Am 19.10.2017 habe ich nach 43 Jahren mein Abonnement des Kölner Stadt-Anzeigers gekündigt. Seitdem kaufen wir uns die Zeitung sporadisch im Zeitschriftenhandel. Manchmal genieße ich regelrecht die Haptik, des vertrauten und vergleichsweise kleinen Formats meiner alten Zeitung. Ich lese sie dann ziemlich ausgiebig. Keine Klicks, nur blättern.
Die Corona – Berichterstattung nimmt in der heutigen Ausgabe viel Raum ein. Wahrscheinlich ist das jetzt, wie in allen Medien, jeden Tag der Fall. Wirklich neue Informationen zum Thema sind rar, weil man diese via TV oder Internet längst kannte. Diesen Nachteil kann wahrscheinlich kein Printmedium wettmachen.
Kreuzfeuer?
Seite 2 | Thema des Tages lautet: „Krisenmanagement im Kreuzfeuer“. Subtitel: Nach Angela Merkels dramatischer TV-Ansprache kommt Kritik an der Bundesregierung auf.
Fast die ganze Seite zwei füllt dieser Beitrag. Diese „Dokumentation der am häufigsten geäußerten Vorwürfe“ interessierte mich. Auf welche Quelle bezieht sich die Kritik am Krisenmanagement unserer Regierung? Ich würde sagen, der Autor hat wie ich Gabor Steingarts „Morning Briefing“ von gestern gelesen und Herrn Professor Kekulés erhobene Vorwürfe gegen die Regierung und ihre nichtsnutzigen wissenschaftliche Berater.
Opposition ruhig, außer der AfD
Zu Beginn des Artikels wurde positiv herausgestellt, dass sich die Opposition staatstragend verhält und die Maßnahmen der Regierung im Grunde kritiklos kommentiert wurden. Dass das AfD „Krawall-Faktotum“ mit plumpen Vorwürfen gegen Merkel hervorsticht, wird ebenfalls erwähnt. Den Begriff „Krawall-Faktotum“ habe ich mir notiert. Besser ist Beatrix von Storch kaum zu beschreiben.
Wenn Journalisten wie Joachim Frank vom Kölner Stadt-Anzeiger darüber berichten, dass das „Krisenmanagement im Kreuzfeuer“ steht, erwarte ich neben der Aufzählung der konkreten Vorwürfe, dass dieses Kreuzfeuer (Einzelfeuer) nicht nur, wie in diesem Falle, von einem einzigen Wissenschaftler kommt. Dass Herr Professor Kekulé seit Monaten nicht mit vehementer Kritik spart, dürfte selbst denjenigen nicht verborgen geblieben sein, der die Corona-Lage weniger intensiv verfolgt.
Nachher weiß man es immer besser
Manches kann in der Retrospektive (für die jetzt noch nicht die Zeit ist!) Kekulés Vorwürfe bestätigen. Schließlich ist man hinterher immer klüger. Persönlich halte ich Professor Kekulés Aussagen aus einem schlichten und vielleicht sogar dummen Motiv für kritikwürdig. Aus einem bestimmten Grund hat sich die Regierung dafür entschieden, sich von den Wissenschaftlern des Robert-Koch-Instituts und dem Leiter des virologischen Instituts an der Berliner Charité, Professor Dr. Christian Drosten beraten zu lassen.
Vielleicht hat Professor Dr. Alexander Kekulé damit ein Problem? Mir kommt es jedenfalls ein bisschen so vor. Wie ist es sonst zu erklären, dass die Leiter der anderen virologischen Institute in Deutschland die Kritik Kekulés nicht in dieser lauten Form unterstützen? Oder gingen sie unter im angeblichen Kreuzfeuer der Kritik, von dem Joachim Frank im Kölner Stadt-Anzeiger berichtete?
Und wer nach Kritik sucht, der soll sie haben. Irgendeiner meckert schließlich immer.
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