Horst Schulte

Deutschland: D wie dysfunktional

6 Min.

Alexander Kissler, deutscher Journalist in Diensten der NZZ, twittert, dass das D in Deutschland fĂŒr DysfunktionalitĂ€t stehe. FĂŒr seine ewige Nörgelei ĂŒber unser Land erhĂ€lt er bei schweizerischen Lesern bestimmt auch Zustimmung.

Wahrscheinlich kommt das „Konzept“ von Chefredakteur Gujer, Deutschland durch deutsche Journalisten in seinem Blatt heruntermachen zu lassen, aber vor allem bei der eigentlichen Zielgruppe („Der andere Blick“) gut an. Dabei erscheint es mir ein wenig merkwĂŒrdig, dass ausgerechnet rechts-nationale es zulassen, dass ihr Land mit durchsichtigen Motiven regelrecht herabgewĂŒrdigt wird. In manchen Themenbereichen geht es beim „anderen Blick“ der NZZ zu wie bei Tichy, Broder und – natĂŒrlich – Köppels „Weltwoche“.

Besser keine Sanktionen?

Was die Sanktionen gegen Russland und deren Folgen anlangt, haben wir zur Kenntnis zu nehmen, dass AfD und Linkspartei mehrheitlich anderer Meinung sind, als alle anderen im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien. Mir ist es ziemlich egal, dass beide Parteien dafĂŒr unterschiedliche Motive haben. Diese Parteien und ihre AnhĂ€ngerschaft fördern den allgemeinen Unwillen ĂŒber die Politik unserer Regierung. Nicht die GrĂŒnen, die SPD oder die FDP sind verantwortlich fĂŒr Putins Krieg gegen die Ukraine, demnach auch nicht fĂŒr die Folgen.

Welch ein Wahnsinn ist es, dass die Sanktionen des „Westens“ schon zum jetzigen Zeitpunkt so massiv kritisiert werden. Putin, Lawrow und ihre Speichellecker im Kreml werden höchst erfreut sein ĂŒber die Erfolge ihrer Propaganda. Man mag sich ĂŒber die RadikalitĂ€t des Egoismus vieler Deutscher wundern, den uns der vom Staat unterstĂŒtzte Individualismus beschert hat. Ein Sozialstaat hat seine Schattenseiten, wenn er als ineffizient und auch noch ungerecht wahrgenommen wird. Andererseits fördert auch er meiner Ansicht nach Individualismus und Egoismus. Schröder hatte in einem Punkt recht: Der Staat hĂ€tte fördern und fordern sollen. Beim Fordern steht nun die große Kehrtwende an. Mal sehen, ob das sich bewĂ€hrt.

Was setzen wir dem russischen Imperialismus entgegen?

Statt sich mit den RealitĂ€ten und Auswirkungen der nötigen Konsequenz gegen die von Putin verkĂŒndete und lĂ€ngst auch praktizierte imperialistische Politik, als Gefahr fĂŒr den Frieden in ganz Europa anzuerkennen und die Verantwortung fĂŒr Maßnahmen unserer Regierung mitzutragen, behaupten die Gegner, diese seien deshalb wertlos, weil sie die westlichen LĂ€nder hĂ€rter trĂ€fen als die Russen. Belege dafĂŒr gibt es nicht.

Manche nehmen sich insbesondere die GrĂŒnen vor und arbeiten sich an Robert Habeck und Annalena Baerbock ab. Die stĂ€ndigen Twitter-Hashtags, mit denen die Gegner der GrĂŒnen ihrem Unmut Luft machen, nerven bloß noch. Man mag gewisse Aussagen kritisch und falsch finden. Die Leute gehen so weit zu behaupten, dass grĂŒne Ideologen den Krieg zur Durchsetzung klimapolitischer Maßnahmen missbrauchen. Ich fĂŒrchte, je kĂ€lter unsere Wohnzimmer im Winter wĂŒrden oder, desto schneller die Arbeitslosenzahlen wegen stillgelegter Produktionen zunehmen, desto mehr Leute werden diesem Unfug etwas abgewinnen. Die Pflöcke werden von den rechten Hetzblogs der Republik und den asozialen Medien gesetzt.

Sinnlose Kontroversen fast bei jedem Thema – Debatten sind es nicht.

Ich erinnere mich nicht daran, in meinem bisherigen Leben je eine Zeit erlebt zu haben, in der im Wesentlichen politische motivierte gegenseitige Ablehnung, die auf einem völligen UnverstĂ€ndnis der jeweiligen Position der anderen beruht, so stark fĂŒhlbar gewesen wĂ€re wie heute. Wohin soll das fĂŒhren?

Es ist nicht ausgeschlossen, dass die QualitĂ€t unserer Politiker, unserer Wissenschaftler, unserer Journalisten oder ĂŒberhaupt der Mangel an ĂŒberragenden, ĂŒberparteilichen Persönlichkeiten verantwortlich sind. Ich fĂŒrchte, so einfach ist es nicht. Schließlich sind die Themen, an denen wir uns in den beiden letzten Jahrzehnten abgearbeitet haben, samt und sonders komplex sind. Dass alle mitreden (Internet, Blogs, asoziale Medien) wird einen großen Anteil an der allseits festgestellten Spaltung der Gesellschaft haben.

Ich habe manchmal das GefĂŒhl, dass jeder Lösungsbeitrag zu kritischen Themen schon verbrannt ist, sobald er öffentlich gemacht wurde.

Im Bundestag sitzen 736 Bundestagsabgeordnete. Die Zahl die Überhang- und Ausgleichsmandate belĂ€uft sich inzwischen auf 138. Nie war der Bundestag grĂ¶ĂŸer. Den Politikern scheint es herzlich egal zu sein, welchen verheerenden Eindruck die Entwicklung auf unsere Bevölkerung hat. Wenn doch wenigstens irgendetwas darauf hindeuten wĂŒrde, dass die zusĂ€tzliche Manpower etwas Positives bewirken wĂŒrde
 Wie wĂ€re es mit einem Ausschuss zum Abbau bĂŒrokratischer HĂŒrden? Was, den gibt es schon? Ach, genauso lange, wie ĂŒber den Abbau von BĂŒrokratie geredet wird?

In der Entschließung heißt es: â€žBĂŒrokratieabbau bleibt eine Daueraufgabe. Daher wollen die Fraktionen der CDU/CSU und SPD in dieser Wahlperiode mögliche Inhalte fĂŒr ein weiteres BĂŒrokratieentlastungsgesetz ausloten. Die Bundesregierung soll hierzu entsprechende Konsultationen zwischen den Ressorts einleiten. Ein Schwerpunkt soll sein, die BĂŒrokratie- und Regulierungslasten fĂŒr GrĂŒnder in der Start- und Wachstumsphase auf ein Mindestmaß zu reduzieren und Genehmigungsverfahren fĂŒr private Bau- und Infrastrukturmaßnahmen zu beschleunigen.“ Link folgen

Deutscher Bundestag – Entlastungen von BĂŒrokratie beschlossen

Hat jemand das GefĂŒhl, dass wir mithilfe der „BĂŒrokratieentlastungsgesetze“ irgendetwas zum Besseren verĂ€ndert hĂ€tten? Warum geht es mit den Stromtrassen von Nord und SĂŒd nicht voran, warum wurden in Deutschland in diesem Jahr weniger WindrĂ€der errichtet als im letzten Jahr im Vergleichszeitraum? Weshalb werden die vorhandenen personellen ÜberkapazitĂ€ten bei den Damen und Herren Abgeordneten eigentlich nicht fĂŒr diese so wichtige Aufgabe genutzt?

ZusÀtzliche Ressourcen des Bundestages nutzen

MĂŒssen die Neuen erst noch eingearbeitet werden oder welchen Sinn haben die zusĂ€tzlichen Ressourcen im Bundestag? Zur Erinnerung: Nach den PlĂ€nen dieser Regierung mĂŒssen jĂ€hrlich 1500 bis 2000 WindrĂ€der errichtet werden. In den letzten 3 Jahren wurden je 500 WindrĂ€der zugebaut. In diesem Jahr scheint sich dieser „Trend“ fortzusetzen. Und das, obwohl der Ausbau wirklich so dringlich wĂ€re. Jetzt spricht Habeck davon, dass er Chancen sieht, die Solarindustrie nach Deutschland zurĂŒckzuholen.

Es gibt immer eine Differenz zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Die Ampel-Regierung hat das in diesem Jahr einmal mehr unter Beweis gestellt. Als sich die Ampel konstituierte, war von einem ganz neuen Stil die Rede. Nur was nĂŒtzt es dem Land, wenn die regierenden Parteien einen besseren Umgang untereinander pflegen, aber trotzdem in entscheidenden Fragen nicht ĂŒbereinkommen und sich blockieren?

VorwĂŒrfe – konstruktiv oder destruktiv?

Jetzt habe ich es auch wieder getan. Ich habe mich ĂŒber die Regierung beklagt und VorwĂŒrfe formuliert. Wieder so ein Blogger, der so tut, als wisse er es besser. Nein, diesen Eindruck sollte der Text nicht machen. Ich hoffe, er unterscheidet sich von all den Beleidigungen und dem destruktiven Kram, der im Internet kursiert.

Horst Schulte

Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurĂŒck. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

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Politik

Ampel, Arbeitslose, GrĂŒne, Klimawandel, Köppel, Regierung, Russland, Ukraine

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2 Kommentare anzeigen

2 Gedanken zu „Deutschland: D wie dysfunktional“

  1. Gern gelesen.
    Ich denke, jede mögliche verbesserungs-massnahme trifft auf eine Masse WiderstĂ€nde, von denen wir wenig mitbekommen. Manche WiderstĂ€nde bauen sich auch von alleine auf. Etwa aus politischen GrĂŒnden oder weil plötzlich kein Geld da ist. Oder eibe wesentlicheGrundlage als solche nicht mehr existiert.

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  2. Danke, Gerhard. Wir mĂŒssen von der Politik erwarten, dass sie in diesen elementaren Fragen zu klaren Konzepten kommt und nicht jede Regierung und Opposition ein Vorankommen behindern. Es ist, wie so oft, eine Frage der PrioritĂ€ten. Diese zu sehen, erfordert FĂŒhrung. Wo sehen wir die heute?

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