Ich glau­be, ab jetzt guck ich Mario Barth

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von Horst Schulte

Lesezeit: 4 Min.

Vor den Kindern zu strei­ten ist nicht schön. Selbst, wenn die Eltern das in einer Sprache tun, die die Kinder noch nicht ver­ste­hen. Schließlich merkt das Kind meis­tens schon am Tonfall, dass etwas nicht stimmt.

Ich habe das in mei­ner Kindheit bei Freunden erlebt. Zuerst spra­chen die Eltern Englisch, spä­ter, als die Kinder Englisch konn­ten, wech­sel­te man ins Französische. Mir hat das impo­niert, obwohl ich noch klein war habe ich das bis heu­te nicht vergessen.

Ich habe gut auf­ge­passt, was dort gespro­chen wur­de. Nicht so sehr, weil ich neu­gie­rig war, son­dern eher des­halb, weil es anders zuging als bei uns Zuhause. So ver­traut, respekt­voll und lie­be­voll mei­ne Eltern mit­ein­an­der umgin­gen war das nicht. Es war halt anders. So stel­le ich mir heu­te in den Grundzügen immer noch das Bildungsbürgertum vor. Er war Diplom Kaufmann, sie Lehrerin.

Mitunter spra­chen das Ehepaar über jun­ge Leute aus dem Familien- und Bekanntenkreis, die im Begriff waren, ihre beruf­li­che Laufbahn zu star­ten. Das waren meist Absolventen einer Universität oder Hochschule. Ihnen wur­den gele­gent­lich Prädikate mitgegeben—etwa in der Art: «Das ist ein sehr intel­li­gen­ter jun­ger Mann.» Oder so ähn­lich eben. Damals habe ich mich schon gefragt, wie Menschen ande­re, zu denen sie womög­lich nicht mal einen enge­ren per­sön­li­chen Bezug hat­ten, ein­fach so intel­li­gent nen­nen konn­ten. Sprach aus die­sen Menschen nicht die Hybris einer Klasse, zu der ich mich nie zuge­hö­rig füh­len würde?

Dabei war es wohl viel ein­fa­cher. Wer sich selbst für klug oder intel­li­gent hält, der wird es selbst­ver­ständ­lich fin­den, ande­re ent­spre­chend zu klassifizieren.

Womit ich end­lich beim Thema wäre.


Man kann nicht immer Niveau zei­gen, schließ­lich ist man kei­ne Wasserwaage.Erhard Horst Bellermann

Mario Barth ist kein Comedian mei­ner Wahl. Eigentlich mag ich ihn nicht, und wenn ich ehr­lich zu mir bin, schaue ich auf ihn und sei­ne Fans etwas von oben her­ab. Ich weiß, das ist falsch, denn ich habe nicht ver­ges­sen, dass der Mann Fußballstadien mit sei­nem Humor fül­len kann. Das sind Leistungen, die ich respek­tie­re. Ich übri­gen ver­lan­ge ich von ande­ren Toleranz, die muss ich gera­de in sol­chen Fällen eben­falls an den Tag legen. Zumal es ein­fach ist, gera­de in die­ser Phase mit auf Barth einzuprügeln.

Ein Comedian in New York

In den letz­ten Tagen hat Barth sich im Rahmen der in der jün­ge­ren Vergangenheit von ihm prak­ti­zier­ten inves­ti­ga­ti­ven Recherchen und dem, was er und sei­ne Fans dafür hal­ten, nach New York bege­ben, um von dort zu berich­ten. Dabei stell­te er bei­läu­fig fest, dass es in New York zu die­sem Zeitpunkt gar kei­ne Demonstrationen gegen die Wahl Donald Trumps zum us-ame­ri­ka­ni­schen Präsidenten zu sehen gab. Er hat kei­ne Demonstranten gese­hen und das hat er nach Hause berich­tet. Da war aber was los!

Wusste der Mann denn nicht, wie das auf sei­ne Fans wir­ken wür­de? Diese sind nach Meinung unse­rer Medien unter­wan­dert von vie­len, die immer offen sind für Verschwörungstheorien und rech­te Einflüsse, bil­dungs­fer­ne Schichten sind da so anfällig!

Und schon hat­ten wir den Salat—über 1 Million Barth – Fans, aka TV-Unterschichten-Klientel, haben das Filmchen gelikt und dann auch noch zu allem Überfluss kom­men­tiert. So nach dem Motto: «Typisch Lügenpresse, kei­ne Demonstranten im Bild, also gibts auch kei­ne Demo gegen Trump… Alles erfun­den – wie immer».

Das konn­te nicht unwi­der­spro­chen im Raum ste­hen gelas­sen werden:

Vielleicht muss man sich damit abfin­den, dass es Menschen wie Mario Barth gibt, die sich für schlau­er hal­ten, als sie sind. Man möch­te sie ein­fach igno­rie­ren. Traurig wird es aber, wenn sich die­sen Mist 1,3 Millionen Menschen anschau­en, die ihm vor­wie­gend Beifall spen­den.Quelle: Mario Barths Facebook-Videos: Blamiert bis auf die Knochen | LINK

Das «pein­li­che Video» von Mario Barth haben 1,2,3, vie­le ange­se­hen und sei­ne Ansagen bezüg­lich des nicht fest­stell­ba­ren Protestes gegen Trump als Nachweis für die Machenschaften der Lügenpresse gewertet.

Peinlich, pein­lich

Richtig wit­zig sind – jeden­falls, wenn man für völ­lig über­trie­be­ne Reaktionen einen Sinn hat – die Reaktionen unse­rer Medien auf den 4,x minu­ten­lan­gen Vortrag Mario Barths vor dem New Yorker Trump-Tower. In die­ser Hochzeit der Empörung über Trumps Wahl kam Barths Recherche so was von gelegen…

Dabei dach­te ich, Politiker und Medien woll­ten seit neu­es­tem in den so gut klin­gen­den hei­li­gen Selbstverpflichtungen, nicht mehr so oft von «ein­fa­chen Menschen» oder dem «Mob» und «bil­dungs­fer­nen Schichten» reden, wenn sie über uns reden und schrei­ben. War das nicht erst letz­te Woche?

Schön, dass wir aus gege­be­nem Anlass dar­über gere­det haben!

Dass sich an die­ser Selbsterhebung und Selbstüberschätzung unse­rer IQ-Elite schon allein auf­grund des Zahlenverhältnisses und ihrer pri­vi­le­gier­ten Repräsentanz im Internet kaum etwas ändern wird, haben wir Mitglieder der bil­dungs­fer­nen Schicht echt geahnt!

Ich glau­be, ich gucke ab jetzt Mario Barth. 


Horst Schulte

Herausgeber, Blogger, Amateurfotograf

Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe auf dem Land.

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Artikelinformationen

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2 Gedanken zu „Ich glau­be, ab jetzt guck ich Mario Barth“

  1. Ich weiß ja nicht, wofür die­se «inves­ti­ga­ti­ve» Meldung gut sein soll. Aber wenn Barth meint, Demonstranten dürf­ten nach den Wahlen vor dem Trump-Tower in der Fifths Avenue Parolen gegen den künf­ti­gen Präsidenten skan­die­ren, ist er noch blö­der, als ich eigent­lich dachte.
    LG
    Sabienes

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🫶 Freundlichkeit ist Revolution im Kleinen.
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