Freie Meinungsäußerung wieder mal

Hier haben die Rech­ten, die CDU und die Gewerk­schaft der Poli­zei (GdP) auf ihrer Sei­te. Emo­tio­nal ver­ste­he ich das zum Teil. Der Umgang mit ande­ren Mei­nun­gen fällt vie­len schwer. Das geht so weit, dass eine Leh­re­rin nicht wei­ter­be­schäf­tigt wer­den soll, weil sie sich kri­tisch über Rechts­extre­me in der Poli­zei äußerte.

4 Minute/n


Merken

4

Folgt man dem Zeit­geist, soll­te man sich nicht zu Gege­ben­hei­ten äußern, deren Zeu­ge man nicht selbst gewe­sen ist. Als Bio­deut­scher ist es mir unmög­lich, Racial Pro­fil­ing bzw. ras­sis­ti­sches Ver­hal­ten bei der Poli­zei festzustellen. 

Auf­’m Dorf ist es ohne­hin schier unmög­lich, sol­che Erfah­run­gen zu machen. Bei ande­ren Gele­gen­hei­ten wür­de die Über­nah­me von Stand­punk­ten oder Ver­hal­tens­wei­sen womög­lich als kul­tu­rel­le Aneig­nung gelten. 

Struktureller Rassismus

Beob­ach­ten kann ich trotz­dem. Des­halb weiß ich, dass es Ras­sis­ten in der Poli­zei gibt, viel­leicht sogar so etwas wie struk­tu­rel­len Rassismus. 

Man sagt nicht nur der Poli­zei, son­dern auch der Bun­des­wehr sol­che Ten­den­zen nach. Sie sind danach in die­ser Umge­bung ver­brei­te­ter als unter durch­schnitt­li­chen Bür­gern. Kegel­clubs wird man dies­be­züg­lich ver­mut­lich nicht unter­sucht haben. 

Deutsch­land hat ein Ras­sis­mus­pro­blem. Das sagen vie­le Men­schen, nicht nur Migran­ten. Das Aus­maß ist neu. Es ist eine Bin­sen­weis­heit, dass sich im Land nach 2015 viel ver­än­dert hat. Die AfD ist gewach­sen und liegt inzwi­schen auf­grund die­ser tol­len Regie­rungs­ar­beit je nach Umfra­ge über den Wer­ten von Grü­nen und SPD. 

Eigene Erfahrungen helfen bei der Differenzierung

Lin­ke, SPD und Grü­ne tei­len weit­ge­hend die Mei­nung über den Ras­sis­mus in Deutsch­land. Ich fra­ge mich, inwie­weit die­se Hal­tung immer durch eige­ne Erfah­run­gen gedeckt sind bzw. was davon dem Sumpf der Ideo­lo­gie ent­sprin­gen mag.

Ich bin nicht neu­tral und mög­li­cher­wei­se ist mei­ne Hal­tung dazu eben­falls ideo­lo­gisch grun­diert. Es hat sich inzwi­schen erwie­sen, dass ein jun­ger Mann vor ein paar Mona­ten in Dort­mund von Poli­zis­ten erschos­sen wur­de, obwohl es für den Waf­fen­ein­satz kei­ne Begrün­dung gege­ben hat. 

Es gibt lei­der vie­le ande­re Bei­spie­le dafür, wie Poli­zis­ten mit zwei­fel­haf­ten Metho­den vor­ge­gan­gen sind. Die NSU-Mor­de und die Unter­su­chun­gen durch die Behör­den sowie deren Vor­ge­hen nach den Mor­den von Hanau las­sen Raum für Gerau­ne und Vorbehalte. 

Polizeiliche Praxis in vielen Fällen

Der poli­zei­li­che Umgang mit sol­chen Nazi-Mor­den war dazu unge­eig­net, Ver­trau­en in die Poli­zei auf­zu­bau­en oder zu stärken. 

Wenn sich Migran­ten öffent­lich über ihre Erfah­run­gen äußern, wäre es an uns, die­sen Men­schen mit Respekt zu begeg­nen. Dabei ist mir – auch aus eige­ner Erfah­rung – klar, dass es Men­schen gibt, deren Ver­trau­en in die Poli­zei intakt ist oder die ein­fach nicht sehen, was sie nicht sehen möch­ten. Igno­ranz ist bei sol­chen Dis­kus­sio­nen immer auch Teil des „Geschäfts“.

Eine Grund­schul­leh­re­rin, die zusätz­lich an einer Poli­zei­hoch­schu­le lehrt, äußer­te sich via Twitter: 

„Ich bekom­me mitt­ler­wei­le Herz­ra­sen, wenn ich oder mei­ne Freun­d*in­nen in eine Poli­zei­kon­trol­le gera­ten, weil der gan­ze brau­ne Dreck inner­halb der Sicher­heits­be­hör­den uns Angst macht. Das ist nicht nur mei­ne Rea­li­tät, son­dern die von vie­len Men­schen in die­sem Land. #Poli­zei­pro­blem.“

Bahar Aslan, 20. Mai 2023

Die­ser Tweet führ­te nach einem Shit­s­torm aus der rechts-kon­ser­va­ti­ven Ecke, unter­stützt von CDU und GdP, dazu, dass Aslans Ver­pflich­tung als Lehr­kraft an der Poli­zei­hoch­schu­le nicht ver­län­gert wur­de. So ein­fach geht das, wenn der Mob Blut sehen will. Man darf sich den Wort­laut man­cher Tweets nicht zu Her­zen neh­men. Das wis­sen vie­le. Gelin­gen wird das nicht immer. 

Leichte Ziele

Es ist wahr, dass es Ras­sis­mus in Deutsch­land gibt. Viel­leicht ist er über­pro­por­tio­nal unter Poli­zis­ten ver­brei­tet. Stu­di­en deu­ten dar­auf hin, nor­ma­le All­tags­ge­schich­ten bele­gen es. Dass sich Poli­zis­ten von Aslans Tweet belei­digt füh­len, kann ich ver­ste­hen. Wenn Poli­zis­ten oder Ret­tungs­kräf­te ver­mehrt bei Ein­sät­zen ange­grif­fen wer­den, und zwar über­pro­por­tio­nal häu­fig von Migran­ten­grup­pen, trägt so ein Tweet nicht zur Ver­bes­se­rung des Kli­mas bei. Das Gegen­teil ist der Fall. Inso­fern möch­te man Men­schen an expo­nier­ten Posi­tio­nen (Frau Aslan ist ein Bei­spiel dafür) raten, sich mit leicht miss­ver­ständ­li­chen und dazu noch anek­do­ti­schen Gemein­plät­zen zurückzuhalten. 

Die Aus­drucks­wei­se mag man kri­ti­sie­ren. Viel­leicht war es eine unglück­li­che Wort­wahl. Es tut mir leid, wenn sich Poli­zis­ten ange­spro­chen füh­len, die vor­bild­lich ihren Dienst tun. Es ging mir um jene Beam­tin­nen und Beam­te, die sich an rechts­extre­men Chats betei­li­gen, die mit ihrer ras­sis­ti­schen Geis­tes­hal­tung gan­ze Dienst­stel­len ver­gif­ten. Sie haben das Ver­trau­en in die­se Insti­tu­ti­on gera­de in der migran­ti­schen Com­mu­ni­ty tief erschüttert.

Bahar Aslan am 22. Mai 2023 auf Twitter

Aso­zia­le Netz­wer­ke funk­tio­nie­ren so. Jeder soll­te das wis­sen und der Gegen­sei­te kei­ne offe­ne Flan­ke bieten. 

Ich for­der­te die Wei­ter­be­schäf­ti­gung von Frau Aslan, auch an der betref­fen­den Hoch­schu­le der Poli­zei und als Grund­schul­leh­re­rin. Die Debat­te im Netz ent­hält For­de­run­gen, dass Frau Aslan auch die­sen Job ver­lie­ren soll.

Diesen Beitrag teilen:
0CDD5CFF 182F 485A 82C6 412F91E492D0
Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Polizei Rassismus Rechts

Quelle Featured-Image: Standardbild...
Anzahl Wörter im Beitrag: 721
Aufgerufen gesamt: 42 mal
Aufgerufen letzte 7 Tage: 5 mal
Aufgerufen heute: 2 mal

4 Gedanken zu „Freie Meinungsäußerung wieder mal“

  1. Kürz­lich habe ich mit einer Frau aus Sach­sen län­ger tele­fo­niert. Sie berich­te­te davon, dass sich die 3 Men­schen mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund und teils dunk­ler Haut­far­be, die sie per­sön­lich kennt, nicht allei­ne auf die Stra­ße wagen! Hammer!
    Dass sich in der Poli­zei mehr Ras­sis­ten fin­den als anders­wo, erscheint mir glaub­haft. Auch mehr mit rechts­las­ti­ger Ein­stel­lung. Aber was dar­an „struk­tu­rell“ ist, weiß ich nicht wirk­lich genau.

    Schön, dass man mal wie­der kom­men­tie­ren kann! 🙂

  2. Falsch ver­stan­de­ner Korps­geist, Unver­schämt­hei­ten, Belei­di­gun­gen bis hin zum ange­spuckt wer­den, das sind alles Din­ge, die pas­sie­ren und sich, kana­li­siert durch Paro­len der Rech­ten, schließ­lich Bahn bre­chen in Ras­sis­mus und Frem­den­feind­lich­keit. Nicht ganz unschul­dig ist hier die Poli­tik. Jemand, der aus Syri­en, Liba­non oder eben da, wo die Poli­zei nicht zim­per­lich ist, gese­hen hat, wozu die dor­ti­ge Ord­nungs­macht fähig ist, der wird über einen Poli­zis­ten mit bun­tem Fahr­rad­helm und Funk­ti­ons­klei­dung hier in Deutsch­land nur müde lächeln. 

    Klar ist: Wer in Staats­diens­ten steht, hat das Grund­ge­setz der BRD nicht nur zu beach­ten, son­dern zu ver­in­ner­li­chen und zu leben; die­je­ni­gen, die das nicht tun, müs­sen sofort aus dem Staats­dienst ent­fernt wer­den und das gilt umso mehr für die Exekutive. 

    Auch wenn das viel­leicht kei­ne Ein­zel­fäl­le sind, von Struk­tur­ras­sis­mus wür­de ich nicht reden. Auf der ande­ren Sei­te ist die Äuße­run­gen von Frau Bahar Aslan kei­ne Äuße­run­gen im Bereich der Mei­nungs­frei­heit, son­dern, wie Du schon bemerk­test, eine Belei­di­gung und geht aus mei­ner Sicht gera­de für eine Poli­zei­do­zen­tin zu weit.

Lass deinen Gedanken freien Lauf


Hier im Blog werden bei Abgabe von Kommentaren keine IP-Adressen gespeichert! Deine E-Mail-Adresse wird NIE veröffentlicht! Du kannst anonym kommentieren. Dein Name und Deine E-Mail-Adresse müssen nicht eingegeben werden.


✅ Beitrag gemerkt! Favoriten anzeigen
0
Share to...
Your Mastodon Instance