Zwischen Moral und Pragmatismus: Eine Betrachtung deutscher Debatten anhand zweier Beispiele

Meine Sicht auf „X“ bzw. Social Media und unsere moralinsaure Diplomatie.
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Die in Deutschland geführten Diskussionen über die Nutzung von „X“ laufen parallel zum lauten Genöle über Elon Musk. Wenn deutsche Politiker Menschen in anderen Ländern erzählen, was zu tun ist, um z.B. Klimaneutralität zu erreichen oder wie humane Politik geht, ist das voll ok. Aber: Was erlauben Musk?

Demokratie: Abgrenzung und Verbote

Statt pragmatisch mit derlei exotischen Ansichten umzugehen, erleben wir eine Zunahme von Ausgrenzungs- und Verbotstendenzen. Auch für Menschen in Deutschland. Selbst im Bereich der Satire registriere ich zu meinem Leid, dass über TV-Sendungen wie „Heute Show“ oder „Die Anstalt“ richtungsweisendes Denken vermittelt wird. Es tröstet mich nicht, dass Dieter Nuhr die Gegenseite bedient. Das sind elende Veranstaltungen, die mir keinen Unterhaltungswert mehr bieten.

Die Rechten reden nicht zu Unrecht vom betreuten Fernsehen.

Musk ist nicht nett.

Ich interpretiere Musk Ansagen im Hinblick auf die AfD als solche. Lassen wir den Idioten doch mehr Spielraum. Die werden auf die eine oder andere Art bald erfahren, wohin ihre Politik sie und ihr Land bringt. Musk und „Welt“ – das passt doch wie die Faust aufs Auge. Überhaupt sollte man mehr nach der Rolle unserer Medien fragen. Die haben viel Dreck am Stecken!

Dass sich die Welt um unsere deutschen Befindlichkeiten einen feuchten Kehricht schert, sollten wir Deutsche allmählich begreifen. Vor allem die, die sich eben nicht als nationalistisch eingestellte Bürger verstehen, sondern als weltoffen und liberal. Deshalb sollten aus meiner Sicht alle längst eingesehen haben, dass es unvernünftig und gegen unsere Interessen wirkt, wenn unsere Politiker den Verantwortlichen anderer Nationen krampfhaft deutsche Sichtweisen vermitteln wollen.

Schenk mal ein

Wenn unsere Außenministerin von unseren Medien dafür gelobt wird, dass sie chinesische Regierungsmitglieder brüskiert oder den russischen Außenminister „in die Schranken“ verweist, so ist das beim besten Willen nicht als diplomatischer Erfolg zu verbuchen. Ich finde, Helmut Schmidt hat dazu kluge Dinge gesagt. Egon Bahr prägte die simple, im Land jedoch kaum verfangene Weisheit:

In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt.

Atomenergie an vielen Stellen auch zur Durchsetzung der Erfordernisse unseres Klimas

Atomkraftwerke werden hier nicht mehr gebaut – vermutlich auch nicht mit einer unionsgeführten Regierung. Dabei haben die Verantwortlichen in anderen Ländern begriffen, dass nur mit ihr eine prosperierende und vor allem eine CO2-reduzierte Welt machbar ist. Ich denke an die Energie- und Umweltpolitik der Schweden, die (trotz sozialdemokratischer Regierung) ihre Energiepolitik angepasst hat. Wäre ein solcher Schritt auch in Deutschland möglich? Ich habe Zweifel.

Die schwedische Regierung hält die Atomkraft für einen entscheidenden Baustein auf dem Weg in eine klimafreundlichere Zukunft. Die Klimawende mit der Elektrifizierung von Industrie und Verkehr erfordere eine Verdopplung der Stromproduktion, und die Kernkraft müsse einen großen Anteil dieser Zunahme ausmachen, sagte Klima- und Umweltministerin Romina Pourmokhtari.

Quelle

Diese Art doppelbödiger deutscher Uneinsichtigkeit erleben wir auch im Umgang mit „X“ dem vor allem in Deutschland massiv in der Kritik stehenden asozialen Netzwerk. Seit Musk das Netzwerk übernommen hat, wollen bestimmte Leute ihre Meinungsführerschaft immer wieder mal aufblitzen lassen. Sie empfehlen den Abschied von der Plattform und initiieren sogar Kampagnen mit dem Ziel, diesen Abschied in signifikanten Größenordnungen herbeizuführen. Indes: Es geht nicht voran, und ich finde das bezeichnend für die von mir beschriebene (deutsche) Eigenart, die oft lächerlich wirkt.

X verlassen oder dort weniger lesen?

Natürlich kann man „X“ verlassen. Aber das ist doch Ansichts- und vor allem Privatsache. Wenn es wirklich so schrecklich ist, dass Musk, die Russen, die Chinesen oder wer auch immer, über die entsprechenden Medien („X“, Telegram oder TikTok) Einfluss auf unsere Wahlen nehmen, dann sollte man überlegen, was mit dem politischen Bewusstsein unserer Menschen passiert ist! Verfügen wir über so wenig Resilienz?

Im Übrigen arbeitet die AfD an der Verbreitung ihres Gifts in den asozialen Medien schon lange auf eine Art und Weise, die Söders oder Scholz‘ Bemühungen, dort Fuß zu fassen, schrecklich alt aussehen lassen. Um nicht zu sagen: lächerlich!

X hat keine schlechte Prognose, trotz unserer deutschen Kampagnen

„X“ hat auch in Deutschland, wo es traditionell nutzertechnisch nie besonders stark herausstach, immer noch stabile Zahlen. Das gilt auch für die Prognose der nächsten Jahre. Da frage ich mich als Nutzer, der seinen Premium-Account nach 2 Monaten wieder aufgegeben hat, was diese Hysterie eigentlich soll. Wenn ich diesen Mist nicht sehen will, besuche ich die Seite nicht, sondern wende mich meinem Account bei Mastodon oder Bluesky zu. Ok, da passiert zwar immer noch zu wenig, aber ich habe halbwegs Ruhe vor denen, die mir politisch nicht in den Kram passen. Und darum geht es ja – leider.


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Ich kann die Leute nicht ändern, aber meinen Blick auf sie.

Artikelinformationen:

Gesellschaft, Medien

Meinungsfreiheit, , Weltpolitik

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2 Gedanken zu „Zwischen Moral und Pragmatismus: Eine Betrachtung deutscher Debatten anhand zweier Beispiele“

  1. Politiker und Moralapostel müssen sich schnellstens abgewöhnen, den Deutschen die Welt zu erklären und für sich in Anspruch zu nehmen, möglichst alles zu reglementieren. Musk Geschreibsel ist das Papier nicht wert, auf dem es gedruckt worden ist, aber die moralische Debatte darum, hat der AFD sicher wieder ein paar Zehntel an Zustimmung gebracht.

    Wir haben sicher andere Probleme als die Meinungsäußerung eines exzentrischen Milliardärs zu kommentieren. Die Politik ist gut beraten, sich endlich um die Dinge zu kümmern, die genau dazu führen, dass polemische Äußerungen sich in der Öffentlichkeit verfangen und haften bleiben. Leider sehe ich auch niemanden mehr mit dem Format eines Helmut Schmidt oder Egon Bahr.

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  2. @Peter Lohren: Ja, die kapieren nicht, dass sie mit der Diskussion über diesen Hilfssheriff von Trump den Rechten in die Karten spielen. Armselig und dumm. Nein, Leute vom Format eines Helmut Schmidt oder Egon Bahr sind wohl ausgestorben. Ich entdecke jedenfalls keine.

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