Erinnerungen an vergangene Zeiten, die nicht wiederkommen

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Ich weiß nicht, seit wann das Restau­rant geschlos­sen ist. Nach dem Zustand der Fas­sa­de (sie­he Foto) muss das schon eine Wei­le her sein. In die­sem Lokal waren wir oft mit Freun­den und haben viel Freu­de und lecke­res Essen genos­sen. Der Zahn der Zeit ver­schont halt auch nicht die Stät­ten unse­rer schöns­ten Erinnerungen.

Gleich gegen­über wur­de gera­de vor weni­gen Mona­ten ein rie­si­ges neu­es Ein­kaufs­zen­trum fer­tig. Die Umge­bung scheint unfer­tig und des­halb wenig ein­la­dend. Trotz­dem sind die Geschäf­te längst geöff­net. Wie auch immer, für eine Klein­stadt wie die­se hier gibts erheb­lich zu viel hel­len Beton. 

Im Ver­gleich mit ande­ren Orten in unse­rer Umge­bung scheint es hier im Städt­chen geschäf­ti­ger zuzu­ge­hen. Das mag aber auch am Wochen­tag lie­gen. Auch hier gibt es zu vie­le lee­re Geschäf­te. Ich mei­ne damit nicht feh­len­de Kun­den. Die Geschäf­te sind geschlos­sen, es wer­den Nach­mie­ter gesucht.

Eine klei­ne Ein­kaufs­pas­sa­ge mit­ten im Städt­chen wirkt ver­waist, obwohl eini­ge der Geschäfts­räu­me wie­der ver­mie­tet sind. Lei­der gibts aber sehr vie­le Leerstände.

Was sol­len die Ver­ant­wort­li­chen machen, um die Innen­stadt attrak­ti­ver zu machen? 

Heu­te gibts auch in die­ser Fuß­gän­ger­zo­ne vie­le Han­dy­lä­den aber kaum Ange­bo­te, die das Gesamt­bild auf­wer­ten und damit irgend­ei­ne Anzie­hungs­kraft ent­fal­ten wür­den. Es ist ein ver­gleichs­wei­se klei­nes Are­al, die­se Fuß­gän­ger­zo­ne. Trotz­dem ste­hen dort eini­ge gro­ße Laden­lo­ka­le leer. Die unver­meid­li­chen „Zu vermieten“-Schilder machen die Umge­bung noch eine Spur trister.

Wenn ich jetzt von frü­her ™ anfan­ge, wer­den man­che wohl die Nase rümp­fen und weiterklicken. 

Vor 40 Jah­ren war die Welt hier noch in Ord­nung. Nach der kom­mu­na­len Neu­glie­de­rung im Jahr 1975 hat sich die Bevöl­ke­rung der Stadt ver­vier­facht. Von damals bis heu­te stieg die Zahl der Ein­woh­ner noch­mals um ca. 22%. Im Rhein-Erft-Kreis gibt es 10 Städ­te. Im Ein­kom­mens­ver­gleich liegt die Kreis­stadt Berg­heim auf dem 5. Platz, lan­des­weit sogar nur auf Rang 117. Was hat der gro­ße Bevöl­ke­rungs­zu­wachs in den letz­ten Jahr­zehn­ten also gebracht? 

Erinnerungen an frühere Zeiten

Eine deso­la­te Innen­stadt und das Gefühl, dass nichts bes­ser wird. Die Stadt Ker­pen liegt im Ein­kom­mens­ver­gleich sogar noch schlech­ter als Berg­heim. Das Durch­schnitts­ein­kom­men eines Steu­er­pflich­ti­gen beträgt dort nur 35.990 Euro und ran­giert damit im Ver­gleich der Städ­te im Kreis auf Rang 6 von 10. Lan­des­weit beklei­det Ker­pen Rang 127. Bedburg, mei­ne Hei­mat­stadt ran­gier­te noch wei­ter hinten. 

Ein ähnliches Gesicht der Städte

Wir wer­den nicht ver­hin­dern, dass immer mehr deut­sche Städ­te ähn­lich aus­se­hen wer­den. Das liegt nicht nur dar­an, dass sich der Han­del auf­grund des wach­sen­den Ein­kaufs­vo­lu­mens über Online-Händ­ler struk­tu­rell ver­än­dert und Kauf­an­rei­ze des sta­tio­nä­ren Han­dels (Preis, Ser­vice, Ein­kaufs­er­leb­nis) nicht mehr hin­rei­chend gewähr­leis­tet wer­den kön­nen. Aus nahe­lie­gen­den Grün­den macht es auch wenig Sinn, die heu­te aus den Städ­ten aus­ge­la­ger­ten spe­zi­fi­schen Geschäfts­be­rei­che in die Innen­städ­te zurück­zu­ver­la­gern. Wer braucht Bau- oder Möbel­märk­te, Dis­coun­ter schon in der Innen­stadt. Dafür sind die Park­plät­ze gar nicht vorhanden. 🙂

Neben den unmit­tel­bar Beschäf­tig­ten in Kraft­wer­ken und Tage­baue bestehen eben­so Sor­ge und Ängs­te vor Arbeits­ver­lus­ten in der ener­gie­in­ten­si­ven Indus­trie. In den Berei­chen Alu­mi­ni­um, Stahl, Che­mie, Glas und Papier arbei­ten über 90.000 Men­schen in den Regio­nen Aachen, Düs­sel­dorf und Köln. Die ener­gie­in­ten­si­ven Unter­neh­men befürch­ten bei einem vor­zei­ti­gen Aus­stieg aus der Braun­koh­le stark stei­gen­de Strom­prei­se. Gui­do van den Berg woll­te in die­sem Zusam­men­hang wis­sen, wie die Lan­des­re­gie­rung Schutz­maß­nah­men für die­se Beschäf­tig­ten errich­ten möchte.

Lan­des­re­gie­rung lässt Beschäf­ti­ge im Regen ste­hen › SPD Rhein-Erft

In eini­gen Städ­ten unse­res Krei­ses wird der Stel­len­ab­bau beim RWE eine Rol­le spie­len. Nicht nur für die betrof­fe­nen Arbeit­neh­mer (nicht nur die direk­ten, son­dern auch die bei Zulie­fe­rern und Dienstleistern). 

Erinnerungen an frühere Steuereinnahmen

Auch für die Steu­er­ein­nah­men eini­ger Städ­te und Gemein­den im Kreis wird die Luft noch ein­mal dün­ner. Dabei befin­den sich eini­ge längst unter dem Regime eines Haus­halts­si­che­rungs­kon­zep­tes. Die Fra­ge ist, wel­che struk­tu­rel­len Maß­nah­men tat­säch­lich dazu in der Lage sein wer­den, die Aus­wir­kun­gen die­ser Ver­än­de­run­gen abzu­mil­dern. Wie die Erfah­run­gen im Ruhr­ge­biet gezeigt haben, ist auch viel Geld kei­ne Garan­tie dafür, dass alles gut wird.

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Erinnerungen Geschichte

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6 Gedanken zu „Erinnerungen an vergangene Zeiten, die nicht wiederkommen“

  1. Gerhard 246 13. August 2020 um 00:46

    Vor vie­len Jah­ren war ich für 5 Tage in Ober­hau­sen. Wuss­te nicht, daß die Innen­stadt total ver­waist war. Aus­ge­hen konn­te man nur am Hafen, in einem eigens geschaf­fe­nen Zentrum.
    Das war vor knapp 10 Jah­ren ein klei­ner Schock.

  2. Ver­wais­te Innen­städ­te gibts über­all. Ich den­ke das liegt auch am geän­der­ten Ein­kaufs­ver­hal­ten. Wer kauft sei­ne Klei­dung noch im Geschäft? Nie­mand!!! Online ist bes­ser, und wenn es nicht passt wird es kos­ten­los zurück­ge­schickt. Wir machen da übri­gens auch mit.

  3. Sol­che Ein­drü­cke kön­nen ganz schön scho­ckie­rend sein. In Ober­hau­sen hat vllt die Errich­tung des rie­si­gen EKZ eine Aus­wir­kung auf die Innen­stadt. Die Leu­te kom­men nach Ober­hau­sen aber nicht dort­hin, wo vie­le sie wohl lie­ber sehen würden.

  4. Die Zunah­me des Online Han­dels hat gewiss viel Ein­fluss. Eige­ne Feh­ler der Betrei­ber wird es auch geben und die hohen Mie­ten in vie­len Innen­städ­ten könn­ten auch ne Rol­le spie­len. Dass man­che Kar­stadt- und Kauf­hof-Filia­le nun doch nicht geschlos­sen wird, hat ja damit zu tun,dass die Eigen­tü­mer der Immo­bi­li­en sich beweg­lich gezeigt haben. Aber lei­der ist das nicht immer mög­lich. Zudem fürch­te ich, dass das Kon­zept des Kauf­hau­ses kei­ne Zukunft hat.

  5. Habe ges­tern über das The­ma nach­ge­dacht. Wir alle fra­gen uns, bis in die Poli­tik hin­ein, wie wir der Ver­ödung der Innen­städ­te bzw. der Gewer­be­infra­struk­tur in den Innen­städ­ten durch Online­han­del o.ä. ent­ge­gen­wir­ken können.

    Viel­leicht ist das die fal­sche Frage.

    Mein Gedan­ke ist, das wir nicht fra­gen soll­ten, wie wir einen ver­lo­re­nen Zustand wie­der­erlan­gen kön­nen, son­der viel­mehr, wie wir uns unse­re Innen­städ­te (und die Klein- und Mit­tel­städ­te) in Zukunft vor­stel­len wollen.

    Tat­sa­che ist doch, dass sich die Struk­tu­ren im Moment ver­än­dern und wir ziem­lich rat­los dabei­ste­hen. Wir müs­sen das aber in die Hand neh­men und unse­re kom­mu­na­len Struk­tu­ren aktiv ver­än­dern. Wir müs­sen Zie­le ent­wi­ckeln für unse­re Lebens­um­welt schon in der abseh­ba­ren Zukunft.

    Ich kann mir z.B. vor­stel­len, dass aus den gro­ßen Ein­kaufs­stra­ßen (die Zeil in Frank­furt..) Wohn­stra­ßen wer­den mit der Art Gewer­be­infra­struk­tur, dir dort dann Sinn macht und funk­tio­niert. Nir­gend­wo steht fest­ge­schrie­ben, dass die­se Stra­ßen für alle Zeit Ein­kaufs­mei­len mit Groß-Gewer­be­im­mo­bi­li­en blei­ben müssen.

    Es ist alle­mal bes­ser, wenn Wan­del etwas ist, das wir bewusst voll­zie­hen, als etwas, das uns qua­si unbe­tei­ligt überkommt.

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