Deutschland: D wie dysfunktional

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Alex­an­der Kiss­ler, deut­scher Jour­na­list in Diens­ten der NZZ, twit­tert, dass das D in Deutsch­land für Dys­funk­tio­na­li­tät ste­he. Für sei­ne ewi­ge Nör­ge­lei über unser Land erhält er bei schwei­ze­ri­schen Lesern bestimmt auch Zustimmung.

Wahr­schein­lich kommt das „Kon­zept“ von Chef­re­dak­teur Gujer, Deutsch­land durch deut­sche Jour­na­lis­ten in sei­nem Blatt her­un­ter­ma­chen zu las­sen, aber vor allem bei der eigent­li­chen Ziel­grup­pe („Der ande­re Blick“) gut an. Dabei erscheint es mir ein wenig merk­wür­dig, dass aus­ge­rech­net rechts-natio­na­le es zulas­sen, dass ihr Land mit durch­sich­ti­gen Moti­ven regel­recht her­ab­ge­wür­digt wird. In man­chen The­men­be­rei­chen geht es beim „ande­ren Blick“ der NZZ zu wie bei Tichy, Bro­der und – natür­lich – Köp­pels „Welt­wo­che“.

Besser keine Sanktionen?

Was die Sank­tio­nen gegen Russ­land und deren Fol­gen anlangt, haben wir zur Kennt­nis zu neh­men, dass AfD und Links­par­tei mehr­heit­lich ande­rer Mei­nung sind, als alle ande­ren im Deut­schen Bun­des­tag ver­tre­te­nen Par­tei­en. Mir ist es ziem­lich egal, dass bei­de Par­tei­en dafür unter­schied­li­che Moti­ve haben. Die­se Par­tei­en und ihre Anhän­ger­schaft för­dern den all­ge­mei­nen Unwil­len über die Poli­tik unse­rer Regie­rung. Nicht die Grü­nen, die SPD oder die FDP sind ver­ant­wort­lich für Putins Krieg gegen die Ukrai­ne, dem­nach auch nicht für die Folgen. 

Welch ein Wahn­sinn ist es, dass die Sank­tio­nen des „Wes­tens“ schon zum jet­zi­gen Zeit­punkt so mas­siv kri­ti­siert wer­den. Putin, Law­row und ihre Spei­chel­le­cker im Kreml wer­den höchst erfreut sein über die Erfol­ge ihrer Pro­pa­gan­da. Man mag sich über die Radi­ka­li­tät des Ego­is­mus vie­ler Deut­scher wun­dern, den uns der vom Staat unter­stütz­te Indi­vi­dua­lis­mus beschert hat. Ein Sozi­al­staat hat sei­ne Schat­ten­sei­ten, wenn er als inef­fi­zi­ent und auch noch unge­recht wahr­ge­nom­men wird. Ande­rer­seits för­dert auch er mei­ner Ansicht nach Indi­vi­dua­lis­mus und Ego­is­mus. Schrö­der hat­te in einem Punkt recht: Der Staat hät­te för­dern und for­dern sol­len. Beim For­dern steht nun die gro­ße Kehrt­wen­de an. Mal sehen, ob das sich bewährt.

Was setzen wir dem russischen Imperialismus entgegen?

Statt sich mit den Rea­li­tä­ten und Aus­wir­kun­gen der nöti­gen Kon­se­quenz gegen die von Putin ver­kün­de­te und längst auch prak­ti­zier­te impe­ria­lis­ti­sche Poli­tik, als Gefahr für den Frie­den in ganz Euro­pa anzu­er­ken­nen und die Ver­ant­wor­tung für Maß­nah­men unse­rer Regie­rung mit­zu­tra­gen, behaup­ten die Geg­ner, die­se sei­en des­halb wert­los, weil sie die west­li­chen Län­der här­ter trä­fen als die Rus­sen. Bele­ge dafür gibt es nicht. 

Man­che neh­men sich ins­be­son­de­re die Grü­nen vor und arbei­ten sich an Robert Habeck und Anna­le­na Baer­bock ab. Die stän­di­gen Twit­ter-Hash­tags, mit denen die Geg­ner der Grü­nen ihrem Unmut Luft machen, ner­ven bloß noch. Man mag gewis­se Aus­sa­gen kri­tisch und falsch fin­den. Die Leu­te gehen so weit zu behaup­ten, dass grü­ne Ideo­lo­gen den Krieg zur Durch­set­zung kli­ma­po­li­ti­scher Maß­nah­men miss­brau­chen. Ich fürch­te, je käl­ter unse­re Wohn­zim­mer im Win­ter wür­den oder, des­to schnel­ler die Arbeits­lo­sen­zah­len wegen still­ge­leg­ter Pro­duk­tio­nen zuneh­men, des­to mehr Leu­te wer­den die­sem Unfug etwas abge­win­nen. Die Pflö­cke wer­den von den rech­ten Hetz­blogs der Repu­blik und den aso­zia­len Medi­en gesetzt. 

Sinnlose Kontroversen fast bei jedem Thema – Debatten sind es nicht.

Ich erin­ne­re mich nicht dar­an, in mei­nem bis­he­ri­gen Leben je eine Zeit erlebt zu haben, in der im Wesent­li­chen poli­ti­sche moti­vier­te gegen­sei­ti­ge Ableh­nung, die auf einem völ­li­gen Unver­ständ­nis der jewei­li­gen Posi­ti­on der ande­ren beruht, so stark fühl­bar gewe­sen wäre wie heu­te. Wohin soll das führen? 

Es ist nicht aus­ge­schlos­sen, dass die Qua­li­tät unse­rer Poli­ti­ker, unse­rer Wis­sen­schaft­ler, unse­rer Jour­na­lis­ten oder über­haupt der Man­gel an über­ra­gen­den, über­par­tei­li­chen Per­sön­lich­kei­ten ver­ant­wort­lich sind. Ich fürch­te, so ein­fach ist es nicht. Schließ­lich sind die The­men, an denen wir uns in den bei­den letz­ten Jahr­zehn­ten abge­ar­bei­tet haben, samt und son­ders kom­plex sind. Dass alle mit­re­den (Inter­net, Blogs, aso­zia­le Medi­en) wird einen gro­ßen Anteil an der all­seits fest­ge­stell­ten Spal­tung der Gesell­schaft haben. 

Ich habe manch­mal das Gefühl, dass jeder Lösungs­bei­trag zu kri­ti­schen The­men schon ver­brannt ist, sobald er öffent­lich gemacht wurde. 

Im Bun­des­tag sit­zen 736 Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te. Die Zahl die Über­hang- und Aus­gleichs­man­da­te beläuft sich inzwi­schen auf 138. Nie war der Bun­des­tag grö­ßer. Den Poli­ti­kern scheint es herz­lich egal zu sein, wel­chen ver­hee­ren­den Ein­druck die Ent­wick­lung auf unse­re Bevöl­ke­rung hat. Wenn doch wenigs­tens irgend­et­was dar­auf hin­deu­ten wür­de, dass die zusätz­li­che Man­power etwas Posi­ti­ves bewir­ken wür­de… Wie wäre es mit einem Aus­schuss zum Abbau büro­kra­ti­scher Hür­den? Was, den gibt es schon? Ach, genau­so lan­ge, wie über den Abbau von Büro­kra­tie gere­det wird? 

In der Ent­schlie­ßung heißt es: „Büro­kra­tie­ab­bau bleibt eine Dau­er­auf­ga­be. Daher wol­len die Frak­tio­nen der CDU/​CSU und SPD in die­ser Wahl­pe­ri­ode mög­li­che Inhal­te für ein wei­te­res Büro­kra­tie­ent­las­tungs­ge­setz aus­lo­ten. Die Bun­des­re­gie­rung soll hier­zu ent­spre­chen­de Kon­sul­ta­tio­nen zwi­schen den Res­sorts ein­lei­ten. Ein Schwer­punkt soll sein, die Büro­kra­tie- und Regu­lie­rungs­las­ten für Grün­der in der Start- und Wachs­tums­pha­se auf ein Min­dest­maß zu redu­zie­ren und Geneh­mi­gungs­ver­fah­ren für pri­va­te Bau- und Infra­struk­tur­maß­nah­men zu beschleu­ni­gen.“ Link fol­gen

Deut­scher Bun­des­tag – Ent­las­tun­gen von Büro­kra­tie beschlossen

Hat jemand das Gefühl, dass wir mit­hil­fe der „Büro­kra­tie­ent­las­tungs­ge­set­ze“ irgend­et­was zum Bes­se­ren ver­än­dert hät­ten? War­um geht es mit den Strom­tras­sen von Nord und Süd nicht vor­an, war­um wur­den in Deutsch­land in die­sem Jahr weni­ger Wind­rä­der errich­tet als im letz­ten Jahr im Ver­gleichs­zeit­raum? Wes­halb wer­den die vor­han­de­nen per­so­nel­len Über­ka­pa­zi­tä­ten bei den Damen und Her­ren Abge­ord­ne­ten eigent­lich nicht für die­se so wich­ti­ge Auf­ga­be genutzt? 

Zusätzliche Ressourcen des Bundestages nutzen

Müs­sen die Neu­en erst noch ein­ge­ar­bei­tet wer­den oder wel­chen Sinn haben die zusätz­li­chen Res­sour­cen im Bun­des­tag? Zur Erin­ne­rung: Nach den Plä­nen die­ser Regie­rung müs­sen jähr­lich 1500 bis 2000 Wind­rä­der errich­tet wer­den. In den letz­ten 3 Jah­ren wur­den je 500 Wind­rä­der zuge­baut. In die­sem Jahr scheint sich die­ser „Trend“ fort­zu­set­zen. Und das, obwohl der Aus­bau wirk­lich so dring­lich wäre. Jetzt spricht Habeck davon, dass er Chan­cen sieht, die Solar­in­dus­trie nach Deutsch­land zurückzuholen. 

Es gibt immer eine Dif­fe­renz zwi­schen Anspruch und Wirk­lich­keit. Die Ampel-Regie­rung hat das in die­sem Jahr ein­mal mehr unter Beweis gestellt. Als sich die Ampel kon­sti­tu­ier­te, war von einem ganz neu­en Stil die Rede. Nur was nützt es dem Land, wenn die regie­ren­den Par­tei­en einen bes­se­ren Umgang unter­ein­an­der pfle­gen, aber trotz­dem in ent­schei­den­den Fra­gen nicht über­ein­kom­men und sich blockieren? 

Vorwürfe – konstruktiv oder destruktiv? 

Jetzt habe ich es auch wie­der getan. Ich habe mich über die Regie­rung beklagt und Vor­wür­fe for­mu­liert. Wie­der so ein Blog­ger, der so tut, als wis­se er es bes­ser. Nein, die­sen Ein­druck soll­te der Text nicht machen. Ich hof­fe, er unter­schei­det sich von all den Belei­di­gun­gen und dem destruk­ti­ven Kram, der im Inter­net kursiert. 

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Ampel Arbeitslose Grüne Klimawandel Köppel Regierung Russland Ukraine

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2 Gedanken zu „Deutschland: D wie dysfunktional“

  1. Gerhard 245 2. August 2022 um 22:37

    Gern gele­sen.
    Ich den­ke, jede mög­li­che ver­bes­se­rungs-mass­nah­me trifft auf eine Mas­se Wider­stän­de, von denen wir wenig mit­be­kom­men. Man­che Wider­stän­de bau­en sich auch von allei­ne auf. Etwa aus poli­ti­schen Grün­den oder weil plötz­lich kein Geld da ist. Oder eibe wesent­li­che­Grund­la­ge als sol­che nicht mehr existiert.

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