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Zwischen Fanatismus und Fairness: Wie sich der Fußball verändert

Über das Verhalten von Fußballfans, die zuneh­men­de Aggression im Stadion und die Frage, wie der Einfluss der Fans den Sport verändert.

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Ich kann gut ver­ste­hen, dass der Fußball so vie­le Fans hat. Man muss ihn nicht unbe­dingt selbst spie­len, um ihn toll zu fin­den. Gerade bei einer WM oder EM las­sen sich Menschen in Scharen hin­rei­ßen und ent­wi­ckeln mit­un­ter so etwas wie Expertise. Was die­se wert ist, kann man pau­schal nicht sagen. 

Der Streit um den nicht gege­be­nen Elfmeter hat mir gezeigt, dass mein per­sön­li­cher Abstand zu die­sem Sport gewach­sen ist. Ich hät­te ihn auch nicht gege­ben. Aber ich neh­me zur Kenntnis, dass die meis­ten Fachleute das anders beur­teilt haben. Außerdem gibts ja noch die 400.000 Petitionisten, die sich für eine Wiederholung des aus unse­rer Sicht ver­lo­ren gegan­ge­nen Sieges wie­der­holt sehen wol­len. Dazu habe ich schon was geschrieben!

Wie Fußballfans sich gebär­den, kön­nen wir an Bundesligaspieltagen immer wie­der erle­ben. Mich treibt auch des­halb schon lan­ge nichts mehr ins Stadion. Dass die Vereine es ableh­nen, die der Allgemeinheit anheim fal­len­den Kosten für die nöti­gen umfang­rei­chen Polizeieinsätze zumin­dest zum Teil zu über­neh­men, ist ein deut­li­ches Zeichen für staat­li­ches Versagen. Ja, ich ken­ne die ver­schie­de­nen Argumente – auch von Fan-​Aktivisten. Mein Verständnis kommt in die­ser Sache über null nicht hinaus. 

Gestern haben wir beim Halbfinale der Spanier gegen die Franzosen nicht nur ein gutes Match gese­hen (auch die Franzosen waren eigent­lich rela­tiv gut drauf, aber halt nicht so gut wie die Spanier). Wieder fie­len mir die Fans unan­ge­nehm auf. Die deut­schen Fans, wie ich wider­wil­li­ger Weise fest­stel­len muss­te. Die haben buch­stäb­lich jede Aktion des spa­ni­schen Linksverteidigers, Marc Cucurella, fre­ne­tisch aus­ge­pfif­fen. Mich hat die­ses per­ma­nen­te und lau­te Gepfeife der Türken in ihrem Viertelfinale gegen die Niederlande schon sehr gestört. So vie­le laut pfei­fen­de Fanatiker ertra­ge ich nicht! Aber ges­tern waren es die deut­schen „Fans”. Dieses Pfeifen war dem von Cucurella began­ge­nen Handspiels gewid­met, das eben nicht zu einem Elfer führ­te. Dieses Pfeifen deut­scher „Fans” bei jedem Ballbesitz des Spaniers war eine Unsportlichkeit ers­ter Güte. 

Unter die­sen Leuten waren ver­mut­lich vie­le, die sich hin­rei­ßen lie­ßen. Aber lasst euch gesagt sein: Das tut man nicht. Muss man den Menschen von Grund auf erklä­ren, was sport­li­che Fairness ist? Wohin ent­wi­ckelt sich das Drumherum im Fußball? Schon in den 1980ern gab es „Fans”, die den Fußball dazu benut­zen, ihren gewal­ti­gen Aggressionen Raum zu geben. Es fan­den bru­tals­te Gruppenkeilereien statt. Ich erin­ne­re mich, dass an die­sen Schlägereien Menschen betei­ligt waren, die nicht etwa aus der Unterschicht stamm­ten, son­dern die aka­de­misch gebil­det waren. Ich habe es damals schon nicht begrif­fen und die­se Erfahrungen haben mich wei­ter ein Stück vom Fußball ent­fernt. Die Schlägereien wild­ge­wor­de­ner Fans, die wir heu­te im Umfeld von Fußballspielen aller mög­li­chen Ligen erle­ben, bestär­ken mich in mei­ner nega­ti­ven Haltung.

Dass sich der Fußball, trotz mei­ner per­sön­li­chen Vorbehalte, wei­ter als Sportart Nr. 1 in unse­rem Land behaup­tet, hat nicht bloß mit Traditionen zu tun (das wohl auch), son­dern viel­leicht auch damit, dass es einen Einfluss der Fans auf die Strukturen gibt, der nicht uner­heb­lich ist. Möglicherweise wäre es gut, wenn der Einfluss die­ser Fans ein­mal kri­tisch hin­ter­fragt wür­de und er statt­des­sen nicht dafür gefei­ert wird, wenn die DFL durch deren Einfluss an Gestaltungsspielräumen ein­büßt. Generell kann man auch im Fußball den Aggressionen aus die­ser Gesellschaft nur mit kla­ren Maßnahmen begeg­nen, die auch Wirkung ver­spre­chen. Von wem wür­de man „kla­re Maßnahmen” über­haupt erwar­ten kön­nen? Die Fußballfunktionäre fal­len mir da nicht als ers­te ein. 

Auch Bundestrainer Julian Nagelsmann ist, wenn man so will, ein Fußballfunktionär. Aber einer, der sich durch sein Engagement für unse­re Fußballnationalmannschaft zuletzt vie­le Sympathien erwor­ben hat. Ich per­sön­lich hal­te sei­nen Auftritt für bemer­kens­wert. Ich bewer­te ihn nur posi­tiv. Für mich wür­de ich sogar sagen, dass der Mann mich mit sei­nem Statement zum Status quo in Deutschland äußerst posi­tiv berührt hat. Es war wohl­tu­end und schein­bar ein Stück weit über­fäl­lig. All die poli­ti­schen Scharmützel und die zum Teil defä­tis­ti­schen Kommentare (gell, Frau Löhr – FAZ!) habe ich so satt. Es ist auch mir klar, dass unser Land nicht durch eine her­vor­ra­gen­de Leistung der Fußballnationalmannschaft wäh­rend eines Turniers von all dem geheilt wer­den kann, was auf uns ein­ge­stürmt ist und was uns bedrückt. Aber Nagelsmann Worte haben gewirkt, auch wenn man sie nicht zu hoch bewer­ten sollte. 


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