Weshalb geben wir uns beim Datenschutz so widersprüchlich?

Das Leben mit tech­ni­schem Fort­schritt steht im Kon­trast zu den Daten­schutz­an­sprü­chen vieler

HS230625

Horst Schulte

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Vie­le zei­gen uns umsich­tig und schnell alar­miert, wenn es um den Daten­schutz, genau­er: den Schutz ihrer Daten, geht. Ande­re ver­hal­ten sich erstaun­lich indif­fe­rent. Wie oft muss die Maus wäh­rend einer durch­schnitt­li­chen Inter­net­sit­zung kli­cken, um alle Keks – War­nun­gen anzuerkennen? 

Wer liest schon die Daten­schutz­er­klä­rung einer Web­site oder wenigs­tens den kur­zen Text vor der „OK“- oder „Ein­ver­stan­den“ – Schalt­flä­che? Die Popups ner­ven sowie­so und ande­re For­men der Dar­bie­tung sind nicht weni­ger lästig.

Datenschutz und neue Geschäftsmodelle

Manch­mal fra­ge ich mich, ob es nicht ein erfolg­ver­spre­chen­des Geschäfts­mo­dell wäre, Abos hin­ter den Schalt­flä­chen „OK“ oder „EINVERSTANDEN“ zu ver­ste­cken? Die nöti­gen Daten wären sicher irgend­wie zu beschaf­fen. Wozu gibt es schließ­lich die Coo­kies? Bestimmt gibt es das schon. Oder lest ihr etwa die Tex­te vor und neben den ein­schlä­gi­gen Schalt­flä­chen? Nicht, dass ihr irgend­wann mal eine neue Wasch­ma­schi­ne bestellt, weil ihr den Text vor der Schalt­flä­che nicht gele­sen habt!

Der BND hat als ein­zi­ger Aus­lands­nach­rich­ten­dienst Deutsch­lands die Auf­ga­be, Infor­ma­tio­nen zu sam­meln und aus­zu­wer­ten, die zur Gewin­nung von Erkennt­nis­sen über das Aus­land, die von außen- und sicher­heits­po­li­ti­scher Bedeu­tung für die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land sind, not­wen­dig sind (§ 1 BNDG). 

was macht der bnd – Goog­le-Suche

Gefahren für den Datenschutz, die unterschiedlich wahrgenommen werden

Erwei­tern wir den Scope des The­mas nur ein wenig, sto­ßen wir auf erheb­li­che Widersprüche. 

Wir ver­bie­ten dem BND sei­ne Arbeit zu tun, stel­len uns ande­rer­seits aber frei­wil­lig Ama­zons „Ale­xa“ oder Goo­gles „Home“ in min­des­tens ein Zim­mer unse­rer Refugien. 

Dass mit die­ser Tech­nik pri­va­tes­te Gesprä­che abge­hört (über­wacht?) wer­den kön­nen, erscheint den einen (mir übri­gens auch!) weni­ger rele­vant als ande­ren jene Coo­kies, die für unter­stellt hin­ter­lis­ti­ge Zwe­cke ein­ge­setzt wer­den könn­ten oder die Exis­tenz­grund­la­ge des Bun­des­nach­rich­ten­diens­tes. Sie besteht nun ein­mal aus der Infor­ma­ti­ons­be­schaf­fung. Viel­leicht ist für vie­le die ehr­li­che­re Fra­ge, ob man Nach­rich­ten­diens­te nicht gene­rell abschaf­fen soll­te. Man­che fän­den das sicher rich­tig. Weil sie sich so weit aber nicht aus dem Fens­ter hän­gen wol­len, for­dern sie lie­ber Din­ge, die ja irgend­wie popu­lär sind.

Ich bin gespannt, wann das „Pro­blem­be­wusst­sein“ in Deutsch­land soweit fort­ge­schrit­ten sein wird, dass Gäs­tin­nen und Gäs­te vor dem Betre­ten der Woh­nung eine Frei­stel­lungs­er­klä­rung zur Unter­schrift vor­ge­legt wird. Mot­to: „Bei uns wird mög­li­cher­wei­se abgehört“. 

Schutz der Privatsphäre in der Wohnung

Wer zu Freun­den zu Besuch kommt, erwar­tet schließ­lich nicht, dass jed­we­der Inhalt pri­va­tes­ter Gesprä­che bei Goog­le, Ama­zon, NSA, CIA oder am Ende auf Umwe­gen doch beim BND lan­den könnte. 

Wir ver­drän­gen, dass sol­che Sze­na­ri­en kei­ne Sci­ence-Fic­tion dar­stel­len. Wäh­rend sich die einen immer noch dar­über amü­sie­ren, dass die Daten­kra­ke Inter­net von Unwis­sen­den als #Neu­land bezeich­net wird, zeigt die über­gro­ße Mehr­heit nur dann eine gewis­se Sen­si­bi­li­tät, wenn das The­ma sehr kon­kre­te For­men annimmt. Wer schon einem Inter­net­be­trug zum Opfer gefal­len ist, ist viel­leicht vor­sich­ti­ger als jemand, der das Inter­net nur sel­ten und spo­ra­disch nutzt und auch des­halb noch kei­ne nega­ti­ven Erfah­run­gen gemacht hat. 

Es gibt vie­le Akti­vis­ten, die sich für den Daten­schutz ein­set­zen. Wie sie aller­dings gegen das Inter­es­se einer gro­ßen Zahl von Men­schen an hoch­in­ter­es­san­ten Pro­dukt­in­no­va­tio­nen ankom­men soll, gibt Rät­sel auf. 

Cloud und Smart-Speaker

Neh­men wir allein die Debat­ten um die Cloud-Nut­zung oder das aktu­el­le­re Bei­spiel über die Smart-Spea­k­er. Man­che ver­zich­ten auf die Nut­zung von Goog­le-Dri­ve, weil ihnen die Sicher­heit ihrer Daten über alles geht, ande­re hän­gen sich ihre Woh­nung nicht mit „Wan­zen“ voll, weil sie dabei ein ungu­tes Gefühl haben. Aber den­ken die­je­ni­gen auch dar­über nach, dass die Gefah­ren der Nut­zung ihres Smart­phones nicht noch höher ein­zu­schät­zen sein könnten? 

Der Ver­zicht auf ein Smart­phone mutet heu­te fast exo­tisch an. Wahr­schein­lich haben sich die Sicher­heits­stan­dards gegen­über der Anfangs­zeit von 2007 deut­lich erhöht. Aber bie­ten sie mit all den schi­cken Fea­tures, die wir nur zu gern nut­zen, nicht viel höhe­re Gefah­ren­po­ten­zia­le als ein Smart-Spea­k­er im Wohn­zim­mer? Ich weiß es nicht. Ganz sicher aber lohnt es sich, die Fra­ge nach der Sicher­heit unse­rer Daten zu stellen. 

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Datenschutz

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4 Gedanken zu „Weshalb geben wir uns beim Datenschutz so widersprüchlich?“

  1. Ich den­ke mal wir Deut­schen über­trei­ben das mit dem Schutz unse­rer Daten. Vie­les leh­nen wir ab weil irgend etwas mög­lich wäre. Ich glau­be etwas mehr Ver­trau­en in die Din­ge wäre besser.

  2. Was soll man tun?
    Man wird unmög­lich kon­se­quent sein kön­nen, es sei denn, man will zum Son­der­ling oder Ein­sied­ler werden.

    Also kann man für sich selbst Din­ge (bzw. den Besitz von Din­gen) aus­schlie­ßen, die einem aus der per­sön­li­chen Sicht auf Daten­si­cher­heit pro­ble­ma­tisch erschei­nen. Man nutzt sie ein­fach nicht. Das kann bei eini­gen Din­gen leicht fal­len, bei ande­ren schwerer.

    Auf ande­re Din­ge, du nennst ja das Smart­phone, fällt der völ­li­ge Ver­zicht wahr­schein­lich wesent­lich schwe­rer. Dann bleibt nur die Mög­lich­keit, nach Wegen zu suchen, ob und wie man sol­che Din­ge daten­schutz­freund­lich „erzie­hen“ kann. Beim Smart­phone gibt es sol­che Mög­lich­kei­ten, auch wenn es nicht gelin­gen mag, die­se Gerä­te völ­lig pri­vat zu konfigurieren.

    Man muss ein­fach abwä­gen – aber man beschäf­tigt sich damit und ent­wi­ckelt eine bewuss­te Hal­tung dazu.

    Was mich irri­tiert, sind Men­schen, die über­haupt kei­ner­lei Sen­si­bi­li­tät für die Daten­schutz­pro­ble­ma­tik ent­wi­ckelt haben. Die gera­de­zu naiv alle neu­en „smar­ten“ Gad­gets assimilieren…

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