügt der sub­jek­ti­ve Ein­druck, dass die oft im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes schran­ken­lo­sen Tex­te sol­cher Publi­ka­tio­nen wie Focus, Tichy, Bro­der, Nius u.s.w. eine Wir­kung erzie­len, die durch ent­spre­chen­de Gegen­re­de nicht kor­ri­giert wer­den. Regie­rungs­kri­ti­sche oder ‑feind­li­che Bei­trä­ge sind dort nor­ma­ler­wei­se an der Tages­ord­nung. Aller­dings kann ich nicht behaup­ten, dass sich nicht auch links- oder grün­las­ti­ge Medi­en im Ton ver­grei­fen wür­den. Bei­de Lager neh­men sich da lei­der nichts.

Es ist etwas dar­an, dass die Pay­wall inso­fern für die Infor­ma­ti­ons­be­schaf­fung und ein gewis­ses Gleich­ge­wicht der poli­ti­schen Pole hin­der­lich sind. Aber kann man wirk­lich sagen, Pay­walls wür­den die Demo­kra­tie belas­ten? Schließ­lich haben wir doch in Deutsch­land immer­hin den öffent­lich-recht­li­chen Rund­funk. Nun, der soll – wenn es nach den vie­len kri­ti­schen Stim­men geht – nicht mehr in der Lage sein, sei­nen doku­men­tier­ten Auf­ga­ben neu­tral nachzukommen. 

Aufgabe des ÖRR

Der öffent­lich-recht­li­che Rund­funk hat den soge­nann­ten öffent­lich-recht­li­chen Pro­gramm­auf­trag zu erfül­len, der in den ent­spre­chen­den gesetz­li­chen Grund­la­gen ver­an­kert ist. Danach müs­sen die Pro­gram­me den Zuschau­ern und Zuhö­rern umfas­send und aus­ge­wo­gen Infor­ma­ti­on, Bil­dung, Kul­tur und Unter­hal­tung anbie­ten. Dabei sind auch bestimm­te jour­na­lis­ti­sche und ethi­sche Prin­zi­pi­en ein­zu­hal­ten.
Quel­le

Was könn­te bes­ser lau­fen? Die Ver­su­che, ein­zel­ne Arti­kel aus dem Ange­bot von Medi­en zu ver­kau­fen (Blend­le u.s.w.) sind lei­der geschei­tert. Ich hät­te mir das anders gewünscht, weil inter­es­sier­te Leser – theo­re­tisch jeden­falls – auf die­se Art und Wei­se an wich­ti­ge Infor­ma­ti­ons­quel­len und Mei­nungs­bei­trä­ge kämen, die durch feh­len­de Abos nicht zugäng­lich blei­ben. Ander­seits müs­sen die Anbie­ter ihre wirt­schaft­li­che Exis­tenz sichern. 

Es gibt Medi­en, die güns­ti­ge Abos anbie­ten (in den USA wäre das etwa die NYT).

Aber sol­che Ange­bo­te sind hier rar, jeden­falls sei­tens der gro­ßen Anbie­ter. Für ein Spie­gel-Abo zahlt man nor­ma­ler­wei­se ca. 20 Euro im Monat. Das ist mir zu teu­er. Und dau­ernd zu kün­di­gen, um die Ange­bot nut­zen zu kön­nen, ist auch nicht der Bringer. 

Gefahr für die Demokratie? 

Wenn der Ein­fluss der Medi­en so gra­vie­rend ist, wie in man­chen Kom­men­ta­ren zu lesen ist und die Gefah­ren für die Demo­kra­tie durch bestehen­de Tech­ni­ken (Pay­walls) doch so hoch sind, soll­ten wir schleu­nigst zu klü­ge­ren Lösun­gen kom­men. Ob die Öff­nung bestimm­ter sai­so­na­ler The­men (Wah­len, Pan­de­mie) da wirk­lich weiterhilft? 

Wenn wir Kon­su­men­ten die Erwar­tung haben, unse­re Infor­ma­tio­nen im Inter­net kos­ten­los zu bekom­men, ist das nicht nur die „ande­re Sei­te“ eines kom­ple­xen Gesche­hens, son­dern es zeigt, wie dring­lich alter­na­ti­ve Lösun­gen gebraucht wer­den. Die Ansprü­che haben sich lei­der schon ver­fes­tigt. Meh­re­re Abos wer­den sich die meis­ten nor­ma­len Leu­te heut­zu­ta­ge nicht leis­ten wol­len, glau­be ich.

Alles fließt?!

Aber viel­leicht ändert sich ja auch etwas (Die­se Info /​Stu­die stam­men aus 2023):

Die zen­tra­len Ergeb­nis­se 84 Pro­zent der Haus­hal­te besit­zen min­des­tens ein kos­ten­pflich­ti­ges Medi­en­abo – im Schnitt wer­den sie­ben Abos pro Haus­halt genutzt. Durch­schnitt­lich 41 Euro gibt jeder Haus­halt monat­lich für Medi­en­abos aus – die Leser*innen regio­na­ler Tages­zei­tungs­mar­ken sogar 62 Euro. Mit einem Anteil von 76 Pro­zent sind kos­ten­pflich­ti­ge Video-Strea­ming-Diens­te in den Haus­hal­ten am stärks­ten ver­brei­tet. Um Geld zu spa­ren, wür­den 19 Pro­zent bei Audio- und Strea­ming-Diens­ten den Rot­stift anset­zen – bei Zei­tun­gen und Zeit­schrif­ten dage­gen nur neun Pro­zent.

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Demokratie Einseitigkeit Informationsquellen medien Paywall Trump

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12 Gedanken zu „Können Paywalls der Demokratie schaden?“

  1. Wenn die Ergeb­nis­se der o.g. Stu­die tat­säch­lich die Rea­li­tät abbil­den soll­ten, gäbe es über­haupt kein Pro­blem mit Infor­ma­tio­nen hin­ter Pay­walls, das auch nur halb­wegs inter­es­sant zu bespre­chen wäre.

    Die Welt der Ver­brei­tung und Nut­zung media­ler Inhal­te wäre völ­lig in Ordnung.

  2. Ich den­ke, viel­leicht nicht die Demo­kra­tie, aber min­des­tens der Mei­nungs­viel­falt scha­den die Pay­walls. Ich ver­ste­he ja, dass man für guten Jour­na­lis­mus anstän­dig bezahlt wird.

    In den Anfän­gen der Pay­walls konn­ten Arti­kel noch ein­zeln gekauft wer­den, wozu ich auch durch­aus bereit wäre. 

    Solan­ge Arti­kel an einem teu­ren Abo hän­gen, nut­ze ich 12ft​.io oder das Web­ar­chiv archi​ve​.ph. Übri­gens ganz legal, da die Nach­rich­ten­be­trei­ber ihre Sei­ten ohne Pay­wall ins Netz stel­len, damit Goog­le sie indi­zie­ren kann. 

    Der Goog­le-Craw­ler spei­chert bei jedem Craw­ling eine Kopie der Web­site , die mit dem Web­ar­chiv gesucht wer­den kann. Es wer­den also kei­ne Pay­walls „geknackt“, son­dern ledig­lich die zum Indi­zie­ren pay­wall­frei­en Sei­ten auf­ge­ru­fen – und das ist mei­nes Wis­sens nicht ver­bo­ten 🙂 Lei­der funk­tio­niert das nicht für jede Nachrichtenseite.

  3. Es ist auch ein biss­chen eine Fra­ge der Wahrnehmung:
    Abo-Con­tent hin­ter der Pay­wall z.B. einer Tages­zei­tung ist aus mei­ner Sicht Con­tent für die Abon­nen­ten. Der ist gar nicht für mich als en-pas­sant-Besu­cher gedacht. Ich kann ja gar nicht z.B. die FAZ von heu­te online kau­fen, weil es dar­in heu­te rele­van­te Arti­kel über ein aktu­el­les Gesche­hen gibt. Es gibt gar kein Online-Pen­dant der ein­zel­nen Tages­zei­tung. Es gibt ledig­lich kos­ten­lo­sen Teaser-Con­tent und Abos. 

    M.a.W. wenn ich mich via Pres­se-Medi­en umfas­send über Welt­ge­sche­hen infor­mie­ren will, muss ich ent­we­der kom­plett kos­ten­lo­se Medi­en­an­ge­bo­te suchen oder kos­ten­pflich­ti­ge Abon­ne­ments abschließen. 

    Am Ende blei­ben mir also nur die gebüh­ren­fi­nan­zier­ten ÖR-Medien.

    In die­sem Sin­ne täuscht die­se Stu­die auch gehö­rig, indem sie audio­vi­su­el­le Strea­ming­me­di­en ein­fach mit Online-Zei­tungs-und Zeit­schrif­ten­abos zusam­men­wirft und der­art auf bloß schein­bar hohe Nut­zungs­zah­len kommt. Den Löwen­an­teil haben näm­lich die AV-Strea­ming­me­di­en, den sehr deut­lich klei­ne­ren Anteil die Abo-Infor­ma­ti­ons­me­di­en. Das sind zwei völ­lig ver­schie­de­ne Medi­en­ebe­nen, die man nicht inhalt­lich zusam­men­wer­fen kann. Das kann man klar sehen, wenn man sich die Zah­len dif­fe­ren­ziert anschaut. Erstaun­lich, dass die Stu­die trotz­dem zu die­sen IMO irre­füh­ren­den pau­scha­li­sier­ten Schluss­fol­ge­run­gen gelangt.

  4. @Horst Schul­te: @Horst Schul­te: Ja, ich den­ke, die Pay­walls haben ihren Anteil dar­an, dass so vie­le nach rechts­aus­sen ten­die­ren. Eben weil das gan­ze rechts­au­ßen-Gehet­zes frei zugäng­lich ist, aus­ge­wo­ge­ne­re und die­sem Trend kon­trä­re Medi­en­in­hal­te aber zah­lungs­pflich­tig sind – mit Aus­nah­me des ÖRR, der ent­spre­chend inten­siv als „rot-grün-ver­sifft“ gebasht wird. Ein Vor­wurf, der der Brei­te des ÖRR-Ange­bots in kei­ner Wei­se gerecht wird!

  5. @Horst Schul­te @Claudiaberlin Sehe ich eben­so. Am Ende ist es ein media­ler Kul­tur­kampf, und die Lun­te dar­an haben die Rechts­extre­men der ein­schlä­gi­gen Platt­for­men zuerst gero­chen. Die­se Platt­for­men haben bedarfs­wei­se Geld­ge­ber (und Spen­der) hin­ter sich, die die Gra­tis­ver­füg­bar­keit gewährleisten. 

    Die gan­ze Sache kann gar nicht anders sein als der­art asym­me­trisch, denn die Rechts­extre­mis­ten haben eine Agen­da, die sie kon­se­quent betrei­ben und ver­brei­ten. Die ande­re, demo­kra­ti­sche Sei­te, hat dage­gen – Nichts.

    Nein, nicht Nichts, sie hat online wie off­line Geschäfts­mo­del­le, die sie mit­tels Wer­bung oder Abo-Model­len finan­zie­ren wol­len. Da geht es um den Ver­kauf von Medi­en­pro­duk­ten. Jour­na­lis­mus befin­det sich genau in die­ser Geschäfts­mo­dell-Fal­le. Das vor­geb­li­che inhalt­li­che „Stel­len“ der rech­ten Agen­da fin­det hin­ter der Pay­wall statt, weil das Pro­dukt, in dem „gestellt“ wird, ver­kauft wer­den muss.

    Und dann sind da noch die ÖR-Medi­en, die gleich in zwei Fal­len stecken:
    dem Kon­strukt der poli­ti­schen Aus­ge­wo­gen­heit und damit der – nega­tiv aus­ge­drückt – (erwünsch­ten) poli­ti­schen Indif­fe­renz, und damit ver­bun­den einer gewis­sen Risi­ko­lo­sig­keit des jour­na­lis­ti­schen Daseins.

    Im Ide­al­fall sind ÖR-Medi­en des­we­gen auch nicht poli­tisch ver­ein­nehm­bar und wer­den von poli­ti­schen Extre­mis­ten (bei­der Sei­ten) bekämpft. Die Medi­en­welt der Extre­mis­ten dient aus­schließ­lich pro­pa­gan­dis­ti­schen Zwe­cken deren poli­ti­scher Agen­da, die­se Geschäfts­mo­del­le des Schein-Jour­na­lis­mus der Art Tichy, Bro­der, Rei­chelt, Com­pact, Sprin­ger uvam. sind rela­tiv leicht finan­zier­bar und des­we­gen so wirkungsvoll.

    Ich sehe lei­der auch nicht, wie die­se Asym­me­trie auf­ge­ho­ben wer­den könnte…

  6. Mir ist bewusst, dass es ein star­kes Ungleich­ge­wicht in der Infor­ma­ti­ons­ver­tei­lung gibt und bestimm­te Grup­pen wie­der­um von den beschrank­ten Arti­keln der Kon­kur­renz pro­fi­tie­ren. Viel­leicht müss­te der ÖRR sei­nen Pro­gramm­auf­trag neu aus­rich­ten und man­che Unter­hal­tungs­sen­dung zuguns­ten mehr neu­tra­ler Bericht­erstat­tung, Infor­ma­ti­ons­be­reit­stel­lung und Auf­klä­rung ersatz­los strei­chen (mir wür­den da eini­ge grenz­de­bi­le Sen­dun­gen ein­fal­len 😉). Die Erwar­tungs­hal­tung der Kon­su­men­ten, das im Netz alles kos­ten­los zur Ver­fü­gung zu ste­hen hat – so falsch sie auch ist – wer­den wir lei­der nicht ändern kön­nen. Zumin­dest aber wäre ein nie­der­schwel­li­ges Ange­bot, ein­zel­ne Arti­kel gegen klei­nes Geld zu lesen, für den einen oder ande­ren sicher hilf­reich. Man kauft sich ja im Laden auch nur eine Zeitung/​Zeitschrift und schließt nicht gleich ein Jah­res­abo ab.

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