Lehmanns Brocken

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Den Ex-Nationaltorwart Lehmann moch­te ich noch nie. Auch nicht als Weltmeister. Ein komi­scher Typ, echt. Sperrig und unbe­quem gab er sich schon als jun­ger Fußballer. Mein «Urteil» des­halb: ober­fläch­lich und dumm. Er ist mir so ähn­lich, dass es schmerzt. 

Dabei weiß ich im Gegensatz zur Restöffentlichkeit nicht ein­mal, wes­halb Lehmann die­se Dummheit beging. Und dann die­ser Brüller. Schickt der Kerl ver­se­hent­lich das Ding nicht an den Sender, son­dern direkt an den Auslöser sei­nes Frustanfalls. Wie dumm muss man eigent­lich sein?

Ich rei­he mich öffent­lich auch ganz vor­bild­lich ein in die Top-Empörungsmannschaft der ers­ten Liga, die immer über alle Zweifel erha­ben ist und die schon über­haupt nie das N- oder Z‑Wort oder was ähn­lich Empörendes unre­flek­tiert bei Twitter oder irgend­ei­nem ande­ren aso­zia­len Netzwerk raus­haut. Ich besor­ge das hier im Blog. Da bleibt’s qua­si geheim, auch wenn der eine oder ande­re mei­ner lin­ken Freunde mit mei­nem Standpunkt über­haupt nicht ein­ver­stan­den sein sollte.

Alle waren sich einig. Für die­sen blö­den Satz muss der Mann blu­ten. Was er dann auch prompt tat. Er wur­de alle Ämter auf ein­mal los. Das ging inner­halb weni­ger Stunden. Ist das nicht toll! 

Genau so hal­ten wir es ab jetzt. 

Jeder, der blö­de Sprüche kloppt, springt über die Klinge. Wer das bestimmt, steht natür­lich auch längst fest. Das sind Grüne und Linke. Die haben alle Antworten und das Monopol auf ethisch-mora­lisch ein­wand­freie Gesinnung. Bisschen Schwund ist immer, wie man an Thierse oder Palmer bedau­er­li­cher­wei­se erken­nen muss.

Annalena Baerbock hat heu­te gleich den nächs­ten Querulanten geköpft. Das wird ihr in ihrem wach­sen­den Klientel natür­lich wei­te­re Punkte brin­gen. War die­se Republik nicht frü­her libe­ra­ler?

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Ich fin­de es nur so mit­tel, dass Baerbock auf den Tweet des grü­nen Brot- und Butter-Provokateurs Boris Palmer in so erwart­ba­rer Manier reagiert hat. Er habe jetzt nicht mehr die Unterstützung der Grünen, sag­te Baerbock sinn­ge­mäß in einem Tweet. Da wird der Boris aber über­rascht sein. 

Nee, was sich in unse­rem Land abspielt, nimmt Züge an, die ich vor ein paar Jahren für aus­ge­schlos­sen gehal­ten hätte. 

Da schreibt Sarah Wagenknecht ein gan­zes Buch über eine der größ­ten gesell­schaft­li­chen Fehlentwicklungen ever und kriegt Beifall von der «fal­schen Seite». Damit sind all ihre Gedanken über fal­sche Prioritäten, auf die ein Teil unse­res poli­ti­schen Spektrums in unse­rem Land ver­stärkt setzt, ent­wer­tet. Ernsthaft? 

Der SPD-Rauschebart Wolfgang Thierse hat­te sich vor eini­ger Zeit in der kon­ser­va­ti­ven FAZ dafür aus­ge­spro­chen, dass sich sei­ne Partei nicht so krass in Identitätspolitik enga­gie­ren sol­le und fing dafür von der Co-Parteivorsitzenden Esken einen Rüffel ein. Der gan­ze lin­ke Unterbau geriet ins Wanken, ob die­ser unglaub­li­chen Entgleisung Thierses. Dass der Mann ein­fach nur recht haben könn­te, däm­mert denen, die dabei sind, die­se Dummbeutelpolitik zum Zentrum deut­scher Gutmenschenpolitik auf­zu­bau­en, immer noch nicht. 

Mir fällt zu die­sen Debatten nur noch ein Spruch ein, der jeden­falls alles erklärt: Wenn’s dem Esel zu wohl ist, geht er aufs Glatteis.

Manche Herzen sind feist, der Kopf ohne Geist, doch wir glau­ben, das Glück stünd› uns zu; doch nach einem Schlag, ‹nem Schlag ins Genick, zieh’n wir uns belei­digt zurück. Ja, wenn’s dem Esel zu gut geht, dann trabt er aufs Eis, um zu tan­zen, wie jeder weiß; und er kichert und ziert sich, posiert unge­niert sich, bläht sich auf vor Eitelkeit, und er lie­ße sich mor­den für Ehren und Orden, ist lei­der vom Menschen nicht weit. Ja, wenn’s immer zu gut geht, stellt sich sel­ber ein Bein, na und dann, dann bricht er ein.

Hildegard Knef, Liedtexte: Wenn’s dem Esel zu gut geht

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10 Gedanken zu „Lehmanns Brocken“

  1. Respekt an den Autor von einem, der viel wei­ter mit­tig rechts steht. Gut und undog­ma­tisch ehrlich. 

    Ich für mich bin froh, dass ich nicht mal weiß, was N‑und Z- Wort bedeu­tet, ich habe kei­ne Lust, zu gen­dern oder sons­ti­gen Schwachsinn zu tei­len, ich lie­be mei­ne per­sön­li­che Freiheit, die der Sprache, des Denkens und des Schaffens. Die jet­zi­ge Generation befasst sich mit sehr rück­ge­wand­ten Themen, Leistung, Qualifikation, Schaffen und Helfen wird durch Fordern, Moralisieren und Dummreden ersetzt. 

    Das ist links und grün, aber auch Andere. Vielleicht die spä­te Selbstbestrafung der jet­zi­gen Generationen für die Greueltaten ihrer mor­den­den Großeltern. Dabei geht das Absolutistische, Bevormundende, Rechthaberische wie­der in genau die glei­che Richtung. Man wird die Geschichte wie­der­ho­len, vil­leicht mit ande­rer Färbung, ande­rem Kleid, unmerk­li­cher, aber mit ähn­li­chen Ergebnissen. 

    Schade, dass es kei­nen fähi­gen, wirk­lich her­aus­ra­gen­den Liberalismus gibt. Im rei­nen Sinne des Wortes. 

  2. Dem Lehmann ver­zei­he ich sei­ne Entgleisung glatt noch. Da bin ich echt gut­wil­lig, obwohl auch ich ihn per­sön­lich schon frü­her nicht beson­ders moch­te. Das sehe ich als eine Dummheit, die aus einer ziem­lich unre­flek­tier­ten Geisteshaltung her­aus folgt. Inzwischen haben sich Zeiten geän­dert, bestimm­te Begriffe ver­wen­det man nicht mehr im all­ge­mei­nen Sprachgebrauch, was ich auch gut fin­de. Früher hat man sie ver­wen­det, weil man mit ihnen auf­ge­wach­sen ist und nie grö­ßer dar­über nach­ge­dacht hat, WAS man damit eigent­lich aus­drückt. Heute ist aller­dings jeder gehal­ten, daüber nach­zu­den­ken, und das fin­de ich auch angemessen.

    Das er jetzt sei­ne «Jobs» ver­lo­ren hat, ist eine Folge, die ich viel­leicht nicht für der­art not­wen­dig befun­den hät­te, aber das geht vor­nehm­lich die Verantwortlichen an. Sei dem, wie es will.

    Palmer, Sarrazin und die AFD-Kohorten aller­dings sind ande­re Kaliber. Das sind in mei­nen Augen mehr oder min­der Rassisten, die ihre Positionen bewusst benut­zen, um gezielt und kal­ku­liert zu pro­vo­zie­ren und zu dif­fa­mie­ren. Das sind m.E. ideo­lo­gi­sche Brandstifter und (bei gege­be­ner Möglichkeit) unmit­tel­bar Täter. Und die schwim­men im Moment ziem­lich oben auf dem Bodensatz der Schei… und zün­deln, was das Zeug hält. 

  3. Ich glau­be, ich muss noch etwas kor­ri­gie­rend nach­tra­gen. Habe eben einen Beitrag von Rüdiger Suchsland in Telepolis gele­sen (ja, die Plattform, die heu­te oft nur noch ein Abklatsch des­sen ist, was sie frü­her ein­mal war), den er auf eine grü­ne «Cancel Culture» bezieht.

    Möglicherweise habe ich den aktu­el­len Aufreger um Boris Palmer falsch ein­ge­schätzt, in der Sache Dennis Aogo.

    Suchsland zitiert dort eine aus­führ­li­che­re Passage von Palmer zu Sache, die mir ziem­lich zu den­ken gege­ben hat. Diese Einlassung lässt die Angelegenheit, so den­ke ich, in einem etwas ande­ren Licht erschei­nen, als sie mir bis­her erschie­nen war.

    Lies (lest) ein­fach selbst dort, viel­leicht erkennt ihr, was mir zu den­ken gege­ben hat. Am bes­ten den gan­zen Beitrag von Suchsland.

    Möglicherweise war mein Urteil über Boris Palmer ein­fach unan­ge­mes­sen und pau­schal, ganz unab­hän­gig davon, wie der Mann übli­cher­wei­se rhe­to­risch zu pro­vo­zie­ren pflegt auf eine Weise, die mir aller­dings höchst unsym­pa­tisch ist. Aber das darf mei­ner­seits nicht zu pau­scha­len Abqualifizierungen einer Person füh­ren. Ich bege­he ja den­sel­ben Fehler, den ich ande­ren in den von mir nicht fre­quen­tier­ten «Sozialen Netzwerken» vorwerfe.

    M.a.W. sit­ze ich im Grunde den­sel­ben Mechanismen auf bzw. lau­fe Gefahr, das zu tun, wie sie Suchsland (und ande­re, ver­glei­che dort) aufzeigt.

    Meine ver­kürz­te Wahrnehmung und vor­schnel­le Aburteilung füh­ren selbst in die Gefahr einer Cancel Culture hin­ein, und das geht eben gar nicht.

    Es zeigt mir, dass auch ich auf­pas­sen muss, nicht in die­se böse Falle zu tre­ten, die­ser gefähr­li­chen Seuche immer mäch­ti­ge­rer aggres­si­ver Pauschalisierungen und Abqualifizierungen zu erlie­gen, die sich in der Netz-Öffentlichkeit immer mehr ausbreiten.

    Noch ein per­sön­li­cher Hinweis:
    Auch dei­ne in letz­ter Zeit sehr auf­fäl­lig häu­fi­ge Pauschal-Etikettierung «links-grün» für alles, was dir poli­tisch an den Grünen Unbehagen berei­tet, ist ein Indiz für die­se bedenk­li­che Entwicklung. «Links-grün» (neben sei­ner ledig­lich ver­schärf­ten mas­si­ve­ren Version, die du natür­lich auch kennst) ist nichts wei­ter als ein pau­scha­li­sie­ren­der poli­ti­scher Kampfbegriff, der eine Diskussion über Sachfragen im Vorhinein ausschließt. 

    Aber wie gesagt, auch ich mer­ke, dass ich auf­pas­sen muss, was ver­kürz­te Information, man­geln­de Bereitschaft, mich selbst um einen mög­lichst brei­ten Diskurs zu bemü­hen und unre­flek­tier­ter Konsum von öffent­li­cher Erregung mit mir anstellen.

    Ich hof­fe, mir gelingt es, in sol­chen Angelegenheiten in Zukunft auf­merk­sa­mer und reflek­tier­ter zu werden. 

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