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Gestern Stephan Brandner, heute der Sankt Martin

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Chronologisch stimmt die Aussage der Überschrift nicht. Der Sankt Martin von Rheidt wurde wohl schon vor Brandner rausgeschmissen. Allerdings aus ähnlichen Gründen.

Sankt Martin gestürzt

Der Generalanzeiger meldete den Vorfall unter Bezug auf den Facebook – Eintrag einer dritten Person, die Zeugin des Vorfalles gewesen ist. Es handelt sich um die Schwägerin der Frau, die vom Sankt Martin verbal attackiert wurde. Alle wissen, dass solche Berichterstattung bei Facebook auf fruchtbarsten Boden fällt. Auffällig finde ich, dass andere Zeugen des Vorfalles nicht erwähnt oder zitiert wurden!

„Der ‚gute Sankt Martin’ sieht meine kopftuchtragende Schwägerin an, die der deutschen Sprache mächtig ist und auch alles versteht, was der nette Mann von sich gibt, und sagt zu ihr mit einer Aggressivität und hasserfüllter Stimme, dass sie aber schon wisse, dass dies ein christliches Fest sei“, schreibt die Schwägerin bei Facebook. „Meine drei kleinen Nichten waren sehr erschrocken und wollten nicht mehr dort bleiben“, heißt es weiter.

Sankt Martin in Rheidt nach umstrittener Äußerung entlassen

Der Mann hat aggressiv und mit „hasserfüllter“ Stimme gesprochen. Die Aussage lässt der Fantasie Spielräume. Und wer kleine Kinder erschreckt, der hat es nicht besser verdient.

Das fanden auch die Verantwortlichen und wiesen Sankt Martin die Tür. Er darf nie wieder der Sankt Martin von Rheidt sein.

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Auch Ruprecht Polenz fand die Entscheidung richtig, weil Hass in unserer Gesellschaft …. Das Urteil ist also gesprochen und wurde damit bereits in der Revision bestätigt.

Brandner hatte gestern geklagt: „Sie sagen ihre Meinung, schwupps ist der Job weg!

Ob es nun um Lucke, Lindner oder de Maizieré geht, denen so genannte Linke eine Vorlesung oder Lesung unmöglich machten, weil sie die Redner entweder niederschrien oder mit freundlicher Unterstützung irgendwelcher Verantwortlichen gleich ein Sprechverbot erteilten, das ist eine Entwicklung, die ich persönlich durchaus als gefährlich für die Meinungsfreiheit bezeichnen möchte. Dass es normal werden könnte, dass Menschen in Deutschland den Job zu verlieren, weil sie sich mit den falschen Leuten zum Mittagessen treffen, mag ich nicht zu Ende denken.

Wahrheit gepachtet

Mit welchem Ausschließlichkeitsanspruch so genannte Linke diesbezügliche Argumente wegstemmen, wird mir allmählich unheimlich. Gestern Abend waren solche Versuche auch bei Maybrit Illner wieder zu beobachten.

Sascha Lobo war bemüht, einerseits das Internet bzw. die so genannten sozialen Medien nur ja nicht in eine verantwortliche Rolle für die dramatischen Entwicklung zwischenmenschlicher Beziehungen rücken zu lassen. Die üblichen, in meinen Ohren saublöden Ausflüchte, dass das Internet ja nur ein Spiegel der Gesellschaft sei, werden weiter gepflegt. Dabei ist es für jeden halbwegs intelligenten Menschen erkennbar, dass erst nach der Einführung der „sozialen“ Netzwerke das Problem der Hassrede in den heutigen Dimensionen entstanden ist. Aber das Internet ist die heilige Kuh, die für den Missbrauch der User nicht zur Verantwortung gezogen werden darf. Das schöne Spielzeug soll uns nicht weggenommen werden. Egal, was es kostet.

Meinungsfreiheit vs. gutes Benehmen

Das Argument, dass die Rechten nur deshalb Probleme mit der Meinungsfreiheit sehen, weil sie mit der Antwort auf ihre unerhörten Tiraden nicht klar kämen, ist mir zu dünn. Versuchen Sie mal die Probe aufs Exempel und äußern Sie bei Twitter eine kritische Bemerkung zu Ruprecht Polenz weltläufiger Haltung im entsprechenden Thread zur Entlassung des rheidtschen Sankt Martin.

Wenn sie ein bisschen Glück haben, kriegen sie selbst ein Gefühl dafür, was ein Shitstorm ist. Oder kritisieren Sie mal „Friday for Feature“ oder – noch besser – Extinction Rebellion. Danach passt Ihnen kein Hut mehr. Da wird keine Meinung vertreten, sondern eine Religion verteidigt. Es erinnert an die Grausamkeiten der Inquisition, nur mit anderen – sprachlichen – Mitteln.

Personalprobleme überall

Es wird alles so weiterlaufen. Manche Experten denken, dass der Hass gestoppt werden könnte, in dem dem Gefühl entgegengewirkt wird, dass das Internet ein rechtsfreier Raum sei. Es könnte helfen, so Cem Özdemir bei Illner, wenn ein paar harte Urteile gegen Hater gesprochen würden und die Polizei bei den „Tätern“ ab und zu an die Tür klopfen würde. Sicher, Lerneffekte könnte das haben. Aber es gibt kein qualifiziertes Personal für die Verfolgung dieser Delikte. Nein, eigentlich gibt es dafür bei Polizei und Staatsanwaltschaft gar kein Personal. Und daran wird sich vermutlich durch die schon wirkende Demografie auch nichts mehr ändern.

Ein anderer Vorschlag war, dass wir uns an das zurückerinnern, was unsere Eltern uns (hoffentlich) beigebracht haben. Wir wurden dazu erzogen, uns gegenüber anderen Menschen höflich zu verhalten. Gutes Benehmen ist möglicherweise etwas aus der Mode gekommen. Aber wir erinnern uns noch. Das gibt vielleicht Hoffnung.

Mein „Diktum“: Ausschalten! Facebook, Twitter, Instagram und die übrigen Hasschleudern sind verzichtbar! Mir ist klar, dass das nie passieren wird. So können wir nur darauf warten, bis der Zenit für die Entwicklung ihren Höhepunkt erreicht ist und die Leute erkennen, dass die Firnis unserer Zivilisation durch diese Werkzeuge ganz langsam zerbröckelt. Hoffentlich lässt sich dann noch was reparieren.

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Horst Schulte
Herausgeber, Blogger, Autor und Hobby-Fotograf
Seit 2004 blogge ich über Politik und Gesellschaft – also seit die meisten noch SMS statt Tweets geschrieben haben. Mit 70 Jahren lebe ich immer noch im schönen Bedburg, direkt vor den Toren Kölns, und schreibe über alles, was die Welt bewegt (oder mich zumindest vom Sofa aufstehen lässt).

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Artikelinformationen:

Gesellschaft

Miteinander, Toleranz, Zivilisation, Zusammenhalt

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