Naja, da möchte ich doch auch meinen bescheidenen Senf dazu tun.
Das „schwarz, rot, goldene National-Säbelgerassel aus dem Osten“ wurde maßgeblich von Herren aus dem Sauerland und dem Bayrischen herbei gezaubert. Wir erinnern uns an die Herren Höcke und Kalbitz, ja?
Das Problem, das der Osten hat, ist nicht, dass man ihn tätschelt, wenn er hingefallen ist und sich die Knie aufgeschürft hatte. Das Problem ist, dass die Knie abgebrochen sind und andere bundesrepublikanische Landesteile vor Lachen nicht in den Schlaf gefunden haben. Noch heute verdient man im Schnitt im Osten 30-50% weniger als woanders, wobei mir durchaus bewusst ist, dass es auch strukturschwache Regionen in den „Altlasten-Ländern“ (Sorry, habe ich mal von einem Volkswirtschafter aus Wuppertal gehört) gibt.
Nein, ich befürworte ganz sicher nicht die AFD. Ich finde es – gelinde gesagt – zu Ko…, was im Osten passiert. Wobei ich heilfroh bin, aus einer Stadt wie Leipzig zu kommen, die bei der Europawahl mehrheitlich grün gewählt hat. Je weiter man von hier aus in Richtung Süden und Osten bis zur nächsten Grenze schaut, desto blauer wird die Ansicht. Aber – soweit kenne ich aktuelle und ehemalige Kollegen und Freunde und Bekannte – das liegt meist nicht an den Geflüchteten, sondern eher an dem Krankenhaus, das nicht mehr in der Kleinstadt, sondern in der durch Gebietsreform in weite Ferne gerückte Kreisstadt ist. Es liegt auch am Bus, der einfach nicht mehr fährt. Und an solchen Dingen.
Was im Osten Standard war, wurde erstmal abgesägt, weil es eben sozialistisch war. Dabei war die Einrichtung „Poliklinik“ gar nicht so blöd. Heute nennt sich das Ganze Ärztehaus oder MVZ, erfüllt aber den gleichen Zweck. Ganztagsschulen / Ganztagsbetreuung war völlig natürlich im Osten. „Nach dem Beitritt des Westens“ (gleiche Quelle wie oben) musste das Alles abgeschafft werden, nur um es dann unter neuen Begriffen mit viel Eigenanteil der Eltern wieder einzuführen.
Ich denke, dass es vielleicht gar nicht so schlecht wäre, wenn sich alle 16 Bundesländer (es gibt nach 30 Jahren weder „alte“ noch „neue“ Bundesländer) mit Fairness begegnen würden. Und so ist es an der Zeit, die Bewohner „ab Harz ostwärts“ als echte Menschen und nicht als possierliches Beiwerk anzusehen. Das ist nämlich der Hauptgrund für die Frustration. Ich denke, man darf die Bewohner der 5 Bundesländer, die man gern nach 30 Jahren noch als „neu“ bezeichnet, nicht pausenlos als Schmuddelkinder und Störenfriede bezeichnen. Ich sehe mich nicht als solcher. Und ich möchte mich auch dagegen verwehren, als „Demokratiefeind“ zu gelten.
Wer den Osten nicht kennt, sollte sich vielleicht erstmal ein ernsthaftes und selbst erlebtes Urteil bilden. Das schadet in den seltensten Fällen. Gleichwohl stimme ich zu, dass eine starke AFD verstörend wirkt und Übelkeit verursachen kann. Derlei Entwicklungen gibt es laut Statistik woanders in Deutschland auch. Aber über den Osten lässt sich trefflich schimpfen. Die sollen sich mal nicht so haben!