Thema: EU

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Morgen ist EU-Sondergipfel. Nickt Orban das 50 Mrd. EUR-Unterstützungspaket für die Ukraine ab?

Ungarns Ministerpräsident, Victor Orban, hat morgen in Brüssel seinen nächsten großen Auftritt. Wird er das Unterstützungspaket für die Ukraine im Wert von ca. 50 Mrd. EUR abnicken oder blockiert er?

Ungarn geht es wirtschaftlich nicht gut. Die Schuld für die hohe Inflation und andere Faktoren gibt Orban der EU. Nicht jedes Land hat schließlich eine Ampel-Regierung, der sie ALLES in die Schuhe schieben kann. Dabei ist er grundsätzlich zunächst einmal nicht alleine. In vielen Hauptstädten der EU-Mitgliedsländer wird immer auf die EU geschimpft, wenn etwas nicht so läuft. Dabei ist es der Rat höchstselbst, der für so manche Verzögerung und Missstimmung gesorgt hat. Für die nationalen Regierungen ist die Konstellation schon recht komfortabel. Bekanntlich setzt sich der Rat aus den Regierungschefs der Mitgliedsländer zusammen. Fährt einer von denen nach Hause und es ist nicht so gelaufen, ist die EU schuld. Warum sollte Orban da eine Ausnahme sein?

Es ist für Außenstehende kaum nachzuvollziehen, weshalb Leuten wie Orban dieser große Spielraum für ständige Erpressungen und Auftritte gewährt wird. Wenn er in seinem eigenen Land die EU für alles Schlechte verantwortlich macht, würde ich als Ungar mir die Frage stellen, weshalb meine Regierung noch immer mitmacht. Die EU kann das Land nicht “rausschmeißen”, was sehr bedauerlich ist. Man hört, Orban sitze in Ungarn fest im Sattel. Damit steht fest, dass die meisten Ungarn diesem Mann auf den Leim gehen. Auch keine singuläre Erfahrung, das alles (AfD). Ob man daran sieht, wie fatal die Propaganda der Autokraten bei paralleler Aufgabe rechtsstaatlicher Regeln funktioniert? Ich meine, die Dummen sterben nie aus.

Suspendierung der EU-Mitgliedschaft – Wikiwand

Eine Suspendierung der EU-Mitgliedschaft eines Staats ist nach Art. 7 EU-Vertrag möglich, wenn ein Mitgliedstaat in schwerwiegender Weise die Grundwerte der Europäischen Union nach Art. 2 EU-Vertrag verletzt, also die Achtung der Menschenwürde, die Freiheit, die Demokratie, die Gleichheit, die Rechtsstaatlichkeit sowie die Achtung der Menschenrechte und die Rechte der Personen, die Minderheiten angehören.

Ist die EU, die ja einige vom Kaliber des Herrn Orban, durchschleift, nicht wirklich bald mal einen Anlauf unternimmt, die Modalitäten zu verändern? Man hört zwar immer wieder mal etwas davon, aber konkrete Maßnahmen wurden noch immer nicht ergriffen. Ob der Entzug von Abstimmungsrechten (Artikel 7, Stimmrecht im EU-Rat) plus Stopp aller Gelder aus dem EU-Topf gegen Orbans “Politik” etwas ausrichten kann? Nun, natürlich ist Orban und Ungarn auf die Gelder der EU angewiesen, wie auch immer sie im Land vergeudet werden (Korruption).

Ich fürchte, dass die Europawahlen in diesem Jahr die Probleme nicht verkleinern. In einigen Mitgliedsländern regieren schon jetzt autokratische oder eher autokratisch-wirkende Regierungen. Da diese erfahrungsgemäß eher EU-kritisch agieren, sofern von einer konstruktiven Politik überhaupt noch auszugehen ist, kann man sich vorstellen, dass die Zögerlichkeit bzw. das Nichthandeln der EU von diesen Regierungen als Schwäche ausgelegt wird. Mit allen negativen Auswirkungen auf das Ganze.

EU / KI regulieren

Die EU macht den Vorreiter bei der Regulierung von KI. Offenbar sind viele Medienvertreter stolz darauf.

Dabei ist es doch noch ziemlich unklar, welche Gefahren im Detail in der KI schlummern. Aber die EU befasst sich schon mal ganz konkret mit Regulierungsansprüchen.

So war jedenfalls mein erster Gedanke, als ich gestern in den Nachrichten davon hörte. Angeblich schauen andere Länder (ausgerechnet die USA, heißt es) mit Wohlwollen auf die hiesigen Überlegungen. Ja, das kennen wir schon aus dem Klimaschutz.

Kunststück. Die werden denken: Kaum gibt es eine große Innovation, schon steht die EU-Bürokratie bereit, um sie einzuhegen. Wahrscheinlich, weil das bisher immer so prima geklappt hat.

Tarifvertragsbindungen nehmen ab. Die Arbeitnehmer haben das Nachsehen.

Im WDR Fernsehen wird heute berichtet, dass sich Tarifvertragsbindungen weiterhin auf dem Rückzug befinden. Der Redaktion ist dazu eingefallen, dass das Land NRW daran eine Mitverantwortung trägt.

Beanstandet wird, dass bei der Vergabe von Aufträgen nicht darauf geachtet werde, dass die Auftragnehmer tarifvertraglichen Bindungen unterliegen. Ich glaube, es ist so, dass viele große Aufträge aufgrund des europäischen Rechts nicht im Land, sondern europaweit ausgeschrieben werden.

Zum Beispiel arbeiten laut einer Studie tariflos Beschäftigte im Durchschnitt wöchentlich fast eine Stunde mehr und verdienen etwa zehn Prozent weniger. Zwar gebe es auch tariflos Beschäftigte, die deutlich mehr verdienen als es der Tarifvertrag vorsieht, sagt Torsten Schulten vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Aber für die meisten Beschäftigten habe eine Anstellung nach Tarifvertrag mehr Vor- als Nachteile.

Quelle: WDR

Seit Jahren gehen diese Bindungen zurück. Ständig wird beklagt, dass dies der Fall ist und der Ball wird (wie gewohnt) an die Politik gespielt. Wie steht es um die Verantwortung der Arbeitnehmer? Sind sie noch organisiert in Gewerkschaften und würde ein hoher Organisationsgrad nicht helfen, ein besseres Niveau der Löhne und Gehälter zu erzielen? Innerhalb der EU liegt Deutschland übrigens auf dem 18. Rang, was tarifvertragliche Bindungen anlangt.

Ich fände es statt dieses ziemlich einfachen Vorwurfs an die Politik interessant, solche Antworten auf diese Fragen zu betrachten:

1.) Wie verhält sich das denn in einem solchen Fall? Wie ist der EU-weite Organisationsgrad der Belegschaften? Hier werden die Mitgliedsländer diesbezüglich einzeln dargestellt. Rosig ist dort der Organisationsgrad nicht.

2.) Wie hat sich der Organisationsgrad innerhalb Deutschlands in den vergangenen Jahrzehnten verändert? Ist es nicht so, dass die Arbeitnehmer jahrelang nur über die Arbeit der Gewerkschaften geschimpft haben und ist nicht der Organisationsgrad und damit der Einfluss von Gewerkschaften in der Fläche rückläufig? Ja, und zwar gewaltig. 1994 hatte der DGB noch 9,8 Mio. Mitglieder, 2022 waren es noch 5,6 Mio.

Die Wahrheit ist, dass in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern die sogenannte Allgemeinverbindlichkeitserklärung ausgeblieben ist. Sie könnte (es wird seit Jahren darüber diskutiert, aber nicht mit dem nötigen Druck gehandelt) hinsichtlich der Tarifbindung Wirkung entfalten. In anderen westeuropäischen Ländern wird es besser gehandhabt (siehe Abb. Hans-Böckler-Stiftung).

Minister Laumann könnte genau dies auch für Deutschland fordern bzw. für die Umsetzung sorgen. Das macht er aber nicht. Stattdessen will er den Unternehmen den Vorzug geben, die Tarifbindungen unterliegen. Das ist doof, weil die richtig großen Aufträge aufgrund europäischer Rechtsverordnungen gar nicht an deutsche Unternehmen vergeben werden. Zudem haben deutsche Arbeitnehmer nichts davon. Dort, also im EU-Ausland, sind oftmals die tariflichen Bindungen deshalb Normalität, weil, wie erwähnt, die Allgemeinverbindlichkeitserklärung in höheren Prozentwerten existiert.

Armutsbetroffen – Kampf um Würde und Zukunft

Die ganzen Krisen wollen überstanden werden. Dass uns dieses Vorhaben zusehends überfordert, sehen wir längst nicht mehr bloß im Ausland. Auch in Deutschland nimmt die Armut seit Jahren zu. Die Zahl derjenigen, die auf die Tafeln angewiesen sind und die außerdem obdachlos wurden, steigt immer weiter an.

Dass andererseits in der Bundesrepublik inzwischen 200 Menschen zu Milliardären geworden sind, tröstet in dieser Hinsicht wenig. Dass es unter den Millionären einen leichten Rückgang zu verzeichnen gibt, signalisiert manchen möglicherweise, dass die Krisen alle sozialen Schichten durchdrungen hat. Wie witzig! Die Wahrheit ist, Vermögen verteilt sich nicht ansatzweise gerecht. Aber: Immer weniger Menschen besitzen immer mehr Vermögen.

Jugendarbeitslosigkeit in der EU

Es wird kaum ein Trost sein, dass diese Entwicklung europa- und weltweit stattfindet. Seit der Finanzkrise Ende der Nullerjahre herrscht in einigen Ländern der EU eine hohe Jugendarbeitslosigkeit. Spanien und Italien sind traurige Beispiele. Die Corona-Pandemie hat die Entwicklung verfestigt. Es liegt in beiden Ländern weniger an Bildung und Ausbildung, sondern an einem andauernden Zustand, der angesichts einer auch dort vorhandenen negativen demografischen Entwicklung unlogisch scheint. Italien etwa hat das höchste Durchschnittsalter in Europa.

Die Gründe der Jugendarbeitslosigkeit sind komplex und die Hauptursachen variieren von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat. Insgesamt lässt sich jedoch ein Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Jugendarbeitslosigkeit und bestimmten Faktoren feststellen (zum Beispiel ­Bil­dung/Qua­lifizierung, Missverhältnis von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt, Wirtschaftslage). Zudem zeigt sich, dass bestimmte Gruppen junger Menschen besonders von Arbeits­losigkeit bedroht sind, zum Beispiel junge Menschen mit Migrationshintergrund oder Behinderung. Im Hinblick ­auf den Zusammenhang von Jugendarbeitslosigkeit und Bildung lässt sich feststellen, dass gerade wegen eines insgesamt besseren Bildungsstands der Jugendlichen niedrig qualifizierte junge Menschen ein besonders hohes Risiko haben, arbeitslos zu werden. Dennoch stellt auch eine bessere oder gute Qualifizierung keine absolute Arbeitsplatzgarantie mehr dar.

Quelle: Caritas

Eine gute Ausbildung, einschließlich eines Studiums, sind keine Garantie dafür, einen Arbeitsplatz zu erhalten. Inwieweit die Bezahlung eines gut ausgebildeten Mitarbeiters dabei eine größere Rolle spielt, ist kaum auszumachen. Vermutlich werden ältere Arbeitnehmer zuungunsten der jüngeren arbeitsrechtlich geschützt. So wäre das in Deutschland, wenn der Fachkräftemangel nicht ein fortbestehendes Problem im Land wäre.

Den Beispielen Gesichter geben

Das verlinkte Video zeigt den Werdegang einer jungen spanischen Frau, die trotz eines abgeschlossenen Studiums, keine Anstellung als Journalistin gefunden hat. Stattdessen hält sie sich seit einer Weile mit Jobs (u.a. Fahrradbotin) über Wasser. Wie prekäre Arbeitsverhältnisse in diesem Metier aussehen, wird eindrücklich geschildert. Inzwischen hat sie ein Masterstudium der Anthropologie begonnen. Ich hatte ein Problem damit, ihre Auswahl nachzuvollziehen. Der Switch vom Journalismus zur Wissenschaft wirkt sehr willkürlich. Ich war beeindruckt von der kämpferischen Haltung der jungen Frau. Sie sagte im Beitrag, sie und ihre Freunde hätten keine Angst zu verlieren, aber sie fürchte sich davor, nicht mehr kämpfen zu wollen.

Dass die OECD insbesondere für Deutschland konstatiert hat, dass zwischen Schulversagen und ungünstigem sozioökonomischem Hintergrund ein Zusammenhang besteht, ist leider nicht neu. Nur liegt hier die Jugendarbeitslosigkeit auf einem deutlich niedrigeren Niveau. Ob das allerdings auch mit dem hiesigen (dualen) Ausbildungssystem zu tun hat, dürfte schwer zu belegen sein.

Schulabschluss fehlt – radikal wenig Chancen auf Zukunft

Ich finde es erschreckend, wie viele junge Menschen in Deutschland ohne Schulabschluss bleiben. Was soll aus ihnen werden, speziell mit Blick auf eine sich immer schneller verändernde Berufswelt und ihre Anforderungen?

Die linken Parteien verlieren in Europa an Boden. Spaniens Sozialisten unter Pedro Sánchez mögen dabei als Ausnahme gelten. In Deutschland dürften nach den Debakeln der Gegenwart die Sozialdemokraten kaum mehr eine Chance auf die Führung einer Regierung haben. Es ist ähnlich wie in Frankreich und ein wenig so wie in Großbritannien, wo Labour aufgrund der granatenmäßig schlechten Tory-Politik noch eine echte Chance haben könnte. Dass die Fraktion der Linke im Bundestag am 6. Dez. 2023 aufgelöst wird, ist auch eine Sache, die ich nicht wirklich verstehe. Die schwache Performance der Sozialisten ist im Angesicht der Größe der sozialen Aufgabe kaum zu begreifen. Ich habe die Linke nie gewählt, halte sie als politische Kraft in diesen Zeiten aber für unentbehrlich. Die SPD leistet das mit ihrem bräsigen Establishmentgehabe jedenfalls nicht. Was für mich eine ungeheure Enttäuschung ist.

Vorbilder – Orientierung

Bei alledem wollen die sieben gesellschaftlichen Sünden nach Gandhi (1925) vermutlich nicht begangen werden. Aber wer hört heut’ noch die, die wir früher ™ ein wenig altbacken als Vorbilder bezeichnet haben? Kürzlich habe ich mich mit einem etwa gleichaltrigen Mann darüber unterhalten. Er erklärte mir, in seinem Leben NIE Vorbilder gehabt zu haben. Ich mochte es nicht glauben. Für mich gibt es solche Vorbilder. Gandhi zählte dazu, ebenso wie Albert Schweitzer, Nelson Mandela, Martin Luther King oder Albert Einstein. Sorry: ist keine Frau darunter. Leider sind diese Menschen aber nicht mehr unter uns.

  1. Politik ohne Prinzipien
  2. Geschäfte ohne Moral
  3. Wohlergehen ohne Arbeit
  4. Bildung ohne Charakter
  5. Wissenschaft ohne Menschlichkeit
  6. Genießen ohne Verantwortung
  7. Religion ohne Opfer

Manche dieser Sünden klingen schon durch die Wortwahl unzeitgemäß. Von der Religion beispielsweise haben sich viele in Deutschland losgesagt. Oder wie könnte man die Zahl der Kirchenaustritte anders deuten? Und mir soll keiner sagen, dass es bei allem immer nur um die Missbrauchsfälle geht. Die Tendenz zur Gottlosigkeit ist allgegenwärtig. Die Narzissten haben übernommen. Da rede ich nicht vorrangig von Politikern. Das Bild der Influencer (auf allen Kanälen) kommt mir da schneller in den Sinn.

Weniger arbeiten ist nicht hilfreich

Die 3. von Gandhis Sünden ist einer näheren Betrachtung wert. Ob es wirklich durchzuhalten ist, was uns manche Gewerkschaften (Verdi, IG Metall oder GDL) vorgaukeln? Einerseits steigt die Lebensqualität der Menschen, wenn sie weniger arbeiten. Das kann ich als Rentner mit voller Überzeugung bestätigen. Hätte ich das auch gesagt, als ich noch arbeiten ging? Wahrscheinlich. Allerdings haben wir einen Fachkräftemangel, der an der Prosperität zehrt. Vielleicht stehen in Ihrem Wohngebiet keine unfertigen Bauten, weil es die Handwerker dafür nicht gibt?

Sind Ihnen die Poster an den Kneipen, Gaststätten, Restaurants oder an den Schaufenstern von Bäckern, Friseuren, Metzgern etc. nicht aufgefallen, mithilfe derer händeringend Fachpersonal gesucht wird? Und trotzdem wollen die Gewerkschaften die Arbeitszeit (freilich bei vollem Lohnausgleich!) kürzen, damit die Menschen sich in den betreffenden Jobs wohler fühlen?

Die GDL nervt, Verdi und die IG-Metall auch

Gandhi hat es gesagt. Wir sollten, speziell in diesem Land, in dem ohnehin schon weniger gearbeitet wird als in vielen anderen, mehr und nicht weniger arbeiten. Was nutzen der Allgemeinheit zufriedenere Lokführer, wenn noch weniger Züge fahren? Oder werden wir die Zahl der entfallenen Arbeitsstunden durch neu gewonnene Lokführer kompensieren? Was passiert, wenn Ärzte und Pfleger weniger arbeiten? Zieht das wirklich mehr Leute in diese Jobs oder verschärft sich die Notstandssituation nicht eher?

Was, wenn weniger Arbeiten in Bezug auf den Personalstand ein Nullsummenspiel wäre? Wer übernimmt für diesen Feldversuch die Verantwortung – die Gewerkschaften bestimmt nicht.

Benötigen die Menschen in Gaza eine Pause oder eher Pausen?

Ich habe einen Sinn für Politik. Sie interessiert mich. Und zwar auch, weil ich davon überzeugt bin, dass ein ständiger Interessenausgleich für moderne Gesellschaften elementar ist. Wenn der Eindruck entsteht, dass Diskussionen aus Eitelkeit geführt werden, verliere ich mein Vertrauen in die handelnden Personen.

Umso mehr könnte in diesen unruhigen und als bedrohlich empfundenen Zeiten ein Bündnis über Nationalgrenzen hinaus von besonderer Bedeutung sein. Im positiven Sinne. Dass dies nicht der Fall ist, frustriert mich.

Was die EU-Verantwortlichen im Rat und der Kommission wieder und wieder machen (Ungarn, Polen) jetzt auch im Hinblick auf die Eskalation im Nahen Osten vollführen, ist nicht das, was ich mir als Ausdruck einer Bündnispolitik vorstelle. Politik ist oft auch Streit um Kompromissfindungen. Man sucht den besten Weg.

Dass Streit gerade in unserem Land nicht gerade populär ist, wissen wir. Wir haben es lieber gern kuschelig und ruhig. Deshalb haben es die Populisten leicht, wenn sie unsere politischen Eliten (wer ist das eigentlich genau?) heruntermachen. Das gilt für die Chrupallas ebenso wie für die Wagenknechts unseres Landes, ja vermutlich auch für die radikalen Entsprechungen in anderen Ländern.

Das einstige Friedensprojekt EU wurde IMHO längst ad absurdum geführt. Ich finde, Politiker wie Victor Orbán oder Mateusz Morawiecki haben die EU der Lächerlichkeit preisgegeben. Mit unseren vielleicht zu häufig betonten Werten haben diese Menschen nichts am Hut. Umso mehr mit ihren heimischen Agenden und ihrem Verhalten. Sie können nicht eingebunden werden in die Gemeinschaft und verfolgen häufig andere Ziele, als die, die Grundlage für alles sind. Solche Tatbestände wirken in 27 Mitgliedsstaaten mit ca. 450 Mio. Menschen. Sie wirken in unseren stark medial beeinflussten Gesellschaften.

Der Eindruck der Zerrissenheit und der Ohnmacht lässt sich kaum mehr übertünchen.

Dass sich erwachsene Menschen über ein Wort in einer Abschlusserklärung zum Krieg Israels gegen die Hamas über Stunden uneinig bleiben, weil sie keine Verständigung darüber finden, ob darin von „Pause“ oder „Pausen“ die Rede ist, ist ein ernüchternder, bitterer Beweis für eine groteske Verantwortungslosigkeit. Es zeigt die Lage der EU, die von der Erneuerung weiter denn je entfernt ist. Wir erinnern uns an die vollmundigen Versprechungen führender Politiker nach dem Brexit-Entscheid. Nichts ist geschehen!

Dass sich Kommissionspräsidentin von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel öffentlich bekriegen, kann bei diesem ohnehin so komplizierten Konstrukt nur schädlich sein. Ich tippe auf Auswüchse typischer Eitelkeiten in solchen Kreisen.

Ich verliere mein Vertrauen in eine Lösungskompetenz der EU-Führungsebene. Das hat nicht nur mit dem Personal zu tun. Bald werden wir gemeinsam erkennen, dass die EU-Asylreform nichts ändert. Die Maßnahmen der Regierung werden innerhalb Deutschlands trotz einer vielleicht politisch gesehen positiven Signalwirkung, ebenfalls wirkungslos verpuffen.

Viele Bürger dürften raten, diesen Verein aufzulösen und in Erwägung zu ziehen, etwas Neues zu beginnen. Die Statuten sollten nicht mehr das Ziel enthalten, wichtige Entscheidungen nur einstimmig zu fällen. Entweder es gelten demokratische Grundsätze oder man lässt es. Je mehr Mitgliedsstaaten, das ist eine Binse, desto mehr Unbeweglichkeit aufgrund erforderlicher einstimmiger Beschlüsse. Nur solche wie Orban oder Morawiecki konnten davon profitieren.

Schweigen, Raunen, Klatschen

test

Merz hat wieder ein Thema, die CDU bleibt also bei unter 30 % in den Umfragen, Tendenz sinkend. Schön, das zu sehen.

Es bringt der Gesellschaft selbst und den politischen Parteien also nichts, wenn so offensichtlich Stimmung gegen Menschen gemacht wird. Die AfD hat es leicht, der glaubt man ihren menschenfeindlichen Kurs immer auf Anhieb.

Mir fällt auch nichts anderes ein, als über das politische Personal zu schimpfen. Dabei gibt es auch von unseren sogenannten Experten keine Vorschläge, die (für mich) nach tragfähigen Lösungen klingen. Es heißt, es brauche bilaterale Vereinbarungen zwischen der EU (von mir aus nur Deutschland) und den einzelnen Herkunftsstaaten. Diese sollen dazu bewegt werden, ihre Landsleute wenigstens in ihrem Heimatland aufzunehmen, falls die Asylverfahren negativ abgeschlossen sind oder gar kein objektiver Fluchtgrund existiert hat. Wir wissen, es sind hunderttausende von Menschen allein in Deutschland, die eine Duldung erfahren, genauer gesagt, die nicht abgeschoben werden (können).

Fluchtursachen und die Experten

Zudem sagen diese Experten, dass die Fluchtgründe effektiv bekämpft werden müssten. Dass selbst die reiche EU oder vor allem Deutschland das gar nicht (mehr) leisten können, spielt bei solchen mantraartigen Vorträgen keine Rolle.

Weil die Lage so aussichtslos ist und diese Regierung kaum Anstalten macht, sich wenigstens sichtbar um eine Reduzierung der Flüchtlingszahlen zu bemühen, werden die Leute sauer. Man darf sagen, diese Nichtbemühungen zahlen aufs Konto der AfD ein. Sie wächst und wächst und wächst.

Asylreform und die Grünen

Die Grünen haben ihre Bedenken hinsichtlich der Wirkung der Asylreform. Ihr Kern ist eine Krisenverordnung, die im Bedarfsfall angewendet wird. Ich kann die Haltung der Grünen verstehen, denn es geht ihnen um Familien mit Kindern (alleinreisende Jugendliche sind übrigens nicht Gegenstand der Krisenverordnung). Es bestünde nach der umstrittenen Krisenverordnung die Möglichkeit, auch ganze Familien in den vorgesehenen Abschiebelagern über eine Zeit festzusetzen. Das klingt nach Gefängnis für Familien mit Kindern. Wer will so etwas schon?

Das Problem besteht für mich primär darin, dass der angebliche Durchbruch, den Innenministerin Faeser vollmundig verkündet hat, nun weiterverhandelt werden muss. Das europäische Ausland verdreht die Augen über die Deutschen. Das wäre mir egal. Aber ich verstehe auch diese Seite, denn diese Vereinbarung hat Jahre benötigt, jedoch geht sie den deutschen Grünen jetzt zu weit.

Unfrieden in der Koalition

Kennen wir dieses innerkoalitionäre Muster nicht aus dem Effeff? Es wurden immer wieder Vereinbarungen getroffen, die später keine Geltung mehr hatten, weil einer der Koalitionäre sich (plötzlich) nicht mehr daran halten wollte. Es waren nicht immer die Grünen, die den Frust im Land auslösten! Die FDP ist der größte Störenfried seit Beginn dieser unglückseligen Koalition.

Wenn Italien gerade in dieser Situation darüber schimpft, dass die Deutschen Seenotretter auf dem Mittelmeer mit finanziellen Mitteln unterstützen, kann ich das verstehen. Scheitert das Abkommen bereits in dieser Frage am Einspruch Italiens, das sich von unserer Regierung vorgeführt sieht?

Dass die deutsche Regierung diese zeitlich pikante Überschneidung damit begründet, dass die Entscheidung auf eine Vorlage des Bundestages zurückzuführen ist, wird die Italiener vermutlich nicht überzeugen.

EU, ein Wunder an Schwerfälligkeit

Einmal unabhängig davon, was schließlich bei den aktuellen Verhandlungen herauskommt, der Trilog hat bisher nicht einmal begonnen. Es geht um die Abstimmung von EU-Kommission, EU-Rat und EU-Parlament. Diese wird erfahrungsgemäß viel Zeit in Anspruch nehmen, obwohl angeblich noch vor den EU-Wahlen im Juni nächsten Jahres eine Entscheidung vorliegen soll. Nun, wir kennen diese Versprechen und die Verzögerungen bei solchen komplexen Fragen leider zur Genüge.

Betrachtet man das bekannte Gezeter und Gewürge innerhalb der EU, bleibt wenig Vertrauen in den Gestaltungswillen der verantwortlichen Politiker. Deutschland hat keine Zeit mehr, auf zweifelhafte europäische Regelungen zu warten. Es pressiert. Nicht zuletzt auch im Hinblick auf die kommenden Wahlen.

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In der Phoenix-Runde äußerte sich u.a. Ryyan Alshebl. Er ist der Bürgermeister von Ostelsheim und ehemaliger Geflüchteter. Er setzt stark auf Fluchtursachenbekämpfung.

Wenn er fast rührend um präventive Hilfe in Berlin nachsucht, um den weiteren Zuzug von bedrängten Menschen zu reduzieren, ist das aus meiner Sicht deshalb aussichtslos, weil wir die finanziellen Mittel für all die nötigen Hilfen nicht haben.

Probleme wegschieben

Deutschland muss es gelingen, die Weiterleitung von Geflüchteten aus anderen EU-Ländern zu unterbinden, radikal! Polen verkauft Visa an Geflüchtete und schickt sie über die Grenzen nach Deutschland. Italien schickt seine Schutzsuchenden zu einem hohen Prozentsatz gleich nach der Anlandung in Lampedusa weiter nach Deutschland.

Andere machen es nicht anders. Sie verlassen sich augenscheinlich darauf, dass Deutschland es schon richten wird. Trotzdem (oder vielleicht deswegen?) spart man im europäischen Ausland nicht mit Häme über unser Land.

Manchmal denke ich, das Land wäre mit einer Opposition unter Armin Laschet besser dran. Laschet hat mal an der falschen Stelle gelacht. Aber er ist der Typus des Brückenbauers. Solche benötigt unser Land, keine Spalter. Merz sorgt in meinen Augen mit seinen zweifelhaften Ausfällen dafür, dass die CDU nicht als Partei mit Problemlösungskompetenz wahrgenommen wird, sondern als penetrante und uninspirierte Schwadronierungsriege.

Wer Hütchenspiele mag…

Ich möchte nicht behaupten, dass dieser 21-minütige Vortrag Sonneborns besonders unterhaltsam ist. Allerdings ist er auf alle Fälle aufschlussreich.

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Martin Sonneborn klärt auf

Der lausigste Vertrag, der je abgeschlossen wurde? Ich fürchte, Hunderte von EU-Abgeordneten nehmen ihre Pflichten im EU-Parlament nicht wirklich wahr. Ob ich Herrn Sonneborn trotz seiner dankenswerten Aufklärungsarbeit davon freisprechen kann? Ich weiß es nicht.

Präsident Macron und die verlorenen Europäer

Die Kritik an Macrons jüngsten Äußerungen ist gewaltig. Medien und Politik in Deutschland und Europa scheinen sich in erdrückender Mehrheit einig. Vereinzelte Stimmen aber unterstützen Macrons Vorstoß zu einer europäischen strategischen Autonomie Europas. Dass der Zeitpunkt in mehrfacher Hinsicht schwierig ist – geschenkt. Es geht ums Grundsätzliche. Und da sehe ich Macron im Recht.

Unterschiedliche Interessenlagen

Die den Geheimarchiven der Amis abhanden gekommenen Informationen (Assange hat es nicht mal bedurft und trotzdem sitzt er inzwischen bereits vier Jahre in Haft) sollten hinreichend deutlich gemacht haben, welche Absichten die USA in der Ukraine in Wahrheit verfolgen. Es geht weniger um den Schutz der Ukraine oder Europas, es geht – wie immer – um den nachhaltigen politischen und militärischen Kampf gegen Russland. Es ist und bleibt der klassische Stellvertreterkrieg, der das Existenzrisiko Europas und Deutschlands lediglich vergrößert.

Viele verhalten sich mMn an diesem wichtigen Punkt ideenlos. Sie zeigen sich so der gewaltigen Verantwortung für dieses technokratische, lahme Monster namens EU kaum gewachsen. Stattdessen brabbeln sie und kritisieren denjenigen, der ausgesprochen hat, was nicht wenige ähnlich sehen werden wie Macron.

Wenig Bewegung in Europa

Einerseits hören wir von Politikern, dass wir unser Land nach Jahren militärischer Agonie wieder in die Lage versetzen müssen, uns zu verteidigen. Die europäischen Länder, inkl. Deutschlands, sollen gegen beliebige Aggressoren auch ohne Hilfe der Amerikaner auskommen.

Andererseits lassen wir jedoch zu, dass die Amerikaner durch ihr aggressives imperialistisches Handeln, den Frieden gefährden. Aus Sicht vieler Leute, so ist mein Eindruck, nicht weniger als Russlands Terrorfürst Wladimir Putin.

Macron hat bekanntlich immer wieder Versuche unternommen, die europäischen Länder zu stärkerer Zusammenarbeit zu bewegen und so die Interessen der Europäischen Union in den Beziehungen zu den Großmächten dieser Welt klarer (stärker) zu positionieren.

Deutschlands Trägheit

Dass Merkel auf seine vor Jahren gehaltene Sorbonne-Rede eigentlich kaum reagiert hat, hatte keine Auswirkungen. Dem Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich, vor allem jedoch der innereuropäischen Gesamtheit und Stärke hat die deutsche Ignoranz nicht gutgetan.

Es ist dringend erforderlich, den in Sonntagsreden gemachten Ansagen an die Stärkung Europas (EU) Taten folgen zu lassen. Ich fand Macrons diesbezügliche Aussagen so vollkommen überzeugend, dass ich mich nur wundern kann, wie falsch Politik und Medien in Deutschland überwiegend reagiert haben.

Was wird unsere Vasallentreue gegenüber den USA bringen, wenn Trump oder einer seiner politischen “Ziehsöhne” mit dem stark belasteten Bündnis aufräumen werden? Wie wird unsere Öffentlichkeit reagieren, wenn die Amis nicht mehr die heißen Kartoffeln für uns aus dem Feuer holen werden und wir unsere Interessen selbst wahren müssen? Die Präsidentschaft Macrons könnte zu diesem Zeitpunkt bereits Geschichte sein und im schlimmsten Falle eine rechts- oder linksextreme Partei die La Grande Nation regieren.

Schließlich sind die Proteste der Franzosen gegen die unverschämte Verschiebung des Renteneintrittsalters längst nicht vorbei. Wie die deutsche Presse Macrons Durchregieren an diesem Punkt beurteilt, ist ein Thema für sich. Macrons diverse Reformen, um die Perspektiven seines Landes zu verbessern, zeigten ihre Erfolge. Dass die dennoch wachsende Staatsverschuldung jede (auch rechte und linke) Regierungen zu Maßnahmen zwingen würde, sehen die Franzosen nicht. Na, bei uns wär’s nicht anders.

Warum sollte das Renteneintrittsalter auch in Frankreich erhöht werden?


Einer der wichtigsten Gründe ist, dass die Lebenserwartung in Frankreich und anderen Ländern in den letzten Jahrzehnten gestiegen ist, was zu einem längeren Zeitraum führt, in dem die Rentner Rente beziehen müssen. Um sicherzustellen, dass das Rentensystem nachhaltig bleibt, müssen die Regierungen daher das Renteneintrittsalter erhöhen, um die zusätzlichen Kosten zu decken.

Ein weiterer Grund für die Änderung des Renteneintrittsalters in Frankreich ist die zunehmende Zahl älterer Arbeitnehmer, die länger im Beruf bleiben und später in den Ruhestand gehen. Wenn ältere Arbeitnehmer länger im Beruf bleiben, kann dies die Beschäftigungsmöglichkeiten für jüngere Arbeitnehmer einschränken, da weniger Stellen frei werden.

Weiterhin spielen auch wirtschaftliche und demografische Faktoren eine Rolle. In vielen Ländern, einschließlich Frankreich, geht die Zahl der jungen Menschen zurück, während die Zahl der älteren Menschen steigt.

Quelle: ChatGPT

Wer steht zur USA? Deutschlands Bevölkerung nicht ganz.

Ein paar skandinavische Länder werden diese Änderungen wohl gelassener nehmen als wir Deutsche. Von Italien, Ungarn, Polen, Tschechien, Österreich und der Schweiz gar nicht zu reden. In vielen Ländern wird das EU-kritische Lager stärker. Verabredungen im Sinne der EU und Europas werden nicht leichter zu treffen sein. Vielleicht ist die Zeit gekommen, die letzte Chance zur Entwicklung einer echten Strategie im Sinne Macrons und Europas zu wahren!

Ich fürchte, dass die Schwerfälligkeit der EU-Apparatschiks und die Mutlosigkeit der deutschen Ampelregierung, die über hohle Schwüre hinaus nichts zustande bringt, die Zukunft der EU und Europas auch weiterhin aufschiebt und die von Macron geforderte Strategie nur Gerede bleibt.

Jakob Augstein hat den erwarteten Beitrag im “Freitag” geschrieben

Viel Applaus bekommt Augstein für seinen Artikel. Weder seine Sichtweise noch die Zustimmung überraschen. Und Sahra Wagenknecht findet Augsteins Text freilich auch ganz töfte.

Mich hat es regelrecht angewidert, diesen Quatsch zu lesen! Allein dieser eine Satz ist so zynisch, dass es mich fast aus dem Sessel hob. Dabei bin ich Augstein-Fan. Ich muss wohl richtigerweise sagen, ich war es.

Die Waffen des Westens aber verlängern das Leid des Krieges und werden an seinem Ausgang nichts ändern. Wer die Kosten für den russischen Aggressor erhöht, erhöht sie auch für die ukrainischen Opfer. LINK

100 Milliarden ǀ Gigantisches Rüstungspaket von Olaf Scholz ist gefährlicher Irrweg — der Freitag

Da gibts wenig Interpretationsspielraum. Augstein mutet mit seiner Einzelmeinung der Ukraine zu, möglichst schnell zu kapitulieren. Diese Kapitulation hätten wir seiner Ansicht nach fördern können, indem wir kein Geld und vor allem keine Waffen dorthin geschickt hätten. Was sagt diese Feststellung über den Menschen Augstein aus? Ist es so gemeint oder meint er es womöglich “nur gut” mit der Ukraine. Und hat er die Ukrainerinnen und die Ukrainer mal gefragt, wie sie dazu stehen, sich auf Bitte des Herrn Augstein unter die Fuchtel des totalitären Staates zu begeben, den dieser Wladimir Putin führt?

Die Frage haben die Ukrainer längst beantwortet, glaube ich. Es sei denn, man folgt den Verschwörungstheoretikern, die uns noch leise, aber sicher bald in üblicher Lautstärke davon erzählen werden, dass wir auf Propaganda hereingefallen wären. Wolodymyr Selenskyj und Vitali Klitschko sind ja die Protagonisten, auf deren Behauptungen wir im Hinblick auf die Kampfbereitschaft der UkrainerInnen wir hereingefallen sind…

Dass viele Deutsche, anders als Herr Augstein, hinzugelernt haben und die Schlussfolgerungen unserer Regierung deshalb für richtig halten, überrascht mich ehrlich gesagt nicht, und ich halte die Zustimmung in dieser Beziehung sogar für nachhaltig. Allerdings haben wir Deutsche in unserer Euphorie wohl mitunter politische Entscheidungen beklatscht und später verflucht. Ich erinnere an den Ausstieg aus der Atomenergie und die Öffnung der Grenzen für Geflüchtete. Es gibt sicher weitere Beispiele dieser Art. Corona wäre so eins.

Im Blog “Vorspeisenplatte” las ich gestern diesen klugen Satz:

Doch die noch nicht überwundene Corona-Pandemie hat mich gelehrt, dass diese Solidarität nur ein erster Impuls als Reaktion auf den Schreck über die Katastrophe ist. LINK

Vorspeisenplatte » Blog Archive » Journal Rosenmontag, 28. Februar 2022 – Freier Tag mit Sonnenschwimmen, der Ukraine-Krieg schlägt ein

Wir waren geschockt genug von dem, was die meisten von uns sich wahrscheinlich nicht vorstellen konnten. Dass Putin seine Drohungen nämlich tatsächlich wahr machen würde und dass die US-amerikanischen Geheimdienste mit ihrem Zinnober tatsächlich richtig lagen, ist eine beklemmende, weil zusätzlich unerwartete Erkenntnis.

Wir haben die Trump-Ära erlebt und die ersten vier Jahre seiner Präsidentschaft heil überstanden. Hat dieser Eindruck, der sich schon bald verstärken könnte, nicht gereicht, um zu erkennen, dass es kein bloßes Gerede von geschwätzigen Politikern und Medienvertretern war, die forderten, dass Europa für seine Verteidigung selbst sorgen müsse und dass dies selbstverständlich in höchstem Maße auch für Deutschland gilt? Ich finde, wie ein kluger Mensch wie Augstein das einfach ausblendet bzw. abstreiten kann, kann nur eine Ursache haben.

Er weiß, dass jede, selbst die kurioseste Stimme in diesem Land eine echte Chance darauf hat, Gehör zu finden, besser gesagt, gerade dann. Man muss nur die Ideen aufgreifen, von denen man ausgehen kann, dass sie im heutigen Deutschland auf Nachhall und Zustimmung treffen. Wir haben das doch aus der Coronakrise gelernt, dachte ich. Aber so einfach Sichtweisen wie: Viele Köche verderben den Breit, ist halt abgestandener Kaffee. Solch eine simple Wahrheit stößt in diesem Deutschland auf ihre Todfeinde. Augstein hätte gerne noch ein paar Monate die Klappe halten können.

Augstein dürfte das gefallen

Scholz hat der Ukraine zugesagt, u.a. Stinger-Raketen aus Bundeswehrbeständen zur Verfügung zu stellen. Ich dachte, ich hätte mich verhört, als ich heute hörte, dass Strela-Raketen aus Beständen der NVA geliefert würden. Die sind allerdings über 30 Jahre alt und wurden von der Bundeswehr wegen Funktionsuntauglichkeit ausgemustert. So berichten Medien (1, 2, 3) es heute. Wahr ist aber auch, dass die von Scholz explizit erwähnten 1.000 Panzerabwehrwaffen und 500 Boden-Luft-Raketen vom Typ “Stinger” bereits an die Ukraine übergeben wurden. Die 2.700 Flugabwehrraketen vom Typ “Strela” haben also mit dieser Zusage nichts zu tun. Es wäre dennoch hochnotpeinlich, wenn Deutschland Waffen an die Ukraine liefern würde, die zum großen Teil gar nicht funktionieren.

Die Zeiten haben sich geändert und vielleicht wird man mit der Behauptung, dass früher ™ alles besser gewesen wäre, so langsam aber sicher seinen Punkt machen.

Für mich ist jedenfalls sicher, dass der von Augstein als Ausweg aus künftigen Konflikten beschriebene Pazifismus kein Weg ist, den ich mitgehen kann. Die Schweiz ist ein neutrales Land und hat trotzdem eine funktionierende Armee. Jedenfalls sind die Schweizer davon (wohl zu Recht) überzeugt. Diese Selbstsicherheit möchte ich ebenfalls für Deutschland gewinnen. Wie es heute um unsere Bundeswehr steht, kann jeder selbst recherchieren. Es ist trostlos!

Ob die zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel und die damit verbundene “Ausrüstung” (als solche diffamiert sie Augstein) die Bemühungen der Regierung eine Verteidigungsfähigkeit unseres Landes erreicht, bleibt abzuwarten. Scheinbar sind die Strukturen der Bundeswehr in ähnlich miserablem Zustand wie so viele andere öffentliche Institutionen es uns in den vergangenen Jahren offenbart haben.

Immer wieder vergleicht Augstein in seinem Text Vergangenheit und Gegenwart. Was er irgendwie übersieht, ist das Selbstverständnis und die unverständlich bis pathologische Verhaltensweise der heutigen autoritären Staatsführer. Kim Jong-un, Trump, Erdogan, Putin und Xi Jinping verhalten sich anderes als die “alte Garde” der Sowjets es taten. Wir hatten Leute wie Egon Bahr, die so gefestigt und intellektuell brillant gewesen sind und denen das Heft von einem wie Putin vielleicht nicht aus der Hand genommen worden wäre. Ich empfehle dazu die einschlägigen Quellen. Bahr hat Brandts Ostpolitik in so überlegener Art und Weise gestaltet, die man sich mit dem heutigen Personal kaum mehr vorstellen kann. Heute wird der Satz: “Wandel durch Annäherung” eher verächtlich gemacht. Dass wir diesem Konzept auch ein großes Stück des Jahrzehnte andauernden Friedens zu verdanken haben, wird von diesen Kritikern mit dümmlichen Kommentaren negiert. Dass man es mit China in dieser Hinsicht schamlos übertrieben hat und dieses Land erst zu dem Kandidaten für die “nächste Bedrohung” aufgebaut hat, darf in diesem Kontext nicht verschwiegen werden.

Vielleicht ist diese Annahme auch nur darauf zurückzuführen, weil die Verhandler auf unserer Seite nicht mehr über das Format (menschliche und intellektuelle Größe) verfügen, das die Alten noch einbringen konnten? Ein Redakteur (Jasper von Altenbockum) der FAZ schrieb kürzlich genau darüber einen kurzen Artikel. Zu seiner “Ehrenrettung” muss ich sagen, dass er diesen Text am letzten Samstag, also vor dem Sonntag, an sich Scholz zu neuen Großtaten aufmachte. Die waren übrigens, wie man lesen kann, nicht mal mit der eigenen Fraktionsspitze (Mützenich) abgesprochen. Scholz wird gewusst haben, warum.

Mein Fazit zum Augstein – Artikel: Hätten unsere heutigen Politiker die Klasse früherer Generationen, hätte Putins Angriffskrieg so vielleicht nicht stattgefunden. Jetzt sind wir nicht mehr in der Lage, unsere Friedensrendite weiter einzustreichen. Es ist an uns, die Naivität beträchtlicher Teile der Nachkriegsgenerationen abzustreifen und uns endlich auf das einzustellen, was einfach nicht mehr zu vermeiden ist. Wir müssen selbst Verantwortung für unsere Wehrhaftigkeit übernehmen. Die Amerikaner und die NATO allein werden es nicht (mehr) richten.

Ungarn und Polen helfen Flüchtlingen wenn Russland Krieg führt

Ich reibe mir verwundert die Augen! Die EU übt sich angesichts des Krieges in der Ukraine in ungewöhnlicher Einigkeit. Als ich Viktor Orban in den Nachrichten zuhörte, war ich von den Socken. Mit welcher Selbstverständlichkeit er angesichts der Katastrophe Hilfe für ukrainische Flüchtlinge zusagte. Reifte in den Köpfen unserer östlichen EU-Nachbarn die Gewissheit, selbst einmal auf die Hilfe anderer Nationen angewiesen sein zu können? Was könnte der Grund für den Meinungsumschwung sein?

Purer Nationalismus war es nicht, der die Staatschefs von Polen, Ungarn, Österreich und anderen Ländern Osteuropas innerhalb der EU daran hinderte, eine Einigung über einen sinnvollen Verteilungsmechanismus (doofer Begriff) herbeizuführen.

Malcolm Ohanhe hat diese Auffälligkeit in einem Tweet unübersehbar ironisch formuliert:

Schon die Vermutung, dass die Zahl der Flüchtlinge aus der Ukraine alles bisher dagewesene an Flüchtlingsströmen in den Schatten stellen wird, könnte manche Verantwortungsträger ein paar Tage nach den einmütigen Zusagen auf EU-Ebene zur Aufnahme doch wieder zweifeln lassen. Nach offiziellen Schätzungen befinden sich bereits jetzt, wenige Tage nach dem verbrecherischen Angriff von Putins Militär, 500.000 Menschen auf der Flucht.

Es ist demnach davon auszugehen, dass die Zahl der Flüchtlinge in die Millionen gehen könnte. Wir erinnern uns: Allein in Deutschland haben wir 2015 ff über 1 Million Flüchtlinge aufgenommen. Dabei war aufgrund der damaligen Gegebenheiten nicht klar, woher die Menschen tatsächlich kamen. Darauf reiten die Rechtskonservativen und die Nazis bis heute herum.

Dass der Unterschied in der Reaktion auf die womöglich riesige Zahl von Flüchtlingen EU-weit diesmal so klar zugunsten Geflüchteter ausfällt, ist erfreulich!

Allerdings interpretiere ich die willkommene Einigung andererseits als Hinweis auf den in einigen EU-Ländern grassierenden Rassismus und/oder eine starke Islamophobie. Womit ich nicht behaupten möchte, dass dies in Deutschland anders wäre. Die Politik regelt das in unserem Land anders. Ich bin dankbar dafür, dass Populisten dabei keine Rolle spielen. Genau dieser Umstand wird von manchen (auch außerhalb der AfD) sehr kritisch gesehen.

Polen und Ungarn haben andererseits keinen Hehl daraus gemacht, dass sie in ihren Ländern keine Menschen aufnehmen wollen, die aus nicht-christlichen Gegenden der Welt stammen. Ich fand das immer falsch und abstoßend.

Die Haltung erklärt aktuell das kaltherzige Verhalten den Flüchtlingen gegenüber, die der belarussische Machthaber, Lukaschenko, mit Putins freundlicher Unterstützung an die polnische Grenze verfrachtet. Die polnische Regierung hat dafür gesorgt, dass die Medien keine Bilder Lage dieser Männer, Frauen und Kinder zeigen konnten. Zum Glück gab es dort private Initiativen, die zumindest ein wenig helfen konnten.

Die Amis wollen einspringen, damit wir nicht frieren

Über diese affige Nachricht, die ich heute las, kann man wirklich nur böse lachen. Es ging den Amis bei ihrer Ablehnung von Nord Stream 2 immer auch darum, ihr Fracking-Gas nach Europa zu liefern. Insofern nutzt es ihnen sehr, dass die deutschen Medien vollkommen auf die Version abfahren, die die Putin-Gegner pflegen und die mit den ideologischen Absichten der Grünen wunderbar in Deckung zu bringen sind.

Nicht frieren, dank der USA

Das Projekt Nord Stream 2 ist in Europa unbeliebt. Na und? Es mag Gründe dafür geben, genau wie diejenigen gute Gründe haben, die sich zu Recht seit Jahren über die Scheiß-Migrations-Politik der EU – ich möchte lieber sagen: einiger EU-Mitglieder – beschweren! Warum soll Deutschland nicht auch einmal Extrawürste gebraten bekommen, frage ich mich.

Waffen für die Ukraine

Nun wird in Deutschland erneut gefordert, die Ukraine mit NATO-Waffen auszustatten und Russland mit weiteren Sanktionen zu belegen. Spiegel-Autor, Maximilian Popp, ist davon überzeugt, Putin würde eine Waffen-trotzende Ukraine vom angeblich konkreten militärischen Angriff abbringen.

Es ist andererseits etwas daran, dass Putin, wie Popp auch schreibt, davon ausgehen könnte, dass der Westen einknicke, wenn es hart auf hart käme. Die Putin-Charakterisierung finde ich persönlich abwegig, obwohl ich mir diese Haltung aufgrund mangelnder Kenntnis eigentlich nicht erlauben dürfte. Ich kann nicht beurteilen, ob Putin tatsächlich ein durchgeknallter Ex-KGB-Agent ist, der nichts als die Restaurierung der alten russischen Macht im Sinne hätte.

Keine Regionalmacht!

Mir fällt beim Beispiel Syrien gleich ein, wie ignorant sich der Westen gerade bei diesem Beispiel verhalten hat und dass in jene Zeit die Aussage des US-Ex-Präsidenten Obama hineinfiel, Russland sei nicht mehr als eine Regionalmacht.

Bis heute wurde nicht glaubhaft widerlegt, dass Jelzins Beschwerde, es werde nach Zusagen der Teilnehmer der Zwei-Plus-Vier-Verhandlungen keine NATO-Osterweiterung geben, unzutreffend war. Leider existieren dazu offenbar keine schriftlichen Beweise. Aber selbstverständlich war das Wasser auf die Mühlen des Vladimir Putin, dem ein starkes Russland am Herzen liegt. Welche Schritte er in diesem Zusammenhang gewählt hat, um u.a. seine eigene Machtposition und die seiner Büttel zu festigen, muss man deshalb nicht goutieren und als legitim erachten.

Dies wurde verschiedentlich als Wortbruch kritisiert, da führende Politiker von Mitgliedsstaaten der NATO im Zuge der Zwei-plus-Vier-Verhandlungen der sowjetischen Seite zugesagt hätten, die NATO werde sich nicht nach Osten ausdehnen, sondern man werde eine gemeinsame europäische Sicherheitsarchitektur errichten. Der russische Staatspräsident Boris Jelzin beschwerte sich etwa am 15. September 1993 brieflich bei US-Präsident Bill Clinton, der Zwei-plus-Vier-Vertrag schließe seinem Sinn nach eine NATO-Osterweiterung aus. LINK

Zwei-plus-Vier-Vertrag – Wikipedia

Putin ist den Herrschern der ehemaligen Sowjetunion in mancherlei Hinsicht ähnlich. Ich lehne jedenfalls seinen Umgang mit Grund- und Menschenrechten oder demokratischen Institutionen (NGO’s, freien Medien) vollständig ab. Das heißt aber nicht, dass ich keinen Blick für die Interessen Putins (und mit Abstrichen des russischen Volkes) hätte.

Säbelrasseln

Sollte Putin wahr machen, was viele kluge Leute fürchten und die Ukraine tatsächlich militärisch angreifen, wird er sich sehr wohl im Klaren darüber sein, welche Folgen dies für Russland haben könnte. Immerhin: So laut war das Säbelrasseln der NATO schon, glaube ich.

Seit den 1960-er Jahren bezieht Deutschland und andere Länder Europas russisches Erdgas und Erdöl. Wir erinnern uns: selbst in eisigsten Zeiten des Kalten Krieges, belieferten uns die Russen zuverlässig mit ihren Rohstoffen. Ich frage mich, ob Putin es sich tatsächlich leisten könnte, diese enormen Einnahmequellen für sein Land aus purem Machtkalkül heraus gefährden würde. Popp hält Putin für einen traumatisierten Ex-KGB – Agenten. Ich würde ihm wahrscheinlich nicht mein Vertrauen oder gar meine Freundschaft schenken. So viel Geld könnte Gasprom nicht bezahlen. Aber wir sollten bei der Bewertung des russischen Präsidenten nicht ganz außer Acht lassen, dass er – trotz aller negativen Seiten – ein kluger und intelligenter Mensch ist. So einer wird sich ein jahrzehntelang funktionierendes Geschäft nicht selbst zerstören.

Der Ast, auf dem Putin sitzt

Er hat längst erreicht (durch die Unfähigkeit westlicher Politiker), dass Russland wieder eine Macht ist. Und zwar nicht nur auf regionaler Ebene. Dazu kam ihm das Geld aus den Erdgas- und Erdöl-Exporten gewiss zustatten. Meint ihr in Russland wäre es üblich, den Ast abzusägen, auf dem man sitzt?

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