Warum tun sie das?

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Robert Habeck hat­te bei sei­ner Idee, im Moment kei­ne Abschie­bun­gen nach Afgha­ni­stan vor­zu­neh­men, sicher nicht die mut­maß­li­chen Täter im Auge, die die Grup­pen­ver­ge­wal­ti­gung eines 16-jäh­ri­gen Mäd­chens in Leer zu ver­ant­wor­ten haben. Den­noch tob­te der rech­te Teil des Webs. Die Grü­nen ver­ste­hen es, die rich­ti­gen Knöp­fe zu drücken. 

Für man­che ist das wirk­lich ein­fach. Tichys Ein­blick schrieb von „ara­bisch­stäm­mi­gen Tat­ver­däch­ti­gen“, womit dann auch gleich mit der Über­schrift klar­ge­stellt wer­den soll­te, wo der übli­che Tat­ver­däch­ti­ge in sol­chen Fäl­len zu ver­or­ten ist. Das macht es dem geneig­ten Leser ein­fa­cher, Habecks berech­tig­ten Vor­stoß in Grund und Boden zu verdammen. 

Die Bild-Zei­tung hat­te extra beim BKA ange­fragt, um zu erfah­ren, wie oft die­se beson­ders grau­sa­men Delik­te denn in unse­rem Land vor­kom­men. Nötig wäre die­se Anfra­ge nicht gewe­sen, hät­te man ein­fach das Inter­net bemüht. In einem 2019 ver­öf­fent­lich­ten For­schungs­be­richt des BKA wur­den nicht nur die Zah­len bis 2017 ver­öf­fent­licht, son­dern die ab 1991. 2018 waren es 659, 2019 710 und 2020 704 Fälle. 

Wenn intel­li­gen­te Men­schen, die sol­che schreck­li­chen Ver­bre­chen kom­men­tie­ren, sich schon nicht mehr dar­an gehin­dert füh­len, For­mu­lie­run­gen wie die­se zu benut­zen: „Kri­mi­na­li­tät von seit 2015 ins Land gelang­ten „Schutz­su­chen­den“, zeigt das, wie unver­söhn­lich die Posi­tio­nen sind. 

Die Taten sind ver­ab­scheu­ungs­wür­dig, die Täter müs­sen hart bestraft und unmit­tel­bar nach der Ver­bü­ßung abge­scho­ben werden. 

Zur Wahr­heit gehört lei­der auch dazu, dass die Hälf­te aller Grup­pen­ver­ge­wal­ti­gun­gen von Deut­schen ver­übt wer­den und dass es bereits über einen lan­gen Zeit­raum lei­der über­ra­schend vie­le die­ser furcht­ba­ren Taten gab. 

Klar ist, dass die Täter (auch wenn sie in den Sta­tis­ti­ken „nur“ als Tat­ver­däch­ti­ge geführt wer­den) über­wie­gend Migran­ten gewe­sen sind. Das geben die Zah­len des BKA her. Wir wis­sen, dass die meis­ten Geflüch­te­ten männ­lich (ca. 86 %) und unter 30 Jah­re alt waren (ca. 60 %). 

Man­cher wird sagen, er hät­te das immer schon gewusst oder zumin­dest kom­men sehen. Schließ­lich gaben es die TV-Bil­der und Berich­te her. Jeder konn­te mit blo­ßem Auge sehen, dass die meis­ten Flücht­lin­ge jun­ge Män­ner waren. Davon, wie sich man­che von ihnen in unse­rem Land, in dem sie Zuflucht fan­den, auf­füh­ren, lesen wir viel zu oft im Inter­net. Dass nicht alle Medi­en über schwe­re Straf­ta­ten, die von Flücht­lin­gen began­gen wer­den, fällt nicht nur mir auf. An der schwe­re der Straf­ta­ten wird es nicht lie­gen. Ich glau­be, man möch­te sich nicht ein­ge­ste­hen, was tat­säch­lich bis­her und auch wei­ter­hin gesche­hen wird. 

Das macht bit­ter und wütend. Bit­ter des­halb, weil man blau­äu­gi­ger Wei­se auf die­se Art von Dank der Hil­fe­su­chen­den nicht vor­be­rei­tet war. Die Wut stellt sich in die­ser Kon­stel­la­ti­on rasch ein, die Ent­täu­schung über die­ses Ver­hal­ten ist ein Brandbeschleuniger.

Die Bedro­hun­gen vor der vie­le die­ser Men­schen geflüch­tet sind, bleibt. Behaup­tun­gen kon­ser­va­ti­ver und rech­ter Het­zer, die pene­trant wie­der­ho­len, die Geflüch­te­ten sei­en ledig­lich der guten Sozi­al­leis­tun­gen oder der libe­ra­len Geset­ze wegen hier in Deutschland

Der CDU­ler Wolf­gang Bos­bach mein­te kürz­lich in einem Bild-Inter­view zur Grup­pen­ver­ge­wal­ti­gung, Flücht­lin­ge sähen in Deutsch­land einen Tat­ort. Was so viel hei­ßen soll­te, dass sie nur zu dem Zweck bei uns sind, Ver­bre­chen zu verüben. 

Unter den Flücht­lin­gen gibt es lei­der vie­le, die in der kur­zen Zeit ihrer Anwe­sen­heit im Land (2015) Ver­bre­chen ver­übt haben. Es sind, wie in jeder Kri­mi­nal­sta­tis­tik aus­ge­wie­sen und grund­sätz­lich unab­hän­gig von ihrer Her­kunft, über­wie­gend jun­ge Männer. 

Wie schafft es ein Land, all die­sen jun­gen Män­nern eine Lebens­per­spek­ti­ve zu ver­schaf­fen, die über die irgend­wann bevor­ste­hen­de Abschie­bung hin­aus­ge­hen könn­te? Wie viel (auch sexu­el­ler) Frust, Ver­zweif­lung und Wut kann ein jun­ger Mann wohl ver­kraf­ten, ohne dass er zur Belas­tung einer Gesell­schaft wird? Wir wis­sen, dass ein Fami­li­en­nach­zug auf die­se Fra­ge kei­ne Ant­wort ist. Die Gesell­schaft gou­tiert sol­che Ideen nicht (mehr). Das hat mit der Gesamt­erfah­rung nach 2015 zu tun. Inso­fern wird sich an der Lage die­ser vie­len Men­schen nicht wirk­lich etwas verbessern. 

Indem wir for­dern, dass die Täter streng bestraft und aus­ge­wie­sen wer­den, haben wir noch nichts an die­sen sozia­len Zusam­men­hän­gen ver­än­dert. Im Gegen­teil, wir kön­nen die Abschie­bun­gen viel­fach nicht umset­zen, weil die Her­kunfts­län­der sich wei­gern, die­se Men­schen „zurück­zu­neh­men“.

Die leid­vol­len Aus­gren­zungs­er­fah­run­gen sowie wie die natür­lich auch wahr­ge­nom­me­ne zuneh­men­de Ableh­nung wei­ter Tei­le der Gesell­schaft wer­den die Lage nur ver­schlim­mern. Egal, ob seit 2015 nun 1,2 oder 2 Mio. Men­schen zu uns gekom­men sind, die meis­ten sind jun­ge Män­ner. Es sind Hun­dert­tau­sen­de. Ohne Per­spek­ti­ven, ohne Frau­en, ohne Fami­li­en. Was den­ken wir, wie wir die­se Auf­ga­be stem­men wer­den? So vie­le Sozi­al­ar­bei­te­rIn­nen kön­nen wir gar nicht bereitstellen. 

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Ausweisungen Gesetze Integration Moral

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8 Gedanken zu „Warum tun sie das?“

  1. „Wie schafft es ein Land, all die­sen jun­gen Män­nern eine Lebens­per­spek­ti­ve zu ver­schaf­fen, die über die irgend­wann bevor­ste­hen­de Abschie­bung hin­aus­ge­hen könnte?“

    Dazu gibts z.B. Berich­te der Bun­des­agen­tur für Arbeit mit „Infor­ma­tio­nen zur Ent­wick­lung der Arbeits­lo­sig­keit, Beschäf­ti­gung und Leis­tungs­be­zug von Per­so­nen im Kon­text von Flucht­mi­gra­ti­on.“ in Ein­zel­aus­ga­ben bis 3/​2020 und eine kom­pak­te Zusam­men­schau.

    Dar­in heißt es:

    Im März 2020 waren in Deutsch­land 449.000 arbeit­su­chen­de Schutz­su­chen­de regis­triert, dar­un­ter waren 210.000 Per­so­nen arbeits­los. Das waren 9 Pro­zent aller Arbeitslosen.
    ‑Die Arbeits­lo­sig­keit von Schutz­su­chen­den lag seit Jah­res­be­ginn 2017 im Kor­ri­dor zwi­schen rund 170.000 und 200.000 und befin­det sich nun seit Jah­res­be­ginn wie­der gering­fü­gig darüber.
    – Seit nun­mehr über einem Jahr zei­gen sich in der Arbeits­lo­sig­keit von Schutz­su­chen­den Vor­jah­res­an­stie­ge. Da die Unter­be­schäf­ti­gung aber aktu­ell wei­ter sinkt, spricht viel dafür, dass Schutz­su­chen­de ihre Integrationskurse
    sowie Fort­bil­dun­gen been­den und nun dem Arbeits­markt zur Ver­fü­gung stehen.

    Und wei­ter:

    Struk­tur der Arbeitslosigkeit
    ‑Die arbeits­lo­sen Schutz­su­chen­den sind über­wie­gend jung und männlich.
    ‑Sie kom­men häu­fig für Jobs in Fra­ge, in denen Sprach­kennt­nis­se bzw. for­ma­le Berufs­ab­schlüs­se nicht zen­tral für die Berufs­aus­übung sind. So waren im März 29.000 der arbeits­lo­sen Schutz­su­chen­den auf der Suche nach einer Arbeits­stel­le in der Logis­tik, wei­te­re 27.000 in Rei­ni­gungs­be­ru­fen, fast 19.000 such­ten eine Beschäftigung
    als Küchen­hel­fer und 12.000 möch­ten im Ver­kauf tätig sein. Fast alle die­ser Gesu­che bezie­hen sich dabei auf Helfertätigkeiten. 

    Was viel zu wenig berich­tet wird, ist der Nut­zen, den unse­re Gesell­schaft von vie­len die­ser jun­gen Män­ner hat, sobald sie arbei­ten dür­fen (!). Ich nut­ze vie­ler­lei Lie­fer­diens­te und nur sel­ten kommt da ein „Urdeut­scher“, aller­meist sind es Migran­ten, die kaum Deutsch können. 

    Zur Kri­mi­na­li­tät („War­um tun sie das?“) gibt es auch dif­fe­ren­zier­te Berichte: 

    Migra­ti­on und Kri­mi­na­li­tät – Erfah­run­gen und neue­re Ent­wick­lun­gen (BpB). Mit einem aus­führ­li­chen Kapi­tel über „Flücht­lin­ge und Kri­mi­na­li­tät“.

    Der Irr­tum, der zu beson­ders emo­tio­na­ler Hal­tung gegen­über Geflüch­te­ten führt, die Ver­bre­chen bege­hen, ist die Erwar­tung von „Dank­bar­keit“.

    Zwar sind vie­le wirk­lich dank­bar, doch sind das eher jene, denen die Inte­gra­ti­on leich­ter fällt – viel­leicht weil sie gebil­de­ter sind als ande­re und kei­ne illu­sio­nä­ren Erwar­tun­gen hatten. 

    Das gilt aber nicht für die eher Unge­bil­de­ten, die ihre Infos über den Ziel­ort Deutsch­land aus „Erfolgs­be­ri­chen“ in sozia­len Medi­en bezo­gen haben und eine Art Para­dies erwar­te­ten. Deren Illu­sio­nen zer­schel­len in Flücht­lings­un­ter­künf­ten (oft jwd), an Arbeits­ver­bo­ten und der Art der Ver­sor­gung, die sie dort bekom­men. Deren Reak­ti­on ist ver­mut­lich oft ein­fach Ent­täu­schung und Wut, denn sie sehen sich getäuscht und befin­den sich in aus­weg­s­lo­ser Lage, ohne für sie erkenn­ba­re Per­spek­ti­ve auf Besserung. 

    Den­noch sind schwe­re Ver­bre­chen in abso­lu­ten Zah­len auch unter Geflü­che­ten SELTEN. Aber je mehr Medi­en das ger­ne breit tre­ten und in jedem Sta­di­um recht­li­cher Auf­ar­bei­tung wie­der­ho­len, des­to eher ver­fes­tigt sich der Ein­druck: Flücht­lin­ge sind mehr­heit­lich böse, unzi­vi­li­sier­te Ver­bre­cher, die man nicht hät­te rein­las­sen sollen. 

    Da jede Men­ge schwe­rer Ver­bre­chen auch von Deut­schen began­gen wer­den, über die vie­le Medi­en nicht berich­ten, regt es mich nicht wei­ter auf, wenn sie auch im Fall geflüch­te­ter Ver­bre­cher nicht berich­ten. Es fin­den sich immer genug Medi­en, die es nur all­zu ger­ne tun!

  2. Mendel Welcland 84 3. August 2021 um 01:41

    Ich neh­me an, @Petra, das sie zur Stadt gehö­ren. Find ich toll, das eine Stadt den Blogs ihrer Bür­ger folgt und ihre Idee,- fand‚ ich gut.

  3. Gerhard 246 3. August 2021 um 08:21

    Zu all dem kann ich wenig gut Durch­dach­tes bei­tra­gen, Horst.
    Nur soviel: Die News um Grup­pen­ver­ge­wal­ti­gung 2012 in Neu-Delhi habe ich stark ver­folgt. Ich lern­te, daß das an der Tages­ord­nung ist. Jetzt immer noch.
    Unglaub­lich, wel­che Agres­sio­nen da zu Tage treten.

  4. Gerhard 246 3. August 2021 um 12:12

    Es ist wie mit allem: Man muss sich pein­lich genau infor­mie­ren (wenn man ein Wört­chen mit­re­den will).

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